Zur Siedlungs- und Migrationsgeschichte der Juden in den deutschen Altsiedellanden während des Mittelalters
von Alfred Haverkamp
Mit meinem Vortrag[Anm. 1] knüpfe ich an eine Forderung an, die Eugen Taeubler (1879-1953), Gründer des „Gesamtarchivs der deutschen Juden“ (1906), zwischen 1925 und 1933 Ordinarius für Alte Geschichte an der Universität Heidelberg und bis zum selben unseligen Jahr auch Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, bereits einige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg aus dem Blickwinkel der deutschen Geschichte formuliert hat: "Die Erkenntnis der Geschichte der Juden in Deutschland muß [...] in einer Mittellinie vorwärts streben, die ihre Richtung ebenso von der allgemeinen deutschen Geschichte wie von der allgemeinen Geschichte der Juden erhält." Zu erfassen sei sie nach den Begriffen "Siedlung, Assimilation und Eigenart".
Die methodische Maxime Taeublers zielte auf eine Verortung der Geschichte der Juden in ihrer jeweiligen nichtjüdischen Umwelt. Ihre Voraussetzung war eine Überwindung der bis dahin bestehenden scharfen Trennung zwischen der Geschichtswissenschaft vom Judentum einerseits und der allgemeinen, speziell auf die deutsche Geschichte konzentrierten Forschung andererseits. Die Isolation war eine Folge der deutsch-jüdischen Beziehungen seit der Entstehung der Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert. Sie äußerte sich bei den maßgeblichen Historikern – nicht nur bei den Mediävisten – nichtjüdischer Herkunft fast ausnahmslos derart, daß sie die Geschichte der Juden in ihrem jeweiligen Untersuchungsobjekt ausklammerten und sich damit selbst nicht befaßten. Dies änderte sich auch nicht während der Weimarer Republik. Und auch nach der Schoah und dem Zweiten Weltkrieg verging mehr als ein Vierteljahrhundert, ehe einige wenige deutsche Historiker nichtjüdischer Herkunft erstmals Studien über die Geschichte der Juden im Mittelalter publizierten, was ähnlich auch für die neuzeitlichen Jahrhunderte vor der sogenannten Emanzipation und Assimilation der Juden –also vor der Wende zum 19. Jahrhundert – zutrifft.
Dieser seit den siebziger Jahren unseres Jahrhunderts einsetzende langsame Wandel geht wesentlich auf Fernwirkungen von Forschungsansätzen zurück, die von Historikern jüdischer Herkunft seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts konzipiert wurden und vor allem in den letzten Jahren der Weimarer Republik zu Publikationen führten, die noch heute grundlegend und vielfach auch richtungweisend sind – und das auch deswegen, weil diese verheißungsvollen Aktivitäten von den deutschen Nationalsozialisten grausam beendet wurden.
Nur eine durch unser ganzes Jahrhundert führende, für mein Thema unmittelbar relevante Spur will ich Ihnen kurz skizzieren. Vor nun mehr als neunzig Jahren, im Jahre 1903, faßte die "Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums" den Beschluß, unter dem symptomatischen Titel "Germania Judaica" "ein alphabetisches Verzeichnis aller [Landschaften und] Ortschaften des deutschen Reiches, [in] denen von den ältesten Zeiten bis zu den Wiener Verträgen [also 1815] jüdische Ansiedlungen bestanden [oder hervorragende Juden gelebt] haben, anlegen und deren Geschichte auf Grund der Quellen wissenschaftlich darstellen zu lassen". Berücksichtigt werden sollten – so heißt es weiter – "alle Nachrichten, die sich auf die ä u ß e r e und i n n e r e Geschichte der [jeweiligen] Gemeinde und auf die hervorragenden Männer, die in ihr gelebt haben, beziehen." Die Durchführung des Plans stieß freilich auf erheblich größere Schwierigkeiten als vorhersehbar. Auch wegen des Ersten Weltkriegs konnte der erste Teil des ersten Bandes, der "von den ältesten Zeiten bis 1238" reichte, erst 1917 erscheinen. Und es war ebenso wesentlich durch den späteren Verlauf der deutschen Geschichte bestimmt, daß dieser erste Band erst 17 Jahre später, 1934, abgeschlossen werden konnte. In einem geradezu verzweifelten Akt der Selbstbehauptung beschloß die "Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums" am 4. Juni 1936 die Fortsetzung der Arbeit an der "Germania Judaica", also am "jüdischen Deutschland", und dies unter Zurückstellung aller anderen Vorhaben. Es war wie eine Vorahnung der bevorstehenden Ereignisse, daß der Untersuchungszeitraum des zweiten Bandes nicht – wie ursprünglich geplant – mit der Zeit um 1500 begrenzt wurde, sondern mit den Pogromen um die Mitte des 14. Jahrhunderts, als im Zusammenhang des Schwarzen Todes die schwersten Judenverfolgungen in der Geschichte des Judentums in Europa vor der Schoah stattfanden.
Tatsächlich wurden die geradezu fieberhaft betriebenen Vorarbeiten für den zweiten Band durch die Pogrome seit dem 9. November 1938 abgebrochen. Ein Teil der bereits fertiggestellten Artikel für Germania Judaica II wurden vom Rosenberg'schen "Institut für Rassenforschung" beschlagnahmt. Der Großteil der Unterlagen konnte glücklicherweise ins Exil nach London gerettet werden und gelangte schließlich 1954 nach Jerusalem. Aus diesen Überresten vollendeten jüdische Historiker deutscher Herkunft, die der Ermordung durch die deutschen Nationalsozialisten entkommen waren, in Israel in entsagungsvoller Arbeit den zweiten Band des "jüdischen Deutschland", der 1968 in Tübingen erschien.
Es hat sich längst als segensreich für die deutsche Geschichtswissenschaft und insbesondere für die Mediävistik erwiesen, daß bald danach jüdische Historiker deutscher Herkunft in Israel den Mut aufbrachten, die Germania Judaica fortzusetzen. Diese gewannen im Jahre 1969 als Herausgeber für den dritten, das Mittelalter mit dem Jahre 1519 abschließenden Band Dr. Arye Maimon. Er war niemand anderer als Herbert Fischer, der – 1903, im "Gründungsjahr" der Germania Judaica, geboren – 1931 seine von dem an der Universität Breslau wirkenden bedeutenden Historiker Richard Koebner betreute Dissertation über "Die verfassungsrechtliche Stellung der Juden in den deutschen Städten während des 13. Jahrhunderts" veröffentlichte: und damit ein (1969 ohne sein Wissen wiederaufgelegtes) Werk, dessen methodische Ausrichtung genau der "Mittellinie" Taeublers folgt und dementsprechend auch die Fruchtbarkeit der Trias von "Siedlung, Assimilation und Eigenart" erweist.
Herbert Fischer, der auch viele Beiträge zu den ersten beiden Bänden der Germania Judaica beigesteuert hat, war nach seiner im April 1933 aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" erfolgten fristlosen Entlassung aus dem Schuldienst 1937 zunächst nach Costa Rica emigriert und hat dann in Montevideo zeitweise als Milchmann seinen Lebensunterhalt verdient, ehe er 1949 nach Israel einwanderte, dort zunächst als Lehrer in einem Kibbuz und zuletzt als Organisator der Erwachsenenbildung in Tel Aviv wirkte. So kehrte der gebürtige Breslauer erst nach mehr als drei Jahrzehnten mit der Germania Judaica in Israel wieder zu seinen wissenschaftlichen Ursprüngen zurück. Auf vielen Reisen in die ihm damals zugänglichen deutschsprachigen Lande ermunterte Arye Maimon eine größere Zahl von zumeist jüngeren Historikern zur Mitarbeit. Seiner Begeisterungsfähigkeit, seiner in bester deutscher Tradition stehenden akribischen Gründlichkeit und seiner reichen Erfahrung sind im wesentlichen die Anfänge einer systematisch ausgerichteten Erforschung der mittelalterlichen Geschichte der Juden in den deutschen Landen seit den siebziger Jahren zu verdanken. Um so tragischer ist, daß Arye Maimon (gest. am 5.12.1988) den Abschluß seines Lebenswerkes mit dem Erscheinen der weiteren Teile des dritten Bandes von Germania Judaica nicht mehr erlebt hat.
So versteht es sich von selbst, daß meine Ausführungen auf der Germania Judaica fußen. Angeleitet durch den in diesem schicksalsschweren Forschungsprojekt gesammelten und verarbeiteten Erfahrungsschatz stütze ich mich auch auf Forschungen, die meine Schüler, Mitarbeiter und ich selbst seit mehr als zwei Jahrzehnten an der Trierer Universität in ständigem Kontakt vornehmlich mit israelischen Gelehrten betrieben haben. Diese Aktivitäten erhielten seit 1987 ein breiteres Fundament in dem von mir betreuten Teilprojekt "Zur Geschichte der Juden im hohen und späten Mittelalter" innerhalb des Trierer Sonderforschungsbereichs 235.
Mittlerweile sind innerhalb des Teilprojektes aus den überlieferten Quellen – und damit teils über den bisherigen Forschungsstand einschließlich der Germania Judaica wesentlich hinausgehend – alle Daten für eine Siedlungsgeschichte der Juden in einem breiteren geographischen Längsschnitt von den Niederlanden bis nach Lothringen und dem Elsaß und – partiell noch weiter zum Süden vordringend – in die Schweiz, die Franche Comté sowie nach Savoyen für die Zeit von den jeweiligen Anfängen jüdischen Lebens im Mittelalter bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts erfaßt und bereits mehr oder weniger intensiv ausgewertet worden. Dieser geographische Längsschnitt vom Norden zum Süden, von der Nordsee bis zum Mittelmeer, umfaßt sowohl Gebiete der östlichen Romania als auch der westlichen Germania. Er berührt aber auch noch die italienische Romania mit Stichproben, die wir bis nach Piemont ausgedehnt haben. Im Norden befinden wir uns im aschkenasischen Judentum, im Süden berühren wir zumindest die sephardische jüdische Kultur im Mittelmeerraum.
In diesem weitgestreckten Untersuchungsgebiet besitzen wir also einen Beobachtungshorizont, der Einblicke in wesentliche Vorgänge der westeuropäischen Geschichte der Juden und zugleich der allgemeinen westeuropäischen Geschichte zwischen Romania und Germania zuläßt. Wir begegnen so auch der Gefahr, die jüdische Geschichte mit ihren teils universalen Konnexen durch nationale oder gar moderne nationalstaatliche Barrieren zu verkürzen oder zu zerstückeln.
Andererseits soll mit diesem Ansatz eine „Verortung“ der Geschichte der Juden angestrebt werden: Es soll also systematisch versucht werden, die Juden als Individuen und als Gruppen, in ihren Gemeinschaften, Gemeinden und in ihren anderen Organisationsformen mit ihrem jeweiligen weiteren historischen Umfeld zu erfassen. Dieses Umfeld – und insoweit auch die Lebensbedingungen der Juden – war in den nördlichen mittel- und westeuropäischen Landen weit mehr als etwa auf der iberischen Halbinsel von der christlichen Mehrheit bestimmt. Im Zentrum unseres Interesses stehen die vielseitigen Wechselbeziehungen zwischen Juden und Christen auf den lokalen, regionalen und räumlich weiter ausgreifenden Ebenen und in den diversen Lebensbereichen bis hin zu den unterschiedlichen Formen des Handelns, des Denkens und der Vorstellungen. Dieses Vorhaben kann nur in enger Zusammenarbeit mit kompetenten historisch ausgerichteten judaistischen Gelehrten gelingen, wie wir sie seit Jahren insbesondere mit meinem Kollegen Israel Yuval von der Hebräischen Universität in Jerusalem praktizieren. So gewinnt der Historiker mitten im kontinentalen Europa die einzigartige Chance, die Begegnungen, Konflikte und anderweitigen Beziehungen zwischen zwei Religionen und Kulturen in ihrem ganzen Spektrum zu beobachten und auf diese Weise in universalgeschichtliche Dimensionen vorzustoßen. Um diesen hochgesteckten Zielen näher zu kommen, wird als übergreifendes Vorhaben in unserem Teilprojekt ein kommentiertes Kartenwerk zur Siedlungs- und Migrationsgeschichte der Juden im hohen und vor allem im späten Mittelalter für den bezeichneten Untersuchungsraum vorbereitet.
Im ersten Teil meiner weiteren Ausführungen versuche ich, in groben Zügen einen Einblick über die Siedlungsgeschichte der Juden innerhalb des Regnum teutonicum während des Mittelalters zu vermitteln. Dabei konzentriere ich mich auf die Altsiedellande, die auch im Hinblick auf die jüdische Geschichte insgesamt deutliche Unterschiede zu den vor allem seit der Mitte des 12. Jahrhunderts entstandenen Neusiedellanden jenseits von Elbe und Saale aufweisen. Innerhalb der deutschen Altsiedellande, in denen die aschkenasischen Juden am frühesten ihre „patria“ fanden, werde ich im folgenden aus den in Mainz naheliegenden Gründen, aber auch aufgrund der erwähnten Vorarbeiten insbesondere von Ziwes und Mentgen näher auf den weiteren Mittelrheinraum und auf das Elsaß eingehen. Nur aus dem Zwang, in insgesamt etwa einer Stunde über fast ein halbes Jahrtausend zu sprechen, wird die Zeit bis zu den katastrophalen Pogromen im unmittelbaren Vorfeld und Zusammenhang des Schwarzen Todes um die Mitte des 14. Jahrhunderts stärker berücksichtigt. Die anschließenden anderthalb Jahrhunderte, in denen die mittelalterliche Geschichte der Juden in Deutschland zu Ende ging und gleichsam nur noch wenige und zudem dünne Fäden für den Übergang in die keineswegs bessere Neuzeit besaß, wird nur noch in ganz wenigen Ausblicken gestreift.
Ein Blick auf die Verbreitung der Niederlassungsorte innerhalb des Regnum teutonicum bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts mag genügen, um den hohen Stellenwert des Mittelrhein-Raumes und des Elsaß innerhalb des aschkenasischen Judentums zu erkennen. Bis zu diesem tiefen Einschnitt sind in mehr als tausend Orten Juden nachzuweisen. Davon entfällt mit etwa 190 Belegen fast ein Fünftel auf unsere engeren Untersuchungsräume. Die Bedeutung vor allem des Mittelrhein-Raumes geht über diese quantitativen Befunde hinaus, wie schon die Schum-Städte Speyer, Worms und Mainz zeigen. Diese waren bekanntlich vom ausgehenden 11. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts die hervorragenden religiösen und kulturellen Zentren des aschkenasischen Judentums. Zugleich waren die Judengemeinden von Speyer und Worms die frühesten Empfänger der für die Rechtsstellung des aschkenasischen Judentums maßgeblich gewordenen Privilegien. Dies war wiederum im wesentlichen eine Folge der Tatsache, daß die Kathedralstädte Speyer und Worms zentrale Mittelpunkte der salischen Hauslande waren, die, wie der Mittelrhein-Raum insgesamt, zum Kernbereich der staufischen Reichslande wurden.
Bis etwa zur Mitte des 13. Jahrhunderts, also bis gegen Ende der Regierungszeit Kaiser Friedrichs II., war der Anteil vornehmlich des Mittelrhein-Raumes an den jüdischen Niederlassungsorten noch höher, denn von den damals kaum mehr als hundert Orten mit jüdischer Siedlung befand sich etwa ein Viertel am Mittelrhein und im Elsaß. Und es besteht kein Zweifel, daß insbesondere Mainz einen hohen Rang innerhalb der Grundausstattung der späteren deutschen Lande mit jüdischen Gemeinden seit dem 10. Jahrhundert – also den Anfängen der deutschen Geschichte – besaß. Damals setzte die jüdische Einwanderung unter der Führung auch später hervorragender Geschlechter, wie der Kalonymos-Familie, in größerem Umfange wohl hauptsächlich aus dem südlichen Italien und daneben aus dem südlichen Frankreich ein. Bis zu den schweren Pogromen im Zusammenhang des Ersten Kreuzzugs von 1096 bestand innerhalb des Regnum teutonicum nur wenig mehr als ein Dutzend jüdischer Gemeinden, die fast ausschließlich auf die größeren Kathedralstädte, also die urbanen Zentren des ottonisch-salischen Reichs, konzentriert und damit auch in herrschaftlich-politischer Hinsicht eng verknüpft waren.
Eben auch darauf und auf die damit zusammenhängende Stellung innerhalb der ecclesia universalis und somit auch der Heilsgeschichte stützte sich auch das Selbstverständis der Städte nicht zuletzt als civitas sancta, was vielfach auch von den frühen christlichen Stadtgemeinden übernommen wurde. Dafür verweise ich beispielhaft nur auf das um die Mitte des 12. Jahrhunderts nachweisbare Siegel der Mainzer Stadtgemeinde mit der auf die "goldene Stadt" in der Johannes-Apokalypse anspielenden Umschrift aurea Maguntina Romane ecclesie specialis filia. Und es ist eben auch ein aufschlußreiches Zeugnis für die noch bei weitem nicht ausgeschöpfte Aussagekraft der von Taeubler aufgestellten methodischen Trias von "Siedlung, Assimilation und Eigenart", wenn – worauf jüngst mein israelischer Kollege und Freund Israel Yuval aufmerksam gemacht hat – in einer hebräischen Chronik aus derselben Zeit Mainz umschrieben wird als: "unsere Mutterstadt, der Ort unserer Väter. Die uralte Gemeinde, die hochgelobte unter allen Gemeinden des Reichs" und ferner anläßlich des Pogroms von 1096 unter Verwendung eines auf die Zerstörung Jerusalems bezogenen Verses aus den Klageliedern: "Gebrochen ist die mächtige Stütze, der prächtige Stab, die heilige, wie Gold hochgeschätzte Gemeinde Mainz."
Trotz aller hier nicht weiter artikulierbaren Vorbehalte macht die Übersicht über den Siedlungsbestand bis 1348/49 den enormen Wandel von diesem Fundament jüdischen Gemeindelebens in den wenigen Zentren urbaner Kultur gegen Ende des 11. Jahrhunderts bis zu den schlimmen Pogromen von 1348/49 evident. Nur bei einer regional fokussierten Betrachtungsweise in seinen jeweiligen Ausmaßen, Bedingungszusammenhängen und Auswirkungen auslotbar ist das Faktum, daß die enorme Steigerung und Ausweitung der jüdischen Siedlung zwischen ca. 1250 und 1348 um das Zehnfache in besonderer Intensität innerhalb der letzten Jahrzehnte des 13. und im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts erfolgte: und damit in einem Zeitraum, in dem im Jahre 1290 die Juden aus England und aus den angevinischen Fürstentümern auf dem Kontinent und seit 1306 aus den Kronlanden des französischen Königs vertrieben wurden, während Karl II. von Anjou im Jahre 1289 die Juden aus seinen französischen Grafschaften Maine und Anjou auswies und zwischen 1290 und 1293 seine jüdischen servi camerae regiae in seinem süditalienischen Regno zu Tausenden zur Taufe zwang.
Diese räumlich und zeitlich weit ausgreifenden Beobachtungen bieten wichtige Orientierungen für unsere engeren Untersuchungsfelder, denen wir uns nun am kartographischen Leitfaden zuwenden.
Die Kartenserie beider Arbeiten wie auch des in Vorbereitung befindlichen kommentierten Kartenwerks beginnt mit einer Bestandsaufnahme um 1250. Die weiteren zeitlichen Querschnitte folgen etwa im Rhythmus von jeweils einem halben Jahrhundert bis zum Ende unseres Untersuchungszeitraumes zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Die Siedlungskarten werden ergänzt durch ebenfalls kartographisch fundierte Darstellungen über Judenverfolgungen und andere Aspekte wie insbesondere Migrationen.
In die Siedlungskarten aufgenommen werden generell auch Angaben über die spezifische Qualität der Niederlassungsorte im christlichen Herrschafts– und Sozialgefüge und ebenso über die Ausstattung der jüdischen Gemeinden mit eigenem Friedhof und eigener Synagoge, während die Nachweise für einen Judenrat, jüdische Herbergen und Hospitäler wie auch für andere zentrale Einrichtungen in der jeweiligen Darstellung eingehend berücksichtigt, jedoch zumindest im kommentierten Kartenwerk nicht dargestellt werden.
Mit Hilfe dieser Kriterien läßt sich – unter Berücksichtigung der freilich nur vereinzelt einigermaßen abschätzbaren Zahl der jüdischen Bevölkerung – eine gewisse Hierarchie unter den jüdischen Niederlassungsorten aufzeigen, wobei vor allem den Friedhöfen ein hoher Stellenwert zukommt. Daß dabei eine enge, aber keineswegs starre Beziehung zwischen der urbanen Qualität des Siedlungsorts und der zentralen Rolle der dort ansässigen jüdischen Gemeinde unter den Juden der weiteren Umgebung oder sogar innerhalb des aschkenasischen Judentums besteht, wird ja bereits an den Schum-Städten ersichtlich, aber auch aus dem schon um 1250 feststellbaren Aufkommen der Pfalz- und Königsstadt Frankfurt. Ebenso trug die Ansiedlung von Juden zur urbanen Qualität der Niederlassungsorte in der Regel bei.
Doch schon ein Vergleich mit der Übersicht über die jüdischen Siedlungsorte bis 1348/49, in der im städtereichen Maas-Schelde-Raum oder auch im jüngeren Netz der Hansestädte im weiteren Ostsee-Gebiet Judensiedlungen nur sporadisch auftreten, warnt vor einer kurzsichtigen Generalisierung. Auch in dieser Hinsicht lohnt sich eine landesgeschichtlich vertiefte Betrachtungsweise, wie bereits der Vergleich zwischen den Siedlungsbefunden von 1250 und 1300 jeweils im Mittelrhein-Gebiet und dem Elsaß und zwischen diesen beiden Landschaften veranschaulichen kann.
Die erhebliche Zunahme der jüdischen Niederlassungsorte im mittleren Rheingebiet während der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts äußert sich in den insgesamt bis zum Stichjahr 1300 neu hinzugekommenen 36 Orten, so daß der bis 1250 vorhandene Bestand von 21 weit mehr als verdoppelt, ja fast verdreifacht wurde. Offenkundig folgte dieser Zuwachs hier der fortschreitenden Urbanisierung. Dazu trugen die Juden ihrerseits bei, indem sie vor allem durch ihre Handels- und Geldleihetätigkeit die wirtschaftliche Bedeutung ihrer jeweiligen Wohnorte erhöhten und zugleich die finanziellen Einkünfte der Stadt- und Landesherren und teils auch bereits der christlichen Stadtgemeinden steigerten.
Im Elsaß war der Zugewinn im selben Zeitraum prozentual etwa gleich hoch, doch waren die absoluten Zahlen erheblich geringer, nämlich nur 5 Siedlungen bis 1250 und 14 bis 1300. Obwohl nunmehr Juden in weit mehr Städten heimisch wurden – und dies vornehmlich im südlichen Elsaß, wo in Colmar ein neues Zentrum (neben Straßburg und Hagenau) heranwuchs –, blieb die Zahl der Orte mit Stadtrecht doch noch erheblich größer als die der jüdischen Siedlungen. Diese Diskrepanz ist offenbar dadurch mitbedingt, daß in dieser staufischen Reichslandschaft aufgrund eben dieser spezifischen herrschaftlichen Gegebenheiten viele Orte Stadtrechte erhalten haben, sich aber sonst kaum von Dörfern in anderen Landschaften unterschieden, also für die Juden noch nicht genügend Existenzmöglichkeiten boten.
Dieser Befund ändert sich grundlegend spätestens seit der Wende zum 14. Jahrhundert (siehe Karte 1). Bis zu den Pogromen zur Zeit des Schwarzen Todes stieg die Zahl der von Juden bewohnten Orte von 14 auf etwa 58 an, wobei freilich der Unsicherheitsfaktor bei den auf der Karte insgesamt 10 dörflichen Ansiedlungen sehr hoch ist. Im Oberelsaß waren in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in allen, vielfach im Abstand von weniger als fünf Kilometern aufeinanderfolgenden urbanen Siedlungen auch Juden ansässig. Derartige Städte massierten sich in der Region zwischen den Flüssen Breusch und Thur bzw. zwischen Molsheim im Norden und Gebweiler bzw. Ensisheim im Süden. Dort sind nur noch in fünf Orten mit Stadtrecht in dieser Zeit keine Juden nachweisbar. Ebendieselbe Region ist der wirtschaftliche Kernraum des Elsaß. Dort herrschte der Weinbau vor, der das wichtigste Exportgut des Elsaß lieferte, und damit eine Intensivwirtschaft mit hohem Kapitalbedarf, aber auch mit großem, allein schon witterungsbedingtem Risiko. Zugleich bot hier die Königsstadt Colmar den Juden bei Verfolgungen noch wirksamen Schutz, wie das militärische Eingreifen eines Teils der Colmarer Bürger zugunsten der Juden gegen die mörderischen „Armleder“-Banden im Jahre 1338 eindrucksvoll zeigte.
Die Colmarer Judengemeinde gehörte damals zu den überragenden Judengemeinden im Elsaß. Sie besaß ebenso wie jene von Hagenau und Straßburg einen Judenfriedhof, der als Zentralfriedhof auch den in der weiteren Umgebung lebenden Juden zur Verfügung stand. Hinzu kam für das südliche Elsaß ein Judenfriedhof in dem bei Mülhausen gelegenen Rixheim, wo offenbar jedoch keine Juden ansässig waren. Die Distanzen waren stets in einer Tagesreise von höchstens 30 bis 40 km zu überwinden. Noch kürzer waren die Abstände zwischen den etwa fünfzehn Orten, in denen für diese Zeit mehr oder weniger sicher eine Synagoge nachgewiesen werden kann. Diese verteilten sich relativ gleichmäßig, was allein schon eine Mitbenutzung dieses Gebäudes durch die in den benachbarten Orten lebenden Juden zumindest an den hohen Festtagen nahelegt.
Weniger ausgewogen war das Zentralitätsgefüge in demselben Zeitraum im mittleren Rheingebiet (siehe Karte 2), wo die Zahl der Judenniederlassungen während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts von 57 auf 133 anstieg. Im Vergleich zum Elsaß war die Zahl der Synagogen mit etwa 20 erheblich geringer. Dasselbe gilt für die Judenfriedhöfe, die sich nur in den Schum-Städten und ferner in Koblenz, Frankfurt und Miltenberg befanden und von den abgelegener wohnenden Juden keineswegs immer in einer Tagesreise leicht erreichbar waren. Bezeichnenderweise ist unter diesen sechs jüdischen Gemeinden nur in Miltenberg kein Judenrat und übrigens auch kein jüdisches Hospital nachzuweisen.
In dem sich nunmehr stark verdichtenden jüdischen Siedlungsnetz im Mittelrhein-Raum lebten Juden in relativ zahlreichen Orten ohne Stadtrecht (nämlich in 35 gegenüber 98 Städten). Die Massierung der Niederlassungsorte erfolgte auch hier in den ausgeprägten Weinbaugebieten an Mosel, Lahn, Mittelrheingraben, im Rheingau, in Rheinhessen sowie an der Wein- und der Bergstraße. Dort betrug der Abstand zwischen den von Juden besiedelten Orten – wie im Elsaß – oft nur wenige Kilometer. Im Unterschied zum Elsaß mit seinen noch immer zahlreichen Städten aus dem staufischen Erbe setzten sich im Mittelrheingebiet die diversen Landesherren trotz scharfer Konkurrenz untereinander viel stärker gegen die früheren Positionen des Königtums durch.
Eben diese Landesherren, teils aber auch die politisch selbständig agierenden größeren Königs- und Reichsstädte konkurrierten schon aus fiskalischen Gründen untereinander um die Juden. Freilich gerieten die Juden um so mehr in die Interessengegensätze und teils auch militärischen Auseinandersetzungen zwischen diesen Gewalten. Solchen Konflikten waren sie besonders in den kleinen Siedlungsorten umso mehr ausgeliefert, wenn sie bei akuter Gefahr nicht schnell Zuflucht in Burgen oder auch mächtigeren Städten finden konnten. Für diese Verwicklungen nur eine besonders schaurige, aber dennoch symptomatische Begebenheit. Graf Walram von Sponheim hatte wegen seiner hohen Schulden bei Juden des Trierer Erzstifts 1332 die kleine Stadt Kirchberg, den Hauptort der ihm unterstehenden Vorderen Grafschaft, an Erzbischof Balduin von Trier verpfändet. Daraufhin ließen sich in Kirchberg auch finanzkräftige trierische Juden nieder, bei denen sich Walram in der Folgezeit nochmals stark verschuldete. Bald nach dem Tode seines Vaters nutzte Walram offenbar die verbreitete Pogromstimmung im Zusammenhang der bereits erwähnten "Armleder"-Verfolgungen und ließ 1338 gezielt die Kirchberger Juden des Trierer Erzbischofs ermorden. Hingegen befahl er, daß seine eigenen Kirchberger Juden verschont blieben.
Doch bevor wir uns den Verfolgungen und Pogromen als wesentlichen Faktoren für die Siedlungs- und Migrationsgeschichte der Juden zuwenden, sei noch kurz der Frage nachgegangen, woher die Juden stammten, die den doch enormen Zuwachs an jüdischen Niederlassungsorten getragen haben. Diese Frage ist umso dringlicher, als offenbar auch jene Judengemeinden, die schon vor 1300 bestanden, oft während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts an Mitgliedern wuchsen. In der früheren Forschung ist man zumeist davon ausgegangen, daß der Anstieg der jüdischen Bevölkerung durch den Geburtenüberschuß der in den deutschen Altsiedellanden bereits ansässigen Juden bewirkt worden sei. Genauere Untersuchungen in unserem Teilprojekt lassen jedoch erkennen, daß zudem auch eine Zuwanderung von Juden aus Frankreich nach den 1306 und in den frühen 1320er Jahren nochmals vorgenommenen Vertreibungen aus dem Königreich erfolgt sind.
Eine Zwischenbilanz der Recherchen ist auf einer von Friedhelm Burgard erstellten Karte 3 abzulesen. Nur vereinzelt sind die Indikatoren so überzeugend wie eine Originalurkunde vom Januar 1333, mit der der Graf von Sayn den Lewe judeus gallicus und dessen Mutter und Kinder zunächst auf drei Jahre in den seiner Herrschaft unterstehenden Ort Vallendar bei Koblenz aufnahm. Wie Franz-Josef Ziwes nachgewiesen hat, ähneln die Bestimmungen dieses Einzelprivilegs weitgehend jenen, die etwa 100 Jahre früher Hugo von Lusignan als Graf von Angoulême und de la Marche für einen aus Poitiers zugewanderten Juden gewährt hat. Aufgrund weiterer Indizien kann er sogar die weitergehende These wagen, daß offenbar über diese Zuwanderer aus der Romania – und unter Vermittlung des ebenfalls mit der Romania bestens vertrauten Trierer Erzbischofs Balduin von Luxemburg – in der Germania das bis dahin dort unbekannte Privileg für einzelne Juden und deren Familien als Modell transferiert wurde. Diese Form der Privilegierung wurde seit den Wiederansiedlungen nach dem Schwarzen Tod in den deutschen Landen weit verbreitet und vielerorts zur Regel.
Im übrigen führte die Zuwanderung von romanischen Juden teils auch zu Konflikten mit den einheimischen Juden. So wird 1312 in Worms festgelegt, daß u.a. kein walich – also kein Welscher, was sehr wahrscheinlich einen Angehörigen einer aus der Romania eingewanderten Familie dieses Namens meint – in den Judenrat aufgenommen werden dürfe. Im Jahre 1338 stellte die Straßburger Stadtgemeinde 16 Jüdinnen und Juden – "teils mit, teils ohne Familie" – einen neuen Schutzbrief aus, in dem es eingangs ausdrücklich heißt, er gelte nur für die Tutschen [Juden] ..., die in unserre stat zu Strazburg geseszen sind. Vereinzelt findet sich sogar bei einem Juden von Masmünster im südlichen Elsaß der Beiname "der Engländer", was auf einen 1290 aus England vertriebenen Immigranten rückschließen läßt. Jedenfalls ist die Migration von Juden über die französisch-deutsche Sprachgrenze auch noch in späterer Zeit erheblich größer gewesen, als die Forschung bisher angenommen hat.
Erstmals fanden in den deutschen Altsiedellanden etwa gleichzeitige Pogrome in mehreren Orten im engen Zusammenhang mit dem Ersten Kreuzzug im Jahre 1096 statt. Betroffen waren davon Juden in Metz, Trier, Köln, Mainz, Worms und Speyer, damals wohl die einzigen Judengemeinden in unserem weiteren Untersuchungsraum. Trotz dieses tiefen Einbruchs in das christlich-jüdische Verhältnis haben sich die Judengemeinden in diesen Kathedralstädten mit Ausnahme von Metz relativ schnell an ihren ursprünglichen Plätzen inmitten des urbanen Lebens regeneriert. Tatsächlich beschränkten sich in den nächsten etwa 190 Jahren Pogrome zu unterschiedlichen Zeiten auf relativ wenige Orte: oft, wie in Bacharach (1146) und Aschaffenburg (1147), in Mainz (1188) und in Speyer (1196) wiederum in Zeiten der Kreuzzugsstimmung.
Diese immerhin fast 200 Jahre umfassende Phase, in der – wie wir gesehen haben – das jüdische Siedlungsgefüge vor allem am Mittelrhein sich erheblich verdichtete, endete in eben dieser Region in den achtziger Jahren des 13. Jahrhunderts. Ein böses Fanal bildete der Pogrom in Mainz und Bacharach am Ostermontag 1283. Er entzündete sich jeweils an einer Ritualmordbeschuldigung, jenem antijüdischen Stereotyp, das zuvor schon an vielen Orten Westeuropas Motiv oder doch Anlaß zu Pogromen gewesen war, jetzt aber das erste Mal im mittleren Rheingebiet sich so verheerend auswirkte, daß davon – wie die Annalen von Worms bezeugen – die „Juden in ganz Deutschland erschüttert“ wurden (feria secunda pasche christiani in civitate Moguntinensi Iudeos invaserunt, multis ex eis occisis, omnem substanciam eorum sibi diripuerunt; que plaga omnes Iudeos per totam Alemanniam percussit; Annales breves Wormatienses, MGH SS XVII, S. 74). Mit den Pogromen in Mainz und Bacharach war auch die Ermordung von 13 Juden am Freitag nach Ostern desselben Jahres in dem raugräflichen Flecken Rockenhausen verknüpft. Hingegen war der Pogrom in Koblenz – wohl im Sommer desselben Jahres – in Auseinandersetzungen zwischen dem Trierer Erzbischof (dem Herrn der Stadt und der Judengemeinde) und Oppositionsgruppen in der Stadt begründet.
Nur wenige Jahre später löste der Vorwurf des Ritualmordes an Werner "von Oberwesel" – angeblich am Karfreitag 1287 geschehen – im Frühjahr und Sommer desselben Jahres eine viel weiter ausgreifende Pogromwelle aus. Sie wirkte sich auch noch nördlich unseres Untersuchungsgebietes in Andernach, Sinzig und Altenahr und noch in wenigen anderen nördlicher gelegenen Orten bis zum niederrheinischen Kempen aus. Doch konzentrierte sie sich ansonsten auf den Mittelrhein und die untere Mosel, eben auf ausgeprägte Weinbaugebiete. Und so mag es auch nicht überraschen, daß „der gute Werner“ – wenn auch bisher erst für das 16. Jahrhundert nachgewiesen – später bis in die Franche Comté, die Auvergne und Bourgogne als Patron der Winzer verehrt wurde.
Nur wenig mehr als ein Jahrzehnt nach dieser ersten größeren Verfolgungswelle des Spätmittelalters brach nach einer angeblichen Hostienschändung im fränkischen Städtchen Röttingen eine Pogromflut los, die sich im Sommer 1298 über weite Teile Frankens ausbreitete. Sie wirkte sich bis zum Osten unseres Untersuchungsraumes aus und griff sogar bis nach Weinheim an der Weschnitz aus. Erwähnt sei nur noch, daß diese schlimmen Vorgänge, die wohl mehr Juden das Leben kosteten als die Kreuzzugsverfolgungen insgesamt, durch den Thronstreit zwischen König Adolf von Nassau und Albrecht von Habsburg stark beeinflußt waren.
Hingegen blieb das Elsaß bis an die Wende zum 14. Jahrhundert sogar von lokalen Pogromen frei. Ein erster Einbruch erfolgte hier – wenn auch insgesamt nur in kleineren Orten und mit geringer räumlicher Ausstrahlung – im Jahre 1309. Hauptort und Ausgangspunkt dieses Serienpogroms war Rufach mit einem Überfall auf die dortigen Juden, die – ebenso wie jene aus Sulz – dem Straßburger Bischof unterstanden.Und in ebendemselben Rufach begann im Januar 1338 eine Reihe von Verfolgungen, die gemeinhin als "Armleder"-Pogrome bezeichnet werden. Diese Pogromwelle konzentrierte sich auf die Verdichtungszone jüdischer Siedlungen im elsässischen Weinbaugebiet, griff aber noch zum Süden weiter aus. Ausgehend von einem politisch bedingten Konflikt mit dem Straßburger Bischof, nahm diese Judenverfolgung im Elsaß die Formen eines Kreuzzugs an. An dessen Spitze stand ein "rex Armleder", ein Schankwirt namens Johann Zimberlin, mit dem angeblich göttlichen Auftrag, das Martyrium Christi an allen Juden zu rächen und sie vom Erdboden zu vertilgen, aber auch ein adliger Burggraf von Dorlisheim. Jedenfalls setzten sich die „Judenschläger“ keineswegs nur aus dem niederen Landvolk zusammen.
Dabei wurde im Elsaß nur nachgeahmt, was 1336 in Franken unter der Anführung des aus seiner Heimat verbannten Ritters Arnold von Uissigheim, König Armleder genannt, begonnen hatte. Im Spätsommer des folgenden Jahres griff die Pogromhetze auf die Umgebung Frankfurts, die Lahn, den Mittelrhein und die untere Mosel über. So wurden hier – fünfzig Jahre nach den Pogromen wegen Werner „von Oberwesel“ – an nicht wenigen Orten (wie Oberwesel, Boppard, Koblenz, Alken, Münstermaifeld, Cochem und Kirchberg) die Juden erneut schwer heimgesucht. Es sei nur an die geschilderten Vorgänge in Kirchberg im Jahre 1338 erinnert, um jedenfalls anzudeuten, wie stark die zweifellos weit verbreitete antijüdische Stimmung durch lokale oder doch sehr eng begrenzte politische und wirtschaftliche Motive selbst einzelner Herrschaftsträger zu grausamen Pogromen gesteigert werden konnte. Erst diese schweren Judenverfolgungen scheinen zumindest an einigen der genannten Orte das Ende der jüdischen Gemeinde oder sogar jeglicher Niederlassung von Juden herbeigeführt zu haben, wie dies sicher für Oberwesel und wahrscheinlich auch für Bacharach zutrifft.
Auch andere Indizien sprechen dafür, daß die sogenannten Armleder-Verfolgungen an Mittelrhein und Mosel die bis dahin noch anhaltende Expansion jüdischer Siedlung beendet haben. So mußte sich auch Erzbischof Balduin von Luxemburg im Mai 1338 gegenüber der Trierer Stadtgemeinde zur Begrenzung der im Herzen der Stadt lebenden Trierer Judengemeinde auf nicht mehr als 50 hausgesessene Famlien vertraglich verpflichten. Zugleich verschlechterte sich – zumindest im Erzstift Trier – auch die rechtliche Stellung der Juden: auch infolge ihres gewachsenen Schutzbedürfnisses, das sie noch stärker von ihren diversen Herren und potentiellen, aber eben nur höchstens beschränkt wirksamen Schutzgewalten abhängig machte. Es war zugleich die Zeit, in der die Urbanisierung in den deutschen Altsiedellanden kaum noch voranging oder doch längst ihren Höhepunkt überschritten hatte.
Zu diesen insgesamt erheblich verschlechterten Rahmenbedingungen jüdischer Existenz kam seit 1346 mit dem wittelsbachisch-luxemburgischen Thronstreit ein weiterer politisch destabilisierender Faktor hinzu, von dem die Juden vor allem in den alten Reichslanden in Franken, am Mittelrhein und auch im Elsaß besonders stark betroffen waren. Entscheidend wurde jedoch die existentielle Bedrohung aller Menschen durch die pestilentia permaxima et adhuc inaudita, den Schwarzen Tod. Die weitaus meisten Pogrome fanden vor dem jeweiligen Ausbruch der Pest statt. Viel wirksamer waren die Angst vor dem unberechenbaren Tod und die dadurch wesentlich herbeigeführte Entfesselung inhumaner Einstellungen und Verhaltensweisen bei einem großen Teil der christlichen Bevölkerung. In diesem Klima erhielt der Vorwurf der Brunnenvergiftung gegen die Juden seine verheerende Wirkung, die von diversen Individuen und Gruppen aus sehr unterschiedlichen Interessen – nicht nur aus in engerem Sinne materiellen, sondern nicht zuletzt auch politischen – gesteuert werden konnte und auch zu planvollem Mord an Juden genutzt wurde.
Im Gebiet des Mittelrheins blieben die Juden offenbar in kaum einem ihrer Siedlungsorte von den Massakern, die manchmal auch in das teuflische Gewand rechtlich geregelter Verfahren gekleidet wurden, verschont.
Das Ausmaß der Katastrophe von 1348/49 im Elsaß läßt sich bereits im Vergleich zwischen dem Siedlungsbestand bis zum Schwarzen Tod und jenem für die Zeit von 1351-1400 erahnen. Mit 29 Niederlassungsorten ist nur noch die Hälfte der Orte vor 1348/49 bezeichnet. Unter diesen 29 Belegen sind zudem mindestens 8 unsicher. In fast allen Fällen ließen sich die Juden nach 1349 in Orten nieder, wo sie bereits zuvor ansässig gewesen waren – und dies waren ausschließlich Städte, darunter vorzüglich solche, in denen schon vor 1349 eine Synagoge und insbesondere ein Friedhof bestanden. Freilich – und dies ist nicht genug zu betonen: Selbst in diesen noch verbliebenen Orten waren die jüdischen Gemeinden, sofern sie sich überhaupt wieder etablieren konnten, erheblich kleiner als vor 1348/49. Ebenso fällt ins Gewicht, daß sich Juden in denselben Orten während der zweiten Hälfte des 14. Jahrhundert nicht kontinuierlich aufhielten.
Am frühesten erfolgte die Wiederansiedlung offenbar in Hagenau (1354), einige Jahre danach in Colmar und wiederum noch etwas später in Mülhausen; in Straßburg erst am Ende der sechziger Jahre. Und eben aus dieser oberrheinischen Metropole wurden die Juden bereits im Jahre 1390 – also nach etwa zwei Jahrzehnten – vertrieben, nachdem schon zuvor die ohnehin gegenüber der Zeit vor 1349 erheblich kleinere Straßburger Stadtgemeinde nochmals in ihrer Mitgliederzahl erheblich zurückgegangen war.
Die Vertreibung der Juden aus der Freien Stadt Straßburg schon im Jahre 1390 – vier Jahre vor der weit über das Mittelalter hinaus wirksamen endgültigen Vertreibung der Juden aus dem Königreich Frankreich und kurz vor den schrecklichen Pogromen auf der iberischen Halbinsel – bildete das Fanal (in manchen Fällen vielleicht sogar das Modell) für die seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts auf immer breiterer Front erfolgenden Vertreibungen der Juden aus Städten und Territorien in den deutschen Landen.
Auf diesem durch die Vertreibung von 1390 nochmals geminderten Niveau konservierte sich das jüdische Siedlungsgefüge im Elsaß im wesentlichen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Reduktion auf die alte Kernlandschaft im südlichen Elsaß – also auf die Weinwirtschaftslandschaft – gewann jedoch schärfere Konturen. Das Judentum blieb im Elsaß auch noch bis 1479 stadtsässig. Freilich dünnt sich nun die alte Kernlandschaft noch weiter aus.
Einen tiefen Einschnitt bewirkte eine Verfolgungs- und Fluchtwelle 1476/77, der eine Ausweisung der Juden aus den Orten des Hochstifts Straßburg folgte. Ein wesentliches, langfristig wirksames Ergebnis bestand darin, daß die Juden seit dieser Zeit nicht mehr überwiegend in urbanen Zentren lebten, sondern in dörflichen Siedlungen. Doch selbst in den Städten war die Zahl der dort ansässigen Juden vielfach auf eine – wie sogar in Hagenau zu Anfang des 16. Jahrhunderts – oder doch ganz wenige Familien begrenzt. Und selbst diese lebten oft nur für eine ganz kurze Zeit in dem jeweiligen Ort. Größere funktionierende jüdische Gemeinden waren zu einer Ausnahmeerscheinung geworden. Das Leben der Juden war nun durch Instabilität und Individualisierung gekennzeichnet. Das Zeitalter des Dorfjudentums begann und damit eine neue Epoche, die im Elsaß zwar am Ende des Mittelalters einsetzte, aber eben nicht mehr typisch mittelalterlich, vielmehr neuzeitlich ist. Die Zahl der Judenniederlassungen erreichte etwa jene aus der Zeit vor 1348/49, doch die Qualität der Lebensbedingungen der Juden hatte sich grundlegend verschlechtert.
Etwa zur gleichen Zeit waren die erzwungene Instabilität, Individualisierung und Verdörflichung auch im weiteren Mittelrheingebiet bereits zu weithin bestimmenden Formen jüdischer Lebensweise geworden. Auch hier erwiesen sich die Pogrome zurzeit des Schwarzen Todes, die die Juden in etwa 85 Orten heimgesucht hatten, als ein Faktor, der das jüdische Siedlungsgefüge tiefgreifend veränderte. Zwar ließen sich Juden schon relativ früh wieder in den alten jüdischen Metropolen Speyer (1352), Worms (1353) und Mainz (1356) nieder, doch waren die Rahmenbedingungen zur Regeneration der jüdischen Gemeinden insgesamt viel ungünstiger geworden als im hohen Mittelalter und selbst noch in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Im selben Jahr 1390, in dem die Straßburger Juden aus der elsässischen Metropole vertrieben wurden und in dem König Wenzel im Interesse von Adel und Fürsten erneut eine Annullierung der Schulden bei Juden gestattete, ließ der rheinische Pfalzgraf Ruprecht II., wohl im September oder Oktober, die jüdischen Glaubensgenossen aus den Orten seines engeren Territoriums ausweisen. So wurde die Heidelberger Synagoge, die inzwischen zu unser frauwen capellen – also zu einer Marienkapelle – umgewandelt worden war, zusammen mit den ehemaligen Judenhäusern im Mai 1391 der Heidelberger Universität übereignet. Von der pfalzgräflichen Vertreibung waren außerdem die Juden in Bacharach, Alzey, Neustadt, Ladenburg und Weinheim betroffen.
Nur erwähnt seien noch die Vertreibung der Juden aus dem Erzstift Trier am Ende des Jahres 1418, das durch solche Akte herbeigeführte Ende der hervorragenden Judengemeinde von Speyer in den Jahren 1405 und 1435 und das von Vertreibungen und Wiederzulassung zwischen 1438 und 1470 extrem beeinträchtigte Schicksal der Mainzer Judengemeinde.
So stellte der Reichserbkämmerer Konrad von Weinsberg, der Beauftragte des Kaisers für die Judensteuer, im Juli 1439 resignierend fest, daß in Mainz, in Speyer, in Wimpfen und einer Reihe anderer Städte des Reiches keine Juden mehr seien; Konstanz und Heilbronn hätten ihre Juden zum Abzug aufgefordert und auch von Frankfurt seien die reichsten Juden abgewandert. Und derselbe Experte konstatierte wenige Jahre zuvor, daß fast überall im Reich due Judischheit also geleidiget, besweret, besatzt, fluchtig gemacht und vertrieben sei.
Wie sich diese insgesamt negativen Tendenzen bis zum Ende des Mittelalters auf die "Judischheit" in der mittelrheinischen Zentrallandschaft des aschkenasischen Judentums ausgewirkt haben, zeigt eindrucksvoll ein Vergleich zwischen dem Siedlungsbestand bis etwa 1348 und jenem für die Zeit zwischen 1501 und 1520. Die krassen Unterschiede zu den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts sprechen für sich, zumal wiederum berücksichtigt werden muß, daß die Juden in den ihnen zu Anfang des 16. Jahrhunderts noch verbliebenen Siedlungsorten zumeist nicht nur in viel geringerer Zahl, sondern auch viel unstetiger und insgesamt unter weitaus schlechteren Bedingungen lebten.
Diese qualitativen Verschlechterungen wirkten sich seit dem Ende des Mittelalters in manchen Fällen auch bis auf den engsten räumlichen Lebensbereich der Juden aus. Während sie bis dahin trotz der schweren Pogrome in den größeren Städten fast ausnahmslos inmitten des urbanen Lebens ihre Heimstätten und Wohnviertel besaßen oder sich dort selbst nach 1348/49 wieder ansiedeln konnten, wurden sie jetzt auch topographisch stärker ausgegrenzt und in die städtischen Randzonen verdrängt, sofern sie nicht ganz aus den Städten vertrieben wurden. In der Tat war es eine Ersatzhandlung für die andernorts vielfach bereits durchgeführte Vertreibung, daß der Rat der Frankfurter Reichsstadt die Juden 1462 von ihrem bisherigen zentralen Siedlungsort nahe der Bartholomäuskirche, dem Wahlort des rex Romanorum, verdrängte und gegen ihren Willen in ein Areal nahe der staufischen Stadtmauer – in peripherer Lage – umsiedelte. Die Juden hatten sich dagegen vergeblich unter anderem mit dem Argument gewehrt, sie verlören derart auch den Schutz ihrer wehrhaften christlichen Nachbarn.
Doch eine solche extreme Ghetto-Bildung blieb in den deutschen Landen auch noch in den letzten Jahrzehnten des Mittelalters eine Ausnahme. Viel verbreiteter waren die Vertreibungen aus den Städten. So blieb den Juden zumeist nur noch die Möglichkeit, durch eine Niederlassung in einer dörflichen Siedlung nahe den größeren Städten gleichsam besuchsweise am urbanen Wirtschaftsleben zur partizipieren. Und eben dieser Tatbestand spiegelt sich beispielsweise im Siedlungsbestand um die erzstiftische Stadt Koblenz, in der der Erzbischof erst im Jahre 1518 – hundert Jahre nach der Vertreibung der Juden aus dem Erzstift – die Ansiedlung von mehreren jüdischen Familien durchsetzen konnte.
Brechen wir hier, an der Wende zur Neuzeit, ab in der Hoffnung, daß meine kartographisch verankerten Skizzen – gleichsam aus der Vogelperspektive – doch erste Einblicke in die Aussagemöglichkeiten einer systematisch betriebenen Siedlungs- und Migrationsgeschichte der Juden vermitteln können. Ein solches Vorgehen ist jedenfalls eine unabdingbare Voraussetzung für eine genauere Betrachtung des jüdischen Lebens in der jeweiligen christlichen Umgebung – also vor Ort gleichsam aus der Fußgängerperspektive – und damit für eine vertiefte Analyse der vielfältigen wechselseitigen Beziehungen von Christen und Juden an ihren intensivsten Berührungspunkten: in der Nachbarschaft, auf den Straßen und Märkten, in Städten und Dörfern. Auf diese Weise ist auch eine bessere Kenntnis des friedlichen oder doch gewaltfreien Zusammenlebens von Christen und Juden möglich, das in nicht wenigen deutschen Orten und Städten für mehrere Jahrhunderte des Mittelalters bestand. Dieses Faktum wird sonst allzu leicht in der Flut von Nachrichten über Konflikte, Verfolgungen und nicht selten systematisch betriebene Morde von Christen an Juden übersehen, weil die zumeist allein zur Verfügung stehenden schriftlichen Quellen über die guten oder doch nicht nur schlechten Gegebenheiten auch im Hinblick auf die Kontakte zwischen Christen und Juden in der Regel schweigen. In diesem weiteren Spektrum werden trotz aller Gegensätze und schweren Konflikte – und zugleich in diesen – auch die Gemeinsamkeiten zwischen Juden und Christen besser erkennbar. So kann es umso fundierter gelingen, die Juden als Bestandteil unserer eigenen Geschichte zu begreifen. Dafür ist der Brückenschlag zwischen den Historikern der "allgemeinen deutschen Geschichte" und den Kennern der "allgemeinen Geschichte der Juden" notwendig.
Mit diesem Rückgriff auf die eingangs zitierte Richtschnur Eugen Taeublers aus dem Anfang unseres Jahrhunderts wird die große Wegstrecke deutlich, die in der Erforschung der Geschichte der Juden und ihrer angemessenen Verankerung im kollektiven historischen Bewußtsein vor allem der Deutschen noch zurückzulegen ist.
Literaturauswahl
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- Thomas Bardelle: Juden in einem Transit- und Brückenland. Studien zur Geschichte der Juden in Savoyen-Piemont bis zum Ende der Herrschaft Amadeus' VIII. [1398-1434], Hannover 1995 (Forschungen zur Geschichte Juden, Abteilung A: Abhandlungen, 4) (im Druck).
- Friedhelm Burgard: Zur Migration der Juden im westlichen Reichsgebiet im Spätmittelalter, in: Alfred Haverkamp, Franz-Josef Ziwes (Hgg.): Juden in der christlichen Umwelt während des späten Mittelalters, Berlin 1992 (ZHF-Beiheft, 13), S. 41-57.
- Ismar Elbogen: Von Graetz bis Dubnow. Fünfzig Jahre jüdischer Geschichtsforschung, in: Festschrift zu Simon Dubnows siebzigstem Geburtstag, hg. v. Ismar Elbogen u.a., Berlin 1930, S. 7-23.
- Herbert Fischer: Die verfassungsrechtliche Stellung der Juden in den deutschen Städten während des 13. Jahrhunderts, Breslau 1931 (Ndr. Aalen 1969) (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, 140).
- Germania Judaica, Bd. I: Von den ältesten Zeiten bis 1238, hg. von Ismar Elbogen u.a., Tübingen 1963, Bd. II: Von 1238 bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, hg. v. Zvi Avneri, 2 Tlbde., Tübingen 1968, Bd. III: 1350-1519, Tlbd. 1, hg. v. Arye Maimon, Tübingen 1987, Tlbd. 2, hg. v. Arye Maimon s.A., Mordechai Breuer und Yacov Guggenheim, Tübingen 1995.
- Frantiek Graus: Pest – Geißler – Judenmorde. Das 14. Jahrhundert als Krisenzeit, 2., durchgesehene Aufl. Göttingen 1988 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 86).
- Alfred Haverkamp: "Concivilitas" von Christen und Juden in Aschkenas, in: Robert Jütte, Abraham P. Kustermann (Hgg.): Jüdische Gemeinden und Organisationsformen von der Antike bis zur Gegenwart, Wien, Köln, Weimar 1995 (ASCHKENAS-Beiheft) (im Druck).
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- Ders.: The Jewish Quarters in German Towns during the Late Middle Ages, in: Ronnie Po-chia Hsia, Hartmut Lehmann (Hgg.): In and Out of the Ghetto: Jewish-Gentile Realtions in Late Medieval and Early Modern Germany, New York 1995 (im Druck).
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- Ders.: Die Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes im Gesellschaftsgefüge deutscher Städte, in: ders. (Hg.), Zur Geschichte der Juden im Deutschland des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, Stuttgart 1981 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters, 24), S. 27-93.
- Ders.: Lebensbedingungen der Juden im spätmittelalterlichen Deutschland, in: Dirk Blasius, Dan Diner (Hgg.): Zerbrochene Geschichte. Leben und Selbstverständnis der Juden in Deutschland (Fischer Taschenbuch), Frankfurt am Main 1991, S. 11-31.
- Robert Jütte: Die Emigration der deutschsprachigen "Wissenschaft des Judentums". Die Auswanderung jüdischer Historiker nach Palästina 1933-1945, Stuttgart 1991.
- Adolf Kober: Die Geschichte der deutschen Juden in der historischen Forschung der letzten 35 Jahre, in: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland 1 (1929), S. 13-23.
- Friedrich Lotter: Hostienfrevelvorwurf und Blutwunderfälschung bei den Judenverfolgungen von 1298 („Rintfleisch“) und 1336-1338 („Armleder“), in: Fälschungen im Mittelalter. Internationaler Kongreß der MGH, München, 16.-19. September 1986, Teil V, Hannover 1988 (Schriften der MGH, 33/5), S. 533-583.
- Gerd Mentgen: Die Juden des Mittelrhein-Mosel-Gebietes im Hochmittelalter unter besonderer Berücksichtigung der Kreuzzugsverfolgungen, in: Monatsblätter für evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 1995 (im Druck).
- Ders.: Die Ritualmordaffäre um den "Guten Werner von Oberwesel" und ihre Folgen. In: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 1995 (im Druck).
- Ders.: Studien zur Geschichte der Juden im mittelalterlichen Elsaß, Hannover 1995 (Forschungen zur Geschichte der Juden, Abteilung A: Abhandlungen,2).
- Dieter Mertens: Christen und Juden zur Zeit des ersten Kreuzzuges, in: Bernd Martin, Ernst Schulin (Hgg.): Die Juden als Minderheit in der Geschichte, München 1981, S. 46-67.
- David N. Myers: The Fall and Rise of Jewish Historicism: The Evolution of the Akademie für die Wissenschaft des Judentums (1919-1934), in: The Hebrew Union College Annual 63 (1992), S. 107-145.
- Ders.: Eugen Täubler. The Personification of "Judaism as Tragic Existence", in: Leo Baeck Institute, Year Book 39 (1994), S. 131-150.
- Eugen Taeubler: Aufsätze zur Problematik jüdischer Geschichtsschreibung 1908-1950, hg. u. eingeleitet v. Selma Stern-Taeubler, Tübingen 1977 (Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts, 36).
- Michael Toch: Siedlungsstruktur der Juden Mitteleuropas im Wandel vom Mittelalter zur Neuzeit, in: Alfred Haverkamp, Franz-Josef Ziwes (Hgg.): Juden in der christlichen Umwelt während des späten Mittelalters, Berlin 1992 (ZHF-Beiheft, 13), S. 29-39.
- Israel Jacob Yuval: Heilige Städte, heilige Gemeinden: Mainz als das Jerusalem Deutschlands, in: Robert Jütte, Abraham P. Kustermann (Hgg.): Jüdische Gemeinden und Organisationsformen von der Antike bis zur Gegenwart, Wien, Köln, Weimar 1995 (ASCHKENAS-Beiheft) (im Druck).
- Franz-Josef Ziwes: Studien zur Geschichte der Juden im mittleren Rheingebiet während des hohen und späten Mittelalters, Hannover 1995 (Forschungen zur Geschichte der Juden, Abteilung A: Abhandlungen, 1).
Kartenmaterial (siehe nebenstehende pdf-Datei)
- Karte 1: Judenniederlassungen 1301-1350 im Elsaß
- Karte 2: Judenniederlassungen 1301-1350 im Mittelrhein-Gebiet
- Karte 3: Romanische Juden im Westen des Reiches 1306-1350
Anmerkungen:
- Mit einigen anderen Akzenten habe ich über dasselbe Thema am 9. Februar 1994 an der Hochschule für jüdische Studien in Heidelberg referiert. Herrn Rektor Prof. Dr. Julius Carlebach danke ich auch an dieser Stelle für die ehrenvolle Aufgabe und für sein Verständnis, daß ich den Vortrag in der damaligen Fassung nicht publizieren wollte. Der folgende Text gibt mit einigen, teils technisch bedingten Änderungen das Referat wieder, wie es zu Beginn der Vortragsreihe am 10. Januar 1995 dank der Initiative von Herrn Kollegen Matheus gehalten wurde. Dabei muß leider bis auf wenige Ausnahmen auf die Wiedergabe der im Vortrag gezeigten zahlreichen Karten verzichtet werden, was um so bedauerlicher ist, weil damit die Aussagekraft der kartographischen Methode nur noch ansatzweise verdeutlicht werden kann. Die gezeigten Karten waren weit überwiegend den Dissertationen meiner Schüler Franz-Josef Ziwes und Gerd Mentgen entnommen. Die Arbeit von Herrn Ziwes liegt inzwischen im Druck vor, jene von Herrn Mentgen wird noch 1995 folgen. Für meine vergleichenden Betrachtungen stütze ich mich inhaltlich weitgehend auf diese meines Erachtens auch in methodischer Hinsicht grundlegenden Bände. Den Herren Dr. Mentgen und Dr. Ziwes sowie auch meinem Mitarbeiter Herrn Dr. Friedhelm Burgard bin ich zu Dank verpflichtet, daß Sie der Publikation von Karten aus ihren Arbeiten zugestimmt haben. Herrn Dr. Gerd Mentgen danke ich außerdem für seine wertvolle Hilfe bei der Drucklegung dieser Studie. Zurück