Ohlweiler im Hunsrück

Römische Siedlung, Villa und Gräber

Ohlweiler, Rhein-Hunsrück-Kreis

Zu besichtigen: Die römische Villa und Gräber sind nicht im Gelände zu erkennen.

Im Jahr 1862 stieß ein Bauer aus Ohlweiler auf seinem Grundstück „Unter Espen“ auf die Spuren einer römischen Ansiedlung. Neben einer Feuerstelle, einem Basaltmühlstein, Münzen, Hufeisen, Bronzefragmenten barg er eine größere Menge an Scherben. Etwa 20 Jahre später wurden an dieser Stelle wieder Scherben und Mahlsteine gefunden. Die Funde sind heute verschollen. Römische Münzen datieren die Ansiedlung „Unter Espen“ in das 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. Beim Bau der Molkerei wurden 1901 wiederum römische Siedlungsspuren und eine römische Wasserleitung freigelegt.

Bei der Anlage eine Jauchegrube am Ortsausgang von Ohlweiler in Richtung Holzbach wurden 1857 umgestürzte Säulen und Mauerreste entdeckt. Weitere Säulenschäfte traten 1903 bei der Anlage eines Kellers zu Tage. Spuren einer römischen Villa traten auch an anderer Stelle am Ortausgang von Ohlweiler auf. Das Anwesen lag auf eine hochwasserfreien Anhöhe und grenzte an den Simmerbach.

Die freigelegten Säulen durften zu einem Säulengang (porticus) gehört haben, der an der repräsentativen Schauseite des Gebäudes, vor dem zentralen Hauptraum verlief. Vermutlich sprangen an den Seiten Flügelbauten (risalite) vor. Das Hauptgebäude dürfte aus Stein vermutlich in Kombination mit Fachwerk errichtet und mit Glasfenstern und Ziegeldach ausgestattet gewesen sein. Vermutlich umgab eine Umzäunung das Gehöft. Mittelpunkt war das Wohnhaus des Besitzers. Wirtschaftsgebäude, Stallungen, Schmiede, Mühle, Getreidedarre, Speicherbauten umgaben das Wohngebäude.

Die Existenz des römischen Reichs gründete zu einem wesentlichen Teil auf der Landwirtschaft. So war die römische Agrarlandschaft  geprägt vom Einzelhof der villa rustica.  Erzeugnisse der Gutshöfe dienten der Lebensmittelversorgung auf dem Lande, der Sadtbevölkerung und der Armee. Für die Wahl des Standortes eines römischen Gutshofs waren Topographie, Bodenqualität und Verkehrsanbindung ausschlaggebend.

Die zahlenmäßig dominierende Betriebsform auf dem Land war die villa rustica, es hatte sich eine gewisse Einheitlichkeit im Erscheinungsbild der Gutshöfe ausgeprägt. In erster Linie bestimmte die Zweckmäßigkeit die Struktur der Gesamtanlage.

In dem ummauerten Hofareal nahm das Wohngebäude des Eigentümers oder Pächters einen zentralen, meist etwas erhöhten Platz ein, von wo sich ein weiter Blick über den Hof und die angrenzenden Fluren bot. Das typische Gebäude-Ensemble einer villa rustica bestand aus dem Wohnhaus (praetorium), einem separaten Badegebäude und mehreren Wirtschaftsbauten wie Getreidespeichern, Darren, Remisen, Stallungen und Schuppen, die von einer Hofmauer (maceria) umschlossen waren.

Auch ein Gemüsegarten, ein Brunnen und ein Backofen  gehörten dazu. Ab dem 2. Jahrhundert wurden die Gebäude meist aus Stein errichtet bzw. in Holzfachwerktechnik auf Steinsockeln. Wohn- und Wirtschaftsbereich waren auf den Gutshöfen nach mediterranem Vorbild in getrennten Gebäuden untergebracht. Der römische Agrarschriftsteller Columella bezeichnet diese funktional getrennten Bereiche als pars urbana und pars rustica. Man lebte auf einem römischen Gutshof nicht wie die Germanen jenseits der Grenzen gemeinsam mit dem Vieh unter einem Dach.

Bei den Wohngebäuden lassen sich im Wesentlichen zwei architektonische Grundformen unterscheiden. Die so genannten Risalit-Portikusvillen weisen eine repräsentative Fassade mit überhöhten Eckbauten und einem verbindenden Säulengang auf. Über eine Freitreppe gelangte man in die Portikus und von dort in einen Innenhof, um den Wohn- und Wirtschaftsräume angeordnet waren, die teilweise beheizt werden konnten. Die einfacheren Wohngebäude waren von annähernd quadratischer Grundfläche.

Wie in den Städten gehörte auch für die Landbevölkerung ein Bad zum üblichen Lebensstandard. Die Badegebäude lagen in der Regel separat, seltener waren sie in das Wohnhaus integriert. Warmbad (tepidarium), beheizbare Wannen des Heißbades (caldarium) und das Kaltbad (frigidarium) sind die Bestandteile des römischen Badeablaufs. Für angenehme Raumtemperaturen bei jeder Witterung sorgten Fußboden- (hypokaustum) und Wandheizung (tubuli).

Im Bereich der Baderäume befanden sich meist auch die Latrinen. Die Badeanlagen auf den Gutshöfen dienten der Hygiene und Gesundheit, waren aber auch ein wichtiger Bestandteil der Freizeitgestaltung der Bewohner. Das Wasser für die Versorgung der Badeanlagen wurde meist durch Leitungen von nahe gelegenen Quellen herangeführt.

Der zu der römischen Ansiedlung gehörende Friedhof befand sich in der Nähe des heutigen Friedhofs von Ohlweiler. Beim Bau des Friedhofs stieß man 1899 auf Holzkohlereste und zahlreiche römische Scherben. Im August 1902 führte das Bonner Provinzialmuseum eine Grabung durch und legte 16 Gräber und die Reste eines großen Grabhügels frei. Die Grablegen datieren in das späte 1. Jahrhundert und das frühe 2. Jahrhundert n. Chr.

Ein weiteres Grab fand sich am Nordhang des „Heiligenberges“ in der Flur „Streithahn“ an der Straße von Ohlweiler nach Holzbach. Die Steinkiste aus Sandstein mit Deckel (0,36x0,27x0,42 m) barg den Leichenbrand, ein Keramikschälchen und eine Bronzelampe. Die Steinkiste befand sich innerhalb des antiken Verbrennungsplatzes und war umgeben von Brandschichten und römische Scherben. Das Grab datiert in die 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Einem Brauch aus dem mediterranen Raum entspricht es, den Toten auch den verbrannten mit einer Lampe auszustatten, die Licht auf dem Weg zur Unterwelt spenden sollte. Das Bronzelämpchen von Ohlweiler ist bedauerlicherweise verschollen.

Ein weiteres Brandgrab wurde beim Bau der Brücke über den Simmerbach in 2,5 m Tiefe entdeckt. Die auf einer Sandsteinplatte stehende Steinkiste wurde durch die Baggerarbeiten zerrissen, es konnten nur noch Fragmente eines Bronzegefäßes und unbestimmbare Eisenteile geborgen werden.

 

M. Thoma

 

Literatur:

W. Wagner, Hunsrückmuseum Simmern. Mit Inventar der vor- und frühgeschichtlichen Sammlung. Schriftenreihe des Hunsrückmuseums in Simmern/Hunsrück 7 (Simmern 1993) 380-385.

Bonner Jahrbuch 113, 1905 S. 59; Bonner Jahrbuch 146, 1941, S.354 f.