Oberweiler-Tiefenbach
0.1.Allgemeine Angaben
Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Wolfstein, Landkreis Kusel
Einwohner (2005): 301
Einwohner (2007): 309
Wohnplätze: Tiefenbach und Oberweiler
Gemarkung: 296 ha, davon ca. 15 ha Siedlungsfläche und 80 ha Wald
0.2.Lage
Die heute zu einem einzigen Ort zusammengefassten Dörfer liegen in rund 185 Metern Höhe über dem Meeresspiegel auf dem rechten Ufer der Lauter, Oberweiler oberhalb bei der Mühle, Tiefenbach unterhalb bei der im Berghang stehenden Kirche. Zwischen beiden Ortsteilen fließt der Breitenbach der Lauter zu. Die Erhebungen östlich des Dorfes erreichen Höhen bis ca. 370 Metern. (Eichelberg 368 m)
0.3.Siedlung und Wohnung
Die zu einem einzigen Dorf zusammengewachsenen beiden Dörfer erstrecken sich als ein lang gezogenes Straßendorf rechts der Lauter, die gleichzeitig Grenze zur Gemarkung von Wolfstein darstellt. Diese Straße mit der heutigen Bezeichnung L 49 war ursprünglich Hauptverbindungsweg im Lautertal. Eine kleine Bebauungsverdichtung besteht in Oberweiler am Süd-Ende des Dorfes im Bereich der Mühle. Hier besteht auch eine Verbindung zur linken Lauterseite über eine Brücke. Eine zweite Brücke mit Verbindung zur B 270 und zur Haltestelle der Lauterbahn besteht im Norden des Ortes. Ebenfalls am Nordende des Dorfes steht die alte Kirche, ein markanter Blickfang im Lautertal. Die Kirche ist von dem Friedhof umgeben. Die ehemalige Schule, die zeitweilig auch als Sonderschule genutzt wurde, steht im Tal des Breitbachs. Ein Teil des Werksgeländes der Firma K. O. Braun, Textilfabrik steht im Bereich der Gemarkung Oberweiler-Tiefenbach.
0.4.Name
Es sind zwei unterschiedliche Ortsnamen zu deuten. Oberweiler bedeutet "oberer Weiler" im Gegensatz zu einem heute nicht mehr bekannten unteren Weiler, wobei das Grundwort Weiler als eine kleine Siedlung anzusehen ist. Schon in einer Urkunde von 1290, deren Inhalt nur in einer Kopie überliefert ist, erscheint der heutige Name Oberweiler. Genauere Angaben über den Zeitpunkt der Gründung des Weilers vor der Ersterwähnung sind nicht möglich. Der Name von Tiefenbach erscheint zum ersten Mal in einer Originalurkunde von 1316 als Dyffenbach. Es handelt sich um den Ort an dem vorbeifließenden Bach, gemeint ist der heute so genannte Breitbach. Wüstungen im Bereich der Gemarkung sind nicht nachzuweisen.
0.5.Wappen
Das Wappen zeigt auf goldenem Grund im unteren Teil einen blauen Wellenbalken mit einem großen silbernen Fisch. Über dem Wellenbalken steht ein schwarzes Mühlrad zwischen zwei roten Spindeln. Die Farben beziehen sich auf die früheren Herrschaften von Kurpfalz und Pfalz Zweibrücken. Das Wellenband weist auf die vorbeifließende Lauter hin, der Fisch auf den ehemaligen Fischreichtum in diesem Bach. Die Spindeln sind als ein Hinweis auf die Textilindustrie zu verstehen. (Vgl. Debus 1988 S. 175)
0.6.Abriss der Ortsgeschichte
0.6.1.Vor- und Frühgeschichte, Römerzeit
Mit Sicherheit war die Umgebung des Ortes schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt, was durch reichhaltige vorgeschichtliche Funde vor allem aus der Gemarkung der Nachbargemeinden belegt ist. Im Bereich der Gemarkung Einöllen, nahe der Gemarkungsgrenze zu Oberweiler Tiefenbach, wurden vor dem Ersten Weltkrieg etwa ein Dutzend Steinbeile gefunden, die heute in Privatbesitz sein sollen. Funde aus der Römerzeit sind aus Oberweiler-Tiefenbach direkt nicht bekannt geworden.
0.6.2.Mittelalter
Beide Orte, urkundlich noch nicht erwähnt, lagen im Nahegau und kamen mit dem Unteramt Einöllen zur Grafschaft Veldenz, als diese 1126 gegründet wurde. Es handelte sich um sehr kleine Dörfer, im Fall von Oberweiler wahrscheinlich lange Zeit lediglich um einen Gutshof. So ist es zu verstehen, dass aus der Zeit des Mittelalters nur wenige Nachrichten über beide Orte vorliegen. Neben den Urkunden der Ersterwähnungen erscheint Oberweiler 1296 in einer weiteren mittelalterlichen Urkunde in der heutigen Namensform, Tiefenbach 1323 als Deiffenbach, 1333 als Diffenbach,1412 als Dieffenbach. (Vgl. Dolch/Greule 1991 S. 354 und 459). Mit dem Ende der alten Grafschaft Veldenz und der Gründung der Pfalzgrafschaft Zweibrücken durch den Pfalzgrafen Stephan kamen beide Dörfer 1444 mit dem Amt Einöllen an Pfalz-Zweibrücken.
0.6.3.Neuzeit
Im 16. und 17 Jahrhundert teilten die Dörfer die Geschichte des Unteramtes Einöllen innerhalb der Pfalzgrafschaft Zweibrücken, die zumeist als Herzogtum bezeichnet wird. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden beide Dörfer vollkommen zerstört, waren menschenleer, mussten neu besiedelt werden. Zwei Jahrzehnte vor dem Zusammenbruch der alten Feudalherrschaft (1786) kam das Unteramt Einöllen durch den Schwetzinger oder Selz-Hagenbacher Vertrag zur Kurpfalz. Zugleich war für das Unteramt mit dieser Entscheidung eine Loslösung vom pfalz-zweibrückischen Oberamt Meisenheim verbunden und eine Eingliederung in das kurpfälzische Amt Wolfstein, das wiederum zum Oberamt Kaiserslautern gehörte. Etwa zu dieser Zeit müssen sich die bis dahin selbstständigen Gemeinden zu einer einzigen Gemeinde zusammengeschlossen haben. Der kurpfälzische Geograf Goswin Widder beschreibt die beiden Dörfer folgendermaßen: „Diese beiden Dörflein machen nur eine Gemeinde aus, und liegen eine Viertelstunde voneinander, beide am Lauterfluss unterhalb von Wolfstein. An beiden Orten läuft die Lauter westwärts vorbei und treibt bei Oberweiler eine der Kurfürstlichen Hofkammer zuständige Mahlmühle. In Tiefenthal wird der Zoll erhoben.“ (Widder 1788 IV S. 311) Der kurpfalzische Geograf bezeichnete Tiefenbach fälschlich als Tiefenthal.
0.6.4.Neueste Zeit
Während der Zeit der Französischen Revolution und der Regierungszeit des Kaisers Napoléon lag Oberweiler-Tiefenbach im Département Donnersberg, im Arrondissement Kaiserslautern und im Canton Wolfstein. 1814 wurden die Franzosen aus dem linksrheinischen deutschen Gebiet vertrieben, und nach einer kurzen Zwischenzeit kam es zu einer territorialen Neuordnung, nach der Oberweiler-Tiefenbach nun im „baierischen Rheinkreis“ lag, in der späteren bayerischen Rheinpfalz, im Landkommissariat (später Bezirksamt und Landkreis) Kusel, im Kanton (später Distrikt bis etwa zum Ersten Weltkrieg) Wolfstein, zugleich in der Bürgermeisterei Wolfstein. Mit der Verwaltungs- und Regionalreform von 1968 wurde Oberweiler-Tiefenbach 1972 eine Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Wolfstein.
0.7.Wahlergebnisse in Prozent, Bundestag Zweitstimmen (Klein 1979 und Statistik der Kreisverwaltung)
SPD | Zentr. | DVP | KPD | NSDAP | ||
Reichstag 1928 | 11,1 | --- | 41,7 | --- | 30,6 | |
Reichstag 1930 | 6,7 | 9,5 | 7,5 | 1,4 | 48,6 | |
Reichstag 1933 | 2,3 | 1,8 | 1,2 | --- | 87,6 | |
SPD | CDU | FDP | Grüne | Linke | Sonstige | |
Landtag 2001 | 47,8 | 45,1 | 7,0 | 2,8 | --- | 7,7 |
Landtag 2006 | 51,9 | 21,9 | 9,4 | 3,1 | 5,0 | 13,8 |
Landtag 2011 | 43,5 | 28,6 | 5,6 | 6,8 | 5,0 | 10,5 |
Bundestag 2002 | 46,3 | 39,4 | 9,1 | 2,3 | --- | 2,9 |
Bundestag 2005 | 42,0 | 27,8 | 10,5 | 3,1 | 11,1 | 5,6 |
Bundestag 2009 | 29,2 | 25,3 | 12,3 | 7,8 | 19,5 | 5,6 |
Bundestag 2013 | 29,7 | 34,1 | 2,9 | 2,2 | 14,5 | 16,5 |
0.8.Zeittafel
Frühes Mittelalter | Oberweiler und Tiefenbach im Nahegau |
1147 | Oberweiler und Tiefenbach in der Grafschaft Veldenz |
1290 | Urkundliche Ersterwähnung von Oberweiler |
1323 | Ersterwähnung von Tiefenbach |
1444 | Beide Dörfer in der Pfalzgrafschaft Zweibrücken |
1526 | Einführung der Reformation nach Luther |
1599 | Einführung der Reformation nach Calvin |
1645 | Ende des 30-jährigen Krieges, beide Dörfer menschenleer |
1786 | Beide Dörfer bei der Kurpfalz, vermutlicher Zusammenschluss |
1788 | Bericht über Oberweiler-Tiefenbach von Johann Goswin Widder, im gesamten Dorf 229 Seelen in 34 Familien |
1801 | Französische Republik, beide Dörfer in der Mairie und im Kanton Wolfstein, Arrondissement Kaiserslautern, Département Donnersberg |
1816 | Oberweiler-Tiefenbach gehört im bayerischen Rheinkreis zum Landkommissariat Kusel und zum Kanton Wolfstein |
1968 | Funktional- und Regionalreform des Landes Rheinland-Pfalz, Oberweiler-Tiefenbach ab 1972 Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Lauterecken |
0.9.Religiöse Verhältnisse
Seit dem 14. Jahrhundert war der Ortsteil Tiefenbach Sitz einer Pfarrei, zu der weitere Dörfer rechts der Lauter gehörten, nämlich Stahlhausen, Roßbach, Oberweiler, Hohenöllen und Einöllen, wobei es in Roßbach und Einöllen eigene Kirchen gab. 1412 übergab Graf Friedrich III. von Veldenz die Pfarrei dem Johanniterorden in Meisenheim. Zur Zeit der Pfalzgrafen (Herzöge) von Zweibrücken wurde die Reformation eingeführt, 1528 gab es bereits einen lutherischen Pfarrer. Die Mitglieder des gesamten Kirchspiels bekannten sich zunächst zur lutherischen Lehre. 1588 mussten sie zum Kalvinismus übertreten. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden wieder andere Konfessionen zugelassen, doch der überwiegend große Teil der Bewohner von Oberweiler und von Tiefenbach blieb reformiert, bzw. nach der Union von 1818 protestantisch. Das heute bestehende Kirchengebäude stammt aus dem Jahr 1753.
0.10.Bewohner
Das Dorf war lange von der Landwirtschaft geprägt. Auch heute noch wird die Gemarkung landwirtschaftlich genutzt, doch die Zahl der Landwirte ist klein geworden. So ist Oberweiler-Tiefenbach eine kleine Wohngemeinde mit Beschäftigungsmöglichkeiten in größeren Orten der Umgebung (Wolfstein, Lauterecken, Kaiserslautern). Die Bevölkerungszahlen während der beiden vergangenen Jahrhunderte hielten sich verhältnismäßig konstant. Der Rückgang in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist wohl auf eine problematische Situation der Arbeitsplätze zurückzuführen, der Anstieg nach dem Zweiten Weltkrieg wohl auf die Nähe der Bandagenfabrik Braun in Wolfstein.
0.11.Entwicklung
1788 | 1825 | 1835 | 1871 | 1905 | 1939 | 1961 | 2001 | 2005 | 2007 | |
gesamt | 229 | 308 | 347 | 334 | 333 | 271 | 285 | 312 | 301 | 309 |
kath. | 39 | 17 | ||||||||
evang. | 269 | 268 |
0.12.Schulen, Kultur, Vereinswesen
0.12.1.Schulen
Mit großer Wahrscheinlichkeit gab es bereits im 16. Jahrhundert Bemühungen, die Kinder des Ortes im Lesen und Schreiben zu unterrichten, da die Pfalzgrafen von Zweibrücken die Reformation eingeführt und ein besonderes Interesse daran hatten, dass die Landeskinder selbst in der Lage sein sollten, die Bibel zu lesen. Bereits in dem Bericht von Goswin Widder wird ein Schulhaus in Oberweiler-Tiefenbach erwähnt. Um 1850 wurde es durch ein anspruchsvolleres Gebäude ersetzt, ein weiteres Schulhaus entstand nach dem Zweiten Weltkrieg. In diesem waren nach der Auflösung der örtlichen Schule 1968 mehr als ein Jahrzehnt lang Klassen der Schule für Lernbehinderte untergebracht. Heute besuchen Hauptschüler und Grundschüler die entsprechenden Schulen in Wolfstein. Gymnasien sind in Lauterecken und in Kaiserslautern. [Weitere Quellen zur Schule: LA Speyer H 38 1283 und 1284]
0.12.2.Feste, Brauchtum, Vereine
Kirmes begeht Oberweiler-Tiefenbach am dritten Wochenende im September. Das Brauchtum entspricht den allgemein üblichen Verhältnissen in der Umgebung. Derzeit bestehen drei Vereine im Ort: Gemischter Chor, Brunnenclub, Krankenpflegeverein.
0.13.Gesundheits- und Sozialwesen
Allgemeinärzte und Apotheken können in Wolfstein und in Lauterecken aufgesucht werden. Die nächstgelegenen Krankenhäuser sind die von Meisenheim, von Kusel und Kaiserslautern. Für den Pflegebereich ist u. a. die Sozialstation Lauterecken-Wolfstein zuständig.
0.13.1.Wirtschaft und Verkehr
Neben der Landwirtschaft gab es früher die üblichen Handwerksberufe. Die Mühle von Oberweiler entstand wahrscheinlich im frühen 18. Jahrhundert. Sie hatte zwei Wasserräder für zwei Mahlgänge und für einen Schälgang. Der Müller hatte sie im Erbbestand übernommen und musste 1745 an die Herrschaft in Zweibrücken 12 Malter Korn und 12 Malter Hafer zahlen. Diese hohe Pacht zeigt an, dass die Mühle schon damals sehr leistungsfähig war. Sie blieb in Betrieb bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Mühlräder blieben erhalten. Auch die Kohlengruben und Steinbrüche der Umgebung boten Arbeitsmöglichkeiten. Nächster großer Industriebetrieb stellt heute das Textilwerk Braun mit Sitz in Wolfstein dar. Vor Ort selbst bestehen noch ein Pflastereibetrieb, eine Bauberatung, ein Betrieb für Kaminsanierung. Außerdem blieb ein Gasthaus bestehen (Pizzeria und Ristorante).
Der Ort liegt nahe an der Bundesstraße 270, die Idar-Oberstein mit Kaiserslautern verbindet. Lauterecken ist 7 km weit entfernt, Kaiserslautern 24 km, Kusel 38 km. Nächste Autobahnauffahrten sind die bei Kaiserslautern und bei Kusel. Noch besteht die Eisenbahnlinie Lauterecken-Kaiserslautern. Nächster Bahnhof ist Wolfstein.
0.14.Persönlichkeiten
Müller, Eugen * 1880 in Gerhardsbrunn, † 1955 in Ludwigshafen
Als Lehrer in Oberweiler -Tiefenbach verschrieb er sich der Botanik, besonders der Erforschung der Brombeere (Brombeermüller), und er galt als einer der bedeutendsten Floristen der Pfalz. Auf dem Friedhof von Oberweiler-Tiefenbach fand er seine letzte Ruhestätte.
0.15.Nachweise
Verfasser: Ernst Schworm
Redaktionelle Bearbeitung: Ernst Schworm
Literatur:
- Dolch, Martin und Greule, Albrecht: Historisches Siedlungsnamenbuch der Pfalz, Speyer 1991.
- Matzenbacher, Hans [u. a.]: Wolfstein, kleine Stadt im Königsland, Weißenturm 1975.
- Widder, Johann Goswin: Geographische Beschreibung der Kur-Pfalz Band IV, Frankfurt und Leipzig 1788.