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0.Mainz im Markgrafenkrieg, 1552

0.1.Vorbemerkung

Seit dem Ende des 4. Jahrhunderts war das Christentum im Römischen Reich Staatsreligion und auch Legitimationsbasis für die weltliche Herrschaft. Auch im Heiligen Römischen Reich war bis zum Beginn der Neuzeit das katholische Christentum die Staatsreligion [Anm. 1] zu Lasten der kaiserlichen Zentralgewalt gestärkt worden wäre. 1531 schlossen die protestantischen Fürsten[Anm. 2] ein Bündnis, um bei einem möglichen kaiserlichen Angriff gewappnet zu sein. Mehrere Reichstage zwischen 1527 und 1545, Religionsgespräche zwischen 1540 und 1545, der für den Kaiser erfolgreiche Schmalkaldische Krieg 1546/47 und das Augsburger Interim[Anm. 3] 1548 vermochten nicht, die Religionseinheit wiederherzustellen. Die Übermacht des Kaisers nach dem Schmalkaldischen Krieg sowie dessen Absicht, die Religionsfrage in seinem Sinne zu klären, d. h. ohne ausreichende Würdigung der protestantischen Vorstellungen, löste unter den Reichsständen massive Kritik aus. Unter Kurfürst Moritz von Sachsen, Landgraf Wilhelm von Hessen und Markgraf Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach entstand 1551 ein antikaiserliches und proevangelisches Bündnis. Heinrich II. von Frankreich nutzte die Gunst der Stunde und verbündete sich 1552 mit den protestantischen Reichsfürsten.

0.2.Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach in Mainz

Das Portrait Sebastian von Heusenstamms entstand um ca. 1555 und befindet sich in Aschaffenburg
Sebastian von Heusenstamm[Bild: Gemeinfrei]

Schon im Dezember 1551 nahm man die Gefahr wahr, die auch dem Hochstift Mainz durch dieses Bündnis drohte. Zusätzliche Landsknechte wurden angeworben und die Arbeiten an den Festungsanlagen wurden intensiviert. Zurück vom Konzil in Trient, versprach Kurfürst Sebastian von Heusenstamm den Bürgern am 31. März 1552 „von hinnen nit zu weichen, sondern sein Leib, Gut und Blut […] dem Stift zuzusetzen.“[Anm. 4] Die Mainzer vertrauten ihrem Kurfürsten, der zwischen dem Kaiser und den mit Frankreich verbündeten Kriegsfürsten zu vermitteln versuchte. Am 13. Mai 1552 verkündete er dann aber, dass er und das Domkapitel die Stadt verlassen müssten, weil die Überlegenheit des gegnerischen Bündnisses zu groß sei.[Anm. 5] Nach dem Einmarsch Heinrichs II. mit einer Armee von 35.000 Mann am 10. April 1552 in Lothringen, wo er die zum Reich gehörenden Bistümer Metz, Toul und Verdun[Anm. 6] besetzte, marschierte die Fürstenarmee in die österreichischen Erblande. Ab Mai befanden sich die Kriegsparteien im Waffenstillstand und führten Friedensverhandlungen.[Anm. 7] Markgraf Albrecht Alcibiades führte nun auf eigene Faust Krieg gegen den Kaiser und die geistlichen Fürsten. Neben der Bekämpfung des Katholizismus, was durch Plünderung und Brandschatzung[Anm. 8] lukrativ war, beabsichtigte er, seinen Einflussbereich in Franken zu erweitern. Zunächst überzog er seine unmittelbaren Nachbarn mit Krieg. Er verwüstete das Umland von Nürnberg und erzwang eine erhebliche Zahlung von der Freien Reichsstadt. Er nahm Forchheim ein und zwang die Hochstifte[Anm. 9] Würzburg und Bamberg zu hohen Zahlungen. Daraufhin sprach Karl V. die Reichsacht gegen ihn aus. Der Mainzer Erzbischof versuchte vergeblich, durch das Angebot von Geldzahlungen an den Markgrafen, eine Einnahme von Mainz zu verhindern. Am 6. Juli 1552 verließen der Kurfürst und das Domkapitel Mainz. Nach der erfolglosen Belagerung von Frankfurt zog der Markgraf am 20. Juli 1552 weiter nach Oppenheim und plünderte u. a. das dortige Kaufhaus, in das viele Mainzer Bürger ihr Hab und Gut in Sicherheit gebracht hatten. Als der Speyerer Bischof eine Brandschatzung von 150.000 Gulden verweigerte, zerstörte er die Madenburg und das Hambacher Schloss. Am 15. August 1552 forderte Albrecht Alcibiades, der inzwischen für die Krone Frankreichs kämpfte, Mainz auf, sich zu ergeben. Im Feldlager von Schifferstadt übergaben zwölf Mainzer Bürger die Stadtschlüssel und leisteten Heinrich II. den Treueid. Die Höfe der Domherren und Geistlichen waren von den Plünderungen besonders betroffen. Der Markgraf quartierte sich in der Martinsburg ein und forderte von der Bürgerschaft eine Brandschatzung von 100.000 Gulden, die er auf Bitten des mit ihm befreundeten Mainzer Domherrn Pfalzgraf Reichart von Simmern schließlich auf 15.000 Gulden reduzierte. Während der mehrtägigen Besetzung wurde im Dom auch eine deutsche Messe nach dem evangelischen Kultus gehalten.<Vgl. Dobras, Wolfgang, a.a.O., S. 249. Zum Abbrennen aller geistlichen Häuser in Mainz kam es dann auf Grund des Einwandes der Bürger doch nicht, weil dabei wegen der dichten Bebauung die gesamte Stadt in Flammen aufgegangen wäre. Die außerhalb der Stadtmauer liegenden geistlichen Gebäude – Kloster Kartause, Viktorstift, Albansstift und Heiligkreuzstift – wurden innerhalb von zwei Tagen zerstört und niedergebrannt. Der Bischofssitz (am Höfchen) und drei geistliche Häuser auf dem Leichhof wurden zerstört; die Martinsburg brannte völlig aus. Als sich die kaiserlichen Truppen Mainz näherten, verließ Markgraf Albrecht Alcibiades die Stadt am 28. August 1552. Er hatte es geschafft, innerhalb von nur zehn Tagen den Lebensnerv von Mainz empfindlich zu treffen.

0.3.Folgen

Zeitgenössische Darstellung von Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg-Kulmbcach [Bild: Gemeinfrei]

Mit der Besetzung von Mainz unmittelbar nach dem Abzug des Markgrafen durch die kaiserlichen Truppen war das Leiden der Bürger nicht beendet. Für das Hochstift Mainz war Krieg keine Option mehr. Kurfürst Sebastian drängte darauf, noch im selben Jahr den Passauer Vertrag anzunehmen, der den Reichsfrieden zwischen den beiden Religionsparteien wiederherstellen sollte. Mit der Annahme des Religionsfriedens auf dem Augsburger Reichstag von 1555 war der konfessionelle Ausgleich erreicht.[Anm. 10] Für Kaiser Karl V. bedeutete dies das Scheitern seiner unnachgiebigen Politik gegen-über den Protestanten. Nach zwei verheerenden Niederlagen (1553 und 1554) gegen ein Fürstenbündnis unter Kurfürst Moritz von Sachsen, der inzwischen die Seiten gewechselt hatte, und der Eroberung und Zerstörung der Plassenburg, der Landesfestung des Fürstentums Brandenburg-Kulmbach, starb Markgraf Albrecht Alcibiades, mit der Reichsacht belegt, vogelfrei im Jahre 1557. Das Markgraftum Brandenburg-Kulmbach ging an den Markgrafen Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach über.

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Verfasser: Wolfgang Stumme

Redaktionelle Bearbeitung: Jasmin Gröninger, Sarah Traub

Verwendete Literatur:

  • Brück, Anton Ph., Falck, Ludwig (Hg.), Geschichte der Stadt Mainz, Bd. V, Mainz – vom Verlust der Stadtfreiheit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges 1462 – 1648, Düsseldorf 1972, S. 17 - 3.
  • Dobras, Wolfgang, Die kurfürstliche Stadt bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, in: Dumont, Franz, Scherf, Ferdinand, Schütz, Friedrich (Hg.), Mainz. Die Geschichte der Stadt, Mainz, 2. Aufl. 1999. S.227 – 26.
  • Hartmann, Peter C., Kleine Mainzer Stadtgeschichte, Regensburg 2005, S. 64 ff.

Veröffentlicht am: 17.01.2017

Anmerkungen:

  1. Die jüdische Religion war die einzige Ausnahme.Fürsten und großen Teilen des Klerus als Irrlehre verstanden wurde, entschieden entgegentreten musste. Hinzu kam, dass durch die religiöse Zersplitterung des Reiches auch die Macht der ReichsständeDie Reichsstände des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation waren Korporationen und Perso-nen, die Sitz und Stimme im Reichstag besaßen. Seit 1489 waren die Reichsstände in drei Kollegien gegliedert. Man unterschied den Kurfürstenrat, den Reichsfürstenrat und das Kollegium der Reichs-städte.  Zurück
  2. Dem Schmalkaldischen Bund‘ gehörten u. a. Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen, die Herzöge Philipp von Braunschweig-Grubenhagen und Ernst von Braunschweig-Lüneburg sowie elf Reichsstädte an. Zurück
  3. Zitiert nach Brück, Anton Ph., Mainz in den sozialen, religiösen und politischen Wirren der Reformationszeit 1514 – 1555, in: Brück, Anton Ph., Falck, Ludwig (Hg.), Geschichte der Stadt Mainz, Bd. V, Mainz – vom Verlust der Stadtfreiheit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges 1462 – 1648, Düsseldorf 1972, S. 17 - 30 (S. 29). Zurück
  4. Zitiert nach Brück, Anton Ph., Mainz in den sozialen, religiösen und politischen Wirren der Reformati-onszeit 1514 – 1555, in: Brück, Anton Ph., Falck, Ludwig (Hg.), Geschichte der Stadt Mainz, Bd. V, Mainz – vom Verlust der Stadtfreiheit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges 1462 – 1648, Düssel-dorf 1972, S. 17 - 30 (S. 29). Zurück
  5. Da der Markgraf zunächst nach Nürnberg und Würzburg zog, verzögerte sich die Flucht. Vgl. Brück, Anton Ph., a.a.O., S. 29. Zurück
  6. Durch den Vertrag von Chambord (1552) standen diese lothringischen Hochstifte unter französischer Verwaltung. Erst mit dem Westfälischen Frieden 1648 fielen sie an Frankreich. Zurück
  7. Vgl. Dobras, Wolfgang, Die kurfürstliche Stadt bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, in: Dumont, Franz, Scherf, Ferdinand, Schütz, Friedrich (Hg.), Mainz. Die Geschichte der Stadt, Mainz, 2. Aufl. 1999. S.227 – 268 (S. 249). Zurück
  8. Brandschatzung ist die Zwangserhebung von Geld- oder Naturalabgaben (= Schatzung) unter Andro-hung des Niederbrennens des betroffenen Gebietes. In den Kriegen des Mittelalters und der frühen Neuzeit (z. B. im Dreißigjährigen Krieg) war Brandschatzung als Kriegsmittel lange Zeit üblich. Brand-schatzung ist heutzutage völkerrechtlich geächtet. Zurück
  9. Als Hochstift bezeichnete man im Heiligen Römischen Reich bis 1803 im Allgemeinen ein geistliches Territorium, in dem die staatliche Souveränität von einem. Bischof als Landesfürsten, dem Fürstbischof, ausgeübt wurde. Zurück
  10. Vgl. Hartmann, Peter C., Kleine Mainzer Stadtgeschichte, Regensburg 2005, S. 64 ff. Zurück