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Hinweis

Dieser Artikel wurde ursprünglich für das Glossar von regionalgeschichte.net verfasst. Im Zuge der Umgestaltung des Glossars zu einem primären definitorischen Glossar im Jahr 2018, wurde dieser Beitrag aus dem Glossar entfernt und wird stattdessen hier als kurzer Aufsatz zur Verfügung gestellt.

Frauen, Liebe und Minne (auf den Burgen)

Aufgaben der Burgfrauen

So wurde der Frau ihre familiären Rolle zugewiesen. Die höfische Dichtung stellt die Frau als Person dar, die sich mit allerlei Spielen die Zeit vertreibt, Blumen pflückt und liest. Und in der Tat kümmerte sich die Burgfrau um die Verwaltung des Haushaltes und die Organisation Küche. Hierzu gehörte auch die Aufsicht über die Vorratshaltung, die Beleuchtung, die Bereitstellung des Tischgeräts, der Tischwäsche und der Decken und Sitzpolstern. Sie sorgte sich um die Kindererziehung und die Krankenpflege. Eine ihrer Hauptbeschäftigungen waren Textilarbeiten, die Herstellung und Reparatur der Kleidung und das Sticken.

Frauen auf Burgen

Wenn die Mädchen mit 12 bis 14. Jahren heirateten, war ihre Kindheit beendet. Die Frauen waren im Mittelalter gegenüber dem Mann erheblich benachteiligt. Zu den wichtigsten Benachteiligungen gehörte etwa, daß sie von kirchlichen und politischen Ämtern aller Art ausgeschlossen waren. Zudem besaßen sie nur eine eingeschränkte Rechts- und Erbfähigkeit. Für alle Rechtsgeschäfte brauchten sie die Zustimmung ihres Mannes. Selbst als Witwe konnten Frauen keine Lehen annehmen, sondern brauchten eine Mann, der sich als Lehnsträger und Stellvertreter zur Verfügung stellte. Dabei waren Frauen meist gebildeter als ihre Männer, da sie öfter als diese lesen und schreiben konnten. Doch der höhere Bildungsweg war Frauen verschlossen. Eine Ausbildung außerhalb des Hauses, unter Männern, und dazu noch an einer der damals dafür üblichen kirchlich-klösterliche Institution, war den Frauen im Mittelalter grundsätzlich verwehrt.

Das Inventar der Burg Pfeffingen von 1445 verzeichnet große Vorräte an verschiedenen Garngebinden (lib garn, knaul garn, strang garn) und Stoffvorräten (bossen werck, zöckli werck) und Spinnrohmaterialien (werck). Die Schneiderei wird gegen Ende des 13. Jahrhundert zu einem eigenständigen Gewerbe. In den Dörfern und Städten lassen sich Herren- und Frauenschneider nieder. Die Raffinesse und Vielseitigkeit der höfischen Kleidung machten eine Spezialisierung notwendig. Im privatem Rahmen wird anspruchsvolle Kleidung nur noch von handwerklich versierten Frauen hergestellt worden sein.

Das Weben von Leinen und Wolle sowie das Spinnen wurde nicht von der Burgherrin sondern vornehmlich von ihren Dienstmägden erledigt. Auch um das Kochen kümmerte sie sich wenig. Dafür gab es Köche und Küchenpersonal. Auch die anfallenden Gartenarbeiten, das Heizen der Kamine und Öfen und das Wäschewaschen wurden von den Mägden erledigt.

Das Spinnrad war auf den Burgen, auf denen Frauen weilten bekannt. Bis etwa 1300 spannen die Frauen Garne auf einem langen Stock, dem Spinnrocken. Danach kam die zeitsparende Erfindung des Spinnrades, eines sich ständig drehenden, von einem Riemen per Fußdruck angetriebenen Rades auf.

Das Leben der Frau war weitgehend vorgezeichnet. Ihre jungen Jahre, in denen sie meist schwanger war, war ihr Lebens ständig bedroht, weil viele Frauen im Kindbett starben. Doch auch sonst war ihr Wohlergehen stets bedroht. Starb der Ehemann, drohte ihr die Armut.

Der frisch angetraute Ehemann mußte seine Ehefrau am "Morgen danach" eine sog. Morgengabe übergeben. Diese war ursprünglich als symbolische Geste nach Vollzug der Ehe gedacht, entwickelte sich aber nach und nach zu einem Geschenk, das die Absicherung der Frau für den Fall ihrer Witwenschaft bedeutete. Dieses Wittum konnte je nach Vermögen des Ehemanns aus einem Stück Land, einer Burg oder sogar einem ganzen Dorf bestehen. Doch oft hören wir von Streitigkeiten, wenn die Witwe ihr Wittum dann in Besitz nehmen wollte und die Familie des verstorbenen Ehemannes das Gut nicht freigeben wollte.

Wurde die Burg, auf der Frauen lebten, erobert, galten diese als bevorzugte Kriegsbeute. Sie wurden geraubt, verschleppt, mißhandelt oder vergewaltigt.

Frauenbild in der Höfischen Dichtung

Die Höfische Dichtung wies den Frauen einen bestimmten Verhaltenskodex zu, der ein Frauenbild eröffnet, das von dem heutigen nicht weit entfernt ist: Frauen durften nicht fluchen, Fremden nicht in die Augen schauen, die Beine nicht übereinander schlagen und nur kleine Schritte machen: Beim Reiten - Frauen nahmen oft an den herrschaftlichen Jagdausflügen teil - sollte sie nach vorne schauen und eine Hand im Gewand lassen. Sie mußten sich stets sittsam anziehen, durften sich nicht umdrehen, nicht ungefragt reden und nichts unrechtes lesen.

Auch das Schönheitsideal, dem Frauen (in den Augen der Männer) nachkommen sollten, könnte ein heutiges Mannequin beschreiben: eine schöne Frau war schlank und verfügte über eine schmale Taille. Idealer Weise zierte sie eine hohe und glatte Stirn und schmale Augenbrauen, die nicht zu nah beieinander stehen sollten. Ihre Augen hatten klar und fröhlich zu sein. Ohren, Nase und Mund zeigten sich minneclich und nicht zu groß. Der Teint glänzte hell und rein, die Wangen rosig. Als natürliche Schönheit brauchte sie weder Schminke noch Puder. Die blonden Haare sollte sie lang tragen, entweder zu einem Zopf gebunden oder seitlich zu feinen seidigen Locken drapiert. Vom Hals durfte man nicht zu viel sehen. Die Zähne hatten gesund zu sein. Die Brüste sollten klein, zart und weiß aber wohlgerundet nach oben ragen.

Von Liebe und Minne

"Liebe" war im Mittelalter ein viel gebrauchter, allerdings vornehmlich auf die Gottes- und Nächstenliebe bezogener Begriff. Die eheliche Liebe, wurde nur beiläufig erwähnt. Dies änderte sich im 12. Jahrhundert, als von der Provence ausgehend der Minnesang auch an deutschen Fürstenhöfen Einzug hielt. Die Minnesänger machten die Liebe zu einem zentralen Thema der höfischen Dichtung.

An den französischen Fürstenhöfen widmeten sich die Lieder der Minnesänger (les troubadours und les trouvères) des frühen 12. Jahrhunderts der Verehrung der Frau. Die frühstaufische Dichtung der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts thematisiert die Minne in Deutschland noch nicht, aber kurz danach besangen auch deutsche Sänger die von ihnen verehrten Frauen. Ihre Melodien und Texte bildeten eine klangliche Einheit. Ihre Stoffe entnahmen sie der Sage, den Märchen und der Legende.

Höfischer Minnesang

Minne bedeutet "Erinnerung, liebendes Gedenken", an Gott aber auch an die Eltern und Freunde. Vor allem aber meint Minne die Liebe des dienenden Ritters zu der verheirateten Frau (frouwe), oft der Gemahlin seines Herrn, in deren Namen und Zeichen der Ritter kämpfte. Die dienende und huldigende Liebe des Ritters war aber eher eine platonische, eine unerfüllte und daher züchtige Liebesbeziehung zwischen einem Mann und einer verheirateten Frau. "Ritterliche" Liebe verzichtete - so zumindest stellt sich Liebe im literarischen Ideal dar - auf die Eroberung der Frau. Da die Liebe unerfüllt bleibt, ist die Stimmung des frühen deutschen Minnesangs traurig (Minneklage).

Die berühmtesten deutschen Minnesänger in der Blütezeit des Minnesangs zwischen 1190 und 1230 waren Heinrich von Morungen, Reinmar, Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide. Sie waren Dichter, Komponist und Sänger in einem.

Heinrich von Morungen, um 1150 auf Burg Morungen bei Sangershausen geboren, schrieb eine Reihe von Minnegedichten in Versform. Er reiste 1197 ins Heilige Land und starb 1217 in Leipzig.

Reinmar der Alte aus Hagenau im Elsaß, geboren um 1160 gestorben um 1210, gilt als Lehrer Walthers von der Vogelweide.

Wolfram von Eschenbach wurde um 1170 im fränkisch bayerischen Grenzgebiet geboren, zog später nach Eschenbach und nannte sich seither nach diesem Ort. Er hielt sich längere Zeit am Hof des Landgrafen Hermann von Thüringen auf. Er schrieb einige Tagelieder. Berühmt wurde er durch seine Epen Parzival, Titurel und Willehalm. Von seinem berühmten Zeitgenossen Gottfried von Straßburg wurde Wolfram wegen seiner Eigenwilligkeit heftig befehdet. Im späten Mittelalter genoss er eine fast mystische Verehrung. Wolfram starb um 1220.

Walther von der Vogelweide gilt als der größte deutsche mittelalterliche Lyriker und Sänger. Er wurde um 1170 in Österreich geboren und entstammt dem niederen Dienstadel. Als "armer Schlucker" zog er von Burg zu Burg und von Hof zu Hof. Er wird urkundlich nur einmal erwähnt, als ihm 1203 der Passauer Bischof Geld für einen Wintermantel schenkte. Walther stand politisch stets auf der Seite des Königtums. Auch seine kraftvollen Spruchdichtungen zeigen hohen sittlichen Ernst und eine bewußt nationale gegen das Papsttum gerichtete Haltung. Kaiser Friedrich II. nahm sich seiner an und übertrug ihm 1220 ein kleines Lehen in Würzburg. Damit hatte Walther endlich ein regelmäßiges Einkommen. Im Spätwerk verfaßte Walther auch religiöse und sich von der Welt abwendende Gedichte. Er starb nach 1229 und wurde angeblich im Kreuzgang des Würzburger Münsters bestattet. Lange und tief wirkte Walther von der Vogelweide auf die deutsche Dichtung, wurde dann vergessen und Anfang des 19. Jahrhunderts neu entdeckt.

Der Minnesang blieb auf wenige geistige und kulturelle Zentren des Reiches beschränkt. Minnesang wurde vornehmlich am Königshof, der landgräflich thüringischen Residenz Wartburg, dem Hof der Babenberger in Wien, der Residenz der Pfalzgrafen bei Rhein in Heidelberg und anderen großen landesherrlichen Zentren vorgetragen.

Durch die sogenannte "Manessische Liederhandschrift", die in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts entstand, sind ein großer Teil der im ausgehenden 13. und beginnenden 14. Jahrhundert gesungenen Minnelieder der Nachwelt erhalten geblieben. Wir verdanken diese Sammlung dem Züricher Patrizier Manesse, der sie initiiert. Die "Manessische Liederhandschrift" wird heute in der Universitätsbibliothek Heidelberg aufbewahrt. Auch Mitglieder anderer Stände versuchten sich im Minnesang, hoher und niederer Adel, Ministeriale, Bürger und sogar ein paar Geistliche.

Liebe und Sexualität auf den Burg

Die idealisierende Liebe des leidenden Ritters und die Vorbehalte der Kirche gegenüber sexueller Freizügigkeit in Kunst, Literatur und täglichem Leben standen in eigentümlichen Gegensatz zur mittelalterlichen Derbheit, die sich in Illustrationen, Bildnissen und Flugschriften zuweilen aber auch in den Texten der profanen Dichtung niederschlug.

Die Kirche akzeptierte eigentlich nur den ehelichen Beischlaf. "Übermäßiges Verlangen", Homosexualität, Unzucht, Ehebruch und "anormale" Sexpraktiken lehnte sie kategorisch ab. Auch die Nacktheit des Menschen galt ihr nach dem Sündenfall als Zeichen der Gottesferne. Anstoß erregten auch die gemeinsam und spärlich bekleideten im Badehaus verweilenden Frauen und Männer.

Auf den Burgen, so legte die volkstümliche Überlieferung nah, soll es denn auch nicht gerade puritanisch zugegangen sein. Gemeinsamer Besuch der Badehäuser von Mann und Frau, leicht bekleidete Frauen bei Gastmählern und wenig feine Tischsitten scheinen Anzeichen genug für eine lockere Lebensführung, die auch das Sexualleben einbezog. Als Sinnbild des zügellosen Sexuallebens muß immer wieder der Keuschheitsgürtel herhalten, den der Burgherr seiner Gattin zumutete, wenn er sich auf Reisen begab. Der Keuschheits- oder Venusgürtel wurde gelegentlich vom 15. bis 19. Jahrhundert benutzt. Mit den mittelalterlichen Burgen hat er eigentlich nichts zu tun.

Text: Stefan Grathoff