Leutesdorf am Mittelrhein

Die Marienburg

Die Marienburg zeigt sich zwar in barockem Glanz, doch lag hier einst außerhalb der Dorfmauer die Burg der Vögte von Leutesdorf, die dann im 18. Jahrhundert vollständig umgebaut wurde.

Die Burg stellt heute noch eines jener typischen Barockschlösschen dar, die wir mancherorts im Rheinland finden. Sie weist mit ihrer gegliederten Schaufront rheinwärts. Ihr Erscheinungsbild kann die Verwandtschaft mit Schloss Engers nicht verleugnen, gegeben durch die gleich Entstehungszeit und den Einfluss gleicher Erbauer.

"Der dreiachsige Mittelbau wird durch zwei schlanke Pilaster mit einfachem Kapitell vom Hauptbau abgehoben. Vier Pilaster, nur im Untergeschoss abgetreppt, führen zu dem gegliederten, kräftigen Dachsims, über dem ein einfaches Krüppelwalmdach ruht. Den Mittelbau ziert ein schöner Giebel. Ein Erker geht bis zum zweiten Geschoss und endigt in einem Balkon mit zierlichem Gitterwerk. Die äußerst ausgewogene Verteilung der Fenster und ihr Eingliedern in den Gesamtbau verleihen dem Haus eine edle Harmonie. Das rundbogige Portal mit vier Pilastern, der ausdrucksvolle Giebel, der feine Erker sind kleine Kostbarkeiten an dem sonst so einfach wirkenden Bauwerk", so beschreibt Heinz Neuhaus 1958 die Marienburg im Heimatjahrbuch des Kreises Neuwied.

Alte Burg und Bürresheimer Hof

Die Vögte von Leutesdorf sind bereits 1101-1121 als Ministerialen (Beamte des Erzstifts Trier) nachgewiesen und nach 1495 im Mannesstamme ausgestorben. Sie waren eines von mehreren niederadeligen, örtlichen Geschlechtern und auch in Nachbarorten und linksrheinisch begütert.

Nach ihrem Wappen könnten sie einer Seitenlinie derer von Merode (bei Düren) entstammen. Die Vornamen Werner und Johann sind während zweier Jahrhunderte fast ununterbrochen nebeneinander zu finden, so dass der Streifzug durch die Genealogie schwierig ist. Durch Heirat mit Bürresheimer Erbtöchtern wurden die Vögte von Leutesdorf 1363 Teilherren der Ganerbenburg Bürresheim (später Schloss) bei Mayen. Sie entfalteten dort eine rege Bautätigkeit, an die noch das Vogthaus erinnert. Die alte Talburg in Leutesdorf sank jedoch auf den Stand eines Weingutes herab, das an einen Hofmann verlehnt wurde. Der Turm im Umfeld der Marienburg erhebt sich wahrscheinlich auf den Grundmauern des alten Burgturmes.

Im 17. Jahrhundert waren dann die Freiherren von Breidbach-Bürresheim als Nachfahren der Vögte von Leutesdorf im Besitz des sogenannten Bürresheimer Hofes auf dem Burggelände. Das Bürresheimer Hofhaus bildet als Querbau den Anschluss an die Marienburg. Aber auch ein zweites Hofhaus finden wir hier: den Himmeroder Hof. Ein Vogt von Leutesdorf schenkte einen Teil seiner Burgfreiheit an das Zisterzienserkloster Himmerod in der Eifel, zwischen Manderscheid und Kyllburg gelegen, das sich hier seinen Weinhof erbaute und mit fast 100.000 Weinstöcken in Leutesdorf seinen größten Klosterhof überhaupt hatte.

Besitzer ab dem 18. Jahrhundert

Am 29. Mai 1736 verkaufte Damian Freiherr von Breidbach-Bürresheim seinen Leutesdorfer Besitz an den kurtrierischen Hofrat Ernst Anton Sohler, den Direktor des hiesigen Rheinzolls und Verwalter des Amtes Hammerstein. Sohler, ein begüterter Mann, wohnte zunächst im Zehnthof.

1750-54 ließ Sohler durch den kurtrierischen Baumeister Johannes Seiz den prächtigen Barockbau (mit klassizistischen Anklängen) errichten.

Als Junggeselle führte Sohler ein großes Haus mit zahlreicher Dienerschaft. Er starb 1759 im Alter von 75 Jahren. Seinen Besitz, zu dem auch die gegenüberliegende Insel Namedy (heute mit dem Geysir) gehörte, erbte sein Neffe, der kurtrierische Geheime Hofrat Ernst Anton Josef Mees - seitdem hieß das Schlösschen "Meesenburg" und die gegenüberliegende Insel Namedy "Meesenau"

Besitzer ab dem 19. Jahrhundert

Ernst Anton Josef Mees wurde vom Kaiser auf Grund seines Leutesdorfer Besitzes in den erblichen Adelsstand erhoben und führte den Titel "von Mees zu Leudesdorf". Zwei seiner zwölf Kinder waren Kanoniker an St. Florin in Koblenz. Nach der Säkularisation kehrten sie in ihr elterliches Schlösschen in Leutesdorf zurück. Der ältere, Ernest von Mees, hatte bereits 1840 in seinem Testament die Meesenburg an die drei Töchter seines Bruders Damian vermacht, die in Ehrenbreitstein lebten.

Diese Erbengemeinschaft verkaufte 1855 die Meesenburg samt der Meesenau für 6500 Taler an Julius Johanny aus Hückeswagen, der sie nach seiner Frau "Charlottenburg" benannte. Von Johanny kam sie durch Kauf 1869 in den Besitz von Emil Blank aus Barmen, der ihr den heute noch populären Namen "Marienburg" gab.

Emil Blank und seine Frau Marie geb. Engels, eine Schwester des Sozialisten Friedrich Engels und ihr Schwiegersohn Karl Vorwerk (man wird zu Recht an eine gewisse Staubsaugerfirma erinnert!) betrieben hier Landwirtschaft, besonders Wein und Obstbau.

Besitzer ab dem 20. Jahrhundert

1904 übernahm Tochter Marie Vorwerk die Marienburg und richtete dort eine Gärtnerinnenschule ein. Ab 1912 wurde der Obstbau Hauptbetriebszweig.

Marie Vorwerk heiratete 1914 Fritz Wever, einen Kaufmann aus Barmen. Ihre Tochter Marie heiratete 1939 Radulf Schreyögg. 1946 übernahm sie für die alten Eltern die Verwaltung. Landwirtschaft und Weinbau wurden ganz aufgegeben, lediglich der Obstbau blieb noch.

Nach Kriegsende war die Marienburg zunächst Flüchtlingsunterkunft und dann ab 1948 für eine Reihe von Jahren Mennonitisches Altersheim, dessen Insassen aus dem Danziger Werder kamen.

In den 1970er Jahren wurde das Gebäude dann unter Leitung von Tochter Gisela Schreyögg (Restauratorin) und Ulf Schreyögg (Architekt) renoviert und die großen Räume in Wohnungen umgestaltet. Gisela Schreyögg hat sich mittlerweile der Malerei verschrieben und in einem Nebengebäude eine Galerie mit Kaffeeausschank eingerichtet.

Denkmalschutz

Seit 1986 ist die Marienburg mit den anliegenden Gebäuden und dem kleinen Landschaftspark mit rheinseitigem Gartenpavillon als Denkmalzone geschützt. Wegen Diebstahlgefahr wurden die vier Figuren im Park, die das Paris-Urteil aus der griechischen Mythologie darstellen, sichergestellt. Sie werden den kurtrierischen Bildhauern Ferdinand Diez und Johannes Feill zugeschrieben, die zur Erbauungszeit, ebenso wie Baumeister Johannes Seiz, am Engerser Schloss tätig waren. Anlass der Sicherstellung war der Diebstahl der schönen barocken Haustür der Marienburg. Sie tauchte nie wieder auf, wurde jedoch anhand vorhandener Bilder originalgetreu nachgebildet.

Nachweise

Verfasser: Werner Schönhofen

Bearbeiter: Rebecca Mellone

Erstellt am: 06.05.2010