Die katholische Kirche St. Wigbert in Schornsheim
von Rudolf Post
Schornsheim und die Kirche St.Wigbert - Baugeschichte
Eine Kirche in Schornsheim ist schon für das Jahr 782 nachgewiesen, denn in diesem Jahr schenkte Karl der Große eine Kirche in Scoronishaim mit allem Zubehör dem Kloster Hersfeld. Diese Schenkungsurkunde liefert auch gleichzeitig die Ersterwähnung Schornsheims und erwähnt zudem, dass die zu dieser Zeit hier lebende Lioba diese Kirche zu Lebzeiten innehaben soll. Die heutige, über dem Dorf gelegene und einstmals befestigte Bergkirche St. Wigbert steht wohl am Ort der früheren karolingischen Kirche. In ihrer heutigen Form ist sie jedoch nur noch der Rest einer mittelalterlichen Kirche, bestehend aus Chor, Turm und seitlich angebauter Vorhalle mit Sakristei, während das sich ehemals westlich anschließende Kirchenschiff im 19. Jahrhundert abgerissen wurde. Da im 16. Jahrhundert die Herrschaften Schornsheims, nämlich Graf Albrecht von Nassau-Weilburg und einige der Schornsheimer Ganerben, sich mehrheitlich der Reformation anschlossen, wurde von da ab die mittelalterliche Kirche ausschließlich von den Lutheranern benutzt. Nach dem Frieden von Rijswijk mit der Einrichtung des Simultaneums, das in Schornsheim zu heftigen Auseinandersetzungen führte, teilten sich ab 1702 beide Konfessionen die Kirche. Die Katholiken nutzten den Chor und die Lutheraner das Kirchenschiff für ihre Gottesdienste. Im Jahr 1846 erwarben die Katholiken für 1600 Gulden Chor und Turm, während die Protestanten sich unten im Ort eine eigene Kirche, die Ludwigskirche (Fertigstellung 1853), errichteten. Dabei verwendeten sie Material des schon baufällig gewordenen Schiffes, das bis 1847 gänzlich abgetragen wurde. Die Bergkirche war bis 2004 Filialkirche der katholischen Pfarrei Gabsheim, ab 2005 gehört sie zur Pfarrgruppe Saulheim/Gabsheim im Dekanat Gau-Bickelheim, Bistum Mainz. Die Schenkung von 782 an das Kloster Hersfeld stellt auch einen Bezug zum Kirchenpatron St. Wigbert her. Denn Wigbert war einer jener angelsächsischen Mönche, die der heilige Bonifatius zur Unterstützung seiner Missionstätigkeit in den hessisch-thüringischen Raum geholt hatte. Wigbert war Abt der Klöster Fritzlar und Ohrdruf. Nach seinem Tod um 740 wurde er zunächst in Fritzlar bestattet, im Jahr 780 jedoch von Lullus in das Kloster Hersfeld umgebettet. Seitdem ist er Patron von Kloster und Stadt Hersfeld. Daher ist es nicht verwunderlich, dass er auch zum Patron der dem Kloster Hersfeld geschenkten Kirche in Schornsheim wurde. Im Jahr 815 stifteten die Eheleute Hrandolf und Theothrath dem Kloster Hersfeld umfangreichen Grundbesitz, den sie zur Nutzung auf Lebenszeit zurück erhielten und dazu die Capella in Schornsheim. Die Tatsache, dass in der Urkunde von 782 von einer Ecclesia, und nun von einer Capella die Rede ist, läßt Franz Staab [Anm. 1] die Frage stellen, ob es in der Frühzeit schon zwei Kirchen gegeben habe, eine Pfarr- und eine Klosterkirche. Allerdings sind bisher keine Spuren von zwei Kirchen gefunden worden. Das Kloster Hersfeld behielt Kirche und Kirchenbesitz bis zum Jahr 1057, wo in einem Vergleich zwischen dem Hersfelder Abt Meginher und dem Mainzer Erzbischof Luitpold die Güter dem Mainzer Domstift und die Kirche den Benediktinern vom St. Jakobsberg in Mainz (heute Zitadelle) überlassen wurden. Das Patronatsrecht der Kirche kam im Jahr 1254 an das Mainzer Domkapitel. Die Baupflichten sahen im 16. Jahrhundert so aus, dass das Mainzer Domstift für den Chor, die Herren von St. Jakob für das Kirchenschiff und die Ganerben sowie die Gemeinde für den Turm zuständig war. Von der heute noch vorhandenen Kirche ist für den unteren Teil des Turms das Jahr 1107 belegt, wobei im Fundament noch Reste eines Vorgängerbauwerks gefunden wurden. Der Chor wurde um 1380 erbaut und zeigt, dass das Mainzer Domstift hier ein qualitätvolles und voll dem Stil seiner Zeit entsprechendes Bauwerk ausführen ließ. Die seitlichen Anbauten werden in die Zeit um 1500 datiert. Die mehrfachen Renovierungsarbeiten der Neuzeit haben die alte Bausubstanz im Wesentlichen unverändert gelassen.
Die Kirche von außen
Westlich des Turmes mit quadratischem Grundriss von 7,50 m Seitenlänge und einer Höhe von ca. 17,50 m erstreckte sich das ehemalige Kirchenschiff. Man sieht noch gut den heute zugemauerten Chorbogen zwischen Schiff und Turm. Er ist nicht genau mittig im Turm positioniert, sondern leicht nach Norden versetzt. In ihm ist eine Spolie eingemauert, auf der kopfüber noch „Anno Domini“ zu lesen ist. Ebenfalls vermauert ist eine Pforte an der Turmnordseite, die dem Glöckner früher den direkten Zugang zum Turm gewährte. Das Türchen in der zweiten Turmetage ermöglichte früher vom Giebelraum des Kirchenschiffes aus den Zugang zum Turm. Die ungefähre Höhe des ehemaligen Kirchenschiffes kann noch anhand eines aus der nordwestlichen Ecke herausragenden Kragsteines erschlossen werden. Das Rautendach wurde nach einem Brand im Jahr 1881 anstelle einer barocken Turmhaube aufgesetzt. Der im Osten anschließende Chor wird von sechs zweifach mit Traufkanten abgetreppten Strebepfeilern gestützt. In der Höhe des unteren Fensterabsatzes ist der Chor durch einen umlaufenden Sims gegliedert. An den Strebepfeilern finden sich auch zahlreiche Steinmetzzeichen, jedoch nur zwei Typen: Typ a) nur im unteren Bereich und Typ b) in den höheren Lagen (oft auch kopfüber stehend). Die sechs hohen Fenster sind mit gotischem Maßwerk geziert. Alle Fenster, bis auf das Mittelchorfenster, sind zweiteilig. Das dreiteilige Mittelchorfenster enthält ein Maßwerk mit drei in zueinander geneigten Quadraten einbeschriebenen Vierpässen, während die übrigen Fenster alle oben nur in einem Vierpass enden, der abwechselnd jeweils runde oder spitze Enden aufweist. Von Süden sieht man die heutige Eingangshalle und die Sakristiei. Ein Fenster mit der Jahreszahl 1773, wie auch das Flachbogenfenster an der Südseite des Turmes und der flache Türeingang deuten darauf hin, dass hier in späterer Zeit noch Umbauten vorgenommen wurden. Die heutige Eingangshalle war wohl früher ein Seitenschiff der Kirche.
Der Innenraum
Wer das eher unscheinbare und gedrungene Äußere der Kirche noch im Bewusstsein hat und dann in den Kirchenraum tritt, ist überrascht von dem hohen, harmonischen, kunstvoll ausgeführten und farbenfrohen Innenraum des Chors. Er ist fast ausnahmslos mit ornamentalen und figürlichen Wandmalereien geschmückt, die erst im Jahr 1910 von Prof. Carl Bronner unter Tüncheschichten entdeckt und in den Jahren 1912-1914 unter Bronners Aufsicht von dem Maler Hermann Velte freigelegt und restauriert wurden. Anders als nach heutigen restauratorischen Gepflogenheiten, hatte man dabei den Ehrgeiz, den Chor wieder in den Originalzustand zu versetzen und übermalte dabei den Originalbefund. Der Chor besteht aus zwei Jochen, das erste Joch zeigt ein einfaches Kreuzrippengewölbe mit ringförmigem Schlussstein. Daran schließt sich der 5/8-Abschluss des Chors an. Der Schlussstein dieses Joches zeigt die sogenannte Arma Christi, nämlich die Leidenswerkzeuge, bestehend aus drei Nägeln, einem Hammer und einer Geißel. Die Länge des Chors vom Triumphbogen des Turms bis zur hinteren Chorwand beträgt 14,30 m, seine Breite 6 m. Der Altarraum ist durch zwei Stufen vom übrigen Chor getrennt. Vor dem neugotischen Schnitzaltar befinden sich der heutige Altartisch und das Lesepult.
Der Innenraum - unteres Turmgeschoss und Chorgewölbe
Den hinteren Teil des Kirchenschiffes bildet das Untergeschoss des Turmes mit seinen 1,40 m dicken Wänden. Dieser Raum misst 4,80 m im Quadrat. Den Übergang zwischen Chor und Turm bildet ein im Scheitel 5,65 m hoher Spitzbogen mit schlangenförmigen Steinmetzzeichen, der mit den lebensgroßen Bildern der Apostel Petrus und Paulus bemalt ist. Das rippenlose Kreuzgewölbe des Turmraums und der obere Teil der Wände sind mit sechszackigen goldenen Sternen auf blauem Untergrund bemalt. Die Ausmalung erfolgte 1986 durch Vitus Wurmdobler, Erbes-Büdesheim, nach zwei im Originalbefund im Gewölbesüdzwickel entdeckten Sternen. Im Bild rechts sieht man die Eingangstür mit Kielbogen und weiter hinten eine Nische, die durch das Zumauern der ehemaligen Turmpforte entstanden ist. Im zugemauerten Rundbogen zum ehemaligen Kirchenschiff befindet sich die Orgel. Der Blick in das Chorgewölbe, das eine Scheitelhöhe von 8,75 m aufweist, zeigt die Ausmalung der Decke mit floralem Rankenwerk an den Zwickeln und um die Gewölbeabschlüsse sowie in den freien Flächen Engelsgestalten. Die Gewölberippen laufen spitz in die Wände, wo sie von Konsolfiguren aufgefangen werden. An der Nordseite des ersten Joches befindet sich kein Fenster, da hier von außen die Sakristei anstößt. Insgesamt zeigt sich nach dem Urteil von Kunsthistorikern in manchen Details des Chores böhmischer Einfluss, was aber leicht durch die Beziehungen des Mainzer Erzbischofs Johannes von Luxemburg (1371-73) zum Prager Hof erklärt werden kann. Er war verwandt mit König Karl IV. und Wenzel I. (IV. von Böhmen).
Der Altarraum
Ganz im Vordergrund steht der nach dem II. Vatikanum eingerichtete neue Altartisch, auf dessen Vorderseite in einem runden Durchlass der Reliquienstein zu sehen ist. Dahinter erhebt sich der neugotische Schnitzaltar, der im Jahr 1887 von Bischof Paul Leopold Haffner aus Mainz geweiht wurde. Zuunterst in der Mitte trägt er den baldachinüberdachten Tabernakel, in dem eine Reliquie der hl. Lioba aufbewahrt wird. Darüber befinden sich drei mit Maßwerk und Fialen reich verzierte Figurennischen. Die linke Figur, mit Abtstab in der Rechten und einem Kirchenmodell in der Linken wird als der heilige Wigbert gedeutet, der auch Patron dieser Kirche ist. Wigbert war Gefährte des Bonifatius und Patron des Klosters Hersfeld, zu dem früher auch die Schornsheimer Kirche gehörte. In der Mitte, etwas erhöht, die Figur der heiligen Lioba in Ordenskleidung, erkennbar an dem Abtstab in der rechten und einem Buch mit Glocke in der linken Hand. Der Name Lioba ist, wie ihr Chronist, Rudolf von Fulda, in der Vita Liobae berichtet, nur ihr (althochdeutscher) Kosename, ihr erster Name war Thrutgeba, während sie sich selbst immer Leobgytha nannte. Sie war eine Verwandte des Bonifatius, kam in der ersten Hälfte des 8. Jh. aus dem Kloster Wimborne in Wessex zur Unterstützung der angelsächsischen Missionsarbeit auf das Festland. Die Glocke in ihrer Hand verweist auf einen Traum ihrer schon alten und bisher kinderlosen Mutter Äbba, in dem sie eine klingende Glocke aus ihrer Brust hervor holte, was von ihrer Amme gedeutet wird, dass sie eine Tochter erwarte, die dem Herrn geweiht werden solle. Das Buch deutet auf die Gelehrsamkeit Liobas. In der rechten Nische steht die Figur des hl. Bonifatius mit Bischofsstab und einem von einem Dolch durchbohrten Buch. Der Überlieferung nach, soll er sich bei seinem Martyrium (754) ein Buch (den Ragyntrudis-Codex) über den Kopf gehalten haben, um die Schwerthiebe beim Angriff der heidnischen Friesen abzuwehren.
Die musizierenden und singenden Engel
Berühmt, besonders bei Musikwissenschaftlern, sind die musizierenden Engel in unserer Kirche. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Einmal die plastisch in Steinmetzarbeit der Erbauungszeit als Konsolfiguren ausgeführten Engel, welche sich unterhalb der zusammen laufenden Jochrippen an den Seitenwänden des Chors befinden und zum Anderen die im Gewölbe aufgemalten Engel, die ausgehend von Vorbildern des 16. Jahrhunderts, offensichtlich im Stil späterer Zeit, etwa im Frühbarock, noch einmal übermalt wurden. Auch stilistisch kann man beide Gruppen gut scheiden, einerseits die relativ statischen, fast plumpen, breitgesichtigen Engel mit Lockenköpfen und nach unten gesenkten Flügelspitzen und andererseits die bewegt-elegant schwebenden Engel im Gewölbe mit ausdrucksstarker Gebärde und Mimik. Die Engel an den Chorwänden von links nach rechts umlaufend:
1) Engel an der Nordseite, mit angewinkeltenten Beinen sitzend. Er hält ein Instrument, das von den Musikwissenschaftlern als Harfenrotte, eine Art Harfenzither oder Harfenpsalterium, bezeichnet wird und dass sich vor allem auf Bildwerken des böhmischen Raums aus dem 13. und 14. Jahrhundert findet.
2) Engel in der Ecke links neben dem Altar, mit geöffnetem Mund singend und eine Notenrolle haltend.
3) Engel in der Ecke rechts neben dem Altar, mit beiden Händen ein zum Betrachter hin geöffnetes Buch haltend.
4) Engel in der Südostecke des Chors, mit geneigtem Kopf und eine auf beiden Seiten aufgewickelte Notenrolle haltend.
5) Lautenspielender Engel an der Südseite, der im Gegensatz zu den übrigen Engeln ein Federkleid trägt. Der Hals der Laute ist zurückgebogen und mit einem Tierkopf verziert.
6) Engel unter dem Sakramentshäuschen mit einer Notenrolle, auf der Vorderseite mit „Sanctus“ beschriftet.
Die Steinmetzen und Künstler des Mittelalters haben hier einen Raum geschaffen, in dem sich der Gottesdienstbesucher in einem Kosmos fühlen kann, wo er zusammen mit der Gemeinde und dem Chor der Engel das Lob Gottes singt. Eine ausführliche kunst- und musikwissenschaftliche Darstellung zu den musizierenden Engeln bietet Dr. Franz Bösken.[Anm. 2] In den Feldern an der Decke des Chors zwischen den Rippen des Kreuzgewölbes finden sich insgesamt 20 Engelsdarstellungen. Davon bilden die Engel in den 10 Gewölbekappen des 5/8 Chorabschlusses eine Konzertgruppe mit verschiedenen Saiten-, Schlag- und Blasinstrumenten, während die übrigen Engel im ersten Joch und den daran angrenzenden beiden Gewölbekappen Leidenswerkzeuge Christi (Martersäule, Geißel, Kreuz, Leiter usw.) tragen oder ohne Attribute sind. Die musizierenden Engel spielen (von links nach rechts, gegen den Uhrzeigersinn gesehen) folgende Instrumente: [Anm. 3] 1) Harfe, 2) Laute, 3) Querflöte, 4) Streichbass, 5) Knickhalslaute, 6) Zink, 7) Triangel, 8) Violone, 9) Klarintrompete, 10) Engel mit Buch, möglicherweise Solist oder Leiter des Konzerts.
Bäuerin und Bauer
In den Ecken von Chorbogen und Chor finden sich, in historischer Tracht, eine Bäuerin, die in einem Netz einen Topf trägt und gegenüber ein Bauer mit einer Hacke. Vor ihm Rankenwerk und Traube. Hier wird auf gleicher Ebene mit den Engeln der Alltag der Menschen in das Gotteslob mit einbezogen.
Die weiblichen Heiligen in den Gewänden der Chorfenster
In den Seitengewänden der Chorfenster wurden 1910 neun weibliche Heiligenfiguren freigelegt, die anhand ihrer Attribute identifiziert werden konnten. Die Heiligen von links nach rechts im Chor umlaufend:
1) Barbara mit dreifenstrigem Turm (Hinweis auf die Dreifaltigkeit).
2) Lioba mit Buch und auf einem Knäuel aufgewickelten Faden. Hinweis auf ihre in Rudolfs Vita Liobae mitgeteilte Vision, in der ihr ein Purpurfaden aus dem Mund kam (purpureum filum de ore suo descendere), den sie auf einen Knäuel aufwickelte. Von einer seherischen Mitschwester gedeutet als die Weisheit, die aus ihrem Mund hervorkommt und die Vielfalt des göttlichen Wortes.
3) Apollonia mit Zange und Backenzahn. Ihr wurden beim Martyrium die Zähne ausgeschlagen.
4) Maria Magdalena mit Salbölgefäß.
5) Odilia (auch Ottilia) mit Buch und einem Paar Augen. Sie wurde blind geboren und erlangte bei der Taufe das Augenlicht wieder. Verehrt am Mont Ste. Odile im Elsass und St. Ottilien bei Freiburg i. Br.
6) Katharina mit Rad. Martyrium durch Rädern, doch das Rad zerbrach.
7) Margareta mit Kreuz und Drache.
8) Elisabeth von Thüringen mit Schürze
9) Agnes mit Wolle bzw. Lamm (lat. agnus).
Die ornamentale Ausmalung
Der gesamte Chorraum ist umlaufend (bis auf den Bereich, an dem die Sakristei von außen anstößt) mit Malereien versehen. Neben dem theologisch konzipierten Figurenprogramm mit Aposteln, Heiligen und Engeln finden sich jedoch viele rein dekorative Malereien, die sich auf mehrere Ebenen verteilen. Der untere Sockelbereich ist flächig in einem Rotton gehalten. Daran schließt sich nach oben ein Bereich an, der mit teppichartigen Mustern dekoriert ist. Diese Wandteppich-Illusion wird durch die unten anhängende gemalte Fransenborte verstärkt. Die Teppiche mit zwei abwechselnden Brokatmustern werden von dunkel gehaltenen Bordüren gerahmt. Getrennt durch einen schwarzen Saum beginnt dann darüber der Bereich mit den gemalten Figuren, der die Wände, wie auch die Fenstergewände beansprucht. Die Figuren sind jeweils von einem kräftigen, in Rot gehaltenen Rahmen, der eine Rippenstruktur vorgibt, umgeben. Der Figurenhintergrund ist mit goldenen Sternen dekoriert. Im Fußbereich der Bilderzone sind umlaufend die zwölf Apostelkreuze mit gleichlangen Balken, umrahmt von einem Kreis aufgemalt. Darüber, im beginnenden Gewölbebereich mit den Konsolfiguren winden sich in einem friesartigen Band Ranken mit großen Blüten, die sich auch im Gewölbe in den Zwickeln und um die Schlusssteine fortsetzen.
Die Apostelbilder
Im Gewände des Triumphbogens zwischen Turm und Chor sind, unter gemalten Baldachinen stehend, die Apostelfürsten Petrus und Paulus in annähernder Lebensgröße aufgemalt. Petrus erkennbar an den Schlüsseln, Paulus an Buch und Schwert. Seitlich über Petrus hinaus verläuft ein Spruchband, das mit dem Namen Petrus beginnt und dann in lateinischer Sprache den ersten Satz des Glaubensbekenntnisses (credo in deum, patrem omnipotetem, creatorem coeli et terrae) nennt. Dieses Glaubensbekenntnis wird dann, von links nach rechts umlaufend, von den auf den Chorwänden aufgemalten Aposteln fortgeführt. Dieses Bildprogramm soll den Gläubigen die Rolle der Apostel nahebringen, sie sind die Stützen und Garanten des Glaubens.
Im Folgenden werden die Apostel mit ihren Attributen und Spruchbandtexten vorgestellt. Die Abkürzungen im Original wurden hier aufgelöst.
1) Andreas mit Andreaskreuz: et in Jhesum Christum filius eius unicum, dominum nostrum (und an Jesus Christus seinen einzigen Sohn, unsern Herrn).
2) Jakobus der Ältere (ohne Attribut): qui conceptus est de spiritu sancto, natus ex Maria virgine (der empfangen ist vom heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria).
3) Johannes mit Kelch: passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus (gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben).
4) Thomas (ohne Attribut): et sepultus descendit ad inferos (und begraben, hinabgestiegen in die Unterwelt).
5) Jakobus der Jüngere (ohne Attribut): tertia die resurrexit a mortuis (am dritten Tage auferstanden von den Toten).
1) links: Philippus (Attribut nicht zuzuordnen): ascendit ad coelos, sedet ad dexteram dei patris omnipotentis (aufgestiegen in den Himmel, sitzt er zu Rechten Gottes des allmächtigen Vaters).
rechts: Matthäus mit Winkelmaß: inde venturus est, iudicare vivos et mortuos (von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten).
2) links: Bartholomäus mit gebogenem Messer: credo in spiritum sanctum (ich glaube an den heiligen Geist).
rechts: Simon mit Säge: sanctam ecclesiam catholicam, sanctorum communionem (die heilige allumfassende Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen).
3) links: Judas Thaddäus mit Knüppel: remissionem peccatorum, carnis resurrectionem (Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches).
rechts: Matthias mit Lanze: et vitam aeternam, amen (und das ewige Leben, Amen).
Die Ausstattung
Aus der Erbauungszeit des Chors um das Jahr 1380 stammt auch das Sakramentshaus in der Nordostecke des Chors. Es ist mit Wimperg und Maßwerk reich verziert und wird von einer Fiale mit oben abschließender Kreuzblume gekrönt. Auch die gegenüberliegende Sitznische und die ehemalige Lavabonische, in der heute eine Madonnenfigur steht, sind mit gotischem Maßwerk reich geziert. Am Bogenansatz zu beiden Seiten der Sitznische ragt auf der rechten Seite eine Blattmaske und auf der linken ein Frauenkopf mit einer damals modischen „Krüselerhaube“ hervor.
Bild der heiligen Lioba
Im Turmgeschoss hängt ein Liobabild, das mit „Wagner 1867“ signiert ist. Es zeigt Lioba im Ordenshabit mit den üblichen Attributen. Lioba verbrachte ihren Lebensabend in Schornsheim. Als Todestag wird der 23. (28.) 9. 782 angesehen. Unten im Hintergrund ist auf diesem Bild noch das Aussehen unserer Kirche vor dem Brand 1881 erkennbar, nämlich mit dem vom Chor zum Turm durchgehenden Dach und der barocken Turmhaube. Gegenüber ist das ehemalige Wahrzeichen Schornsheims, der Heyerbaum, dargestellt.
Die Orgel
Schleifladen-Orgel nach einem Vorbild von 1737 mit einem Manual und mechanischer Spiel- und Registertraktur. Erbaut 1982 von Orgelbau Otmar Börner, Rodenbach bei Hanau, angeschafft von Pfarrer Winfried Wocker im Jahr 1988.
Manual 56 Tasten, C-g3
1 Coppel 8'
2 Prinzipal 4'
3 Flöte 4'
4 Quinte 3'
5 Oktave 2'
6 Mixtur 1' 3fach
Pedal 30 Tasten C-d' angehängt
(keine Pedalregister)
Die Glocken
Die Schornsheimer Bergkirche verfügt heute über ein Geläut von zwei Glocken und zwar:
1) Liobaglocke (ais) (b), 330 kg Bronze. Gegossen 1930 von der Fa. Hamm, Frankenthal. Inschrift: Sancta Lioba, ora pro nobis.
2) Glocke, ehemals evangelische Kirche (cis) (des), 221 kg, Gegossen 1910 von der Fa. Schilling, Apolda. Die Glocke wurde nach dem 2. Weltkrieg von der evangelischen Gemeinde übernommen, da sie nicht mehr zu dem neuen Geläut passte.
Eine Marienglocke (as), 440 kg Bronze, gegossen 1930 von der Fa. Hamm, Frankenthal, Inschrift Sancta Maria, ora pro nobis musste im Krieg abgegeben werden.
Verfasser: Rudolf Post
Redaktionelle Bearbeitung: Nathalie Rau
Literaturhinweise: Weitere und ausführlichere Abhandlungen zur Kirche St. Wigbert und zur Kirchengeschichte Schornsheims finden sich in den Artikeln von:
- Franz Staab, Christa Reuter, Winfried Wocker, Ludwig Hellriegel, Jochim Glatz und Heinrich Steitz, in: Schornsheim - Geschichte eines Dorfes 782 - 1982, hrsg. von der Ortsgemeinde Schornsheim 1982.
- Für Hinweise zu Orgel, Glocken und der Kirchturmhöhe danke ich Frau Emmy Dürr.
Erstellt: 24.01.2012