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2.2. Von der Teilung des Banats bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

Karte der territorialen Aufteilung Österreich-Ungarns nach den Pariser Vorortverträgen 1919/1920[Bild: Wikipedia-Nutzer "AlphaCentauri". Ergänzt wurde die Lage der Städte Hatzfeld und Werschetz. [CC BY-SA 3.0]]

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Siedlungsgebiete der banater Donauschwaben durch den Friedensvertrag von Trianon im Jahr 1920 unter den Nachfolgestaaten Ungarn, Jugoslawien und Rumänien aufgeteilt.[Anm. 1]

Am 1. Dezember 1918 hatte Prinzregent Alexander Karadjordjević das „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ (SHS) proklamiert.[Anm. 2] Die Deutschen stellten mit 4,2% im Jahr 1921 und knapp über einer halben Million Einwohner die größte Minderheit.[Anm. 3] Ein Minderheitenschutz wurde allerdings nicht in die Verfassung von 1921 aufgenommen.[Anm. 4] Die Neuordnung der deutschen Minderheit begann mit Gründung der Tageszeitung das „Deutsche Volksblatt“, die seit Oktober 1919 in Neusatz von Stefan Kraft und Georg Grassl herausgegeben wurde. Mit der Zeitung wurde die „Deutsche Druckerei- und Verlags Aktiengesellschaft“ finanziert.[Anm. 5] Am 20 Juni 1920 gründeten Kraft und Grassl in Neusatz den „Schwäbisch-Deutschen Kulturbund“. Stefan Kraft und Johann Keks bauten seit 1922 einen Zentralverband der deutschen Genossenschaften namens „Agraria“ auf, der zur Institution der kleinbäuerlichen Deutschen wurde.[Anm. 6]

Parade des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes anlässlich der 175-Jahr-Feier von Bački Gračac (deutsch Filipowa), 1938[Bild: gemeinfrei]
Parade des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes anlässlich der 175-Jahr-Feier von Bački Gračac (deutsch Filipowa), 1938[Bild: gemeinfrei]

Am 25. April wurde die „Partei der Deutschen des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen“ gegründet, ihr Programm am 19. Dezember 1922 in Hatzfeld vorgestellt. Das Motto „volkstreu und staatstreu“ betonte die Loyalität zum südslawischen Staat.[Anm. 7]

Am 6. Januar 1929 rief König Alexander nach einer Schießerei im Parlament den Notstand aus und setzte die Verfassung außer Kraft. Ein Sondergerichtshof für Staatsschutz wurde eingerichtet. Am 3. Oktober 1929 benannte der König das Land in „Königreich Jugoslawien“ um. Von Parteiverboten war auch die „Partei der Deutschen“ betroffen.[Anm. 8] Als die Königsdiktatur 1931 endete, wurde die „Schulstiftung der Deutschen“ in Neusatz gegründet.[Anm. 9] An der Einstellung zum Deutschen Reich entzündete sich ein Generationenkonflikt innerhalb des Kulturbunds. Als Gegenströmung zur alten, national-konservativen Führung entstand die „Erneuerungsbewegung“ als Jugend- und Sozialbewegung mit völkischen Politikvorstellungen, ähnlich derer der Nationalsozialisten im Deutschen Reich. Der Kulturbund schloss die Leitung der Erneuer 1935 aus ihrer Organisation aus. Im März 1936 gründeten sie unter Leitung von Branimir Altgayer die „Kultur- und Wohlfahrtsvereinigung der Deutschen“ mit eigener Zeitung, dem „Slawonischen Volksboten“.[Anm. 10]

In ihrem bis 1939 dauernden Kampf gegen die „Erneuerer“ näherte sich der Kulturbund dem Nationalsozialismus. Er umfasste nur 10% der „Volksdeutschen“, allerdings den größten Teil der national gesinnten deutschen Intellektuellen. So erreichte der Nationalsozialismus ein breiteres Publikum.[Anm. 11] Der Richtungskampf zwischen Kulturbund und Erneuerern endete mit dem Rücktritt des Kulturbundobmanns Keks und des politischen Sprechers Stefan Kraft im April 1939, neuer Kulturbundsobmann wurde der Erneuerer Sepp (Josef) Janko.[Anm. 12]

Josef "Sepp" Janko in einem Lager für Bessarabiendeutsche, Belgrad 1940[Bild: gemeinfrei]

Bis zum deutschen Angriff auf Jugoslawien im April 1941 wurde ein großer Teil der deutschen Minderheit im Kulturbund organisiert. Seit Frühjahr 1940 nannte sich die Leitung des Kulturbundes „Volksgruppenführung“, Janko gab an, dass Ende 1940 98% der Donauschwaben der Vojvodina Mitglieder gewesen seien.[Anm. 13] Die deutschen Truppen wurden in den donauschwäbischen Dörfern und Städten begeistert begrüßt.[Anm. 14]

Der Schwäbisch-Deutsche Kulturbund am 20. April 1941 in Werschetz[Bild: gemeinfrei]

Die Volksgruppenführung entwickelte sich zu einem Exekutivorgan der Besatzung.[Anm. 15] Der Einfluss der NS-Ideologie nahm weiter zu, was auch für die banater Schwaben Folgen hatte. Von ihnen wurde eine höhere Arbeitsleistung erwartet, was durch den Abzug von Arbeitskräften zum Militärdienst verschärft wurde.[Anm. 16]

Prinz-Eugen-Feier vor dem Stadthaus Werschetz am 16.8.1942[Bild: gemeinfrei]

1942 verpflichtete Volksgruppenführer Janko alle deutschen Männer zwischen 17 und 50 Jahren zur Musterung. Bis April wurden im Banat 10.000 bis 15.000 Schwaben als „SS-Freiwillige“ rekrutiert.

Einsatz der SS-Division "Prinz Eugen" gegen "Partisanen" 1943.[Bild: gemeinfrei]
Soldaten der SS-Division "Prinz Eugen" in Bosnien 1943.[Bild: gemeinfrei]

Im Jahr 1943 waren ungefähr 20 000 serbische und westbanater „Volksdeutsche“ bei SS-Einheiten der Division „Prinz Eugen“ und der Hilfspolizei.[Anm. 17]

Während des Nationalsozialismus beteiligten sich Schwaben an Kriegsverbrechen. Im April 1941 wurden neun Serben in Werschetz erschossen. Sie waren wegen angeblich deutschfeindlicher Einstellung denunziert worden. Im gleichen Monat kennzeichneten Schwaben in Werschetz die Geschäfte jüdischer Mitbürger mit einem roten Davidstern. In der Nacht zum 15. August 1941 begann die systematische Vertreibung der Juden im Banat. Die Juden wurden in das Konzentrationslager Sajmište bei Belgrad transportiert. Das serbische Banat war die erste Region des ehemaligen Jugoslawiens, aus der alle Juden vertrieben worden waren.[Anm. 18]

Nach den ersten Erschießungen im KZ Banjica bei Belgrad am 16. Juli 1941[Bild: gemeinfrei]
Gefangene und Soldat im KZ Sajmište bei Belgrad, 1942[Bild: gemeinfrei]
Zerstörter Magirus-Deutz-LKW, nahe Vernichtungslager Kulmhof, Polen 1945. LKWs wie dieser wurden zu Gaswagen umgebaut.[Bild: gemeinfrei]

Im Konzentrationslager Sajmište wurden bis Anfang Mai 1942 etwa 6000 Insassen mittels eines Gaswagens ermordet. In Serbien und im Westbanat betrug die Zahl der getöteten Juden insgesamt etwa 10.700. Die Schwaben aus dem Westbanat wirkten zwar bei den Massenmorden nicht direkt mit, sie eigneten sich allerdings jüdischen Besitz an.[Anm. 19] Sie übernahmen das Land ermordeter Juden und ehemals jüdische Handwerksbetriebe.[Anm. 20]

Im August 1944 änderte sich die militärische Lage auf eine Weise, die auch die banater Schwaben betreffen sollte. Am 23. August wechselte Rumänien nach einem Staatsstreich die Seiten und nahm auf Seiten der Alliierten am Krieg teil. Am 27. August kündigte auch die bulgarische Regierung das Bündnis mit dem Deutschen Reich. Somit konnten Rote Armee und Partisanen schneller als erwartet vorrücken. Erst am 1. Oktober mit Beginn des Abwehrkampfes gegen die Rote Armee gestattet SS-Gruppenführer Behrends die Evakuierung des Westbanats. In Werschetz erfolgte keine Evakuierung. Ein SS-Sturmbannführer berief die Männer der Stadt zur Verteidigung der Stadt ein, deren Familien wollten die Stadt nicht alleine verlassen. Im Oktober 1944 wurde der Bürgermeister der Stadt erschossen.[Anm. 21]

Am 20. Oktober nahm die Rote Armee zusammen mit Titos Partisanen Belgrad ein. Große Teile der deutschen und ungarischen Minderheit wurden in Lagern inhaftiert und gezwungen Zwangsarbeit zu leisten. In größeren Orten entstanden Internierungslager für „Kollaborateure“, in Werschetz schon Mitte Oktober 1944.[Anm. 22] Von Dezember 1944 bis April 1945 wurden vor allem deutsche Frauen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion transportiert. In den Lagern Jugoslawiens starben viele Menschen an Mangelernährung und Krankheiten. Bis 1948 kamen in den Lagern Jugoslawiens zwischen 48.000 und 50.000 Deutsche um, was mehr als einem Drittel der Internierten entsprach. Am 7. März 1945 wurde die provisorische Regierung des „Demokratischen Föderativen Jugoslawien“ unter Ministerpräsident Tito gebildet. Die Mitglieder des ehemaligen Kulturbundes wurden von Wahlen ausgeschlossen, „Volksfeinde und Kollaborateure“ enteignet.[Anm. 23]

Verglichen mit anderen Ländern in Südosteuropa wurde die deutsche Minderheit in Jugoslawien nach dem Krieg am brutalsten und längsten bestraft. Die Deutschen waren für sie die Hauptverantwortlichen für Massenerschießungen, Vertreibungen und „ethnische Säuberungen“ in vielen Landesteilen.[Anm. 24]

Die meisten Donauschwaben gelangten nach Evakuierung, Deportation oder Vertreibung in die Bundesrepublik Deutschland, einige nach Österreich, in die DDR und in die USA, nach Kanada und Südamerika. In den 50er und 60er Jahren gelangten ungefähr 90.000 Deutsche im Rahmen der Familienzusammenführung in die BRD. Die Aussiedlung endete in den 70er Jahren.[Anm. 25]

Anmerkungen:

  1. Gehl, Hans. Donauschwäbische Lebensformen an der Mittleren Donau. Marburg 2003. S.27.  Zurück
  2. Senz. S.80ff. Zurück
  3. Hausleitner. S. 148. Zurück
  4. Senz. S. 80ff. Zurück
  5. Hausleitner. S. 149. Zurück
  6. Ebenda. S. 152 – 155. Zurück
  7. Ebenda. S. 155. Zurück
  8. Ebenda. S. 159f. Zurück
  9. Senz. S. 83. Zurück
  10. Senz. S. 84.  Zurück
  11. Janjetović, Zoran: Die Donauschwaben in der Vojvodina und der Nationalsozialismus. In: Der Einfluss von Faschismus und Nationalsozialismus auf Minderheiten in Ostmittel und Südosteuropa. Hrsg. von Mariana Hausleitner und Harald Roth. München 2006. S. 222f. Zurück
  12. Senz. S.85. Zurück
  13. Janjetović. S. 223 – 226. Zurück
  14. Ebenda. S. 229. Zurück
  15. Hausleitner. S. 260. Zurück
  16. Janjetović. S. 231. Zurück
  17. Hausleitner. S.280ff. Zurück
  18. Hausleitner. S.263f. Zurück
  19. Ebenda. S. 269. Zurück
  20. Ebenda. S. 274. Zurück
  21. Ebenda. S. 286 – 291. Zurück
  22. Ebenda. S. 297. Zurück
  23. Hausleitner. S. 298ff. Zurück
  24. Ebenda. S. 306. Zurück
  25. Senz. S.132. Zurück