Die Kleinbahn und Rückeroth
1884 war die Reichsbahnstrecke Engers-Siershahn-Selters eröffnet worden, an die man anschließend weitere Teile des Westerwalds anschließen wollte. Zu Beginn standen die Westerwälder der Bahn kritisch gegenüber, da man eine Verwahrlosung der Orte mit Bahnanschluss befürchtete. Zweifel wurden jedoch schon nach kurzer Zeit durch den wirtschaftlichen Aufschwung, den die Bahn mit sich brachte, beseitigt.
Am 12.03.1900 wurde die Kleinbahn-AG-Selters-Hachenbach gegründet, deren Sitz zunächst in Berlin-Schöneberg lag, ehe der Verwaltungssitz 1944 in Folge des Krieges nach Herrschbau verlegt wurde. Bei der Betriebseröffnung am 01.08.1901 standen dem Unternehmen drei Dampflokomotiven aus dem Lokomotivenwerk Henschel&Sohn zur Verfügung. Die 23,8 km lange Strecke begann in Selters, fuhr unter anderem über Rückeroth und endete schließlich in Hachenburg. Im Jahre 1913 wurden auf der Strecke 65000 Personen und 895000 kg Waren transportiert. 1914 fuhren täglich fünf Züge auf der Strecke und 1930 hatte sich die Anzahl bereits verdoppelt. Am 01.07.1936 nahm zusätzlich ein modernerer Dieseltriebwagen den Betrieb auf der Strecke auf.
Selbst während des Zweiten Weltkrieges verkehrten auf der Strecke täglich noch bis zu acht Züge, allerdings konnte der Fahrplan aufgrund der Kriegsgeschehnisse nur selten eingehalten wurden. Außerdem avancierte die Kleinbahn zum wichtigsten Milchtransporteur der Molkerei Hachenburg, da Lastkraftwägen zur Front abgestellt wurden. Nach Ende des Krieges wurde die Bahn verstärkt zum Transport von Schwarzmarktgütern innerhalb der Besatzungszone genutzt.
1957 begann der Niedergang der Kleinbahn-AG, bevor der Betrieb am 15.01.1960 komplett eingestellt wurde. Zwar wurden die Maschinen und Gleise verschrottet, dennoch finden sich Teile der ehemaligen Trassenführung als Wirtschaftswege, Dämme oder Schneisen in der heutigen Landschaft wieder. Die Bahnhofsgebäude in Herschbach und Hachenburg dienen Wohnzwecken.