Offizielle und private Begegnungen
Begegnungen zwischen den Besatzern und den Ortsansässigen waren unerwünscht, private und gesellschaftliche Beziehungen zum Teil verboten. Doch sie ließen sich nicht vermeiden. Offizielle Kontakte von Seiten der Besatzungsbehörde mit der deutschen Bevölkerung waren überwiegend politisch motiviert und dienten propagandistischen und disziplinarischen Zwecken. Es wurden Einladungen zu Konzerten und Theaterveranstaltungen, Paraden, Ehrungen und Garnisonsfeiern sowie dem französischen Nationalfeiertag oder der „Fête de Jeanne d’Arc“ ausgesprochen. Abweichend von den strikten politischen Richtlinien gewährte das französische Militär Unterstützung in Katastrophenfällen, z.B. bei Bränden, oder in der Landwirtschaft, wo man etwa mit Militärpferden bei der Feldarbeit aushalf. Zur Disziplinierung der deutschen Bevölkerung kam es, wenn z.B. französische Gesetze missachtet, nationale Symbole der Besatzungsmacht verunglimpft oder mutwillig beschädigt wurden.
Auf privater Ebene ergaben sich Kontakte durch die Einquartierung, in Gaststätten, auf Tanzveranstaltungen, bei Festen, Konzerten und Theatervorstellungen, auf dem Markt, beim Spazierengehen, bei der Arbeit und auch im Bordell. Es kam zu Liebesbeziehungen und zu Heiraten von französischen und amerikanischen Besatzungssoldaten mit deutschen Frauen, die zum Teil ihren Männern in deren Heimat folgten. In Deutschland waren besonders die Kinder von farbigen Soldaten und deutschen Frauen einer Stigmatisierung ausgesetzt. Ihnen drohte später, unter nationalsozialistischer Herrschaft, die Zwangssterilisation. Einzelfälle von Vergewaltigungen durch Besatzungssoldaten wurden propagandistisch genutzt und zu dem rassistisch ausgemalten Bild der „schwarzen Schmach“ stilisiert.
Damit wurden Ängste in der deutschen Bevölkerung geschürt. Sie verstärkten bestehende Unsicherheiten, hervorgerufen durch die Begegnung mit fremden Menschen, ihrer Sprache und Kultur. Dies barg die Möglichkeit zu Missverständnissen, trug aber auch zur Verstärkung bestehender Vorbehalte bei. Das Kaugummikauen amerikanischer Soldaten irritierte ebenso wie ihr Fahrstil oder der exzessive Alkoholkonsum. Andere Kleidungsgewohnheiten oder Hygienestandards befremdeten nicht weniger als die Art der Küchennutzung, wenn sich die Hausherrin mit der einquartierten französischen Offiziersgattin in der Küche arrangieren musste.
Auf den Vorwurf hin, Mainz kollaboriere zu sehr mit den Franzosen, schrieb der Oberbürgermeister an den Landeskommissar für das besetzte hessische Gebiet am 29. Juni 1928
„Die Stadt hat allerdings schon wiederholt von französischen Behörden Einladungen zu den verschiedensten Veranstaltungen offizieller und privater Art erhalten. Die Stadt hat aber den französischen Behörden nie einen Zweifel darüber gelassen, dass sie an irgendwelchen Veranstaltungen einer Besatzungsmacht nicht teilnehmen könne. Auch die Bevölkerung verhielt sich von jeher derartigen Bemühungen der Besatzung gegenüber vollständig ablehnend.“ (Stadtarchiv Mainz, 71/68)
Texte und Redaktion:
Dr. Walter Rummel (Landesarchiv Speyer), Dr. Hedwig Brüchert; Dr. Ute Engelen, Marion Nöldeke, Dr. Kai-Michael Sprenger (alle Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.), Franziska Blum-Gabelmann M.A. (Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach), Dr. Eva Heller-Karneth (Museum Alzey), Dr. Armin Schlechter (Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Pfälzische Landesbibliothek)