Synagoge und Jüdischer Friedhof
Jüdische Geschichte allgemein
Bereits für das Jahr 1700 sind Schutzjuden in Kördorf belegt.
Ab 1842 bildeten die Jüdinnen und Juden der Ortschaft einen Synagogenverband mit ihren Glaubensgenossen aus Seelbach, Attenhausen und Herold. Aufgrund der Armut der hauptsächlich vom Viehhandel lebenden Gemeindemitglieder, wurde dieser Verband durch einen "Wohltätigkeitsverein" mit Mitgliedern in Ems, Dausenau und Nassau unterstützt.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge, vermutlich ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zeitweise beschäftigte die Gemeinde einen jüdischen Lehrer, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. In Kördorf lebten 1843 39, 1871 30 und 1885 34 Jüdinnen und Juden.[Anm. 1]
Im Jahr 1892 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und den Gemeinderäten von Kördorf, da die Gemeinderäte keinen Raum im öffentlichen Schulgebäude für die Durchführung des jüdischen Religionsunterrichts zur Verfügung stellten wollten. Nachdem „[d]er Bezirksrabbiner Herr Dr. Weingarten […] Beschwerde bei der Königlichen Regierung zu Wiesbaden [erhob]“ forderte diese „auf Grund einer ministeriellen Verfügung vom 28. Februar 1870 den Gemeinderat von Kördorf [auf], sofort ein Zimmer im öffentlichen Schulgebäude für Erteilung des israelitischen Religionsunterrichtes einzuräumen.“[Anm. 2]
Im Jahr 1900 lebten 24 und 1932 noch 18 Jüdinnen und Juden in Kördorf. In der Folgezeit verließen aufgrund der zunehmenden Ausgrenzung, Entrechtung und Unterdrückung fast alle jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner die Ortschaft. 1942 lebte lediglich noch ein jüdischer Mann in Kördorf. 12 Personen, die in Kördorf geboren wurden und bzw. oder länger in der Ortschaft lebten wurden im Holocaust ermordet.[Anm. 3]
Orte
Synagoge
Ein Vermerk im Zivilstandsregister, der anlässlich einer Trauung im Jahr 1820 eingetragen wurde, ist der erste schriftliche Beleg für die Existenz einer Synagoge in Kördorf. Diese befand sich der Lahnstraße Nr. 89.[Anm. 4]
1837 stellten die jüdischen Kördörfer einen Antrag für einen Neubau am selben Standort, da die alte Synagoge baufällig geworden war. Dieser Antrag wurde jedoch nach Beschwerden von Seiten der katholischen Kirche abgelehnt. Die Begründung lautete, der Standort der Synagoge sei zu nah an der katholischen Kirche gelegen. Trotz der Ablehnung des Neubaus, wurde 1844/45 die vorhandene Synagoge um- bzw. ausgebaut.[Anm. 5]
Wie lange der schlichte Fachwerkbau mit schiefergedecktem Satteldach als Synagoge genutzt wurde, ist nicht bekannt. Sie wurde jedoch vor 1938 profaniert und war deshalb vor den Zerstörrungen während der Reichspogromnacht im November 1938 nicht betroffen. Schon vor 1945 soll das Gebäude jedoch baufällig gewesen sein und wurde als Holzschuppen genutzt. Anfang der 1960er Jahre wurde die ehemalige Synagoge schließlich abgerissen.[Anm. 6]
Friedhof
Im Wald am Dörsbachtal, etwa 1 km in südwestlich Richtung vom Ort entfernt, liegt der jüdische Friedhof. Belegt wurde er von ca. 1880 –1935. Auf dem heute mit einem einfachen Drahtzaun eingefriedetem Friedhof befinden sich 46 Grabsteine.[Anm. 7]
NACHWEISE
Verfasserin Text: Lisa Groh-Trautmann
Red. Bearbeitung: Marion Nöldeke
Verwendete Literatur:
Bundesarchiv (Hg.): Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945. Koblenz 2006. Online verfügbar unter: https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/intro.html.de. [Aufgerufen am: 01.02.20].
Arnsberg, Paul: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. Darmstadt 1971. Bd. II.
Der Israelit. Centralorgan für das orthodoxe Judentum. (6. Dezember 1892). Online verfügbar unter: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/2448308. [Aufgerufen am: 01.02.20].
Heyeckhaus, Norbert A.: Jüdische Friedhöfe im Rhein-Lahn-Kreis. Eine fotografischen Gesamtdokumentation aller jüdischen Friedhöfe im gesamten Rhein-Lahn-Kreis (= Jewish Cemeteries in Germany, Vol. 3), 2 CD- ROM; Verlag Friedhof und Denkmal, 1. Auflage Altendiez 2004/05.
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005.
Erstellt am: 02.10.2020
Anmerkungen:
- Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. Darmstadt 1971. Bd. II S. 459. Zurück
- Der Israelit. Centralorgan für das orthodoxe Judentum. (6. Dezember 1892). Online verfügbar unter: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/2448308. [Aufgerufen am: 01.02.20]. Zurück
- Bundesarchiv (Hg.): Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945. Koblenz 2006. Online verfügbar unter: https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/intro.html.de. [Aufgerufen am: 01.02.20]. Zurück
- Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 220. Zurück
- Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. Darmstadt 1971. Bd. II S. 459 f. Zurück
- Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mainz 2005. S. 220. Zurück
- Norbert A. Heyeckhaus: Jüdische Friedhöfe im Rhein-Lahn-Kreis. Eine fotografischen Gesamtdokumentation aller jüdischen Friedhöfe im gesamten Rhein-Lahn-Kreis (= Jewish Cemeteries in Germany, Vol. 3), 2 CD- ROM; Verlag Friedhof und Denkmal, 1. Auflage Altendiez 2004/05. Zurück