Habenscheid im Rhein-Lahn-Kreis

Die Feldkirche Habenscheid

Die Feldkirche Habenscheid[Bild: Rüttger Schrörs]

von Rüttger Schrörs

Diese Kirche gehört zu den ältesten Kirchen Mittelnassaus und ist eine  Gründung von Benediktiner Mönchen aus dem Kloster Bleidenstadt. Der Turm hat die Merkmale einer Wehrkirche und ist im romanischen Baustil errichtet. Er ist der älteste Teil des Bauwerkes  und entstand bereits im 9. Jahrhundert. Dafür sprechen das Tonnengewölbe im unteren Geschoss, die Rundbogenfenster und die Beobachtungsschlitze. Rätselhaft sind die gemauerten Bruchsteine, die an der Außenwand des Chores sichtbar sind. Es könnte sich hier um Mauererste der ersten aus Steine errichteten Kirche in Habenscheid handeln. Für das Jahr 1261 ist ein Bleidenstadter Mönch als Pfarrer in Habenscheid bezeugt. Das Bruchstein-mauerwerk um den heute noch gelegentlich genutzten Friedhof zeigt an einigen Stellen ein Fischgrätenmuster, das ins Mittelalter zurückweist. Der älteste gekannte Begräbnisplatz in Habenscheid ist „Auf der Heide“. Diese Gemarkung ist heute größtenteils mit Wald bewachsen und liegt nordwestlich der Habenscheider Kirche unterhalb der L 323. In diesem Gebiet fand man 1901, 1909 und 1928 Urnen aus der jüngeren Steinzeit.

Der Taufstein der Kirche Habenscheid.[Bild: Rüttger Schrörs]

Bemerkenswert ist noch das schmiedeeiserne Turmkreuz. Es wurde wahrscheinlich im 13. Jahrhundert aus weichem nicht rostendem Eisen gefertigt. In dem spätgotischen Chor steht ein Juwel, ein sehr seltener Taufstein, wahrscheinlich auch aus dem  13. Jahrhundert. Der Adelige Georg von Leinigen führte 1536 die Reformation in Habenscheid ein. Im Laufe der Jahrhunderte hat die Kirche mehrere Um- und Anbauten erfahren, bevor der jetzige Zustand erreicht wurde. Am 12. Mai 1818 fand wieder einmal ein letzter Gottesdienst in der Feldkirche statt. Danach wollten angeblich Cramberger Bürger die Kirchenglocken nach Cramberg überführen. Als dieses ruchbar wurde, bewaffneten sich Steinberger und Wasenbacher Einwohner mit Mistgabeln und Dreschflegeln und verhinderten somit das Vorhaben der Cramberger. An einem 2. Pfingsttag fand in der Habenscheider Kirche ein weiterer letzter Gottesdienst statt. Die Inneneinrichtung und auch die Glocken, von denen zumindest eine aus dem ehemaligen Kloster Bärbach stammt, wurden der 1910 neu erbauten Kirche in Wasenbach zugeführt. Die Glocken tragen die Innschrift: „O REX GLORIAE VENI CUM PACE“ und „VOX EGO SUM VIATE. VOCOS VOS. ORARE VENITE.“ Übersetzt: „O König der Herrlichkeit, komme mit Frieden“, und „Ich bin die Stimme des Lebens. Ich rufe euch. Kommt zum Gebet“. Als Erinnerung an den damaligen „letzten" Gottesdienst wird heute noch regelmäßig an Pfingstmontag ein Gottesdienst in der Feldkirche gefeiert. Die heutige sich im Turm befindliche Glocke wurde 1982 von dem Diezer Apotheker Hermann Wuth gestiftet und ersetzt die bis dahin noch vorhandene „Backesglocke“ aus dem Jahre 1681. Diese wurde 1994 entfernt und schmückt nun das Dach des alten Feuerwehrgerätehauses in Wasenbach.

Habenscheid, umgeben von Wald und Wiesen und abseits von dem Trubel des Lebens gelegen, ist für sehr viele Menschen ein mystischer Ort. Besonders in der äußert schlichten Kirche finden viele Menschen innere Einkehr, Ruhe und empfinden Gottesnähe.

Verfasser: Rüttger Schrörs

 

Verwendete Quellen und Literatur:

  • 200 Jahre Katholische Pfarrkirche St. Bartholomäus Balduinstein. Balduinstein 1976.
  • Bonnet, Rudolf: Die Lehrer des Schaumburger Landes an der Lahn seit dem 18. Jahrhundert. Neustadt a.d. Aisch 1964 (Nassovica, Bd. 10).
  • Damm, Günther: Unsere Heimat Balduinstein. Balduinstein 1992.
  • Heck, Robert: Die goldene Grafschaft. Bilder aus der Geschichte der Grafschaft und der Stadt Diez. Diez 1956.
  • Herold, Rudolf: Schönborn. Schönborn 1978.
  • Herold, Rudolf: Streifzüge durch die Vergangenheit. Beiträge zur Geschichte der Gemeinden im Katzenelnbogener Raum. Katzenelnbogen 1983.
  • Hofmann, M.: Beiträge zur Ortsgeschichte von Wasenbach.
  • Hofmann, M. (u.a.): Heimatkunde 1947-1950.
  • Keiling, Manfred: Die alten Grenzsteine des Einrichs.
  • Kreisschulamt Diez (Hrsg.): Der Unterlahnkreis. Heimatkunde des Unterlahnkreises. 3. Auflage. Koblenz 1964.
  • Kuhmann, E.: 1200 Jahre Habenscheid
  • Schrörs, Rüttger: Chronik der Gemeinde Wasenbach und Habenscheid. Wasenbach 1995.
  • Schulchronik von Wasenbach. In der Übertragung von Reinhard Güll. Lauffen am Neckar 2004.
  • Sponheimer, Meinhard: Landesgeschichte der Niedergrafschaft Katzenelnbogen und der angrenzenden Ämter auf dem Einrich. Marburg 1932 (Schriften des Instituts für Geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau, Band 11).
  • Struck, Wolf-Heino: Quellen zur Geschichte der Klöster und Stifte im Gebiet der mittleren Lahn bis zum Ausgang des Mittelalters. Band 3. Die Klöster Bärbach, Beselich, Dirstein und Gnadenthal, das Johanniterhaus Eschenau und die Klause Fachingen. Regesten [vor 1153]–1634. Wiesbaden 1961.
  • Vogel, Christian D.: Historische Topographie des Herzogthums Nassau. Herborn 1836.

Zuletzt geändert: 10.08.2020.