Streithausen im Westerwald

Zur Geschichte des Streithäuser Hofes

Im Bereich der alten Turmhügelburg hat sich auch der Streithäuser Hof befunden[Bild: Stefan Grathoff]

Nachdem der alte Hof der Herren von Nister, der Streithäuser Hof, im 15. Jahrhundert vollständig an das Kloster Marienstatt verkauft worden war, bewirtschafteten die Klosterleute das Hofgut nicht selbst, sondern vergaben es zur Bewirtschaftung an Pächter.

Der älteste überlieferte Pachtvertrag für den Streithäuser Hof stammt aus dem Jahr 1548. Am 22. Februar verpachtete das Kloster Marienstatt, vertreten durch Abt Petrus II. von Wenden (1542-1558), »unsern hoff zu Streithausenn« dem Dietrich von Freusburg und seiner Frau Giertgen für 14 Jahre.[Anm. 1]
Verpachtet wurden Haus, Scheune, Ställe, Äcker und Wiesen- und Weideflächen sowie einen Teil des nicht zum Hofgut gehörenden »Haitzberghes« (Holzberg).
Als Pacht hatten die Eheleute jährlich Getreide zu liefern, 11 Mutten Hafer, 5 Malter Korn, 4 Malter Gerste, alles nach Hachenburger Maß. An Tieren waren 2 Hühner und 1 Martinsgans abzuliefern. Die Pächter mussten zweimal im Jahr auf Verlangen auf eigene Kosten einen Pferdewagen ausrüsten, um damit (Wein-)Fässer an den Rhein zu fahren und neue dort abzuholen. Desweiteren mussten die Pächter Reisigholz an das Kloster und zur Christmesse 1 Wagen Holz in die Klosterküche bzw. die Konventsstube liefern. Das Holz hierfür durfte nicht in den Klosterwäldern gehauen werden. Weiterhin waren 5 Quart gesottene Butter in einem Topf, zu Ostern 100 Eier und ein Hammel in der Küche abzugeben.
Wenn es viele Bucheckern gab, durften die Eheleute nach vorheriger Rückfrage beim Kloster ihre Schweine in den Wald treiben, nicht aber Faselschweine (Zuchtschweine). Die Mast war nicht in der Nähe des Klosters gestattet, besonders nicht auf der Klosterseite des Webergrabens. Zwei besonders gute Schweine mussten dem Kloster übergeben werden. Die Pächter durften Holz für den Privatgebrauch den Klosterwaldungen entnehmen, der eigenmächtige Verkauf von Klosterholz war untersagt. Zusätzlich musste der Hofmann jährlich 12 junge Eichen setzen.
Bei Verstößen gegen den Pachtvertrag, konnte dieser unverzüglich für null und nichtig erklärt werden. Sollten die Eheleute versterben, sollte der Pachtvertrag auf eines ihrer dann volljährigen Kinder übergehen. Wer im Pachtvertrag dann tatsächlich nachfolgte, durfte allein das Kloster entscheiden. Nach Ende der Pachtzeit konnte das Kloster entscheiden, ob des den Pachtvertrag beenden oder verlängern wollte. Als Zeugen (Weinkaufsleute) des Vertrages waren Theis von Hommelsberg und der Hofmann Johann von Idelberg (vom Kellershof) persönlich anwesend.
Als 1562 die Pachtzeit für Dietrich von Freusburg abgelaufen war, blieb er zunächst auf dem Hof. Doch sein Hof war vernachlässigt, Hecken, Zäune und Wassergräben in schlechtem Zustand, die Felder lagen teils unbebaut oder befanden sich in einem schlechten Zustand.

Thomas Schmitten mit Ehefrau Freupen und Hermann Strunk mit Ehefrau Giertgen, alle von Streithausen, bekamen schließlich den halben Hof auf 14 Jahre zur Pacht. Pachtgegenstand waren alle klösterlichen Erbgüter »genseydt Streithausen der meußbach und der kleinen Nister«, also jenseitig Streithausen, des Mäusbachs und der kleinen Nister, Wiesen. Gemeint waren Äcker, Waldungen und Heide, die zum Hof Streithausen gehörten, namentlich eine Heu-Grummetwiese zwischen Streithausen und Atzelgift (Atzelgoffte), genannt die »Neue Wiese«, und zwar so weit, wie Jakob von Atzelgift sie als Pachtgut innehat, samt der dortigen Eichenbäume, Hecken und Waldungen in der »Nassen Heide«, ebenso das ganze Land am »Eirich feldt« (Eichartsfeld), auch jenseits der kleinen Nister und oberhalb Streithausens »am Haitzberch bey Streitheuser schaeffstellen und auf den Luwen stück niden der strassen«, also am Halsberg (Holzberg), bei den Streithäuser Schafställen und auf dem »Luwen-Stück« unten an der Straße.
Zu Martini (11. November) sollten die Pächter 9 Malter Feldfrüchte entrichten. Da das Land, so klagte das Kloster, durch Nachlässigkeit des Vorpächters »alles mehrenn theils ein lange Zeit wüst und unbesehet gewesen«, sollten die Pächter die ersten drei Jahre mit Hafer bezahlen und dann, wenn die Äcker sich wieder erholt hatten, sollten 3 Malter Gerste und 6 Malter Hafer geliefert werden. Die weitere Pacht betrug: 12 Rädergulden Hachenburger Währung, 2 Zinshühner, 1 Fahrt an den Rhein und 4 ½ Rädergulden. In Jahren mit vielen Eicheln mussten 2 Malter Eicheln abgeliefert werden und 5 junge Eichen »in die Hecken auff der Nasser Heyden« gepflanzt werden.[Anm. 2]

Der Hof seit dem 16. Jahrhundert

Mitte des 16. Jahrhunderts kam es zu Spannungen zwischen dem Hofmann Dietrich und seinem Eidam Folcken, der mit seiner Familie auf dem Hof lebte. Mit einem 1562 aufgesetzten Vertrag[Anm. 3]wurde das Wohnrecht des Folcken für die kommenden 7 Jahre bestätigt.

In den folgenden Jahrzehnten wurde das Hofgut offensichtlich nur mangelhaft geführt. Als im Jahr 1677 der Hof zur Schatzung der (evangelischen) Kirche in Kroppach herangezogen werden sollte, weigerte sich das (katholische) Kloster Marienstatt u.a. mit dem Hinweis, dass der Hof lange Zeit ohne Bearbeiter gewesen sei. Es entspann sich ein Rechtsstreit der fast 100 Jahre andauern sollte.[Anm. 4]

Im Jahr 1678 bewirtschaftete die Witwe Maria Claßen den Hof. Noch im selben Jahr sollte der Hofmann von Lützelau den Hof übernehmen. Er überlegte es sich aber anders. Sein Schwiegervater Martinus und Dietrich von Limbach hatten den Pachtantrag bezeugt. Das Kloster beschwerte sich bei der Herrschaftlichen Regierung in Hachenburg über die Absage. Daraufhin wurde dem Kloster gestattet, sich an der Kornsaat oder an dem Besitz der Zeugen Martinus und Dietrich schadlos zu halten.[Anm. 5]

1487 wurde der Hof an einen namentlich nicht bekannten Pächter zu den fast gleichen Bedingungen wir 1548 verpachtet. 1714 ist Johannes Hombach Hofmann. Er hatte drei Söhne Rorich, Peter und Johannes.[Anm. 6] Als neuer Pächter erhielt Thiel Klein den Hof im Jahr 1732 auf 7 Jahre. Die Pachtzeit wurde 1742 verlängert. Zu den üblichen Pachtzahlungen kamen noch 2 Pfund reiner Hanf hinzu. Darüber hinaus wurde Klein verpflichtet, einen Teil der Hofdächer neu decken zu lassen. Dazu pachtete Thiel die »Neue Wiese« und das oberste Stück »auf den Holtzpüschen« und »das stück wies auf der nassen heyt", welches Kreuz von Atzelgift einst gepachtet hatte.  In den Jahren 1747 und 1754 wird der Vertrag mit Thiel Klein jeweils verlängert.
1761 übernimmt sein Sohn Johan Wilhelm den Hof, dessen Pachtzeit 1768 verlängert wird.
Als im Jahr 1789 ein Pachtvertrag mit Johan Wilhelm Klein vereinbart wurde, wurde die Pacht genau vermerkt und ergibt somit ein Bild dessen, was auf den Nutzflächen des Hofes angebaut, welche Tiere gehalten und was auf dem Hof hergestellt wurde: 2 Malter Korn, 3 ½ Malter Heidlof (Buchweizen), 10 Malter Hafer, 2 Malter Kartoffeln, 100 Pfund Schweinefelisch, 1 Kalb von 40 Pfund, 8 Maas Butter, 1 Hut Zucker, 2 Pfund reiner Hanf, 2 Hühner, 2 Hähne, 50 Eier, 45 Kreuzer für die Kirche, 3 doppelte Rheinfahrten, 3 doppelte Lahnfahrten, 16 Pfund Butter am »Butter Sonntag« und 11 Reichstaler und 2 Maß Butter extra für die neue Wiese.
Der Hof bestand aus Haus, Scheune, Stallung und Backhaus. Es gab einen Garten am Hofhaus und einen Garten in der Kälberbitz. An Wiesenflächen standen die Mädriesch bei Atzelgift, die Hardtwiese, die Lange Wiese, die Wiese oberhalb des Hofweihers, die Wiese am Karstück, die Neue Wiese, das Land am Streithäuser Berg, die Nasse Heide, der Stiegel und der Mausweiher zur Verfügung. Insgesamt betrug die Größe des Hofes rund 150 Morgen.[Anm. 7]

Die letzten Jahre des Hofgutes

Im Jahr 1790 verstarb der Hofmann Klein. Seine Witwe, die den Hof weiterführte, segnete 10 Jahre später das Zeitliche.

Vom 22. Februar 1802 erhielt Philipp Schuhen den Hof für 7 Jahre anvertraut. 1803, nach Aufhebung der Abtei Marienstatt, ging der Hof in den Besitz von Nassau-Weilburg über. Die Hofgebäude waren damals in einem schlechten Zustand. Nach Ablauf des Pachtvertrages im Jahr 1809 wurde der Vertrag nicht verlängert, doch Schuhen konnte bis 1813 auf dem Hof bleiben. Danach pachtete die Gemeinde Streithausen die Hofländereien bis zum Jahr 1823. Doch in dieser Zeit brannten die weitgehend verfallenen Gebäude des Hofes ab. Die baulichen Überreste wurden von den Einwohnern Streithausens für eigene Bauvorhaben verwendet. Die zugehörigen Ländereien wurden schließlich von der nassauischen Regierung an Streithäuser Bürger und später an Interessenten aus Atzelgift verpachtet, was zu einigem Unmut in Streithausen führte.

Seit 1875 stellte die Gemeinde Streithausen bei der Königlichen Regierung in Wiesbaden den Antrag die Ländereien des Hofgutes ankaufen zu dürfen. Nach einer Prüfung des Wertes des Kaufgutes wurde schließlich am 11. Dezember 1876 das Gut, 147 Morgen, 56 Ruten und 52 Schuh, nach heutiger Bemessung 36,9 Hektar verkauft. Das Gut umfasste Äcker »ober der Langwiesen«, »im Hofberg«, »im Thal«, »auf dem Hochfeld«, »auf der Nassen Heide«, »hinter dem Leyengarten«, »auf den Holzpüschen«, »vor der Struth«, dazu Wiesen »unter dem Dorf« und »in der Langwiese«, sowie verschiedene Gewannewege und 4 Parzellen Acker im Holzberg in der Gemarkung von Atzelgift. Mit der Zahlung der letzten Kaufrate am 7. Februar 1881 ging die Geschichte des Streithäuser Hofes endgültig zu Ende. Neben einigen Flurnamen erinnern nur noch auffällige Bodenformen am ehemaligen Standort an das Hofgebäude.

Anmerkungen:

  1. HHStA Wiesbaden Abt. 74 Nr. 1383, Bl. 57v-58r. Zurück
  2. HHStA Wiesbaden Abt. 74 Nr. 1383 Bl. 5v-7 und 11r-12v. Zurück
  3. HHStA Wiesbaden Abt. 74 Nr. 1383Bl. 8r. Zurück
  4. HHStA Wiesbaden Abt. 340 Nr. 1494. Zurück
  5. HHStA Wiesbaden Abt. 342 Nr. 792. Zurück
  6. HHStA Wiesbaden Abt. 340 Nr. 1080. Zurück
  7. Trautmann, Streithäuser Hof, S. 44ff. Zurück