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Reise nach Trier und Coblenz 1855 - Ein Erinnerungsalbum aus der HWZB

[Bild: HWZB]

von Jörg Julius Reisek

Eine in der Heimatwissenschaftlichen Zentralbibliothek aufbewahrte Handschrift enthält die Beschreibung einer fünfzehntägigen Reise, die eine fast 30 Personen umfassende Reisegruppe zur Mosel und den Mittelrhein unternahm. Es handelt sich wohl um die Reinschrift eines unterwegs geführten Tagebuches, das zur Erinnerung angefertigt wurde. Ein geprägter Leineneinband mit Titelschild schützt 31 Blätter geprägtes Schreibpapier (21 x 14,5 cm), die das Titelblatt, den Text und zehn schlichte Zeichnungen enthalten. Zusätzlich wurden fünf Stahlstiche aus dem Darmstädter Kunstverlag Lange beigefügt. Sie zeigen Ansichten der Igeler Säule, der Porta Nigra, der Festung Ehrenbreitstein, sowie von Burg Stolzenfels und Burg Rheinstein. Sie stammen vermutlich aus dem im Text erwähnten Koblenzer Bilderladen. Der sachlich gehaltene Bericht des anonymen Verfassers beschreibt die Etappen einer sicherlich als anstrengend empfundenen Reise, deren Teilnehmer am Schluß des Albums verzeichnet wurden. Die eingeflochtenen Histörchen und Sagen spiegeln Informationen wieder, die an Ort und Stelle aufgeschnappt wurden. Am 15. Juli 1855 starteten die Männer in Weinheim a. d. Bergstraße und kehrten am frühen Morgen des 31. Juli zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Vielleicht fanden sich zu diesem Anlaß ehemalige Studienkollegen zur einem gemeinsamen Ausflug zusammen? Eventuell kann das illustrierte Titelblatt eine Antwort geben: Ein Adler auf einer Krone und ein Wappen werden von zwei Fahnen in Schwarz-Silber und Rot-Gold gekreuzt. Die Symbolik entzieht sich leider meiner Kenntnis. Eine derartige Unternehmung war noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein kostspieliges und kräftezehrendes Vergnügen. Besonders der Weg von Idar-Oberstein nach Trier wird für die Teilnehmer am beschwerlichsten gewesen sein. Am Mittelrhein profitierten die Reisenden von bereits etablierten Strukturen des Fremdenverkehrs. Hiermit wird ein Reisedokument aus der Provenienz eines betuchten Bürgers vorgestellt, das kurz vor den massiven Veränderungen des Fremdenverkehrs durch den Einfluss der Eisenbahn entstand.

Die Route: Weinheim a.d. Bergstraße, Dannenfels am Donnersberg, Münster am Stein, Ebernburg, Kirn, Idar-Oberstein, Allenbach, Thalfang, Trier, Igel, Bernkastel-Kues, Cochem, Burg Eltz, Wirschem, Münstermaifeld, Polch, Mendig, Laacher See, Andernach, Weißenthurm, Koblenz, Ehrenbreitstein, Burg Stolzenfels, Boppard, St. Goar, Lorelei, Oberwesel, Bacharach, Burg Rheinstein, Bingen, Rüdesheim, Geisenheim, St. Johannisberg, Eltville, Biebrich, Mainz, Oppenheim, Weinheim a. d. Bergstraße.

Die Reisegesellschaft:

  • O. Andreae aus Frankfurt am Main
  • K. Böcking aus (Neuenkirchen) Verviers
  • E. v. Berlichingen aus Jagthausen [Jagsthausen]
  • L. Bender aus Weinheim
  • St. Denis aus Paris
  • A. Fuchs aus Bretten
  • R. Ganzoni aus Florenz
  • D. Geiger aus Bamberg
  • G. Kaufmann aus Basel
  • L. von Landgraf aus Zweibrücken
  • Jf. Marthinsen aus Carlsruhe
  • W. Offensandt aus Baden
  • L. Pfungst aus London
  • G. Reppert aus Saarbrücken
  • L. Reppert aus Saarbrücken
  • L. Siebrecht aus N. Orlean
  • A. Schlesinger aus Baden Baden
  • O. Stuck aus Emmendingen
  • L. Biefel aus Heidelberg
  • R. von Schenk aus Schweinsberg
  • G. von Schenk aus Schmarkalden [Schmalkalden]
  • K. Wanzenried aus Pforzheim
  • E. Wheeler aus Genf
  • F. Wheeler aus Genua
  • H. Winter aus Frankfurt am Main

Lehrer

  • F. Lembelet aus Genf
  • R. Dute aus Rothenburg
  • L. Abicht aus Chlausthal [Clausthal]

Antritt der Reise- Beginn des Reiseberichts

Angetreten den 15. Juli geschlossen den 31. Juli 1855.

1 - Wir gingen den 1 Tag um 3 Uhr morgens von hier fort den Weschnitzdamm entlang bis nach Rennhof.[Anm. 1] Von da gingen wir links ab, an einem Försterhaus vorbei durch einen großen Wald nach Lambertheim frühstückten und gingen den Rheindamm entlang weiter an vielen Inseln und dem alten Rhein vorüber. In der Ferne sahen wir statt der fliegenden Brücke eine Schiffbrücke. Nachdem wir auf großen Baumstämmen ausgeruht hatten, gingen wir über die Schiffbrücke nach Worms, legten in der Post unsere Sachen ab und gingen baden; nach dem Baden gingen wir in den Dom, der im Rundbogenstyl gebaut ist, der Grund zum Dom wurde gelegt im Jahre 800 fertig wurde er 1200. An dem Eingang ist der Triumpf der Kirche dargestellt; die St. Nikolaus Kapelle im Dome, geschmückt mit schönen Steinhauerarbeiten, z.B. der Stammbaum Christi und daneben das Denkmal vom Herrn von Dalberg, die Kapelle selbst ist im gotischen Styl gebaut. Nachdem wir den Dom ganz gesehen hatten gingen wir an der Dreifaltigkeitskirche vorbei an deren Stelle im Jahr 1795 der Saal stand wo Luther den Reichstag hielt. Nach dem Essen hielten wir uns noch lange auf, bis der Wagen eingespannt war, mit dem wir nach Marrenheim [Marnheim] fahren wollten.

Worms hat nur 8000 Einwohner während dem es im 30jährigen Krieg gegen 30000 hatte; Im Jahr 1688 bis 1690 zerstörten die Franzosen unter Ludwig dem 14. die ganze Pfalz, Worms ist auch das Land wo früher die Burgunder Könige wohnten und der hörnerne Siegfried um eine Tochter dieser warb. – Als der Wagen bereit stand, fuhren wir mit dem Omnibus an der alten Luthereiche vorbei nach Albisheim, wo wir des starken Regens wegen hielten. Dann fuhren wir an Göllheim vorbei wo das Schlachtfeld war, worauf Albrecht von Östreich, Adolph von Nassau eigenhändig tödete (1298). In Marrenheim [Marnheim] verließen wir den Wagen und gingen nach Dannenfels das am Fuße des Donnersberg liegt, es regnete und war sehr dunkel als wir ankamen; in einem Försterhaus übernachteten wir. –

2 - Den andern Tag bestiegen wir den Donnersberg; im Anfang gingen wir durch einen Kastanienwald dann durch Eichen- und Buchenwald. Wir bestiegen nicht den höchsten Gipfel weil es zu neblich war. Nach dem die Letzten bei uns waren stiegen wir herunter nach Marienthal. Kurz darauf gelangten wir nach dem Dorfe Alsenz, hielten Mittag und gingen in einer Tour nach Münster wuschen unsere Füße, gingen ein wenig spazieren, besahen die Salinen deren es dort so viele gibt, die Nahe war sehr groß gewachsen. Nach dem Nachtessen übergaben wir uns dem Schlafe.

3- Von da gingen wir über die Nahe zurück auf die Ebernburg; sie gehörte Franz von Sikingen, der den verfolgten Ulrich von Hutten des Glaubens wegen aufnahm. Die Burg wurde Herberge der Gerechtigkeit genannt. In der Nähe ist ein kleines Thal in dem Hutten seine Gedichte gemacht haben soll. Und das noch jetzt das Huttenthal genannt wird. Die Trümmer wurden um weniges verkauft. Gegenüber liegt der Rheingrafenstein, jetzt ist nur noch sehr wenig davon zu sehen, der Ebernburger lebte mit dem Rheingrafensteiner immer in Fehde in früher Zeit. Auf einer Jagd wurde der Ebernburger von einem Eber angegriffen, der Rheingrafensteiner, der in der Nähe war sprang herbei und tödete den Eber, von da an versöhnten sie sich wieder; nachdem wir uns ein wenig gelagert hatten gingen wir an Münster vorbei der Nahe nach; bis Kreuznach, aßen da zu Mittag und besahen die Stadt. Es ist ein berühmter Badeort der schon den Römern bekannt war. Jetzt befinden sich gegen 2000 Badegäste dort; im 30jährigen Krieg wurde es von den Schweden belagert, von da fuhren wir mit einem Sommerwagen an Sobernheim vorüber nach Kirn; unterwegs fuhren wir an der Schloßruine von Dhaun vorüber. Von Kirn aus zogen wir den andern Morgen weiter nach Oberstein, dies liegt auf einer Seite, in einem engen Thale, durch das sich die Nah drängt, von hohen Felsen eingeschlossen ist.

Station: Achatschleife bei Oberstein

Hier badeten wir, kauften in einer Achatschleiferei und Handlung schöne Steine. Auf den Felsen die sich über Oberstein erheben liegen zwei Burgen die feindlichen Brüder genannt, weil der Eine die Katzen leiden konnte der andere nicht. Einmal steckte Einer seinem Bruder eine Katze in den Stiefel und aus Wuth stürtzte dann dieser seinen Bruder den Felsen herunter, später bereute er es und baute, als Sühne für das vergossene Bruderbluth, eine Kirche in den Felsen hinein die heute noch steht. Von hier gingen wir längs der Idar hin die gegen 100 Achatschleifereien in Bewegung setzt an mehreren Dörfern vorbei von denen Altweiersbach berühmt ist, durch den Aufenthaltsort der Frau vom Schinderhannes der im Hundsrücken so schrecklich haußte. Die Frau starb vor vier Jahren. Bald kamen wir an einem Eisenhammer vorbei der aber nicht im Gang war, es war spät und dunkel als wir den Hundsrücken bestiegen. Zum Glück trafen wir einen Boten der uns den Weg zeigte, so ging es dann weiter über Schiefer sumpfige Wiesen, Felder, naße Wälder bis wir eben auf einem Berge ankamen, da verließen wir den Boten und schlugen einen Weg ein der nach Allenbach führte, einige sanken bis auf die Knie in dem Koth ein. In Allenbach angekommen gingen wir in eine Bauernwirthschaft, wo wir die Leute wecken mußten denn sie waren Alle schon zu Bett. Nach dem Nachtessen legten wir uns schlafen.

5 – Wir standen früh auf und gingen nach Thalfang; nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg nach Fell, wurden zwar sehr naß aber auch wieder trocken. Unterwegs kamen wir an einem großen Bergwerk vorbei wo sehr viel Erz, Kupfer, und Silber gegraben wird.[Anm. 2] Von Fell aus gingen wir über einen Berg hin nach Ruwer, da nahmen wir einen Wagen und fuhren nach Trier. Unterwegs sahen wir in der Ferne einen Brand, - den folgenden Tag hatten wir den 1. Rasttag. Trier eine der ältesten Städte Deutschlands soll 1307 vor Rom erbaut sein. Es war unter Caesar schon bekannt und die Hauptstadt der Trevirer. Dort wohnten auch viele römischen Kaiser unter denen Constantin und sein Vater ist. So viele Zerstörungen auch Trier erlitten hat, so sind doch noch viele Überreste aus alten Zeiten übrig. z. B. das Amphitheater wo im Jahre 306 Constantin mehrere 1000 Franken mit ihrenAnführern durch wilde Thiere reißen ließ. In der Nähe ist der Platz für die Naumachien [?], früher ein See, ferner sahen wir die alten römischen Bäder noch ziemlich gut erhalten; sie haben sehr gelitten als Sickingen, Trier belagerte 1592, außerdem ist noch von sehr alter Zeit die Moselbrücke, sie ist 690 Fuß lang und ruht auf 8 Pfeilern, dann sahen wir den Dom mit der Liebfrauenkirche innwendig, sind bemerkungswerth 12 Säulen auf denen Bilder der 12 Apostel so gemacht sind, daß man sie nur von einem Platz alle auf einmal übersehen kann; Ferner ist sehens werth der in einem gläsernen Sarge liegende Hildulph von Metz gestorben 738, aus der Liebfrauenkirche gingen wir in den Dom; Dieser ist gebaut aus den Mauerresten eines Palastes aus dem 2. Jahrhundert. Der Dom selbst wurde gebaut im 4. Jahrhundert und wurde bei den Römern unterirdisch mit warmer Luft geheizt; es befindet sich darin ein alter Taufstein angeblich von Constantin dann ein schönes Grabmal vom Erzbischof von Trier Namens Balduin 1354 gestorben. Unter dem Hochaltar befindet sich der heilige Rock Jesu Christi. 1844 wurde er gezeigt; gegen 1.100.000 Menschen waren damals in Trier versammelt. Ferner sahen wir die Basilica mit dem Hellenenthurm, dies große Gebäude ist ein Flügel des Palastes von Constantin der jetzt zu einer protestantischen Kirche hergerichtet wird. – Nach dem wir dies Alles gesehen hatten gingen wir in den Hotel, holten unsere Badesachen und gingen über die Moselbrücke in die Schwimmschule, badeten und machten daß wir bald nun zum Nachtessen konnten, denn wir waren von dem vielen Gehen müde geworden. Nachdem wir unsere Notizen fertig gemacht hatten aßen wir zu Nacht, und legten uns hernach zur Ruhe nieder. –

Station: Moselbrücke bei Trier

Nachdem wir gefrühstückt hatten gingen wir durch die Stadt über die Moselbrücke an der Mosel hin nach Igel, wo sich die Igelsäule befindet. Diese Säule ist 72 Fuß hoch und am Grunde 16 Fuß breit; sie hat fünf Abtheilungen die mit verschiedenen Figuren verziert sind. Man vermuthet, daß die Sekundaner dies Denkmal im 2. Jahrhundert gesetzt haben. Von da gingen wir wieder zurück, und gingen nach dem Essen in die Porta nigra einem sehr großem Gebäude, wahrscheinlich von Constantin gebaut im Jahr 314-322, es ist 115 Fuß lang 70 Fuß hoch und steckt ein ganzes Stockwerk tief unter der Erde, die Steine sind durch Eisen miteinander verbunden. Im Inneren sind viele Denkmäler, steinerne Särge u. s. w. dann verschiedenartige Gefäße, Aschenbecher, Statuen von Ceres und Diana, Hermenbilder 2 Meilensteine und Hermen die als Grenzsteine dienten. 1035 wurde der obere Theil der Porta nigra als Kirche benutzt. Von da gingen wir auf die Villa Reckings die am Marsberg liegt in der Nähe des Amphitheaters. Den andern Morgen fuhren wir mit dem Dampfschiff nach Bernkastel, die Mosel entspringt in den Vogesen ergießt sich in den Rhein. Die Hauptstädte die daran liegen, sind Metz, Luxemburg, Trier und Coblenz. Unterwegs kamen wir an der Stadt Neumagen vorüber, die dadurch merkwürdig ist, daß noch viele Überreste eines Palastes von Constantin da sind. In Bernkastel endlich angekommen stiegen wir aus und gingen einen steilen Weg über die Berge nach Trarbach. In der Nähe ist die Gräfingburg [Grevenburg], die stärkste Festung in früherer Zeit zwischen Trier und Coblenz. Sie wurde aus dem Lösegeld gebaut das die Gräfin von Sponheim erhielt vom Erzbischof Balduin von Trier. 1734 wurde diese Burg von den Franzosen zerstört. Von Trarbach aus setzten wir über die Mosel nach Traben und von da gingen wir in einem schönen Thal nach Alf, nicht weit von da liegen die warmen Bäder von Bertrich. Nach dem Mittagessen fuhren wir mit einem Kahn nach Elen [Ellen] stiegen da aus und gingen über die Berge nach Cochem um die großen Windungen der Mosel abzuschneiden. In Cochem legten wir unsere Ranzen ab, ruhten ein wenig aus und gingen baden. Nach dem Bad gingen wir zurück, und sahen dem Lauf der Dampfschiffe zu. Sehr viele schliefen und verpassten das Nachtessen. Bald legten wir uns zur Ruhe.

In der Nähe ist die Burg Cochem und die Metternich Winneburg erstern ist nicht sehr merkwürdig, letztere gehört dem berühmtesten Staatsmann unsres Jahrhunderts Namens Metternich dem auch der Johannisberg gehört und in östreichischen Diensten ist. In der Nähe liegt auf einer Insel der Mosel das Kloster Marienberg.

Von Kloster Marienberg zum Laacher See

Um 6 Uhr fuhren wir mit dem Kahn nach Carden [Karden] wo wir frühstückten. Nach demselben stiegen wir einen steilen Berg hinauf nach dem Schloß Elz; es ist ein alterthümliches Stammschloß der Grafen von Elz, dort waren zu sehen viele alte Gemälde, Möwel, Rüstungen und Waffen aus dem 16. Jahrhundert, dann 2 Wolfspelze der eine wurde vom Gräfen im Jahr 1845 und der andere im Jahr 1845 geschossen. – Das Schloß liegt mitten im Walde von vielen Burgen und Wäldern umgeben. Wir gingen den Schloßwald herunter nach Wirschem von da nach Münstermayenfeld [Münstermaifeld] wo wir zu Mittag aßen. In dem Hofe des Gasthauses war ein junges Pferdchen das sehr große Sprünge machte, während dem Essen war ein sehr starkes Gewitter. Es schlug in Wirschem wodurch wir kamen, ein und tödete dabei einen Mann, verzog sich aber wieder sehr schnell. Bald ging es weiter auf der Landstraße nach Polch wo wir übernachteten. Es war vorher bestimmt weiter zu gehen allein wir waren zu müde geworden von den Anstrengungen des heutigen Tages, die Vordersten waren auch schon ziemlich weit vom Dorfe entfernt und mußten also zurückgerufen werden, als sie zurückkamen lachten wir sie aus denn sie hatten nichts gewonnen. In dem Dorfe steht eine große Kirche die wir lange anschauten der schönen Bauart wegen.

10 – Wir brachen früh auf und gingen im Regen nach Niedermennig [Mendig] das den Laacher See am nächsten liegt. Nachdem wir da unser Frühstück zu uns genommen hatten gingen wir weiter und kamen an große unterirdische Steinbrüche wo Mühlsteine verfertigt werden und dann mit Pferden an Winden emporgezogen und darauf weit versandt werden. Der Stein ist sehr hart und deßhalb eine schwere Arbeit die Blöcke zu Mühlsteine zu verarbeiten. Wir stiegen in einen 200 Fuß tiefen Schacht worin sich Schnee und Eis befand und dennoch arbeiten die Leute Sommer und Winter daran, es sind ungefähr 40 Schächte da, in einigen ist ein Bierkeller angelegt, wir wollten auch in einen solchen gehen, allein wir erhielten keine Erlaubniß dazu; so blieb uns denn nichts anderes übrig als in einen Schacht ohne Bierkeller zu gehen, was wir auch thaten. Von hier gingen wir in einer halben Stunde nach der Abtei Laach, ruhten ein wenig aus und fuhren auf dem Laacher See an eine Stelle wo es am bequemsten ist zu baden. Das Bad war nicht sehr schön denn man sank bis an die Knie in den Schlamm, der Boden war etwa 1 Fuß hoch voll kleinen Muscheln gelegen, gegen die Mitte hin ist der See über 200 Fuß tief und hat einen unterirdischen Abfluß denn ein sichtbarer Abfluß hat er nicht.

Vom Laacher See bis nach Sankt Goar

Es soll auch früher ein Vulkan gewesen sein, was auch wahrscheinlich ist da viel Lava an dem See liegt, das Wasser ist hell grün und durchsichtig. Die Abtei Laach die am See liegt ist ein schönes Gebäude gewesen, wie man an den Überresten [annehmen] kann, denn sie wurde im Januar dieses Jahres angezündet und brannte sechs Wochen lang; der Thäter ist nicht bestimmt, es wird nun wieder aufgebaut mit vieler Mühe. Nach dem Mittagessen gingen wir durch Dörfer und viele Wälder in die Rheinebene nach Andernach wo wir den Rhein seit Worms zum erstenmal wieder sahen und übernachteten.

Andernach ist eine sehr alte Stadt die von den Schweden erobert worden ist. 1688 wurde sie von den Franzosen wieder genommen, das Stadtthor weist auf römischen Ursprung hin. Von Andernach brachen wir um 6 Uhr auf, kamen an Neuwied vorbei was am rechten Rheinufer liegt, nach Weißenthurm, frühstückten, und sahen auch das große Denkmal des französischen Generals Hoche der hier gefallen ist. Gegen 12 Uhr kamen wir nach Coblenz. Coblenz ist die belebteste Stadt der ganzen Rheinprovinz und zugleich auch Hauptstadt derselben mit 19 000 Einwohner. Die Mosel ergießt sich hier in den Rhein. Es war früher hier der Sitz deutscher Caiser und der Bischöfe von Trier.

Wir blieben nicht selbst in Coblenz sondern gingen über die Rheinbrücke nach Thalehrenbreitenstein wo wir badeten und dann zu Mittag aßen. Nach dem Essen bestiegen wir den Ehrenbreitenstein eine der schönsten Festungen ganz Deutschland. Oben auf den Terassen der Festung hatten wir eine herrliche Aussicht über Coblenz, wir übersahen einen Theil des Rheins und der Mosel nebst Coblenz und andern in der Umgebung liegenden Dörfer. Früher galt es für unüberwindlich, wurde aber zweimal erobert; einmal durch die Östreicher im 30jährigen Krieg, das zweite mal im Jahr 1799 von den Franzosen. Die Festung faßt 3000 Mann mit 900 Kanonen von denen sehr viele aus den Zeiten Napoleon stammen und den Franzosen abgenommen worden sind. Nachdem wir das was man sehen konnte gesehen hatten stiegen wir herunter und besahen uns die Stadt die ziemlich enge Straßen hat. In einem Bilderladen kauften wir uns Ansichten von dem wo wir bis jetzt gewesen waren. Nachdem wir dies abgemacht hatten kehrten wir in unser Gasthaus zurück und legten uns nach dem Nachtessen zur Ruh –

Nachdem wir den anderen Morgen ziemlich spät aufgebrochen waren und in Kapellen, was dicht unter dem Stolzenfels liegt unser Frühstück genommen hatten so bestiegen wir den Stolzenfels, der im Jahre 1825 dem Könige von Preußen von der Stadt Coblenz geschenkt worden ist.Die Aussicht die wir hatten von den Zimmern der Burg aus, ist eine der schönsten am Rhein. In einer Umzeunung spielten einige Rehe und Rehböcke miteinander. Außer der geschmackvollen Einrichtung im Innern waren viele Kunstwerke, Alterthümer und eine reiche Waffenhalle hier; in der sich die Degen Napoleons, Blüchers, und Myra.[Anm. 3] Dann die Pistolen des tapfern Schill und Messer und Gabel von Andreas Hofer; außerdem befanden sich in einem andern Saale sehr schöne Gemählde, das eine Gemälde bedeutet die Gerechtigkeit vor Rudolph von Habsburg zwei Raubritter verurtheilt, dann die Treue, Einheit, Tapferkeit, Gesang und Dichtkunst. Gegenüber von Stolzenfels liegt die Burg Landdeck [Lahneck] wo die Lahn in den Rhein mündet. Von Stolzenfels gingen wir übers Gebirg nach Boppard aßen zu Mittag und gingen nach Sanckt Goar das seinen Nahmen von dem heiligen Sanckt Goar [hat]. Es hat eine schöne Lage und liegt unmittelbar am Rhein, in der Nähe nahmen wir ein Bad das für uns sehr erfrischend war. Über Sanckt Goar liegt die vormals sehr berühmte Burg Rheinfels die fünfzehn Monate lang von den rheinischen Städten vergeblich belagert wurde, 1806 wurde sie von den Franzosen erobert. Unmittelbar gegenüber liegt die Katz und die Maus, zwei Burgen die miteinander in Fehde wohnten. Nach langem hin und her kämpfen mußte die Maus nachgeben und die Katze behielt die Oberhand. – Nach dem Nachtessen legten wir uns schlafen.

St.Goar und St. Goarhausen


Station: Rheintal

Von Sanckt Goar gingen wir das Rheinthal herauf, das immer schöner wurde und kamen am Loreleifelsen vorbei, wo früher die Jungfrau Lorelei gelebt haben soll, die durch ihren schönen Gesang die Schiffer an sich lockte die dann an den Felsen zerschellten, weil der Strom da sehr reißend war. Nachdem ein Mann uns auf das fünf und sechsfache Echo aufmerksam machte, in dem er das Horn blies und mit einer Flinte schoß, sagte er zum Schluß folgende Worte: Die Lorelei kämmt sich mit goldenen Kamme und ich waßhe mich mit Stroh, so sind wir doch immer beisammen und bleiben doch alle Zeit froh! – Gingen wir weiter über Oberwesel, das der Stadt Kaup gegenüberliegt, wo Blücher im Jahr 1814 über den Rhein setzte, nach Bacharach. Oberhalb Bacharach liegt die Rheinpfalz mitten im Rhein wo die Schiffer früher Zoll bezahlen mußten. Bei Bacharach liegt die Burg Stahleck die im 30jährigen Krieg achtmal belagert und erobert wurde. Nach dem Frühstück gingen wir immer am Rhein hin über Trechtingshausen bis zum Schloß Rheinstein, der schönen Besitzung des Prinzen von Preußen. Die Sääle sind ausgeschmückt mit schönen Gemälden aus alter und neuer Zeit, besonders ist in einem Saale eine große Anzahl von alten Gewehren und Armbrüsten.Wenn man von den Zinnen der Burg herunter sieht hat man den Rhein dicht unter sich. Die Aussicht ist nicht besonders reizend sie wird meistens durch hohe Berge gedeckt. Dem Rheinstein gegenüber liegt das durch seinen Wein berühmte Asmanshausen und der Niederwald von dem man eine herrliche Aussicht haben soll, wir hätten ihn bestiegen wenn wir nicht zu müde gewesen wären und genug Zeit gehabt hätten es zu vollführen. Wir verließen bald den Rheinstein und gingen am Binger Loch vorüber das früher für die Schiffer eine gefährliche Stelle war, weil da im Rhein viele Felsen waren an denen die Schiffe zerschellten weil die Durchfarth früher nur 21 Fuß breit war. Unter dem jetzigen König von Preußen wurden die Felsen meistens gesprengt so daß jetzt die Durchfarth 210 Fuß breit ist, und nun die Durchfarth mit keiner so großen Gefahr verbunden ist. An der Straße ist aus den geprengten Felsblöcken dem Könige zum Dank ein Denkmahl errichtet worden, nicht weit davon stand auf einem Sockel der Mäusethurm von dem die bekannte Sage nicht wahr ist, sondern die Schiffer mußten wie an Rheinpfalz hier wahrscheinlich den Zoll bezahlen. Bald gelangten wir in Bingen selbst an und nach dem Essen besahen wir die Binger Burg die wenig aufzuweisen hat, eine Wind Harfe und ein alter Schrank waren die einzigen Möwel die da zu sehen waren.

Rheinpfalz und Oberwesel


Station: Ehrenfels bei Bingen

Auf dem Thurm hatten wir eine schöne Aussicht über den Rhein. Wir ließen uns über den Rhein fahren nach dem durch seinen Wein berühmten Rüdesheim. Auf der Bremser-Burg die bei Rüdesheim liegt hielten die Bischöfe von Mainz oft ihren Sommersitz. Wir befanden uns nun im Rheingau der durch den Weinbau berühmt ist. Nach einem Bad und nach dem Nachtessen legten wir uns zur Ruh.Den andern Morgen fuhren wir nach dem Frühstück durch Geisenheim das eine sehr schöne Kirche hat, an den Johannisberg, der den besten aller Rheinweine liefert. Wir gingen zu Fuß hinauf als die Leute in die Kirche gingen. Oben ist ein großes Gebäude das sammt dem Johannisberg dem Fürst von Metternich gehört. Von der Terrasse hat man eine der schönsten Aussichten in ganz Deutschland, allein das Wetter war für uns zu ungünstig. Wir stiegen herunter und fuhren weiter nach Eltwill das sich durch seine schöne Anlagen auszeichnet. Hier verließen wir den Wagen und gingen nach Biebrich der Residenz des Herzogs von Nassau, das Schloß liegt gerade am Rhein und hinter demselben ist ein sehr schöner und großer Garten. Nach dem Essen gingen wir in eine Glashütte, wo nur Fläschen gemacht werden; und von da gingen wir während des Regens durch Castel, ein hessisches Fort, über die Rheinbrücke nach Mainz eine Bundesfestung mit 40 000 Einwohner.

Ankunft in Mainz und Besuch des Mainzer Doms

Am Abend besahen wir noch den Dom dessen Erbauung ins 10. Jahrhundert fällt. Wegen sechmaliger Brände ist es erklärlich daß einzelne Theile des Dom die verschiedensten Stielarten erzeigen. Im 30jährigen Krieg wollten die Schweden den Dom niederreißen aber Gustav Adolph hinderte sie daran. 1793 wurde er zu einem Fruchtmagazin für die Franzosen verwendet aber Napoleon konnte dies nicht lange mit ansehen und gab ihn den Mainzern wieder zurück. Besonders sehenswerth ist der alte Kreuzgang mit dem Grabmahl der Gemahlin Karl des Großen, Festrada und dem Grabmahl des Meistersängers Heinrich Frauenlob der im 17. Jahrhundert lebte. Wir gingen von da in die neuen Anlagen am Rhein wo wir gegenüber die Mündung des Main in den Rhein hatten. Von hier gingen wir zurück und legten uns nach dem Nachtessen ins Bett. –Den andern Morgen wollten wir das Museum besuchen, aber es war mit zu großen Weitläufigkeiten verbunden. Im Vorübergehen sahen wir eine Prade [Parade] mit preußischen Soldaten. Von da begaben wir uns über den Guttenbergplatz wo das Denkmal des Erfinders der Buchdruckerkunst steht, nach der Citadelle von wo wir die starken Befestigungswerke übersehen konnten. Auf der Citadelle befindet sich auch das Grabdenkmal des Römers Drusus; es ist ein alter Thurm der viel Schaden gelitten hat in den vielen Kriegen. Im Innern führte eine Treppe hinauf von 76 Stufen, wir stiegen hinauf und hatten dann oben eine herrliche Aussicht über Mainz und seine großen Festungswerke. Die ganzen Festungswerke fassen 8000 – 10000 Mann. Um 11 Uhr fuhren wir mit der Eisenbahn nach Oppenheim. Fast an jedem Hause hingen Fahnen heraus denn Nachmittags sollte der Erzbischof von Mainz dahin kommen. Wir gingen in die Katharinenkirche die sich durch die schönen Glasmalereien auszeichnet und im gothischen Stile gebaut ist. Daneben ist eine Kapelle die mit den vielen Schädeln der Spanier und der Schweden angefüllt ist, meistens sind es Spanier; denn Gustav Adolph schlug bei seinem Übergang über den Rhein die Spanier gänzlich. Von da gingen wir die Rheindämme entlang nach einer Überfahrt, ließen uns übersetzen und gingen auf einer Insel die im alten Rhein liegt, weiter; es regnete sehr stark und die Wege wurden beschwerlicher zu gehen, unterwegs kamen wir an einer Pumpe vorüber die das Wasser von der Insel weg pumpt damit das Korn nicht versäuft. Die Insel ist sehr lang und breit in einem Park befinden sich Wildschweine die dem Grafen von Oberndorf gehören. An einem Fischerhäuschen setzten wir abermals über nach Stockstadt wo wir nach dem Essen einen Leiterwagen namen nach Eberstadt um mit der Eisenbahn nach Weinheim zu fahren. Allein als wir bis Pfungstadt kamen, sahen wir die Eisenbahn schon vorbei fahren. Es blieb uns nichts anderes übrig als in Pfungstadt einen Wagen zu nehmen und die Nacht hindurch zu fahren. Wir thaten dies und kamen erst den andern Morgen in Weinheim glücklich an. –

Ende.

Das Buch stiftete 1962 Prof. Dr. A. M. Memmesheimer dem Verein für Heimatkunde e. V. in Bad Kreuznach.

Nachweise

Verfasser: Jörg Julius Reisek

Redaktionelle Bearbeitung: Nathalie Rau

Literatur:

  • "Reise nach Trier und Coblenz 1855"- Ein Erinnerungsalbum aus der Heimatswissenschaftlichen Zentralbibliothek.Transkribiert von Jörg Julius Reisek.

Erstellt: 18.08.2010

Anmerkungen:

  1. Reisebeginn in Weinheim an der Bergstraße, dann über den Weinheimer Weschnitzdamm an Schloß Rennhof (erbaut 1853) in Hüttenfeld vorbei nach Lampertheim, Kreis Bergstraße. Zurück
  2. heute Besucherberkwerk. Zurück
  3. s. Brandenbusch, K.: Erinnerung an Stolzenfels...Koblenz 1850. S. 55 (www.dilibri.de). Zurück