Urlaub und Tourismus in Hachenburg
Urlaub im 15. Jahrhundert
Die Grafen auf der Burg fuhren schon im 15. Jahrhundert in den "Urlaub". Aus der Rechnung des Bürgermeisters Konz Steuffinburg für sein Amtsjahr 1489/90 geht hervor, dass man ein Willkommensgeschenk überreichte, als Graf und Gräfin aus Bertrich uß dem bade zurückkamen. Ähnlich sah sich Bürgermeisters Johann Vaitz 1495/1496 verpflichtet, dem Herrscherehepaar, als es aus Bad Ems (zo Emtze ym bade) bzw. aus Frankreich zurückkam, ein Geschenk zu überreichen.[Anm. 1]
Den Bürgern Hachenburgs war Urlaub bis ins 19. Jahrhundert hinein völlig unbekannt. Viele Hachenburger haben ihre Heimatstadt wohl nie verlassen und allenfalls Verwandte und Bekannte in der näheren und weiteren Umgebung besucht. Weitere Reisen oder gar Fernreisen waren den Kaufleuten oder der Geistlichkeit vorbehalten.
Die Anfänge des Tourismus in Hachenburg
Erst seit 19. Jahrhundert ist bekannt, dass Menschen zur Erholung oder aus Wissensdurst in andere Lande reisten.
Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Stadt Hachenburg mit ihren schmucken Häusern inmitten der reizvollen, waldreichen Umgebung einen guten Ruf als Erholungs- und Luftkurort. Dies kam den Hotels und Gaststätten zugute, auch die Marktleute dürften davon profitiert haben
Als man am 23. August 1888 die feierliche Enthüllung des Kaiser-Friedrich-Denkmals vornahm, wurden über 500 Festgäste erwartet. Bei günstiger Witterung rechnete man zudem mit einem starken Fremdenbesuch in der Stadt.[Anm. 2] Die Gaststätten und Pensionen, die sich seit vielen Jahren und Jahrzehnten in Hachenburg befanden, scheinen für einen solchen "Ansturm" offensichtlich bestens gerüstet gewesen zu sein.
Die Kleinbahn, die 1901-1951 auf dem Streckenabschnitt Hachenburg-Hattert - Marzauer Mühle – Höchstenbach - Herrschbach verkehrte, war für Hachenburgbesucher eine regelrechte "Touristenattraktion". In der Nähe des Marceau-Denkmals war eigens eine Haltestelle eingerichtet worden. Der Westerwald-Führer empfahl in seiner 4.-6. Auflage, 1907-1913, zum Marceau-Denkmal und wieder zurück nach Hachenburg "entweder auf der schönen Straße über Wied und Merkelbach oder mit der Kleinbahn" zu reisen. Speziell für diese Tour gab die Kleinbahn Fahrkarten Hachenburg-Marceau-Denkmal heraus. Der Zug verkehrte damals viermal täglich.[Anm. 3]
Der Kneipp-Verein Hachenburg
Im Mai 1925 wurde anlässlich eines Vortrages in der vollbesetzten Westendhalle am, 7.5.1925 beschlossen, einen Kneipp-Verein in Hachenburg zu gründen. Der Verein wurde wenig später, wahrscheinlich am 22. Mai 1925 gegründet. Das erste Mal in Schriftquellen erwähnt wird der Verein am 5. Februar 1926 erwähnt.
Im Jahr 1926 unterhielt der Verein eine kleine 38-bändige Bibliothek, in der man volkstümliche Bücher über naturgemäße Lebens- und Heilweisen lesen konnte. Der Kneipp-Verein veranstaltete ständig Vorträge und Lichtbildabend.
Um die "Kneipp'sche Heilweise" auch in der Praxis anwenden zu können, suchte man 1926 nach entsprechenden Räumlichkeiten. Man wurde bald fündig. Carl Richter stellte dem Kneipp-Verein die Kellerräume seines neu erbauten Kaufhauses in der Graf-Heinrich-Straße zur Verfügung. Dort konnten alle Kneipp‘schen Wasseranwendungen verabreicht worden sein. 1928 lud der Kneippverein in Zeitungsanzeigen zum Kneippaufenthalt in Hachenburg ein. Am 13. März 1930 traf sich der Handels- und Gewerbeverein Hachenburg, um über ein Wiederaufleben der Kneippkuranstalt im Haus Richter zu beraten. Der Vereine hatte kurze die Leitung der Anstalt in die Hand genommen, um sie nicht untergehen zu lassen. Denn zu dieser Zeit formierte sich Widerstand in Teilen der Bürgerschaft. Doch die Stadt beteiligte sich nach wie vor an den Kosten des Badebetriebes. Die Kneippanlage im Kaufhaus Richter konnte bis 1933 benutzt werden. Erst spät bereitete die nationalsozialistische "Gleichschaltungspolitik" dem Kneipp'schen Vereinsleben ein vorläufiges Ende. In einer Zeit, in der andere Hachenburger Vereine längst "gleichgeschaltet" waren, organisierte der Kneipp-Verein noch ohne Mitwirkung der Partei 1935 einen Vortrag über Stoffwechselkrankheiten im Scharfen Eck (Ferdinand Latsch). 1936 hielt der Kneipp-Verein noch eine Hauptversammlung der Hachenburger Ortsgruppe ab. Danach scheint das Vereinsleben dann aber eingestellt worden zu sein. Bis zum Ende der Gewaltherrschaft 1945 ist keine Vereinstätigkeit überliefert.
Das "Archiv" des Vereins im Haus Richter ging während des Krieges bzw. in der Besatzungszeit verloren.
"Bad Hachenburg"
Im Jahr 1958 wurde auf Initiative des Pfarrers Schleppinghoff, damals Seelsorger des Krankenhauses, und der Schwester Oberin Hermana unter Mithilfe von Schwester Grete ("Kneipp-Grete") im Keller des Krankenhauses eine moderne Kneippanlage für alle Anwendungen eingerichtet. 1959 konnte Bürgermeister Klar in der Jahreshauptversammlung des Verkehrsvereins stolz verkünden, dass sich das Kneippbad gut entwickeln würde. Um in die offizielle Liste der Kneippbäder aufgenommen zu werden, plante man einen Kneippbund zu gründen. Der Kneipp-Verein Hachenburg e.V. nahm 1959/60 seine Vereinstätigkeit auf.
Mit den beiden Tretbecken und den Kneippanlagen im DRK-Krankenhaus waren die grundsätzlichen Voraussetzungen vorhanden. Was fehlte, waren genügend Unterkünfte für Patienten. Man plante , die Kurklinik in der leer stehenden Schwesternpflegevorschule einzurichten. Ein beantragtes heilklimatisches Gutachten hatte eigentlich gute Chancen, da der Betrieb der Hachenburger Ziegelei eingestellt war und auch keine Klärschlammasche der BASF aus Ludwigshafen in Ziegeln aus Hachenburg mehr eingebrannt werden konnten. Die Brennöfen waren bereits demontiert. Doch die Initiative verlief im Sande, das Prädikat Luftkurort trug Hachenburg danach noch viele Jahre.[Anm. 4]
1967 drohte das Kneippbad im Krankenhaus einzugehen, da die im Krankenhaus tätigen Schwestern am 10. Oktober 1967 von ihrer Ordensleitung aus Hachenburg abberufen wurden. Auch der Kneipp-Verein wäre in dieser Zeit fast eingegangen.Doch Anfang der 1980-er Jahre konnte davon keine Rede mehr sein. 1985 beging man den 60. Geburtstag des Vereins. Im Juni 1985 wurde auf Initiative des Kneipp-Vereins ein Kräutergarten beim Landschaftsmuseum eingerichtet und eingeweiht.1986 wurde Margot Schwan Vorsitzende des Hachenburger Kneippvereins. Sie sollte den Verein viele Jahre leiten.
Im Jahr 1988 verfolgte die SPD immer noch den Plan, Hachenburg erneut das Prädikat "Kneipp-Kurort" zu verschaffen. Bürgermeister Alois Schuth ließ erst einmal ein Klimagutachten einholen.[Anm. 5]
Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.