Hahnheim in Rheinhessen

0.Der Hahnheimer Angelbaum

Angelbaum 1922, aus: Marek Zurowski,
Hahnheim 764 -1990 - Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weingemeinde, Horb am Neckar 1991, S.212.
[Bild: http://www.hahnheim.de/index.php?m=8&site=galerie&galerie=galerien/allgemein/angelbaum]

Die Hahnheimer Ulme ist zwischen 700 und 900 Jahre alt. Erstmals erwähnt wurde die Ulme in einer Urkunde des Kloster Eberbachs im Rheingau vom 25. Juni 1330. Im Rahmen einer Güterbeschreibung der Zisterziensermönche wird eine Ulme auf dem Anger, das heißt auf einem öffentlichen, leicht ansteigenden Platz oberhalb, oder hinter dem Dorf bezeugt[Anm. 1]. Im Mittelalter nannte man den Baum aufgrund seines Standortes Angirbaum/ Angilbaum/ Angerbaum. Später wurde daraus Angelbaum[Anm. 2]. Irrigerweise wurde einige Zeit angenommen, dass der Angelbaum im Mittelalter die Funktion eines Gerichtsbaums innehatte[Anm. 3]. Diese Annahme könnte daher stammen, dass die Schimsheimer Effe (Ulme)[Anm. 4] im Mittelalter ein Gerichtsbaum war. Außerdem befand sie die Ulme in Hahnheim, wie auch die Ulmen in Selzen, Dolgesheim, Woms-Pfiffigheim und Ober- Olm an Orten, wo zwischen dem 5. Und 7. Jahrhundert fränkische Friedhöfe lagen[Anm. 5]. Die evangelische Kirche, die heute in nächster Nähe zum Baum steht, befand sich zu diesem Zeitpunkt jedoch innerhalb des Dorfes. Der außerhalb des Dorfes liegende Standort schien für die Bevölkerung wichtig gewesen zu sein, denn die Angelbäume anderer Orte, zum Beispiel Selzen, verweisen auf dieselbe geographische Lage. Eine monokausale Funktion hatte der Angelbaum Hahnheims nicht. Möglicherweise war der Baum ein Wegweiser für Wanderer, unter dessen Schatten man eine Pause machen konnte[Anm. 6]. Der Baum wird auch Heierbaum genannt, was von haien: hegen, schützen kommt. Dies lässt auf eine weitere Funktion des Baumes für die Dorfbewohner schließen. Die aus heidnischer Zeit stammende Tradition eines Schutzbaums wurde von der christlichen Bevölkerung übernommen. Dass die Hahnheimer Gemeinde während der Feudalzeit die Abgabe des Zehnten unter dem Baum abgeben musste, wie die Selzener Gemeinde, ist nicht belegt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Baum als „uralte Riesenulme von mehr als 7m Umfang und 2,75 m Durchmesser“ beschrieben[Anm. 7]. Vermutungen zufolge war die Ulme zu diesem Zeitpunkt über 30 m hoch. Um 1900 wurde sie um 1/3 gestutzt. Durch eine Verfügung des Großherzoglichen Kreisamtes Oppenheim an die Bürgermeisterei in Hahnheim wurde die Ulme am 26.7. 1902 unter Denkmalschutz gestellt. Ein Bild aus dem Jahr 1922 zeigt die Ausmaße des Baums von der Neugasse aus. Samt Krone hatte der Baum ca. 30 m erreicht und überragte die den Kirchturm der benachbarten Kirche[Anm. 8].

0.1.Anekdote

Am 19. März 1945 hisste der 18 Jährige Zenon Bogcz die weiße Fahne auf dem Baum um einem Kampf mit den sich nähernden amerikanischen Truppen zu vermeiden. Ein Offizier und drei Soldaten verlangten die Fahne umgehend hinunterzunehmen. Es folgte ein Kampf mit vielen Kriegsopfern und der schweren Zerstörung der Gemeinde[Anm. 9].

Angelbaum 1977,
Titelseite der Broschüre von Wilfried Otto, Der Hahnheimer Angelbaum - Die Geschichte eines außergewöhnlichen Naturdenkmals, Hahnheim 2002.

Erste Maßnahmen zur Erhaltung des Baumes wurden 1944/45 vorgenommen. Durch den Beschuss der evangelischen Kirche im Zweiten Weltkrieg, wurde der Angelbaum ebenfalls beschädigt. Deutsche Pioniere setzten auf den abgebrochenen Stamm eine Blechhaube, um das Innere des Baumes vor Regenwasser zu schützen. Bei erneuten Schießereien wurde diese beschädigt und daraufhin erneuert[Anm. 10]. 1970 wurde der Baum von Pilzen und schädlichen Käfern befallen und musste für 7500 DM aufwändig saniert werden. Kurz darauf entzündete sich der Baum in der Silvesternacht 1981 und brannte vier Tage lang. Da faulendes Holz ähnliche Eigenschaften wie Torf besitzt, könnte sich dieser selbst entzündet haben. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass ein Feuerwerkkörper das Feuer in der Nacht entzündet hat[Anm. 11]. Am 14. Oktober 1983 stufte die Landesdenkmalpflegebehörde den Angelbaum, aufgrund seines schlechten Zustands als „nicht mehr erhaltenswertes Naturdenkmal ein“[Anm. 12]. 1999 entschied der Gemeinderat nach verschiedenen Ansätzen einer zumindest partiellen Erhaltung der Jahrhunderte alten Naturdenkmals die Ulme fällen zu lassen. Heute ist nicht mehr viel von der einstigen Pracht des Angelbaums übrig. An der Stelle der alten Ulme steht heute ein Partnerschaftsbaum[Anm. 13]. Die im Jahr 2000 gepflanzte Ulme (Ulmus resista) wurde zum Symbol der um 2001 unterzeichneten Städtepartnerschaft zwischen Váralja (Ungarn) und Hahnheim und ist bereits über 7m hoch.

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Redaktionelle Bearbeitung: Jasmin Gröninger

Literatur:

  • Zurowski, Marek: Hahnheim 764- 1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde, Horb am Neckar 1991, S.210 ff.

Links:

Aktualisiert am: 09.02.2016

Anmerkungen:

  1. Mhdwb, URL: http://www.mhdwb-online.de/wb.php?linkid=7305000#7305000 (Aufruf am, 17.12.2015); Zurowski, Marek: Hahnheim 764- 1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde, Horb am Neckar 1991, S.210. Zurück
  2. Ebd.; Otto, Wilfried: Der Hahnheimer Angelbaum, URL: http://www.hahnheim.de/index.php?m=1&site=geschichtliches (Aufruf am 16.12.2015). Zurück
  3. Zurowski, Marek: Hahnheim 764- 1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde, Horb am Neckar 1991, S.210 ff Zurück
  4. Die Ulme hatte bis zu ihrem Verfall in den 1930er Jahren den größten Stammesumfang in Deutschland. Raible, Rolf: Ulmen in Rheinhessen, Weinbrief (1999), S. 32-33, URL: http://www.weinbruderschaft-rheinhessen.com/download/beitrage_fruherer_jahre/1999_ulmen_in_rheinhessen.pdf (Aufruf am 18.01.2016).  Zurück
  5. Ebd. Zurück
  6. Vgl. Ebd.; Otto, Wilfried: Der Hahnheimer Angelbaum, URL: http://www.hahnheim.de/index.php?m=1&site=geschichtliches (Aufruf am 16.12.2015). Zurück
  7. Vgl. Ebd. S.213 ; Otto, Wilfried: Der Hahnheimer Angelbaum, URL: http://www.hahnheim.de/index.php?m=1&site=geschichtliches (Aufruf am 16.12.2015). Zurück
  8. Otto, Winfried: Der Hahnheimer Angelbaum, URL: http://www.hahnheim.de/index.php?m=1&site=geschichtliches (Aufruf am 16.12.2015). Zurück
  9. Zurowski, Marek: Hahnheim 764-1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde, Horb am Neckar 1991, S.213. Zurück
  10. Otto, Wilfried: Der Hahnheimer Angelbaum, URL: http://www.hahnheim.de/index.php?m=1&site=geschichtliches (Aufruf am 16.12.2015). Zurück
  11. Ortgemeinde Hahnheim, URL: http://www.hahnheim.de/index.php?m=1&site=geschichtliches (Aufruf am 17.12.2015). Zurück
  12. Otto, Wilfried: Der Hahnheimer Angelbaum, URL: http://www.hahnheim.de/index.php?m=1&site=geschichtliches (Aufruf am 16.12.2015). Zurück
  13. Ortgemeinde Hahnheim, URL: http://www.hahnheim.de/index.php?m=1&site=geschichtliches (Aufruf am 17.12.2015) Zurück