Rauental am Mittelrhein

Jüdischer Friedhof und Synagoge

Die Synagoge in Koblenz-Rauental im Jahr 2011.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

Westlich vor den Toren der Stadt Koblenz zwischen dem Moseluferweg und dem Weg nach Moselweiß liegt im Stadtteil Rauental noch heute der jüdische Friedhof von Koblenz, dessen Geschichte bis ins Jahr 1303 zurückreicht: Damals kaufte die jüdische Gemeinde einen Wingert von der Koblenzer Bürgerschaft, um dort einen Friedhof für ihre verstorbenen Gemeindemitglieder anzulegen. Bereits 1281 hatte der Trierer Erzbischof Heinrich von Vistingen gegen den Willen der Koblenzer Bürgergemeinde Juden in der Nähe seiner Burg in der heutigen Münzgasse angesiedelt; für das Jahr 1293 ist zudem das erste jüdische Begräbnis in Koblenz fassbar.[Anm. 1]

Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

Im Jahr 1418 wurden jedoch alle Juden aus dem Trierer Erzstift vertrieben, sodass der jüdische Begräbnisplatz in Koblenz an den Trierer Kurfürsten Otto von Ziegenhain fiel, der den Friedhof als Lehen an die Familie des Gotthard Sack von Dieblich vergab, welche ihn nunmehr als Viehweide nutzte. Die alten Grabsteine wurden als Baumaterial, u. a. für das Fundament im Anbau des Chores der Koblenzer Liebfrauenkirche, verwendet.[Anm. 2]

Nach der Rückkehr der Koblenzer Juden 1592 erhielten diese durch ein Edikt des Trierer Erzbischofes erneut das Recht, einen Acker für ihre Toten zu erwerben. Zunächst bestattete die jüdische Gemeinde diese jedoch vor allem in der Koblenzer Umgebung. Erst nach Abschluss eines Vertrages mit der Familie Schütz von Holzhausen, welche 1655 mit dem alten jüdischen Friedhofsgrundstück belehnt worden war, wurde der Friedhof im Rauental wieder als offizieller Begräbnisplatz der jüdischen Gemeinde benutzt. Im Jahr 1668 übertrug schließlich der Trierer Erzbischof Karl Kaspar von der Leyen den Friedhof, den er zuvor eingetauscht hatte, an den Kanonikus Langmehser und die Erben eines G. Gamen. Unter Leistung einer Abgabe durften die Koblenzer Juden jedoch weiterhin das Gelände als Begräbnisplatz nutzen – diese wurde allerdings infolge der Französischen Revolution und der französischen Besetzung von Koblenz durch die Franzosen aufgehoben.[Anm. 3]

Blick über den Friedhof.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

Bis heute wird jenes Gelände – erweitert Ende des 19. Jahrhunderts um ehemaliges Feld-, Brach- und Gartenland – durch die jüdische Gemeinde von Koblenz als Friedhof genutzt. In der Mitte jenes heute von einem Wohn- und Gewerbegebiet umschlossenen Karees zwischen der Schlachthofstraße, Schwerzstraße und Moselweißer Straße verläuft eine Kastanienallee als Längsachse und Ausrichtungspunkt der Gräber. Auf der Westseite der Allee bilden alte jüdische Grabsteine und Grabmalbruchstücke aus der Barockzeit (die ältesten stammen aus dem 17. Jahrhundert) eine in den 1920er Jahren erbaute Futtermauer.[Anm. 4] Die hierfür verwendeten Steine stammten aus dem Westfeld des Friedhofes, welches im Jahr 1922 geräumt und fast zwei Meter hoch mit Erde aus einem Baugebiet in Koblenz-Lützel aufgeschüttet wurde, da der jüdische Friedhof zu dieser Zeit völlig überfüllt war und Platz für neue Gräber geschaffen werden sollte.[Anm. 5]

Kastanienallee im Zentrum des Jüdischen Friedhofes in Koblenz-Rauental.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

Die Stützmauer entlang der Kastanienallee.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der jüdische Friedhof in Rauental zum Teil zerstört. Die Steine der Futtermauer sowie weitere jüngere Gräber wurden zwischen 1938 und 1942 abgebrochen und entwendet sowie anschließend nach Koblenz-Lützel gebracht. Dort wurden sie als Stufen für die Treppenanlagen eines Parkes am Fuße der Moselflesche (einer Feldbefestigung aus Brustwehren als Teil der preußischen Festung Koblenz) sowie des nationalsozialistischen Mütterheims verbaut. Im Jahr 1950 brachte die französische Besatzungsmacht einen Großteil der entfernten Steine wieder auf den Friedhof zurück, woraufhin diese wieder als Mauer aufgestellt wurden. Die letzten der entwendeten Steine wurden 2011 zurückgeführt.[Anm. 6]

Denkmal an die von den Nationalsozialisten ermordeten Juden auf dem Jüdischen Friedhof in Koblenz-Rauental.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

Im Jahr 1946 wurde im Zentrum der Westhälfte des Friedhofes zwischen Hecken ein Gedenkstein zur Erinnerung an die von den Nationalsozialisten ermordeten sechs Millionen europäischen Juden sowie der Koblenzer Juden aufgestellt. Dabei handelt es sich um eine Stele aus Muschelkalk mit einem Davidstern unter einem abschließenden Blattkranz. An selbiger Stelle hatte die jüdische Gemeinde einstmals 1922 ein Ehrenmal mit den Namen von 23 Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtet, welches jedoch im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde. Im Jahr 1925 war zudem die Trauerhalle des Friedhofes errichtet worden, in der 1947 die neue Koblenzer Synagoge eingerichtet wurde. 1950 wurde das Gebäude umgebaut, und im Jahr 1961/62 baute die jüdische Gemeinde – diese zählte 1987 wieder rund 100 Mitglieder – an dieses zudem einen Gemeindesaal an.[Anm. 7]

Heute steht der jüdische Friedhof in Rauental unter Denkmalschutz. Im Jahr 2009 umfasste er 706 Grabstätten. Der älteste erhaltene Grabstein des Friedhofes stammt wohl von 1657. 1979 wurden allerdings Grabsteinfragmente gefunden, welche bereits auf das Jahr 1420 datiert werden.[Anm. 8]

Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof, im Hintergrund das Synagogengebäude.[Bild: Holger Weinandt (CC BY-SA 3.0 DE)]

Nachweise

Verfasser: Felix Maskow

Literatur: 

  • Peters, Dieter: Der jüdische Friedhof in Koblenz. 2009.
  • Schwalbach-Kulla, Edith: Die jüdische Gemeinde, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 302–318.
  • Thill, Helene: Zur Geschichte des Friedhofes, in: Allemania Judaica. URL: http://www.alemannia-judaica.de/koblenz_friedhof.htm [02.07.2022].
  • Weber, Ulrike: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Bd. 3.3: Stadt Koblenz. Stadtteile, Worms 2013 (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland), S. 296–300.

Erstellt am: 05.08.2022

Anmerkungen:

  1. Vgl. Thill, Helene: Zur Geschichte des Friedhofes, in: Allemania Judaica. URL: http://www.alemannia-judaica.de/koblenz_friedhof.htm [02.07.2022]; Weber, Ulrike: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Bd. 3.3: Stadt Koblenz. Stadtteile, Worms 2013 (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland), S. 296–300, hier S. 296, 298. Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde von Koblenz siehe weiterführend Schwalbach-Kulla, Edith: Die jüdische Gemeinde, in: Bátori, Ingrid [u. a.] (Bearb.): Geschichte der Stadt Koblenz, Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Stuttgart 1993, S. 302–318. Zurück
  2. Vgl. Thill; Weber 2013, S. 296, 298. Zurück
  3. Vgl. Thill; Weber 2013, S. 296, 298. Zurück
  4. Vgl. Peters, Dieter: Der jüdische Friedhof in Koblenz. 2009, S. 2; Thill; Weber 2013, S. 296, 298. Zurück
  5. Vgl. Peters 2009, S. 2; Thill; Weber 2013, S. 298. Zurück
  6. Vgl. Peters 2009, S. 2; Thill; Weber 2013, S. 298. Zurück
  7. Vgl. Peters 2009, S. 2; Schwalbach-Kulla 1993, S. 318; Thill; Weber 2013, S. 298, 300. Zurück
  8. Vgl. Peters 2009, S. 2; Thill; Weber 2013, S. 296, 298, 300. Zurück