Aufsichtswesen und Polizei in Hachenburg
Seit frühester Zeit beanspruchte die Stadt das Recht, Streitigkeiten innerhalb der Gemeinde selbst regeln sowie auf Recht und Ordnung in der Stadt, auf dem Markt und in der Gemarkung selbst achten zu dürfen. Die dazu angeworbenen "Beamten" waren berechtigt, Straftäter durch eigene Beobachtung oder aufgrund von Anzeigen zu ermitteln und dingfest zu machen. Auch die Verhaftung von Schwerverbrechern beanspruchte die Stadt zunächst für sich. Doch stand die Bestrafung von Mördern und Totschlägern unbestritten den Grafen zu. Wenn der Bürgermeister es 1729 zu seinen Pflichten zählte, "auf gute Polizei und Ordnung" bzw. "gute Polizeizucht und Ehrbarkeit" zu achten, konnte er nicht auf einen differenzierten "Polizeiapparat" zurückgreifen. Er musste alle "polizeilichen" Aufgaben selbst wahrnehmen. So war er für die öffentliche Sicherheit ebenso zuständig, wie für die ordnungsgemäße Durchführung von hoheitlichen Aufgaben bei der Erhebung von Zoll, der Beaufsichtigung der Marktordnung und der Kontrolle des Gaststättenwesens. Im Großen und Ganzen ging es darum, durch "Recht und Ordnung" den sozialen und wirtschaftlichen Status der Stadt zu sichern und weiter zu verbessern.
Zu den Mitarbeitern, die mit Einwilligung des Grafen und im Auftrag des Bürgermeisters polizeiliche Aufgaben in der Stadt wahrnahmen, gehörten im Wesentlichen die verschiedenen Baumeister, die Flurschützen, Wachtmeister, Tor- und Nachtwächter sowie bedingt die Schornsteinfeger. Die Baumeister kümmerten sich um nahezu sämtliche Belange des städtischen Lebens, während die Waldbaumeister sich um die städtischen Felder und die Flurschützen um die Stadtgemarkung kümmerten. Dem Stadtwachtmeister kamen Aufsichtsfunktionen innerhalb der Stadt zu. Den hauptamtlichen Torwächtern standen Bürger zur Seite, die ihm Rahmen ihrer Bürgerpflichten auch zu Wachtdiensten herangezogen wurden. In späterer Zeit konnte man sich durch die Zahlung eines Wachtgeldes von der persönlichen Anwesenheitspflicht freikaufen. Die Nachtwächter patrollierten durch die nächtlichen Gassen und sorgten dafür, dass keine Verdächtigen herumstrichen bzw. irgendwo fahrlässig mit offenem Feuer hantiert wurde. Die Schornsteinfeger nahmen – im Gegensatz zu heute - keine "feuerpolizeilichen" Aufgaben wahr, sie hatten sich ausschließlich um die Reinigung der Schornsteine zu kümmern.<ANM>Am 9.2.1771 heißt es, dass vor etlichen Jahren vom damaligen Stadtschultheißen angeordnet worden war, dass zur Aufrechterhaltung der Polizei und guter Wirtschaft jedes Ratsmitglied in einem ihm zugeteilten Distrikt monatlich eine Visitation der Gaststätten vornehmen musste, um den Zustand der Wirtschaft, gesunde Führung, Beschaffenheit der servierten Speisen und die allgemeine Sauberkeit in Augenschein zu nehmen und einen schriftlichen Bericht zu verfassen. Diese Maßnahme habe sich außerordentlich bewährt (HHStAW Abt. 342 Nr. 714).</ANM>
Hachenburger Polizei seit 1799
Nach dem Ende der Selbständigkeit der Grafschaft Sayn 1799 dauerte es eine Weile, bis die Verwaltung wieder richtig Fuß gefasst hatte. So wurde dem Gefangenenwärter Rheinfels einige Monate kein Gehalt bezahlt. Die Landkasse war leer und man gab ihm vorerst aus den Renteispeichern ein Pfand in Form von Naturalien (Korn). Sobald wieder Geld in der Kasse war, wollte man ihm dieses gegen Bargeld eintauschen.
Nach dem Tod des Polizeidieners Kissel (1812) sollte die Ämter des Gefangenwärters und des Polizeidieners zusammengelegt werden. Amtsinhaber Wilhelm Hart sollte auch Arbeiten im Amt (Wachenkontrolle u.ä.) übernehmen. Neben seinem Gehalt bekam er auch alle zwei Jahre eine neue Uniform.
Das Gemeindegesetz vom 12. Dezember 1848 erweiterte die Selbstverwaltungsrechte der Stadt. Sie durfte nun über ihr Vermögen wieder selbst verfügen und die Ortspolizei ausüben.
Im Nachklang zur Bürgerwehr während der „Deutschen Revolution“ 1848 wurde durch Gesetz vom 15. September 1849 ein Landjägerkorps, der Vorläufer der heutigen Polizei, eingerichtet. In Hachenburg, als Sitz des Kreisamtes, stationierte man drei berittene und für das Justizamt zwei Landjäger zu Fuß. Für die Dienstpferde der Landjäger wurde im Marstall auf dem Schloss eine Stallung freigemacht.
Polizeidiener Kern erfüllte 1888 nicht nur polizeiliche Aufgaben, sondern er war auch für das "Ausschellen" verantwortlich, arbeitete als Stadtbote und wurde auch als Schreibkraft eingesetzt.
Später wurde die Stadt gemäß den Städteordnungen für den Regierungsbezirk Wiesbaden von 1891, danach nach denjenigen für die Provinz Hessen-Nassau von 1897 verwaltet. Zum Magistrat gehörte jeweils ein Polizeiwachtmeister.
Auch nach dem Ende des Kaiserreiches 1918, in der Weimarer Zeit, blieb das Polizeiwesen Ländersache. Erst unter der Diktatur der Nationalsozialisten wurden die Polizeistrukturen seit April 1933 auf die Geheime Staatspolizei (Gestapo) ausgerichtet, die nicht mehr dem preußischen Innenminister und Regierungspräsidenten, sondern dem "Ministerpräsidenten" Hermann Göring unterstand.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges ging man sofort wieder daran, einen geordneten Polizeiapparat aufzubauen. Im Februar 1946 wurde der frühere Oberwesterwaldkreis entsprechend neu gegliedert (s. Graphik). Die Gendarmeriestation Hachenburg war in vier Posten gegliedert, wobei der Posten Hachenburg 1 für den Stadtbezirk zuständig war.
Polizeihauptmann Schade, den die französische Besatzungsverwaltung "mitgebracht" hatte, richtete sein Büro in der Villa Dr. Böhmer ein, dem Gebäude neben dem Finanzamt in Richtung Koblenzer Straße. Das Haus war von den Franzosen beschlagnahmt worden.
Während des Krieges hatte Herr Grünschlag seinen Dienst in Hachenburg versehen. Er war es auch, der anfangs die neuangestellten Polizisten, vorwiegend ehemalige Soldaten, entsprechend anlernte. Er wurde von Albert Mack abgelöst<ANM>Herr Grünschlag musste den Dienst quittieren, da seine Verstrickung in die nationalsozialistische Ideologie, seine Weiterbeschäftigung unmöglich machte.</ANM>. Ausgerüstet waren die Ordnungshüter mit ehemaligen blauen Feuerwehruniformen und Holzknüppeln. Später wurden sie mit alten französischen Armeepistolen, Kaliber 9 mm, „aufgerüstet“. Als Dienstfahrzeug mussten beschlagnahmte Fahrräder herhalten.
Die erste "Polizeidienststelle" befand sich zunächst im Hinterhof des Bürgermeisteramtes am Neumarkt. Die "Gendarmeriestation Hachenburg" bestand aus zwei kleinen Räumen. Nebenan in einem alten Pferdestall waren zwei Haftzellen eingerichtet worden. Als Abteilungsleiter Paul Szengulies das Team verstärkte, wurde die Raumnot so groß, dass man Teile des Dienstbetriebes in das benachbarte Café Henney verlegte. Der Betreiber des Cafés Oswald Henney, war während des 2. Weltkrieges Reservepolizist in Stein-Neukirch gewesen.
Anfang März 1951 fand die Gründungsversammlung der GDP-Kreisgruppe-Oberwesterwald (Gewerkschaft der Polizei) im Hotel Westend in Hachenburg statt. Als man am 1. April 1965 ein Gendarmeriekommando Oberwesterwald mit Sitz in Westerburg einrichtete, waren in der Gendarmeriestation Hachenburg sechs Beamten tätig.
Im Jahr 1971 wurde im Zuge einer Umgestaltung der Polizeiorganisation die "Schutzpolzeiinspektion Hachenburg" (SPI) mit 4-Schichtbetrieb eingerichtet. Von dieser Inspektion wurden die Verbandsgemeinden Hachenburg und Bad Marienberg betreut. Dank guter Beziehungen zum Finanzamt konnte die Dienststelle in die Hindenburgstraße 7 ziehen. Das dortige Haus hatte dem früheren Straßenbaumeister Müller gehört, der es an den Fiskus verkauft hatte. Dort wurde nun – immer noch recht beengt - der Polizeidienst verrichtet.
Ende der 1970er Jahre wurde das das Fabrikgebäude der Familie Schmutzler im Adolf-Münch-Weg 12 zum Verkauf angeboten. Nach langwierigen Verhandlungen konnte das Gebäude erworben und umgebaut werden. 1979 konnten die neuen Räumlichkeiten bezogen werden. Von dort aus wurden im 5-Schichtbetrieb, rund um die Uhr, die Verbandsgemeinden Hachenburg und Bad Marienberg betreut.
Zum 1. September 1993 wurde im Zuge der Einrichtung der Polizeidirektionen (Sitz Montabaur) aus der Hachenburger Schutzpolizeiinspektion (SPI) die Polizeiinspektion (PI). Daneben wurde eine Kriminaldienstbezirk (Kriminalinspektion) eingerichtet, die Ermittlungsaufgaben u.ä. wahrnimmt. Heute arbeiten ca. 60 Beamte in der Behörde, der Wagenpark besteht aus acht Dienstfahrzeugen.
Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.