Die jüdische Gemeinde in Selters
Im Jahre 1585 wird mit »Adam der Jude zu Selters« erstmals ein Mann jüdischen Glaubens in Selters genannt. Wie für die Juden im Reich üblich, hatten die Juden Schutzgelder und Sondersteuern an den Ortsherrn, in Selters an die Grafen von Wied und später an die herzoglich-nassauische Landesregierung zu zahlen.
Eine selbständige jüdische Gemeinde bestand wahrscheinlich seit Ende des 17. Jahrhunderts. Seit 1705/6 nutzen die Selterses Juden einen Betraum in einem Privathaus. Zu den Gottesdiensten kamen auch jüdische Mitbürgern der umliegenden Ortschaften.
Die jüdische Gemeinde erwarb dann im Jahr 1850 ein Gebäude in der heutigen Waldstraße, das sie zu einer Synagoge umbauen ließ. Das Gebäude war ca. 11 mal 7 groß und lag - so heißt es 1884 - »auf der Heide zwischen einem Weg und Johann Christ Zeitz««. Das Gebäude wurde nach der Zerstörung durch nationalsozialistische Marodeure im November 1938 im Jahr 1940 abgerissen. Heute erinnert ein 1988 vor der evangelischen Kirche am Brunnenplatz aufgestellter Gedenkstein an die zerstörte und für immer verschwundene Synagoge in Selters.
Schon vor der Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 begann die Abwanderung der Juden in andere Orte Deutschlands, vornehmlich in größeren Städte. Mit dem Jahr 1933 wurde die jüdische Bevölkerung zunehmend aus der Gemeindevertretung und dem öffentlichen Leben verdrängt. 26 Personen wanderten in der Folgezeit nach den USA, nach Palästina, England, Holland, der Schweiz, Südamerika und Dänemark aus.
Am 9./10. November 1938 brannte die Selterser Synagoge. Die in Selters verbliebenen jüdischen Bürger wurden nachts aus ihren Häusern und Betten gerissen und misshandelt. 36 Selterser Juden kamen 1933 in den Vernichtungslagern ums Leben. Als am 3. Oktober 1939 Simon Danzig mit seiner Familie Selters verließ, wurde der Ort für »judenfrei« erklärt. 350 Jahre jüdischen Lebens in Selters waren erloschen.
Im Haus Bahnhofstraße 8 hat sich eine Mikwe, das rituell vorgeschrieben jüdische Tauchbad mit drei unterschiedlich großen Räumen erhalten.
Südlich des Ortes befindet sich auf der bewaldeten Höhe im Distrikt Hahn der jüdische Friedhof. Mit 143 Gräbern ist der Jüdische Friedhof in Selters mit Abstand der größte von elf jüdischen Friedhöfen im Westerwald. Er besteht seit spätestens 1849 und zeugt von einem regen jüdischen Leben in der Region. Zwischen den Jahren 1870 und 1938 wurden hier Menschen aus den Ortschaften Selters, Vielbach, Mogendorf, Quirnbach und Maxsain zur Ruhe gebettet. Die Grabinschriften sind teilweise in hebräischer Sprache verfasst.
Literatur und Online-Ressourcen
Die Geschichte der Selterser Juden und ihre Einzelschicksale sind vielfach untersucht und ausgiebig gewürdigt worden. Vor allem die Historiker Uli Jungbluth und J. Jösch haben in mehreren Büchern und Aufsätzen die Geschichte der jüdischen Bevölkerung aufgearbeitet.
Hier sei vor allem auf die Beiträge in: Jösch/Jungbluth, Juden im Westerwald, bes. S. 111-132, Jungbluth, Landjuden in Selters, Jungbluth, Judenverfolgung und Scheugenpflug, Chronik S. 188ff. verwiesen.
Ebenso widmen sich einige Online-Ressourcen, wie etwa die der Jüdischen Gemeinden im Deutschen Sprachraum, die Alemannia Judica und das Zentralarchiv zur Erforschung der Juden in Deutschland der Geschichte der jüdischen Gemeinde und des jüdischen Friedhofes in Selters