0.Rhens in der Reformationszeit
Die Einführung der Reformation
Rhens gehörte im 16. Jahrhundert als Pfandschaft zur Niedergrafschaft Katzenelnbogen, welche wiederum nach dem Aussterben der Grafen von Katzenelnbogen in männlicher Linie 1479 über die erbberechtigte Tochter in den Besitz des Hauses Hessen kam. Dessen Oberhaupt, Landgraf Philipp I. von Hessen, hatte sich bereits 1524 zum lutherischen Glauben bekannt. Er war einer der mächtigsten Landesfürsten jener Zeit und einer der großen Verfechter der Reformation auf Reichsebene.
Nach der Konversion des Landesherren dauerte es nicht mehr lange, bis er die neue Lehre in seinem Terrorium zu verbreiten versuchte, was ihm ab 1527 zu großen Teilen auch gelang. Die erste Erwähnung der Stadt Rhens im Rahmen der Reformation entstammt einem Schreiben des hessischen Marschalls Hermann von der Malsburg an seinen Landgrafen: er berichtet über die Bitte des Kölner Stiftskapitels, den Rhenser Pfarrer bei seinem alten Glauben bleiben zu lassen, da die Pfarrei Rhens in das St. Ursula-Stift in Köln eingegliedert sei und riet, die Angelegenheit für eine gewisse Zeit ruhen zu lassen.
Letztendlich konnte sich der Ort nicht wehren: gegen den Willen der Einwohner und des Kölner Erzbischofs wurde Rhens 1528 evangelisch, evangelische Pfarrer eingesetzt, die Messe abgeschafft und der lutherische Ritus eingeführt. Der letzte katholische Prediger, Pfarrer Steinhaus, verließ 1532 die Stadt. Die Stadt Rhens befand sich nun unter der geistlichen Oberaufsicht der Hessen, regelmäßig wurden Visitationen zur Kontrolle der kirchlichen und konfessionellen Zustände durchgeführt. Auch eng mit der Kirche verbundene Posten wie die Lehrerstellen wurden neu besetzt.
0.2.Die Konfessionfrage im 16. Jahrhundert
Wie zu erwarten, bildet sich in der Bürgerschaft Widerstand gegen die auferlegte Konfession und die damit verbundenen Neuerungen. Dies richtete sich jedoch vornehmlich nicht gegen die Auslegung der Sakramente oder die Riten der neuen Liturgie, sondern ganz handfest gegen die Maßnahmen bei der Verweltlichung der Kirchengüter - hier schien es an ordnungsgemäßer Nutzung und Zuteilung zu fehlen. Dennoch etablierte sich das lutherische Bekenntnis allmählich in der Stadt. Daran Anteil hatte auch die Tatsache, dass der Kölner Kurfürst Hermann von Wied (1515-1546), in dessen Diözese Rhens lag, den Übertritt zum Protestantismus in Angriff nahm, was letztendlich an päpstlicher und kaiserlicher Intervention scheiterte.
1553 beschloss jedoch der Trierer Erzbischof Johann von Isenburg (1547-1556), Rhens wieder dem Katholizismus zuzuführen. Er nutzte den Moment der protestantisch-hessischen Schwäche, war doch der hessische Landgraf im Zuge des Schmalkaldischen Kriegs inhaftiert worden. Doch er konnte sich keine Rückendeckung der Landgräfin erschleichen und sein Vorhaben nicht in die Tat umsetzen.
Die nach dem Ende des Trienter Konzils (bis 1563) einsetzende Gegenreformation hatte jedoch in Rhens keinen Erfolg. Die Stadt war de facto evangelisch, was auch durch Kirchenordnungen von 1566 und 1574 noch einmal bestätigt wurde, auch wenn in Liturgie und Volksfrömmigkeit noch katholische Züge zu erkennen waren.
0.3.Ein Ort, drei Religionen: Konfessionswechsel im 17. Jh.
Landgraf Moritz von Hessen-Kassel (1592 bis 1627) setzte sich entgegen des politischen Vermächtnisses der hessischen Landgrafen ab 1607 entschlossen dafür ein, in seinen Gebieten das calvinistische Bekenntnis durchzusetzen. Für die Stadt Rhens entwickelte sich die politisch und konfessionell brisante Situation, dass - nachdem die Stadt 1602 durch einen Erbvertrag zu zwei Dritteln Hessen-Kassel, zu einem Drittel Hessen-Darmstadt zugesprochen worden war - dass es formal unter der Herrschaft zweier Landesherren mit unterschiedlichen Bekenntnissen stand. Für die Bürger begann eine konfessionell verwirrende Zeit.
1617 setzte der reformierte Landgraf Moritz einen seiner verordneten 'Verbesserungpunkte 'direkt selbst um: bei einem Besuch im benachbarten Braubach ordnete der die Entfernung von Kruzifixen und Heilgenbildern aus der Rhenser Kirche an. Weitere Verbesserung sollte die die Einführung von Brotkommunion sowie Brotbrechung und die Abschaffung der Hostien mit sich bringen. Die Bürgerschaft stand dem mit Protest gegenüber, jedoch bildete sich eine reformierte Gemeinde, die auch einen eigenen Geistlichen zur Führung hatte. Dass sich die Konfrontation der beiden protestantischen Landesfürsten zum Nachteilung für ihre Sache erwies, beweist das Wiedererstarken der katholischen Sache, stärkte der Zwist doch die Machtposition des Kölner Kurfürsten Ferdinand. Rhens war umgeben von katholischen Territorien und viele Bürger schielten neidisch auf die konfessionelle Ruhe, die dort herrschte.
Hessen-Darmstadt wurde durch ein Reichshofratsurteil 1623 die ganze Niedergrafschaft Katzenelnbogen mit Rhens zugesprochen, woraufhin alle calvinistischen Prediger entlassen und durch Lutheraner ersetzt wurden. 1629 löste der Kurfürst die Pfandschaft ein und verpfändete sie 1630 neu: Rhens kam über den Pfandherrn Graf von Bronkhorst als Pfand an den Grafen von Croy.
In der Folge wurde von Seiten der Pfandherren eine systematische Rekatholisierung unternommen, einhergehend mit einer Unterdrückung der Protestanten. Der mehrheitlich evangelische Stadtrat wurde mundtot gemacht. Die katholische Gemeinde wuchs, um 1650 war Rhens wieder zu ca. zwei Dritteln katholisch. Die Calvinisten kämpfen jedoch verbissen gegen die katholische Übermacht, entrissen ihnen gar die Kirche. Doch diese Episode des Aufbäumens wehrte nur kurz: zwar wurde den Reformierten die Ausübung ihrer Religion erlaubt - die Lutheraner hatten bereits vorher der Stadt den Rücken gekehrt - seit 1678 wurde Protestanten jedoch der Zuzug in die Stadt verboten.
Der Kölner Kurfürst Maximilian von Bayern wies an, dass die letzten Protestanten die Stadt Rhens bis zum 1. Mai 1680 zu verlassen hatten - diese Bestimmung war jedoch durch den Westfälischen Frieden nicht gedeckt. Als 'Todesjahr' des evangelischen Lebens in Rhens gilt 1685, als der evangelische Pfarrer Delph nach diversen Beschuldigungen die Stadt verließ. Viele Protestanten traten zum katholischen Glauben über, 1699 wohnten noch fünf evangelische Familien in der Stadt. Das Vermögen der reformierten Gemeinde zog die katholische für sich ein.
Bearbeiterin: Katharina Üçgül
Verwendete Literatur:
- Ritter, Alexander: Konfession und Politik am hessischen Mittelrhein (1527-1685) (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 153), Darmstadt/Marburg 2007.
- Ders.: Zwischen Konfessionalisierung und Gegenreformation. Die Einwohner der Stadt Rhens im 17. Jahrhundert, Magisterarbeit Universität Mainz, Mainz 2000.
- Schüler, Heinz: Reformation und Gegenreformation am Mittelrhein (Veröffentlichung des Vereins für rheinische Kirchengeschichte e.V. 8), Düsseldorf 1959.
Erstellt am: 25.03.2013