Alte Mühlen im Rheingau - Teil 2
Alte Mühlen im Rheingau
von der Walluf bis zur Wisper
Von Adam Daniel (+), Ostermühle, Geisenheim-Marienthal
Mühlen am Eberbach (Kieselbach)
Nun kommen wir zum Eberbach oder Kieselbach. Daselbst waren
1: die obere und
2: die untere Kieselmühle und
3: Kremsmühle, alle waren Getreidemühlen. Eine ist heute
Gaststätte.
4: Am Leimersbach lag in Hallgarten die Leismühle,
Getreidemühle und dann Sägewerk, ist vor etlichen
Jahren abgebrannt.
Mühlen am Pfingstbach
Nun kommen wir zum Oestricher Pfingstbach mit 8 Mühlen
1: Obere Pfingstmühle, auch Kornsmühle, Urkunde von
1630, Getreidemühle bis 1875, dann wurden Farben
und Gewürze gemahlen.
2: Untere Pfingstmühle, Getreidemühle.
3: Kühnsmühle, Getreidemühle.
4: Kremersmühle, Getreidemühle und Handel. Zwischen
Kremers- und Lohmühle lag das Kloster Gottesthal,
Kremersmühle: 1911 abgebrannt durch Blitzschlag.
5: Lohmühle, Getreidemühle. Vorher wurde dort Eichenlohe
gemahlen, daher der Name Lohmühle.
6: Resingermühle, Getreidemühle.
7: Mühle Berscheit, Getreidemühle, Holzverarbeitung
und Bäckerei.
8: Gerberei Mahr, welche ebenfalls die Wasserkraft für den
Betrieb nutzte. Die meisten Mühlen waren, wie überall,
bis um die Jahrhundertwende in Betrieb.
Mühlen am Elsterbach
Nun kommt das schöne Elsterbachtal mit seinen 18 Mühlen, die fast alle noch vorhanden sind. Da gibt es gar viel zu erzählen.
1: Kloster Marienthal mit der Klostermühle, heute nicht
mehr vorhanden, war aber eine alte Mühle, denn
Marienthal wird schon um 1300 erwähnt.
2: Zwischen Kloster und Schleifmühle stand die
„Waldmühle". Vom Großvater und von den Eltern
aufmerksam gemacht, fanden wir als kleine Buben
vor 60 Jahren die alten Mauerreste. Die Mühle muß
mit dem Dorf Töpferhausen zusammengehängt haben
und durch kriegerische Einwirkungen mit ihm ver-
schwunden sein. Heute ist der Platz mit Bäumen und
Gestrüpp überwuchert.
3: Die Schleifmühle, heute ein gut besuchter Ausflugs-
und Erholungsort.
4: Die Scherers- oder Reuß'schemühle, Getreidemühle
bis in die 80er Jahre, dann abgebrannt und neu erbaut
als Steigerhaus der Braunsteingrube Schloßberg.
5: Die Ostermühle, auch Sternmühle genannt, mein Eltern-
haus, seit 1869 in unserem Besitz. Bis 1857 war sie im
Besitz der Familie Schamari. Die Ostermühle war eine
Getreidemühle bis 1896 und wurde schon erwähnt vor
1700.
6: Die Weihermühle. Hier ist das Stammhaus der alten
Daniels, eines alten Müllergeschlechts. Der Urgroßvater,
1771 geboren, lebte seit 1803 auf der Weihermühle. Drei
Söhne waren Müller, und sieben Enkel. Ein Sohn blieb
auf der Weihermühle. Mein Großvater, 1814 geboren,
heiratete und ging auf eine Mühle bei Niedernhausen,
dann nach Bornig (Loreley), dann in die „Klaus". In der
Stubenrauchsmühle (jetzt Anton Eser) wurde 1859 mein
Vater geboren und landete dann 1869 auf der Oster-
mühle. Hier ist das Lied Wahrheit geworden: „Das
Wandern ist des Müllers Lust, das muß ein schlechter
Müller sein". Der Großvater hatte sich durch das
Wandern nur verbessert. Der dritte Bruder des Groß-
vaters, Franz, war auch auf verschiedenen Mühlen,
zum Schluß auf der Kammerburg, Wispertal; 2 Enkel
auf der Weihermühle, Onkel Josef und Adam, Onkel
Jakob in der „Klaus", Onkel Franz seit 1880 in der
Riesenmühle. Onkel Georg, der älteste Bruder meines
Vaters, war in der „Klaus" vor Onkel Jakob und dann
in Braunschweig auf einer Mühle. Onkel Josef, Bruder
meines Vaters, ebenfalls Müller, stürzte mit einem Sack
Mehl oder Getreide die Treppe hinunter und wurde
Invalide. Mein Vater war noch Müller bis 1896, auch ein
Urenkel war noch Müller, und ein Ururenkel ist heute
Müller in Hahn-Wehen.
7: Die Elstermühle, auch Spansmühle, war Oelmühle bis
Ende des letzten Jahrhunderts und ist noch vielen Alten
bekannt.
8: Die Schamarimühle mit 2 Wasserrädern, Oel- und
Getreidemühlen bis 1930. Familie Schamari war bis
1857 auf der Ostermühle. Schamari (italienischer
Name) blieb nach dem Krieg 1813/14 auf der Mühle,
heiratete dort und übernahm sie.
9: Jannschemühle, später Stubenrauchsmühle, jetzt Anton
Eser, längere Jahre im Besitz meines Großvaters. Vorher
im Besitz der Familie Jann. Familie Jann war sehr begü-
tert und wohltätig. Bekannt ist noch vielen Johannisber-
gern die „Jann'sche Armenbrotstiftung", welche erst
nach dem Weltkrieg 1914 wegen der Inflation erlosch.
10: Im „Grund", am Platz der alten Maschinenfabrik, stand
vorher eine Getreidemühle, welche vor dem
Erbauen der Fabrik abbrannte.
11: Wo das Anwesen Kauter, jetzt Derstroff, steht, soll noch
eine Getreidemühle gestanden haben, von der jedoch
nichts Genaueres bekannt ist.
12: Etwas weiter stand die Burckhardtsmühle, auch
Getreidemühle und Bäckerei.
13: Weiter gehts zur „Klaus". Einmal ein Nonnenkloster;
auf dem Berg das Kloster Johannisberg. Die „Klaus"
war Getreidemühle. Mein Großvater, sein Sohn Georg,
und dann Onkel Jakob waren dort Müller. Onkel Jakob
starb früh. Seine Frau, die „Kläusermama", war vielen
bekannt. Sie hielt die Mühle bis Ende 1900 in Betrieb.
14: Eiser- auch Angermühle genannt, war Getreidemühle
bis 1896. Später wurde sie genutzt für die
Landwirtschaft.
15: Weißmühle, auch Biermühle genannt, war Getreide-
mühle, dann Bierbrauerei.
16: Krayersmühle, Oelmühle (1680 einmal abgebrannt) war
in Betrieb bis 1915.
17: Getreidemühle Aumüller, bis um die Jahrhundertwende
in Betrieb.
18: Strepelmühle am Rhein, Getreidemühle.
Zwischen den beiden letzten Mühlen soll nach glaubwürdiger Quelle noch eine Mühle gestanden haben. Der Name ist jedoch nicht bekannt. Hier wo der Elsterbach mündet, stand das alte Kloster Bartholomä.
Mühlen am Blaubach
Nun nehmen wir Abschied vom Elsterbachtal, einem der schönsten im Rheingau mit seinen 18 oder 19 Mühlen. Fünf Klöster lagen in seinem Bereich: Kloster Marienthal, die Klaus, Kloster Johannisberg, das neue Benediktinerinnenkloster und St. Bartholomä. Das gibt es nur einmal im Rheingau.
Nun kommen wir zum Geisenheimer Blaubach mit vier Mühlen:
1: Nonnenmühle, die wohl zu dem alten Kloster
Nothgottes gehört hat.
2: Nicht weit von der Brücke am Fegfeuer stand
eine, nach dem Volksmund abgebrannte Mühle.
3: Die Zwierleins-Getreidemühle, jetzt Paul Schüler.
4: Dort, wo das Zimmergeschäft Scherer stand,
war eine Gerberei, welche die Wasserkraft
ebenfalls benutzte.
Mühle am Höllenbach
Am Höllenbach Aulhausen steht die „Waldmühle", zum Kloster Marienhausen
gehörig. Auf einem alten Stein steht VD Anna, Maria Rink, Äbtissin von
Marienhausen 1699/ 1777.
Mühlen im Wispertal
Nun kommen wir ins schöne Wispertal. Da grüße ich meinen alten Freund Christian, dessen Frau als geborene Daniel von der Riesenmühle stammt. Er hat mir viele gute Ratschläge erteilt.
1: Die Riesenmühle. 1885 zog Onkel Franz von Johannis-
berg dorthin. Er traf dort eine vernachlässigte Mühle
an. Heute ist sie ein Eckstein der alten Mühlen mit einer
schönen Tagesleistung, außerdem ein Gasthof mit einer
Pension. Herrlich gelegen! Unweit der Riesenmühle
lagen die
2: Hexenmühle und
3: die Wispermühle (heute nicht mehr vorhanden).
4: Einen Kilometer weiter lag die Greulings-, auch
Konradsmühle genannt. Es war eine größere Mühle.
Hier wurde Oel geschlagen, Hanf gerieben und
Getreide gemahlen. Von 1870 war Großbetrieb bis
1920. Heute eine Waldschänke.
5: Oberhalb Geroldstein war die Falkenmühle, Getreide-
mühle mit Landwirtschaft. Der letzte Müller, Johann
Schieferstein, hat die Mühle zwischen 1900 und 1910
stillgelegt.
6: 200 m weiter im Dorf war die Werb'sche Mühle. Es
war ein Mühlenbetrieb mit Land- und Gastwirtschaft
(1926 abgebrannt). Heute nur noch Gastwirtschaft
und Pension.
7: Wieder 200 m weiter stand die „Neumühle", eine
Getreidemühle (letzter Besitzer Kraus), wurde um
die Jahrhundertwende abgerissen.
8: Einen Kilometer weiter kam die „Laukenmühle"
(Name von der Lauksburg), Getreidemühle bis
1900. Heute große Forellenzucht; war als Mühle
einmal Großbetrieb.
9: 4 km weiter die Kammerburg, Getreidemühle.
Dort war bis gegen Ende des letzten Jahrhunderts
der Bruder meines Großvaters, Onkel Franz. Heute
Gastwirtschaft und Pension.
10: Ungefähr 5 km seitwärts im Werkerbachtal die
Werkermühle, heute landwirtschaftlicher Betrieb.
Getreidemühle war vor dem ersten Weltkrieg
abgebrannt. Letzter Besitzer hieß Korbsteg.
11: Im Wispertal 7 km weiter die Hüttenmühle,
Großbetrieb Oel und Getreide, heute Gastwirtschaft
und Pension, war Mühle bis vor einigen Jahren.
12: Zum Schluß noch in Lorch die Kaufmanns-, auch
Lorcher Walzenmühle genannt. In Betrieb bis vor
einigen Jahren. Heute Schweinemästerei und
Futtermittelhandel.
Mein Bericht wäre unvollständig, würde ich nicht der Mühlenbauer gedenken. In Ehrlichkeit und Treue taten sie ihre Pflicht gegenüber den Müllern. Sie waren ja nicht nur Mühlenbauer, sondern auch Betreuer der Mühlen und nicht zuletzt auch Mühlenarzt. Der letzte Mühlenbauer im Rheingau war Josef Ems aus Eltville. Er starb am 16. 3. 1932. Eine schöne Anlage, gleichsam ein stilles Waldtalplätzchen, ziert die Ruhestätte auf dem Eltviller Friedhof. Herr Josef Ems ist der älteren Generation noch gut im Gedächtnis, namentlich auch vom Kreistag und Kreisausschuß her.
So bin ich am Ende meiner Aufzählung der Mühlen angekommen. Wir haben festgestellt, daß fast kein Tal ohne Mühlen und Klöster war. Ja, der Rheingau, uralt und herrlich gelegen, ist die Landschaft mit der sich so leicht nichts messen kann. Er und seine alten Mühlen sollen nicht vergessen sein. Wenn wir mal nicht mehr sind, dann sollten es andere tun: Gesangvereine und Schulen sollen in den schönen Liedern die alten Mühlen weiterleben lassen. Und so grüße ich alle, die auf Mühlen wohnen oder auf Mühlen geboren sind:
Wie herrlich die Heimat am schönen Rhein!
Ich lade euch alle gar herzlich ein,
zu sehen mit mir den alten Gau -
so komm doch mit mir und freu Dich und schau!
Die uralten Städtchen am Rheinesstrand,
umgrenzt von grünem Rebenland.
Die Berge, die Täler, Schluchten und Wälder,
die Dörflein, die Wiesen und weiten Felder.
Viel Klöster auf Bergen, in Tälern versteckt,
manch stolze Burg in Lust sich reckt.
Sie künden von alter großer Zeh,
von Kunst und Fleiß und Frömmigkeit.
So laßt uns wandern von Ort zu Ort,
viel Altes und Schönes entdeckst Du dort!
Wir wollen sehen von Tal zu Tal,
die uralten Mühlen in großer Zahl.
Die alten Mühlen sind heute mein Ziel
erzählt habe ich Euch davon recht viel.
Noch einmal will ich sie stellen Ins Licht,
damit Ihr ja vergesset sie nicht!