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4.3.1.2 Die Darstellung der verschiedenen Ethnien im Heimatbuch Hatzfeld

Im Heimatbuch der Stadt Hatzfeld gibt es wenige Informationen über die „nicht-deutsche“ Bevölkerung. Im Unterkapitel Die Nationalitäten in Hatzfeld (1767 – 1960) wird die Bevölkerungszusammensetzung allerdings tabellarisch dargestellt. Dies soll hier auszugsweise wiedergegeben werden.

Jahr Deutsche Deutsche Madjaren Rumänen Andere Zusammen
1767 1363 100% . . . 1363
1900 8395 82% 1532 52 173 10152
1938 7851 65,9% 2317 970 770 11907
1960 4218 32% 3325 3845 1118 12406

[Anm. 1]

Die Tabelle zeigt, dass es ab dem 20. Jahrhundert eine erwähnenswerte Zahl an Ungarn, Rumänen und „Anderen“[Anm. 2] zusätzlich Serben, Kroaten, Slowaken, Juden und „Andere“ genannt. gab. Dennoch werden sie kaum thematisiert.

Petri beschreibt den 1899 in Hatzfeld gegründeten ungarischen Kulturverein „Zsombolyai Józsefkör“. Dieser sei mit dem Ziel der „Pflege der madjarischen Sprache und des madjarischen Geistes“ gegründet worden. Die Anhänger seien Beamte, Lehrer und reiche Bürger gewesen, die „manchmal auch deutsche Einakter auf die Bühne brachten, um Zuschauer zu bekommen.“[Anm. 3]

Ein zweiter Bericht der Autoren Peter Jung und Petri zur Historie des bei Hatzfeld gelegenen gräflichen Schlossgutes der Adelsfamilie Csekonics befasst sich mit der „planmäßige[n] Zertrümmerung“ des Schlosses nach dem Ersten Weltkrieg. Über die Grundherrschaft Csekonics finden sie lobende Worte. Mazedonische Soldaten, die 1919 auf dem Gut zeitweise angesiedelt wurden, bis sie ihre eigenen Dörfer gründeten, beschreiben sie allerdings sehr abfällig. Diese könnten das Land nicht erfolgreich bewirtschaften und würden ihre Grundstücke verkommen lassen. Durch sie herrschten „Zustände, wie einst unsre Ahnen bei ihrer Ansiedlung sie hier vorgefunden haben mochten.“ Es fehle ihnen an „Mut, Ausdauer, Entschlossenheit, Opferwille, Selbstbewußtsein und […] Gottvertrauen.“[Anm. 4] Die Autoren schreiben diese Eigenschaften ihren Vorfahren und somit auch sich selbst zu, während sie dieses Bild durch die Abgrenzung zu den Mazedonen noch zu verstärken suchen.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs werden keine anderen Ethnien mehr erwähnt, erst wieder in den episodenhaft geschilderten Berichten über den Einmarsch der Roten Armee und die Ansiedlung rumänischer Familien. Irene Decker schildert ihre Kindheitserinnerungen an den einheimischen Russen Herrn Ozsoga, der sie und andere schwäbische Mädchen in seinem Haus vor den „Iwans“ beschützt habe. „Dieser […] Riese, vom Ersten Weltkrieg hier zurückgeblieben und mit einer Schwäbin verheiratet […] rang auf Leben und Tod um die Ehre der fremden Mädchen, […] züchtigte die wilde Horde, […] war stark wie ein Bär, fanatisch wie ein Heiliger und heldenhaft.“[Anm. 5] Hinweise auf vorherige, engere Kontakte oder ob die Ehe zwischen Angehörigen verschiedener Ethnien üblich war, finden sich nicht.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass im Heimatbuch Hatzfeld kein Zusammen- sondern wenn überhaupt ein Nebeneinanderleben der verschiedenen Ethnien zu erkennen ist. Am Beispiel der Mazedonen zeigt sich eine klare Aufwertung des „Eigenen“ durch Abwertung des „Anderen“. Andererseits bestätigt das Beispiel Ozsoga die Analyse Faehndrichs, dass für die Heimatbuchschreiber „ihre andersnationalen Nachbarn auch nicht identisch waren mit den „Tätern“, die nach 1945 für Deportation, Enteignung, Lagerhaft und Vertreibung verantwortlich waren.“[Anm. 6]

Anmerkungen:

  1. Petri. S. 637. Zurück
  2. Vgl. Frisch S. 108. Ergebnisse der Volkszählung 1921 und 1931 für das ganze Banat. Hier werden Zurück
  3. Petri. S. 927. Zurück
  4. Petri. S. 170f. Zurück
  5. Petri. S. 263 – 267. Zurück
  6. Siehe Kapitel 4.3.1 dieser Arbeit. Zurück