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Der Mainzer Kurfürst als Erzkanzler im Spätmittelalter

von Ernst Schubert

1256 fielen Erzbischof Gerhard von Mainz und Graf Konrad von Everstein mit ihren Heeren raubend und sengend in das Göttinger Land ein. Durch eine Kriegslist des Göttinger Vogtes Willekin wurden beide Herren gefangen und Herzog Albrecht „den Großen“ ausgeliefert. Der Welfe ließ als Spiegelstrafe des eidbrüchigen Vasallen den Grafen an seinem Schwertgut aufknüpfen und hielt den Mainzer ein Jahr in Haft.[Anm. 1] Sowohl der Göttinger Vogt als auch sein Herr sahen in dem Erzbischof keineswegs einen Mann, dem größerer Respekt gebühre, und selbst die Lage des Reiches 1256, die anstehende Königswahl, die eine Mitwirkung Gerhards fast zwingend erforderte, veranlaßte Herzog Albrecht nicht zum Einlenken. Seinen Sieg kostete er aus, und das ist wörtlich zu verstehen: Ein hohes Lösegeld presste er dem Mainzer ab.
Herzog Albrecht mochte triumphieren (übrigens triumphierte der Welfe auch über einen Grafen, dessen Verwandtschaft mit den Staufern allen bekannt war), aber sein Verhalten zeigt doch, dass der Beiname "der Große" ihm nur wegen seiner körperlichen Länge gegeben worden war; denn alles andere als klug war letztlich sein Verhalten, den Mainzer Erzbischof wie einen gewöhnlichen gefangenen Fürsten zu behandeln und ihn damit zu zwingen, aus der Haft heraus seine Wahlstimme dem Kölner Erzbischof zu übertragen.[Anm. 2] Durch dieses Verhalten erstickte der Welfe alle durchaus möglichen Entwicklungen, das bevorrechtigte Wahlrecht, die künftige sächsische Kurstimme an sein Haus zu binden. Man muss bedenken: Das Kurfürstenkolleg hatte sich 1256 noch gar nicht endgültig formiert,[Anm. 3] und welfischer Einfluss zeigte sich noch direkt im Jahre 1252, als in Braunschweig jenes Weistum über die Königswahl gefunden war, das, den Böhmen ausschließend, zeigt, wie ungeklärt die entscheidenden Fragen des Kurrechts noch waren.[Anm. 4] Und weiterhin: Das Kernland des damaligen Sachsen lag (vor dem Wandern des Sachsennamens elbaufwärts) in jenem Raum, in dem die Welfen auch nach 1180 die dominante Macht bildeten. Es lag an dem kurzsichtigen Verhalten Herzog Albrechts, dass er, der Schwager des verstorbenen Königs Wilhelm von Holland, von der Wahl des Jahres 1256, die für die weitere Geschichte des Kurkollegs normgebend werden sollte, ausgeschlossen blieb, und die sächsische Kurstimme von den Askaniern gewonnen werden konnte.

0.1.Die Wandlungen im Ansehen des Mainzer Erzbischofs als Landesherr und Erzkanzler

Vordergründiger Triumph und langfristiger Verlust bedeutete die Handlungsweise Herzog Albrechts 1256: Und hierin spiegelt sich, weswegen wir auf diesen Vorgang näher eingegangen sind, die eigentümliche Stellung des Mainzer Erzkanzlers wider; die Frage seines Ansehens. Einerseits war er ein weltlicher Fürst unter anderen, trieb die gleiche Politik wie seine Standesgenossen, raubte und brandschatzte und war von den gleichen Gefahren der Fehdeführung bedroht; andererseits war er aber der Fürst, ohne den man bei einer Königswahl schwerlich auskommen konnte, zwar gewiss noch nicht der „Zweite Mann im Reich“, aber doch von seiner Würde her eine Zentralfigur in der entstehenden Reichsverfassung.[Anm. 5]
In der frühen Neuzeit war in der Staatsrechtslehre ein ganzer Katalog von Rechten aufgezählt worden, der mit dem Erzkanzleramt verbunden war.[Anm. 6] Doch in die Irre geht, wer gemäß der rückschreitenden Methode diese Rechte bereits im Mittelalter sucht. Im Grunde haben sich die meisten der mainzischen Prärogativen erst in der frühen Neuzeit an das Kanzleramt ankristallisiert. Bei dem Vorsitz in der Bücherkommission zum Beispiel liegt dies von der Entstehung der Buchdruckerkunst her gesehen auf der Hand, aber auch ein formelles Mitspracherecht an den königlichen Ersten Bitten erhielt der Mainzer erst, als die Habsburger über wesentlich effektivere Mittel verfügten, ihre Klientel zu versorgen, als es den Herrschern im Spätmittelalter möglich war, für welche die Ersten Bitten eine Form der Ausweitung von Beziehungen darstellten.[Anm. 7] Erst seit der Wahlkapitulation von 1519 konnte ein Mainzer Erzbischof Prärogativen, welche die Bedeutung seines Erzkanzleramtes unterstrichen, institutionell abgesichert erwerben. Das gilt selbst für das formelle Ernennungsrecht bei der Reichshofkanzlei – deren wahrer Leiter allerdings der Reichsvizekanzler war. Es lässt sich keine Kontinuitätslinie zu den älteren Mitbestimmungsansprüchen ziehen, die der Mainzer 1298 und 1314 und sodann noch einmal 1460 beansprucht, aber nie dauerhaft durchgesetzt hat.
In der Summe hoben die dem Erzkanzleramt ankristallisierten Rechte den Mainzer Kurfürsten in der Reichsverfassung in der frühen Neuzeit vor allen anderen Fürsten heraus; als Landesherr jedoch konnte er bestenfalls als durchschnittlich begüterter Fürst gelten. Er war im Grunde ein schwacher Territorialherr mit großer reichspolitischer Verantwortung. Im Gegensatz dazu – wir pointieren – war er im späten Mittelalter ein reicher Fürst mit noch schwacher Bevorzugung im werdenden Reichsrecht.
Ebensowenig wie bei den reichsrechtlichen Prärogativen darf auch bei dem sogenannten Territorialstaat des Mainzer Erzbischofs von frühneuzeitlichen Erscheinungen auf spätmittelalterliche Wirklichkeit geschlossen werden. Eine Beschreibung Deutschlands, die dem ausgehenden 13. Jahrhundert angehört, behauptet, dass Mainz 7.000 Mark Silber jährlicher Einkünfte hätte (schreibt dem Kölner aber, was den Nachrichtenwert relativiert, gar 50.000 Mark zu);[Anm. 8] das entspräche der Summe aller Einkünfte die noch Rudolf von Habsburg aus dem Reich, dessen Gut damals noch nicht nachhaltig geschmälert war, hatte ziehen können.[Anm. 9] Ausgangs des 15. Jahrhunderts schätzte Marino Sanuto die Einkünfte des Mainzer Kurfürsten mit 60.000 fl. ein (zum Vergleich: die von Köln und Kurpfalz mit je 80.000 fl., Brandenburg mit 50.000 fl., Trier und Sachsen mit je 40.000 fl.).
Der Mainzer Erzbischof galt damals nicht nur als reicher Landesherr, er war es unter den Bedingungen spätmittelalterlicher Staatlichkeit auch tatsächlich. Seine Einkünfte beruhten auf den verschiedensten Einkunftstiteln, auf dem Besitz fruchtbarer Landstriche, wie etwa dem Eichsfeld, auf den Einnahmen aus ergiebigen Zollstätten, wie z.B. dem zu Oberlahnstein,[Anm. 10] usw. Die Schwächung seiner Landesherrschaft lag einmal in der inneren Entwicklung, vor allem in der Rolle des Domkapitels mit seinen eigenständig aufgefassten Besitztiteln und generell in einem Verrechtlichungsprozess begründet, der zugunsten korporativer Freiheiten die herrschaftliche Verfügungsgewalt limitierte. Neben den Entwicklungen auf der verfassungsgeschichtlichen Ebene, beschnitten auch die auf der grundherrschaftlichen, langfristig gesehen, die Möglichkeiten landesherrschaftlichen Ausbaus. Angesichts der Verselbständigung von Forschungsdisziplinen ist selten die Frage aufgeworfen, geschweige denn untersucht worden, welche Folgen landwirtschaftliche Strukturwandlungen auf die Gestaltung der Landesherrschaft hatten. Den zur Beantwortung nötigen diffizilen agrarhistorischen Vorfragen, die sich z.B. aus der Geschichte des Weinbaus mit seiner Entwicklung eines fast proletaroiden Häckerstandes für die Besteuerungsformen des werdenden Territorialstaats ergaben, seien (der Kürze halber) mit dem Hinweis auf einen analogen Fall ausgewichen. Am Beispiel des Eichsfeldes kann gezeigt werden, aus welchen Gründen nur noch vergleichsweise geringe Erträge aus einem Gebiet dem Mainzer Erzbischof zuflossen, das einst im Mittelalter als überaus ertragreich gegolten hatte. Durch Erbteilungen war ein Kleinbauerntum entstanden, das gezwungen war, den Boden so stark auszubeuten, dass das Ackerland signifikant an Qualität verlor. Dieser Verlust an Herrschaftssubstanz fällt hier zusammen mit dem, was wir vereinfachend als Verrechtlichungsprozess bezeichnet hatten. Die Bürger von Duderstadt konnten, protestantisch geworden, nicht nur erfolgreich den Rekatholisierungsbestrebungen widerstehen, sondern weitgehende kommunale Eigenrechte, und das hieß konkret: geringe Steuerzahlung an den Landesherrn, behaupten.
Was sich noch um 1300 als unschätzbarer Vorteil für den Mainzer Erzbischof erwies, dass nämlich seine Herrschaft über die verschiedensten Einkunftstitel von den Grundrenten bis hin zu den Zolleinnahmen verfügte – in der modernen Wirtschaftssprache würde man dies Diversifikation nennen –, bedeutete langfristig einen entscheidenden Nachteil; denn die Entwicklung zur starken Landesherrschaft führte über die Durchsetzung der modernen Form der Steuer, der allgemeinen Landessteuer, die, um durchgesetzt zu werden, eine Flächenstaatlichkeit voraussetzte.[Anm. 11] Aber über diese verfügte der Mainzer Erzbischof eben nicht. Bekanntermaßen war seine Herrschaft in Gemengelagen verzahnt mit den Herrschaftsrechten anderer Herren, seiner Mitkurfürsten vor allem. Das Gegenbeispiel: Die Mark Brandenburg, noch um 1470 von ihrem Kurfürsten „ein halb verlorenes Land“ genannt,[Anm. 12] konnte sich eben, weil sie viel bessere Voraussetzungen für eine Flächenstaatlichkeit in wenig fruchtbaren Gebieten bot, zu einem mächtigen Territorialstaat entwickeln. Spätestens um 1600 hatten sich die Verhältnisse umgekehrt, die noch um 1300 gegolten hatten, wo Mainz, Köln und die Pfalzgrafschaft zu den reichsten Fürsten gezählt wurden, denen der Kurfürst von Brandenburg von der Macht seiner Herrschaft her nicht das Wasser reichen konnte. (Dabei ist eine Trivialität nicht zu übersehen: Weltliche Fürsten vermochten ihre Macht durch Heiratspolitik entscheidend zu erweitern, was einem geistlichen Fürsten verwehrt war.)
Die verschiedenen Relationen, die zwischen Herrschaft und Erzkanzleramt im Vergleich von Mittelalter und früher Neuzeit das Ansehen des Mainzer Erzbischofs bestimmten, weisen auch darauf hin, dass die "kriege und spenne", die er mit seinen Nachbarn, vor allem mit Kurpfalz, immer wieder auszutragen hatte, sich auf das Reich auswirken konnten.[Anm. 13] Dass – ein Beispiel unter vielen – die Opposition zwischen König Ruprecht und dem Marbacher Bund letztlich in territorialen Differenzen begründet war, ist bekannt. Weniger bekannt ist, ja – soweit ich sehe – noch nicht einmal als Frage aufgeworfen, wie sich die Auseinandersetzungen in jenem Raum, der seit 1512 den kurrheinischen Reichskreis bilden sollte, auf die werdende Reichsverfassung auswirkten. Pointiert: Dass Kriege und "Spenne" am Mittelrhein Rückwirkungen auf die Reichspolitik haben können, ist bekannt. Offen ist noch die Frage, ob sie auch Rückwirkungen auf die Formung der Reichsverfassung besessen haben.
Wenn wir darauf verzichten müssen, im einzelnen die verschlungenen Wege der Mainzer Herrschaftspolitik in ihrer Korrespondenz mit reichspolitischen Ambitionen zu verfolgen, so sei doch darauf aufmerksam gemacht: Natürlich trägt die Herrschaft eines jeden Mainzer Erzbischofs individuelle Züge, aber jeder war doch in einen vorgegebenen Verantwortungsrahmen gestellt. Zum Beispiel war jener Johann von Nassau, dessen Grabmal mit dem "riesengroßen Buch" Frau Kessel charakterisierte,[Anm. 14] kein Bücherliebhaber. Aber er musste auf seinem Epitaph ein Buch in der Hand halten, weil dies dem vorgegebenen Grabmaltypus entspricht. Die Grabmäler der Mainzer Erzbischöfe weisen auf Verfassung und damit auch auf den Herrschertyp zurück, den diese Verfassung hervorbrachte. Zwar können die Auftraggeber eines Epitaphs verschieden sein, aber das Domkapitel ist der Herr des Doms. Die Wahlkorporation bestimmt nicht nur durch Wahlkapitulationen über die künftige Politik eines Gewählten, sie bestimmt auch – und das spiegelt sich im Grabmal wider – über den Herrschertyp. So fehlen unter den Mainzer Erzbischöfen, wie normalerweise auch ansonsten in der Reichskirche, bestimmte Charaktere, wie wir sie häufig unter den weltlichen Fürsten finden: Die jungen Heißsporne, die, kaum erwachsen, die Welt aus den Angeln heben wollen, und auch jene (nicht gerade seltenen) Fürsten, die am Herrschen wenig Gefallen finden und bisweilen auch auf ihr Fürstentum verzichten. Und vor allem gibt es nicht jenen für das weltliche Regiment völlig ungeeigneten, unfähigen Fürsten unter den Mainzer Erzbischöfen.
Zu Mainzer Erzbischöfen wurden im Spätmittelalter mit der Ausnahme von Peter Aspelt nur Söhne von Grafen und Edelfreien gewählt: Mit Alois Gerlich sehen wir in der Zeit um 1300 die große Zeit des nichtfürstlichen Hochadels in der Reichspolitik.[Anm. 15] An ihren mit der Reichsherrschaft der Luxemburger geschwundenen Einfluss erinnert im Grunde nur noch die Herkunft der Mainzer Erzkanzler. Und das ist nicht nur soziale Reminiszenz. Die Königs- bzw. Reichstreue dieser nichtfürstlichen Adelsschicht[Anm. 16] hat wegen des Verlustes der unmittelbaren Hofnähe doch mittelbar, aber im Einzelnen schwer abschätzbare politische Konsequenzen. Wir begnügen uns mit einem Hinweis. Während im ausgehenden 15. Jahrhundert die Grafen und Herren, die um 1300 noch die entscheidende Personengruppe auf den Hoftagen gestellt hatten, in dem sich formenden Reichstag beiseite gedrängt sind, repräsentiert Reich und Reichstag ein Grafensohn, Berthold von Henneberg: Damals – wie auch wir meinen – in seinem Beharren auf den Interessen gegenüber des Reichs einem unberechenbaren König der "zweite Mann im Reich".[Anm. 17]

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0.2.Die Entstehung des Erzkanzlertitels

Bisher hatten wir das Erzkanzleramt des Mainzer Erzbischofs als eine feststehende Gegebenheit vorausgesetzt. Aber, um ein Leitmotiv, das der sich ausformenden Reichsverfassung wieder anzuschlagen, dieser Erzkanzlertitel entwickelte sich keineswegs gradlinig aus dem Archikanzellariat des Frühmittelalters.[Anm. 18] Und das gilt sogar für den Mainzer, der sich auf das älteste Herkommen hätte stützen können.[Anm. 19] Dass ein Erzbischof in seiner Titulatur zusätzlich auf sein Erzkanzleramt verwies, wäre dem frühen Mittelalter angesichts der episkopalen Würde undenkbar erschienen. Das aber begann um 1300 selbstverständlich zu werden; denn – und das ist das Entscheidende – nicht die Würde des Bischofstitels hatte sich gemindert, sondern die des Hofamtes hatte eine erhebliche Aufwertung erfahren. Um 1200 hatte sich auf dem Umweg über die reichsministerialischen Hofämter ein neues Verständnis vom Hofamt angebahnt, das über Herrschaftswechsel hinweg Kontinuität gewährleisten sollte.[Anm. 20] (Dieses Verständnis reicht bis in die vier Hofämter an geistlichen Fürstenhöfen herein; auch diese beanspruchten besondere Vorrechte, weil sie Herrschaftskontinuität über die Umbrüche von Wahlen hinweg sichern sollten.) Es musste den Zeitgenossen als Widerspruch erscheinen, dass den rechtlich noch für unfrei geltenden Reichsministerialen als Inhabern der Hofämter eine (Verfassung vorahnende) Verantwortung für die Kontinuität der Reichsherrschaft zukommen sollte, den Fürsten aber nicht. Die Lösung dieses Widerspruchs gelang durch ein Rechtsdenken, das die Hofämter, unbeschadet der Rechte von deren faktischen Inhabern, theoretisch an die bedeutendsten Reichsfürsten band und den Kontinuitätsgedanken durch eine Verbindung von Kurrecht und Amt gewährleistet sehen wollte. Für unsere Fragestellung ist dabei unerheblich, ob – wie wir allerdings immer noch annehmen – Eike von Repgow der erste war, der diese Verknüpfung herstellte, oder ob die entsprechende Stelle des Sachsenspiegels eine Interpolation darstellt.[Anm. 21] Uns fasziniert allerdings die Fähigkeit des Spätmittelalters, einer noch institutionenfernen Zeit, mit dem nur das heutige Verfassungsdenken befremdenden Spannungen von Deutung des Rechts und bestehendem Recht umzugehen; die Modernität der Goldenen Bulle von 1356 zeigt sich auch darin, dass sie die Unterschiede von kurfürstlichem Erzamt und niederadeligem Erbamt im Zeremoniell klarstellt. Erzamtstitulaturen als Fremdbestimmung, die erst spät von den Kurfürsten rezipiert wurde: Hier kommt der Chronik Martins von Troppau wohl doch eine entscheidende Bedeutung zu.[Anm. 22] Martin variiert die Kurfürstenfabel: Die drei Ottonen hätten in Erbfolge das Reich innegehabt, danach wären die Herrscher von den sieben „officiales imperii“ gewählt worden, von den drei Kanzlern, nämlich Mainz für Deutschland, Trier für Gallien und Köln für Italien, sodann den Pfalzgrafen als Truchsess, Sachsen als Schwertträger, Brandenburg als Kämmerer und Böhmen als Mundschenk.[Anm. 23] Für die "Determinatio compendiosa" ist eine feste Verfassungsordnung in der Verbindung von Hofamt und Kurrecht entstanden: "electores, videlicet offitiales curie imperialis".[Anm. 24] Vom Rechtsdenken wanderte der Hofamtstitel in die Rechtspraxis und wurde dabei repräsentativ verfeinert und sachlich geklärt. Nicht von Ämtern, sondern von Erzämtern sprachen, die zeremonielle Klärung der Goldenen Bulle vorbereitend, die Kurfürsten, den Unterschied zu den Erbämtern in ministerialischer Hand verdeutlichend. Um die Wende des 13. Jahrhunderts begann der Gebrauch des Erzamtstitels üblich zu werden. Nur vereinzelt hatte ihn der Kölner seit 1237/38 in seinen Urkunden gebraucht;[Anm. 25] der Mainzer, der es ihm darin zu dieser Zeit gleichgetan hatte,[Anm. 26] berief sich erst 1291 ausdrücklich auf seinen Archikanzellariat beim Ladungsschreiben zur Königswahl[Anm. 27] und begann, seinen Erzkanzlertitel – kontinuitätsbildend – erst im ausgehenden 13. Jahrhundert auch im Siegel zu führen.[Anm. 28] (Trier war in dieser Frage ein Nachzügler. Balduin erhob seit 1308 den dann 1314 von Ludwig dem Bayern bestätigten[Anm. 29] Anspruch auf die entsprechende Titulatur.)[Anm. 30]
Es war keineswegs eine reine Titelfrage, wenn sich um 1300 der Gebrauch des Erzkanzlertitels durchsetzte. Versuchen wir, den politischen Hintergrund auszuleuchten: Der Mainzer Erzbischof Gerhard von Eppstein galt lange als der eigentliche Initiator der Absetzung Adolfs von Nassau 1298. Eine Fehldeutung. Bei keiner Wahl ging der Mainzer, gingen die rheinischen Kurfürsten so leer aus wie bei der Wahl von Adolfs Nachfolger, Albrecht von Habsburg. Dessen Zug ins Reich (und nicht die nur behaupteten, aber nie belegten, geschweige denn bewiesenen Intrigen des Erzbischofs) brachte erst das Königtum Adolfs ins Wanken, brachte schließlich in der Schlacht von Göllheim dem König den Tod. Erzbischof Gerhard von Eppstein soll sich nach den Worten des Matthias von Neuenburg weinend über die Leiche des Erschlagenen geworfen haben.[Anm. 31] Eine glaubhafte Überlieferung, nicht nur, weil der Erzbischof ein Verwandter des Nassauers war. Natürlich: Er hatte mit ihm "spenne"; es ging um Gerichtsrechte, die zwischen Nassauern und Eppsteinern strittig waren;[Anm. 32] jedoch sollte man keinen Fürsten für so engstirnig halten, wegen des umstrittenen Gerichts zu Mechthildshausen eine Königsabsetzung zu planen. Die Erschütterung Erzbischof Gerhards über das Schicksal Adolfs von Nassau ist glaubhaft, ist echt. Für unser Thema ist die geschilderte Szene aufschlussreich, stellt sie doch eine wichtige Aussage über die Reichsverfassung dar: Albrecht zieht den weinend über der Leiche des toten Königs liegenden Erzbischof mit den Worten an sich, "a me non recedetis, meo negotio non perfecto."[Anm. 33] Mit Gebärde und Wort behauptet Albrecht, dass der Mainzer Erzbischof für seine Königserhebung unerlässlich ist, genauer gesagt: für die Durchführung einer zweiten Königswahl, die alle Defekte heilen sollte, die der ersten, noch zu Lebzeiten Adolfs von Nassau stattgefundenen Wahl, anhafteten.
Im Grunde ist erst 1298 vollends deutlich geworden, dass nur die Anwesenheit des Mainzer Erzbischofs die Gültigkeit einer Königswahl garantieren konnte.[Anm. 34] Von den anderen Kurfürsten durfte der eine oder andere fehlen, ohne die Wahl überzeugend anfechtbar zu machen; der Mainzer aber nicht. Dies bedeutete 1314 die entscheidende Legitimitätsschwächung des Königtums Friedrichs des Schönen.
Wenn Adolf von Nassau die Rechte des Mainzer Erzkanzleramtes mit der Präzisierung bestätigt, "sive sint in nostra constituti curia sive extra",[Anm. 35] so bringt er einmal zum Ausdruck, dass sich die Würde des Amtes noch nicht völlig aus dem königlichen Hof heraus verlagert hat, und er bestätigt indirekt, dass dem Mainzer selbst daran gelegen war, diese Bindung zum Königshof aufrechtzuerhalten;[Anm. 36] schließlich waren damit nutzbare Rechte wie der Anspruch auf den Judenzehnt geltend zu machen. Schon auf dem Nürnberger Hoftag 1298 wird deutlich, was das Erzkanzleramt mit allen Ämtern im Mittelalter verbindet: Es handelt sich nicht nur um Pflichten, sondern – gleichgewichtig – auch um Rechte. „Officium gaudere“:[Anm. 37] Nießnutz eines Amtes, gehört zum Amt. Albrechts I. Nürnberger Hoftag aber verdeutlichte die Bindung des Erzamtes an den Hof, es stellte noch keine Reichsdignität dar, und sein Nießbrauch war nur vom Hof abzuleiten. Dieser Hoftag sollte einen groß angelegten Versuch bilden, die Bindung der Erzämter an den Hof im öffentlichkeitswirksamen Rechtszeremoniell herauszustellen – ein Gedanke, den die Goldene Bulle wieder aufgreifen wird. Im chronika-lischen Reflex wird sichtbar, dass die Zeitgenossen diese Absicht verstanden hatten,[Anm. 38] notierte doch Heinrich Taube von Selbach zu diesem Hoftag: „ad quam omnes principes officiales imperii vocavit“.[Anm. 39]

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0.3.Der Erzkanzler zwischen Königshof, Reich und Kurfürstenkolleg

Mit dem Schlüsseljahr 1298 datiert auch der erste Versuch eines Mainzer Erzbischofs, seinem Erzkanzleramt reale Bedeutung zu verschaffen, indem er sich von König Albrecht I. das Privileg geben ließ, den Kanzler am königlichen Hofe zu stellen.[Anm. 40] Die gleiche Zusicherung ließ sich 1314 auch Erzbischof Peter Aspelt von Ludwig dem Bayern verbriefen.[Anm. 41] Es ging dabei nicht nur um eine Funktion des Erzkanzleramtes, es ging auch um seine Definition: Bindung des Amtes an den Königshof, an die königliche "curia". Verfolgt man jedoch nicht nur die Mainzer Ansprüche, sondern sieht sie auch im Kontext mit denen des trierischen und des Kölner Erzkanzlers, so wird im Jahre 1314 ein Gegensatz offenbar. Nur der Mainzer strebt eine Bindung an den Königshof an, die beiden anderen aber wollen sich dem entziehen. Das wird an den Privilegien deutlich, die sie sich für den Fall eines Reichskrieges, der damals immer noch als königlicher Heerbann definiert wurde, geben ließen. Der Kölner lässt sich 1308 unter anderem von Heinrich VII. als Gegenleistung für seine Wahlstimme zusagen, bei einem Reichskrieg weder persönlich noch durch Mannschaftsstellung Folge leisten zu müssen.[Anm. 42] Wie wichtig dem Kölner diese Befreiung von der gewiss drückenden Folgepflicht war, zeigt, dass er sich auch 1314 von seinem Kandidaten ein gleiches Versprechen geben ließ[Anm. 43] – erstaunlicherweise, ohne des gerade sechs Jahre zurückliegenden ersten Privilegs zu gedenken. 1314 hatte sich auch Balduin von Trier von Ludwig dem Bayern zusichern lassen, zur Teilnahme an einer königlichen "expeditio" – ein Ausdruck der bezeichnenderweise auch in den Kölner Privilegien verwendet wird – allein dann verpflichtet zu sein, falls auch die anderen Kurfürsten aufgeboten würden.[Anm. 44] Balduin kannte sicherlich die Kölner Privilegien.[Anm. 45]
Nachdem es dem Mainzer Erzbischof nicht gelungen, den Privilegien von 1298 und 1314 Geltung zu verschaffen, lag es in der Natur der Sache, dass sie ihr Erzkanzleramt nach dem Vorbild ihrer Nachbarn in Köln und in Trier nur noch als Titel, als Aussage ihrer besonderen Dignität betrachteten. (Jedoch ist zu bedenken: Der Mainzer Erzbischof galt auch in der Folgezeit als tendenziell königstreu. So konnte 1354 Karl IV. das Mainzer Erzstift rühmen, "doran dez richis macht allirmeiste liget in disen landen").[Anm. 46]
In dem Verständnis einer Bindung an den Königshof versuchte noch einmal die Goldene Bulle die Erzämter festzulegen. Auf dem glanzvollen Hoftag zu Metz, als die Kodifikation der Goldenen Bulle zum Abschluss gebracht wurde, übten alle Kurfürsten persönlich ihr Erzamt, das aus einem Hofamt hervorgegangen war, aus. Aus Mainzer Perspektive wird die Konzeption Karls IV. darin sichtbar, dass der Luxemburger ein Pendant zum Erzkanzleramt schafft, das Erzkanzleramt der römischen Kaiserin, das dem Abt von Fulda übertragen wird[Anm. 47] – mitnichten eine Verfassungskuriosität, sondern Ausdruck des Bemühens um Verfassung. Angesichts der damaligen Trennung vom Hofstaat des Fürsten und der Fürstin musste auch das personal an den König gebundenes wichtigstes Erzamt, das des Mainzer in deutschen Landen, eine Entsprechung für den Hofstaat der Königin finden.
Karls IV. Konzeption scheiterte. Obwohl er in Erzbischof Gerlach einen getreuen Gefolgsmann besaß, konnte über personale Beziehungen nicht auf Dauer angesichts der Dezentralität der Königsherrschaft noch nicht einmal ideell der Erzkanzleititel an den Königshof gebunden werden. Doch zu schematisch wäre es, die Entwicklung des Dualismus von König und Reich als Begründung heranzuziehen. Denn diese Entwicklung – wie aus der Mainzer Perspektive sichtbar wird – vor dem Hintergrund einer sich erst allmählich institutionell verdichteten Reichsverfassung zu verstehen. Fiktion ist noch um 1400 die Annahme einer Reichsverfassung. Verschwommen, aber damit auch variabel zeichnen sich deren erste Umrisse ab; aber keineswegs – um bei der Metapher des sich abzeichnenden Umrisses zu bleiben – als zwangsläufig wie eine vorgegebene Fotografie aus einem Fixierbad, um immer schärfere Konturen zu gewinnen, auftauchend. Der Wandel des Erzkanzleramtes von einer auf den Hof bezogenen Würde zu einer Reichstitulatur erfolgte weder nach vorbestimmten Gesetzen, noch in dramatischen Veränderungen, war keineswegs bewusst gestaltet worden, sondern lag in einer langen Phase der Bedeutungslosigkeit des Erzkanzleramtes beschlossen. Anders formuliert: Ebenso, wie der Titel "Erzkanzler des Reiches" in seiner Entstehung eine Fremdbestimmung gewesen war, sollte auch der Wandel zur Reichsdignität nicht vom Mainzer Hofe ausgehen, sondern eine Summe verschiedener exogener Faktoren ziehen.
Zu den exogenen Faktoren ist die Formierung des Kurfürstenkollegs zu zählen. Damit sei benannt, dass erst mit dem frühen 15. Jahrhundert, seit der Zeit Sigmunds, die sieben Kurfürsten als Gremium handeln.[Anm. 48] Kurfürstliche Politik ist im 14. Jahrhundert fast durchwegs kurrheinische Politik. Es machte das Singuläre der Thronumwälzung von 1298 aus, dass hier, aber auch nur hier, den Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg eine entscheidende Rolle zukam. Kurfürstliche Politik als kurrheinische Politik – das war eine Politik unter Nachbarn. Die schwierige Nachbarschaft besonders zwischen Pfalz und Mainz ließ ein gemeinsames Handeln oft nicht zu. Die entscheidenden Jahre von 1338, 1379 und 1400, also die Jahre des Rhenser Kurvereins, der Formierung des Urbansbundes und der Absetzung König Wenzels, bezeugen, von welch weitreichender Bedeutung kurfürstliche Aktionen sein konnten, wenn sich die rheinischen Elektoren einig waren. Auf wirtschaftsgeschichtlichem Gebiet hatte der Siegeszug des rheinischen Guldens, einer Münzprägung der rheinischen Kurfürsten, seit 1386 die langfristigen Folgen nachgewiesen, die ein gemeinsames Handeln der Kurfürsten haben konnte.[Anm. 49] Aber wir betonen: Gemeinsames Handeln unter Nachbarn setzte eben auch nachbarschaftliche Gleichheit voraus. Der Mainzer konnte seinen Erzkanzlertitel ebensowenig seinen rheinischen Mitkurfürsten gegenüber ins Spiel bringen wie der Pfälzer sein – mit den Mainzer Prärogativen faktisch konkurrierendes – Reichsvikariat. Für das 14. Jahrhundert gilt: Die Reichspolitik des Mainzer Erzkanzlers ist immer in Konsens oder Dissens, in Harmonie oder Dissonanz zu seinen Mitkurfürsten am Rhein zu verstehen. Ihm für diese Epoche eine eigene Rolle, die des "zweiten Mannes im Reich", zuschreiben zu wollen, ginge an der Wirklichkeit vorbei.
Es bedeutete nicht nur vom Stil der Politik, sondern auch von deren verfassungsbildenden Folgen her eine einschneidende Wandlung, wenn sich im Zeitalter Sigmunds alle Kurfürsten (nach der hussitischen Revolution und dem Ausschluss des Böhmen ihrer sechs) zusammenfinden mussten. Jetzt erst entstand, was in lässigem terminologischen Gebrauch zumeist für frühere Zeiten unterstellt wird, das Kurfürstenkollegium: Spätestens seit der Binger Einung von 1424 betrachten sich die sechs Kurfürsten als korporativer Bestandteil des immer noch im Königtum repräsentierten Reichs. Innerhalb der im Werden begriffenen Reichsverfassung zeichnet sich ein neuer Horizont ab. Als Gemeinschaft senden die Kurfürsten zum Beispiel im Juli 1424 Gesandte an den König,[Anm. 50] als Gemeinschaft empfangen sie Appellationen wie 1427 die von schlesischen Magnaten, die – wie der Kurfürst von Sachsen zustimmend bemerkt – an "uns und andirn unsirn mitkurfürsten in einer gemeine" gerichtet seien.[Anm. 51] In jenem Jahr wurde in Frankfurt eine Reichsversammlung allein von den Kurfürsten einberufen.[Anm. 52] Und schließlich waren die Aufgebote der Reichsheere gegen die Hussiten ohne die Kurfürsten, die selbständig neben dem König handelten, nicht denkbar.
Auf die politischen Hintergründe, die Spannungen zwischen König und Kurfürstenkollegs zur Zeit Sigmunds brauchen wir hier nicht einzugehen.[Anm. 53] Wichtig ist für unsere Frage: Eine Profilierung als „Zweiter Mann im Reich“ durch den Mainzer wäre in dieser Zeit dem Prozeß der korporativen Selbstfindung des Kurfürstengremiums zuwidergelaufen. Bezeichnenderweise hatte Sigmund versucht, die Kurfürsten zu spalten, indem er 1422 den Mainzer gegen heftige Proteste des auf sein Vikariatsrecht pochenden Pfälzers zu seinem Stellvertreter im Reich ernannte.[Anm. 54]
Mit der Entwicklung der korporativen Struktur gewann die inoffiziöse Bezeichnung des Mainzer als Dekans des Kurfürstenkollegs eine signifikante Bedeutung. Lupold von Bebenburg hatte die Frage im frühen 14. Jahrhundert aufgeworfen, ob die Kurfürsten "ut singuli wählten, also als Einzelpersonen, oder "ut collegium".[Anm. 55] Im 14. Jahrhundert handelten die Kurfürsten am Rhein als Nachbarn, rechtlich gesehen in der Terminologie Lupolds "ut singuli". Erst seit den Tagen des Binger Kurvereins agieren sie "ut collegium". Und damit zeigt sich, dass die inoffizielle Bezeichnung des Mainzers als Dekan des Kurfürstenkollegiums ihre tiefe verfassungsgeschichtliche Aussage hat: Dekan und Korporation gehören zusammen; die Kurfürsten handeln als Korporation, als Rechtsgemeinschaft. Erst mit dieser Handlungslegitimation, die nicht wie im 14. Jahrhundert von der Nachbarschaft am Rhein, sondern von der Aufgabe für das Reich abgeleitet ist, kann der Erzkanzlertitel als eine Würde des Reiches definiert werden. Und jetzt sind damit auch konkrete Rechte verbunden. Der Dekan ist ein primus inter pares. Die Disziplinargewalt, die ein Dekan in den Stiftskapiteln hatte, besaß der Dekan des Kurfürstenkollegs natürlich nicht. Aber jetzt war reichsrechtlich sichergestellt, dass ihm als dem Ersten des Kollegs das Einberufungsrecht nicht nur zu den Wahltagen, sondern auch zu allen kurfürstlichen Versammlungen zustehe.
Die inoffizielle Bezeichnung "Dekan" des Kurfürstenkollegs war aufschlussreich im Zusammenhang mit der Ausbildung der Kollegialstruktur. Wenn zum Beispiel noch 1461 Diether von Ysenburg sich als "dechant unserer mitchurfürsten" bezeichnet, wenn er im gleichen Jahr auch von Albrecht Achilles so genannt wird,[Anm. 56] dann zeigt sich: Selbst als die scharfe Akzentuierung einer unabhängig vom König, teilweise sogar gegen ihn handelnden Kurfürstenkorporation, wie sie unter Sigmund in Erscheinung trat, verblasst war, konnte doch die Kollegialstruktur immer wieder aktuell werden, einen Verfassungshorizont, der mal näher, mal ferner rücken konnte, bilden.

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0.4.Das Bemühen des Erzkanzlers um die Besetzung der Reichskanzlei

Offenbar war es die bevorrechtigte Stellung innerhalb der Gemeinschaft der Kurfürsten, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Mainzer Erzbischöfe veranlasste, gegenüber dem König auf eine reale institutionelle Füllung ihres Erzkanzlertitels zu drängen. Unmittelbar nach der Wahl Friedrichs III. versuchte Erzbischof Diether von Ysenburg, das von seiner Titulatur als "archicancellarius" abgeleitete Recht auf Besetzung der Reichskanzlei zur Geltung zu bringen[Anm. 57] und schloß, nachdem er zunächst keine Beachtung gefunden hatte, am 11. Februar 1441 mit Erzbischof Jakob von Trier, dem damals unter den Kurfürsten engagiertesten Verfechtern einer Reichsreform, einen Vertrag, in dem er den Trierer zum Kanzler des Reiches ernannte.[Anm. 58] Legimitierende Grundlage war – aus dem Archiv hervorgeholt – die Bestätigung der Erzkanzlerrechte durch Ludwig den Bayern von 1314.[Anm. 59] Das Erstaunliche ist, dass dennoch Jakob von Sierck das ihm vom Mainzer übertragene Amt geführt hat. Er ist seit dem Sommer 1441 in Wien bezeugt, ohne jedoch Verwaltungsgeschäfte zu übernehmen.[Anm. 60] Dann aber, als der König ins Reich zieht, ist er von Mai bis September als Leiter der Kanzlei in Nürnberg, Frankfurt und Aachen tätig.[Anm. 61] Zugleich wird, um die originären Rechte des Mainzer Erzbischofs zu betonen, der Mainzer Kanzler Heinrich Leubing Protonotar der königlichen Kanzlei.[Anm. 62] Als aber Friedrich im Herbst in seine österreichischen Hauslande zurückkehrt, legen Jakob von Sierck das Kanzleramt und Heinrich Leubing das Protonotariat nieder. Hieran wird deutlich: Eine Aktivierung der Mainzer Rechte hat Friedrich III., unerfahren in der Reichspolitik, zunächst zulassen müssen, aber genau wurde unterschieden, ob der König in seinen Erblanden regierte oder ins Reich kam. Die Suche nach Orientierungen blieb institutionell unentschieden; denn nicht eine eigene Reichskanzlei, in der die Angelegenheiten des Reiches getrennt von denen des königlichen Hauses geregelt werden sollten, hatte Friedrich zugelassen, sondern durch den Wechsel der Kanzleien im Zusammenhang mit seinem Itinerar 1442 nur die Trennung zwischen habsburgischer Hauspolitik und königlicher Reichspolitik betont.
Bekanntermaßen kam Friedrich III. selten ins Reich. Wenige Möglichkeiten hatte der Mainzer, seinen Erfolg von 1441/42 zum Präzedenzfall auszubauen. Aber er wird seine Ansprüche auch in der Folgezeit nicht vergessen. In den Verabredungen, die Georg Podiebrad für seine Wahl zum römischen König mit Erzbischof Diether von Ysenburg 1460 trifft, wird bestimmt, dass der Mainzer, wenn er am Königshofe weilt, zum Kanzler angenommen wird, dass er aber im Einvernehmen mit dem König – auch wenn er dem königlichen Hofe fernbleibt – den Leiter der Kanzlei zu bestellen habe.[Anm. 63] Materielle Nutzungsrechte an den Gefällen der Kanzlei lässt sich der Mainzer im voraus verbriefen, z.B. – erneuter Beleg dafür, dass Ludwigs des Bayern Privileg von 1314 Grundlage der Mainzer Ansprüche war – den Zehnten der Judensteuer.
In die Bemühungen Mainzer Erzbischöfe um stärkeren Einfluss auf die Reichsverfassung ordnet sich auch ein Vorgang ein, der zunächst singulär erscheint. 1471 pachtete Erzbischof Adolf von Nassau das kaiserliche Kammergericht[Anm. 64] – scheinbar nur ein Geschäft in einer Zeit, in der die Gerichtsbarkeit wie selbstverständlich zugleich als materielle Nutzung gesehen wurde. Die Pachtsumme von 10.000 fl. aber ist wegen ihrer Höhe ein politischer Preis gewesen – bezeichnenderweise sollte der Mainzer einen großen Teil der Pachtsumme dem Kaiser schuldig bleiben.[Anm. 65] Welches Gewicht die Übertragung des Kammergerichts hatte, zeigt dessen Geschichte unter Friedrich III. Der Zustand der obersten Reichsgerichtsbarkeit ist von einem inneren Widerspruch zwischen Institutionalisierung, Bürokratisierung und dem Hang des Kaisers geprägt, seine oberste Richteraufgabe persönlich wahrzunehmen. Mehrfach hat er während seiner Regierungszeit dem Hof- bzw. Kammergericht präsidiert,[Anm. 66] hatte aber auch aus eigener Machtvollkommenheit Entscheidungen seines Gerichts abgeändert, hatte sogar in schwebende Verfahren eingegriffen[Anm. 67] und damit eine kontinuierliche Arbeit des Gerichts verhindert. 1469 weiß noch nicht einmal der Kanzler, ob und wann wieder das Kammergericht gehalten werde.[Anm. 68] Die Verpachtung an den Mainzer Erzbischof bedeutete eine Verbesserung, bedeutete eine konsequentere Institutionalisierung, als sie der Kaiser gewährleisten konnte. Bezeichnend, dass dem Jahre 1471 eine Gerichtsordnung des Kammergerichts angehört.[Anm. 69] Aussage für eine verbesserte Handhabung der Judikatur ist ferner das Taxbuch des Kammergerichts für die Jahre 1471-1474,[Anm. 70] das auf geregelte Geschäftsabläufe schließen lässt.
Persönliche Wahrnehmung der Richteraufgabe bis hin zu den Eingriffen in die Gerichtsverfahren hing für Friedrich III. mit seiner Auffassung vom Herrscheramt zusammen, das er zentral als Richteramt empfand. Deswegen finden sich auch in seinem "Notizbuch" so viele Rechtssprichworte.[Anm. 71] Die Motive des Kaisers bei der Verpachtung des Kammergerichts an Adolf von Nassau sind zwar nicht zu enträtseln; aber auszuschließen ist, dass der Habsburger sein Gericht vernachlässigt hat; es war auch eine Demonstration, wenn er 1476, nach der Aufhebung der Mainzer Pacht, persönlich die erste Sitzung leitete.[Anm. 72]
Die Verpachtung des Kammergerichts kann nur auf der Grundlage eines Vertrauensverhältnisses zwischen Kaiser und Kurfürst erfolgt sein; die Interessen, die den Mainzer dabei leiteten, lagen doch offenbar in der Aufwertung seines Erzkanzleramtes (auch wenn er dem Kaiser hatte versprechen müssen, keine dauerhaften Ansprüche aus der Verpachtung abzuleiten).[Anm. 73] Ausdrücklich bezeichnet sich Adolf in dem erwähnten Taxbuch des Gerichtes als „eyn Romischer keyserlicher cantzler“,[Anm. 74] und wie seine Stellung im Reich aufgefasst wurde, bezeugt ein Nürnberger Chronist zum Jahre 1471: "do rait der pischof von maintz dem Kaiser nach, wann er was sein kantzler, zu Wienn do hielt er lang Kamergericht".[Anm. 75]### Mindestens bis in den November des Jahres 1472 muss Erzbischof Adolf die Kammergerichtsbarkeit am Kaiserhof persönlich wahrgenommen haben.[Anm. 76] Damit stellt sich aber auch die Frage, wie reichspolitische Aktivität und landesherrliche Aufgaben miteinander zu vereinbaren waren. Dieser Frage sei im zeitlichen Zusammenhang, den sachlichen Zusammenhang der weiteren Entwicklung des Erzkanzleramtes unterbrechend, nachgegangen.

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0.5.Die Formierung der Reichsverfassung und ihr retardierendes Element: Die bereits formierte Verfassung des Mainzer Domkapitels

Wenn der Erzkanzler gegenüber dem König auf Mitverantwortung drängte, so spiegelte das seitenverkehrt ein Problem wieder, mit dem sich der Erzbischof in seiner eigenen Herrschaft durch die Mitsprache des Domkapitels konfrontiert sah. Hier war er Objekt der gleichen Mitbestimmungsansprüche, die er als Subjekt gegen den Kaiser verfolgte: Korporation gegen Herrschaft. Es würde eine Verkürzung der Perspektiven bedeuten, allein aus der Problematik von Landesherrschaft und Reichsverantwortung die Stellung des Mainzer Erzkanzlers zu betrachten. Zu berücksichtigen ist, wie allgemein bei der Politik von Bischöfen, die Rolle des Domkapitels, die zwischen Kontrolle und Mitspracherecht schwanken konnte. Auch ein Mainzer Erzkanzler ist in der Reichspolitik angewiesen auf die Zustimmung seiner Domherren. Wir wählen dafür als Beispiel im chronologischen Kontext unserer Darstellung den 1471 auf dem Großen Regensburger Christentag beschlossenen Türkenzehnten. Hier war der vornehmste geistliche Reichsfürst, der Dekan des Kurfürstenkollegiums, vor eine Aufgabe gestellt, die nicht nur in der unmittelbaren politischen Situation, sondern auch langfristig von großer Tragweite war. Die Durchsetzung des Türkenzehnten war nicht allein angesichts der Türkengefahr von großer Bedeutung, sondern in ihr konnte auch ein möglicher, langfristig wirksamer Verfassungswandel des Reiches zu einem Leistungsverband beschlossen liegen. Aber dieser Verantwortung konnte der Erzbischof nicht gerecht werden, wenn es ihm nicht gelang, seine Domherren zu überzeugen.Die Mainzer Domherren sahen in dem Türkenzehnten weniger eine Reichssteuer als einen Angriff auf die grundsätzliche Steuerfreiheit des Klerus. Reichsverantwortung versus geistliche Freiheit – in diesem Gegensatz konkretisiert sich 1471/72 die Verfassungsstruktur von erzbischöflicher Herrschaft und domkapitelischer Mitbestimmung. Am 13. Januar tagen in Koblenz Vertreter der Domherren und der höheren Prälaten aus den drei Erzstiftern Mainz, Trier und Köln wegen des Türkenzehnten.[Anm. 77] Die Mainzer Domherren sehen sich keineswegs auf die Mitbestimmungsrolle innerhalb ihres Hochstifts beschränkt, sie sehen sich auch als Repräsentanten der höheren Geistlichkeit. Angesichts der personellen Verflechtungen zwischen den Domkapiteln verwundert nicht, dass gemeinsame Beratungen der Domherren aus den drei Erzstiftern Tradition hatten; die Mainzer pflegten Heimbacher Wein, die Trierer Fische und die Kölner Westfälischen Schinken zu den gemeinsamen Mahlzeiten mitzubringen. Diese Gemeinsamkeit sollte letztlich über das Schicksal des Türken-zehnten entscheiden. Zunächst, im Januar, vermelden die Mainzer Domkapitelprotokolle nichts über die Beratungen; wahrscheinlich hoffte man, die missliche Angelegenheit würde im Sande verlaufen. Im April 1472 jedoch hatte Friedrich III. durch seinen Kommissar, den Bischof von Basel, die Einbringung der Steuer anmahnen lassen. Jetzt fügten sich die Domherren, aber sie fügten sich nicht ihrem Erzbischof, sondern dem kaiserlichen Gebot und der öffentlichen Meinung. Dem versammelten Mainzer Klerus erklärt das Domkapitel, falls man die Steuer nicht zahle, zöge man sich des Kaisers Ungnade zu und würde bei "dem gemeynen folke in swere vordechtnisze kommen". Es war kaum mehr als ein Trostpflaster, wenn die Domherren erklärten, falls "der czog wendig worde", falls der Türkenzug nicht zustande käme, sollte das Geld den einzelnen Stiftern und Klerikern zurückgezahlt werden.[Anm. 78]
Nach der Stellungnahme des Mainzer Domkapitels am 6. April sprach vieles dafür, dass die Steuer erhoben werden könne. Die Antwort des Mainzer Klerus aber goß Wasser in den Wein: Man wolle sicherlich die Steuer leisten, nur hätten "dye stete und etlich ander werntliche besloszen ... daz sye den selben anschlag nit herliden mogen".[Anm. 79] Die Ablehnung des Türkenzehnten auf dem Frankfurter Städtetag am 20. März[Anm. 80] war in Mainz nicht unbekannt geblieben, zeigte Wirkung. Seine Weigerung, unter diesen Umständen Steuern zahlen zu wollen, drückte der Mainzer Klerus positiv aus: Wenn alle zahlten, "wolden wir uns von der selben nacion nit abe sundern".[Anm. 81]
Am 10. April 1472 wurde auf der Mainzer Provinzialsynode im Namen der Diözesen Straßburg, Würzburg, Speyer und Worms erklärt, dass Kriege die Lande sehr verarmt hätten. Dieses Standardargument bei allen Steuerforderungen diente aber noch nicht dazu, den Türkenzehnten rundweg abzulehnen, im Gegenteil: Indirekt wurde sogar die Bereitschaft zur Zahlung erklärt, wenn man nur zum Türkenkrieg "und nyt in ander wege" die Gelder angelegt wissen wollte. Eine direkte Zustimmung jedoch blieb aus; die Vertreter der Geistlichkeit baten um Nachricht, was auf der Kölner Versammlung, wo sich Abgeordnete des hohen Klerus der drei rheinischen Erzstifter treffen wollten, verabredet werden würde.[Anm. 82]
Nicht an der traditionellen Tagungsstätte in Koblenz, sondern – wegen der Differenz der Kölner mit ihrem Erzbischof – in der niederrheinischen Metropole versammelten sich am 14. April 46 Personen, nur 8 bzw. 4 Kanoniker und Prälaten der Stifte Mainz und Trier, aber 6 Kölner Domherren, 16 Mitglieder des Kölner Sekundarklerus und, erstaunlicherweise, auch 9 Kölner Ratsherren. Es war sicherlich für die Schroffheit der hier verabredeten Erklärung mit ausschlaggebend, dass die traditionell reichstreueren Trierer und Mainzer Prälaten als Minderheit Vertretern einer weitgehend schon königsfernen Diözese gegenüberstanden. Im wesentlichen aber dürften alle Teilnehmer – wie späterhin die Haltung des Mainzer Domkapitels zeigen wird – mit der hier formulierten Position übereingestimmt haben: Untragbar sei der Türkenzehnt. Man müsse nach ehrenhaften Wegen suchen, um seine Aufhebung zu erreichen. Nicht umsonst hatte der Kölner Ratsherr auf die Beschlüsse des Frankfurter Städtetages im März aufmerksam gemacht. Aber nicht genug mit brüsker Ablehnung: Die Versammlung beschließt eine "ligam, unionem seu confederacionem" der Geistlichkeit aller drei Erzstifte gegen die neue Steuer.[Anm. 83]
Schon allein wegen der Ausdehnung der Mainzer Erzdiözese mussten die Kölner Beschlüsse weitreichende Folgen haben. Im Juli erklärten Gesandte der Domkapitel von Straßburg, Speyer, Worms und Paderborn den Mainzer Domherren ihren Beitritt zu der in Köln verabredeten Union "contra extursionem exorbitantis decimae".[Anm. 84] Wenn aber in der Beitrittsurkunde die Unterstützung ausdrücklich sich allein auf juristischen, nicht aber auf gewaltsamen Widerstand bezog, so wird deutlich, dass die Geistlichkeit doch mit einem gewissen Bangen die Reaktion auf die brüske Weigerung erwartete.
Während die Haltung der Geistlichen verhinderte, dass der Türkenzehnt in den mittelrheinischen Erzstiftern überhaupt ausgeschrieben wurde,[Anm. 85] arbeitete der hohe Klerus daran, die Union möglichst zu verstärken, fürchtete er eingestandenermaßen doch, dass durch scharfe kaiserliche und päpstliche Mandate die Steuer erzwungen werden könne.[Anm. 86] Im Mai 1473 planen die Mainzer Domherren, die Union auf jede künftige ähnliche Auflage auszudehnen und sie zeitlich auf zehn Jahre zu erstrecken;[Anm. 87] sie suchen, um nicht allein den befürchteten Mandaten die Stirn bieten zu müssen, den Rückhalt auch des weltlichen Adels: Bei einer Versammlung der Geistlichkeit am 24. Juli in Mainz sind auch Gesandte des Landgrafen von Hessen und bedeutender mittelrheinischer Dynasten, sowie zahlreiche Ritter und Adelige anwesend – vielfach die Verwandten der Mainzer Domherren und Prälaten. Einhellig ist die Ablehnung des Türkenzehnten. Der Orator des Adels macht auch darauf aufmerksam, dass der Pfalzgraf seine Ritterschaft nach Heidelberg berufen habe, wo alle sich gegen die neue Steuer ausgesprochen und diesen Beschluss sogar dem Kaiser mitgeteilt hatten. Soweit war der Klerus nicht gegangen; er hatte, worauf der Mainzer Domdekan hinwies, nur dem Basler Bischof, dem kaiserlichen Kommissar in der Steuerfrage, die Ablehnung mitgeteilt. Und außerdem: Etliche Fürsten und Stände rüsteten zum Kriege gegen die Türken. Eine bange Frage stand im Raum: So einhellig die Ablehnung einer neuen Steuer war, einem Heerzug gegen die Feinde des christlichen Glaubens konnte sich der Adel, weder der geistliche noch der weltliche, ausdrücklich verschließen.[Anm. 88]
Der auf dem Großen Christentag zu Regensburg erträumte mächtige Heerzug gegen die Türken fand nicht statt. Weiterhin arbeitete das Mainzer Domkapitel, dem damals schon als junger, jedoch bereits einflussreicher Domherr Berthold von Henneberg angehörte, am Widerstand gegen den Türkenzehnten. Im Oktober 1473 hält man es hier für gut, dass künftig jeder neue Domherr die Union der drei Erzstifter beschwöre, und dass „militares et laici“ zum Anschluss an diese Union gebracht würden.[Anm. 89] Das Mainzer Kapitel hatte besonderen Grund zur Besorgnis, denn Erzbischof Adolf von Nassau war ein führender Mann am Kaiserhof, hatte Kanzlei und Kammergericht des Reiches gepachtet; seine enge Verbindung mit Friedrich III. ließ die Möglichkeit sichtbar werden, dass neben kaiserlichem und päpstlichem Druck auch der des Landesherrn zur Durchsetzung des Türkenzehnten nicht ausbleiben würde. Der Reichskrieg gegen Burgund jedoch ließ nicht nur die neuen Steuerbeschlüsse des Augsburger Reichstages schnell veralten, sondern nahm auch dem Widerstand gegen die Regensburger Steuer die Aktualität. Als wäre nichts geschehen, beschäftigten sich die Domkapitelsprotokolle mit dem Einzug des Kaisers in Mainz, man beschließt im Januar 1474 die Anordnung der Prozession des Klerus, falls der Kaiser in die Bischofsstadt einritte.[Anm. 90]

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0.6.Reichsverantwortung als Konkretisierung des Erzkanzleramts: Berthold von Henneberg

Der Gedanke einer Union von Stiften zur entschlossenen Verteidigung der geistlichen Freiheiten war bereits zu Zeiten der großen Konzilien entwickelt worden. 1471/72 zeigten sich aber bei genauerer Berücksichtigung der Irritationen, welche die Haltung des Mainzer Kapitels bestimmten, bereits die ersten Erosionsspuren in der Verteidigung geistlicher Freiheiten gegen weltliche Steuerverordnungen. Der Erhebung des Gemeinen Pfennigs von 1495 wird dann das Mainzer Kapitel keinen Widerstand mehr entgegensetzen. Schon zuvor hatte es die Politik seines Erzbischofs weitgehend mitgetragen. Ohne diesen Konsens mit seinem Kapitel hätte Berthold von Henneberg schwerlich eine so profilierte Reichspolitik betreiben können. Diese Reichspolitik jedoch wurzelt in den alten Mainzer Ansprüchen. Berthold von Henneberg stand in der Tradition seiner Vorgänger, wenn er bei der Wahl Maximilians 1486 erreicht, mit dem Privileg Ludwigs des Bayern von 1314 auch das Mainzer Vorrecht auf Besetzung des Kanzleramts erneuern zu lassen.[Anm. 91] Von diesem Zugeständnis konnte Berthold zunächst noch keinen Gebrauch machen, da dem eine Zusage seines Vorgängers Adolf von Nassau gegenüber Friedrich III. entgegenstand, bei Lebzeiten des Kaisers keinen Anspruch auf die Kanzlerschaft zu erheben.[Anm. 92] Nach dem Tode Friedrichs III. aber wurde das Mainzer Kanzleirecht, so wie es 1486 vereinbart war, in Kraft gesetzt.[Anm. 93] Nach 180 Jahren gewinnt das Privileg von 1314 dadurch volle Kraft, dass Berthold persönlich die Kanzleigeschäfte führt.[Anm. 94] 1494 erlässt er die erste Ordnung der römischen Kanzlei.[Anm. 95] Gegenüber dem Hof wurde eine deutliche Abgrenzung gezogen. Keiner der königlichen Hofbeamten durfte in die Reichskanzlei ohne die Einwilligung Bertholds aufgenommen werden, und wenn in der Folgezeit das Itinerar des Mainzers und der Reichskanzlei von dem Maximilians und seines Hofes vollkommen verschieden ist,[Anm. 96] so wird deutlich, dass nunmehr das Reich eine eigene Institution in Gestalt der römischen Kanzlei erhalten sollte.
Sein Kanzleramt hatte Berthold von Henneberg loyal gegenüber dem König geführt, der ihn auch häufig zu Beratungen in wichtigen politischen Fragen zuzog.[Anm. 97] Natürlich waren mit der Verwaltung der Reichskanzlei für Berthold Nutzungsrechte verbunden,[Anm. 98] wenn auch die Zehnten der Judensteuern, die 1314 als Appertinenz dieses Amtes fixiert waren, bei der weitgehenden Verpfändung dieser Einnahmen nicht erhoben werden konnten.[Anm. 99]
Mehr als ein Jahr hatte sich die neue Behördenorganisation bereits im Reich bewährt, als sich 1495 zu Worms eine Konkurrenz zwischen Königskanzlei und Reichskanzlei zeigte.[Anm. 100] Erst 1498, nach längerer Zusammenarbeit Bertholds mit Maximilian, konnten auf dem Freiburger Reichstag Kompetenzverteilung und Nutzungsrechte geklärt werden.[Anm. 101] Das Jahr 1500, das Jahr des Augsburger Reichstags, bringt dann die höchste Steigerung der Mainzer Kanzleigerechtsame. Wurden diese bis dahin als ein selbständiger Zweig der Königsverwaltung wahrgenommen, so wurden sie 1500 vollends in eine Institution des Reiches eingebracht. "Die Römische Kanzlei, welche 1495 als königliche Hofbehörde ins Leben getreten war, wurde Organ des ständischen Reichsregiments."[Anm. 102]
Mit dem Scheitern des Nürnberger Reichsregiments, mit dem Sturz Bertholds von Henneberg, hatte königlicher Machtanspruch auch der Mainzer Reichskanzlei ein Ende gesetzt. Maximilian forderte am 21. März 1502 von Berthold die Ablieferung des königlichen Siegels.[Anm. 103] In der Folgezeit wurde der Zustand, wie er vor 1494 bestanden hatte, wieder hergestellt.[Anm. 104] Maximilian formulierte 1518 nachdrücklich: "Unsere Kanzlei sollen und wollen wir bestellen und unser Kanzler mag beide, des Reiches und des österreichischen Landes Sachen unter seiner Obhut halten."[Anm. 105]

Fassen wir zusammen: Hinter dem Titel Erzkanzler des Heiligen Reiches verbergen sich tiefe verfassungsgeschichtliche Wandlungen. Das gilt nicht nur im Vergleich von spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Verhältnissen, das gehört auch zur spätmittelalterlichen Geschichte des Mainzer Erzstifts selbst. Diese Geschichte ist, wie bereits das Aufkommen der Kanzlertitulatur bezeugt, auf das Engste mit der Ausbildung des kurfürstlichen Wahlrechtes verbunden, und belegt, da die Königsnähe nahezu als Leitlinie der Mainzer Geschichte gelten kann, wie verschieden diese Nähe verstanden werden konnte, ja verstanden werden musste. Hinter der durchgängigen Führung des Erzkanzlertitels verbergen sich ganz verschiedene Orientierungen im Verhältnis zu König und Reich. Diese musste sich anders in Zeiten darstellen, da kurfürstliche Politik kurrheinische Politik war, als in den Zeiten des Binger Kurvereins, als die Kollegialstruktur des Wählergremiums Gestalt gewann. In dem Wandel von einem Hofamt zur Reichsdignität, dem die Goldene Bulle ergebnislos zu wehren versuchte, liegt auch beschlossen, dass dem Erzkanzlertitel des Mainzers seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert bis in die Zeit Karls V. hinein keine sonderliche Bedeutung von den Zeitgenossen zugemessen wurde. Die Versuche, ihn im 15. Jahrhundert mit realem Inhalt zu füllen, müssen die Erzbischöfe im Alleingang, ungeschützt von einem allgemeineren Konsens, unternehmen. Die damalige Bedeutungslosigkeit des Titels lässt sich auch an seiner frauengeschichtlichen Entsprechung, dem des Erzkanzlers der römischen Kaiserin nachweisen. Der Abt von Fulda hatte 1356, als ihm dieser Titel verliehen worden war, mit ihm zwei Jahre lang in seinen Urkunden geprunkt, aber seine Nachfolger hatten bis ins 16. Jahrhundert hinein darauf schlicht verzichtet. Erst als Berthold von Henneberg die einzelgängerischen Bemühungen seiner Vorgänger gleichermaßen leise wie nachdrücklich, sich immer wahlweise als Sprecher der Kurfürsten oder des Reichstags gerierend, verfolgte, schuf er die Grundlage dafür, dass in der zu seiner Zeit ausgeformten Reichsverfassung der Mainzer Kurfürst Repräsentant des Reichs gegenüber dem Kaiser, "der zweite Mann im Reich" werden konnte. Veränderungen sind aber nicht nur auf der Ebene kurfürstlicher Reichsverantwortung zu notieren, sondern auch auf der der domkapitelischen Mitsprache. Was noch 1471/72 als Korrektur erzbischöflicher Politik verstanden werden konnte, hatte sich zu Zeiten Bertholds von Henneberg überlebt. Von nennenswerten Widerständen des Domkapitels gegen die engagierte Politik des Erzbischofs ist nichts zu verspüren. Die Domherren waren inzwischen davon überzeugt – was dann eine Leitlinie auch der frühneuzeitlichen Geschichte bilden wird – dass die Übernahme von Reichsverantwortung zu den Pflichten eines Mainzer Erzbischofs gehöre, und dass der Erzkanzlertitel der äußere Ausdruck dieser Verpflichtung sei.

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Anmerkungen:

  1. Braunschweigische Reimchronik. Ed. Ludwig Weiland, MGH Deutsche Chroniken Bd. 2, 1877, S. 558. Vgl. Cornelius Will (Hg.): Regesten zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe , Bd. 2, 1886 (Neudruck 1966), Nr. 154. Zurück
  2. Ebd., Nr. 168. Vgl. ebd. Nrn 159 und 163. Zurück
  3. Vgl. dazu die Erwägungen von Heinz Thomas, die zumindest darin überzeugend sind, dass von einer direkten Rezeption des Sachsenspiegels (Thomas erwägt eine Interpolation der berühmten Kurfürsten-Nachricht) vor der Wahl Rudolfs von Habsburg nicht die Rede sein kann. Heinz Thomas: König Wenzel I., Reinmar von Zweter und der Ursprung des Kurfürstentums im Jahre 1239. In: Hubert Mordek (Hg.): Aus Archiven und Bibliotheken. Festschrift Raymund Kottje (FreiburgerBeitrrMalG 3), 1992, S. 347ff. Auf anderem Wege kommt auch Wolf zu dem Ergebnis: „Das Kollegium der sieben Kurfürsten muß ... nämlich noch gar nicht vor 1267 abgeschlossen gewesen sein.“ Armin Wolf: Von den Königswählern zum Kurfürstenkolleg. Bilddenkmale als unerkannte Dokumente der Verfassungsgeschichte. In: Reinhard Schneider und Harald Zimmermann (Hg.): Wahlen und Wählen im Mittelalter (VortrrForsch 37), 1990, S. 15ff., hier S. 25. Zurück
  4. Karl Zeumer: Ein Reichsweisthum über die Wirkungen der Königswahl aus dem Jahre 1252. In: NA 30 (1905), S. 405ff. Zurück
  5. Die Erkenntnis, dass die Reichsverfassung im Spätmittelalter noch nicht eine vorgegebene Größe war, sondern, sich im Mit- und Gegeneinander von Ständen, Städten und Königtum entwickelnd, erst im ausgehenden 15. Jahrhundert festere Gestalt gewann, verfolgte konsequent Peter Moraw: Von offener Verfassung zu gestalteter Verdichtung. Das Reich im späten Mittelalter 1250 bis 1490, 1985. Zurück
  6. Vgl. P. C. Hartmann in diesem Band. Zurück
  7. Hanns Bauer: Das Recht der ersten Bitte bei den deutschen Königen bis auf Karl IV (KirchenrechtlAbhh 94), 1919. Zurück
  8. Descriptio Theutoniae. In: MGH SS 17, S. 238. Zurück
  9. Oswald Redlich: Rudolf von Habsburg, 1903, S. 361 und 488. Zurück
  10. Otto Volk: Die Rechnungen der mainzischen Verwaltung in Oberlahnstein im Spätmittelalter, 1990. Zurück
  11. Ernst Schubert: Fürstliche Herrschaft und Territorium im späten Mittelalter (Enzyklopädie deutscher Geschichte 35), 1996, S. 45ff. Zurück
  12. Ernst Schubert: Albrecht Achilles, Markgraf und Kurfürst von Brandenburg (1414-1486). In: Fränkische Lebensbilder, Bd. 4, 1971, S.130ff., hier S. 164. Zurück
  13. Die immer noch beste Stoffsammlung zu dieser Thematik: Eduard Ziehen: Mittelrhein und Reich im Zeitalter der Reichsreform 1356-1504, 2 Bde., 1934/37. Zurück
  14. Vgl. den Beitrag von Verena Kessel in dieser Bibliothek. Zurück
  15. Alois Gerlich: Königtum, Rheinische Kurfürsten und Grafen in der Zeit Albrechts I. von Habsburg (Festschrift Ludwig Petry 2. GeschLdKde 5/2), 1969, S. 25ff. Zurück
  16. Dazu jetzt instruktiv: Karl Heinz Spieß: Familie und Verwandtschaft im deutschen Hochadel des Spätmittelalters. 13. bis anfangs des 16. Jahrhunderts (VSWG Beiheft 111), 1993, S. 106ff. Zurück
  17. Dazu mit der älteren Literatur: Eberhard Isenmann: Kaiser, Reich und deutsche Nation am Ausgang des 15. Jahrhunderts. In: Joachim Ehlers (Hg.): Ansätze zur Diskontinuität deutscher Nationsbildung im Mittelalter (Nationes 8), 1989, S. 145ff., hier S. 167ff. Zurück
  18. Egon Boshof: Köln, Mainz, Trier – Die Auseinandersetzung um die Spitzenstellung im deutschen Episkopat in ottonisch-salischer Zeit. In: JbKölnGV 49 (1978), bes. S. 36f. Zurück
  19. Max Buchner: Die Entstehung der Erzämter und ihre Beziehung zum Werden des Kurkollegs mit Beiträgen zur Entstehungsgeschichte des Pariskollegs in Frankreich, 1911, S. 164ff. Zurück
  20. Vgl. demnächst Ernst Schubert: Erz- und Erbämter im spätmittelalterlichen Reich. In: Peter Moraw (Hg.): Der Hof im späten Mittelalter, auch für das Folgende. Zurück
  21. So Wolf und Thomas (wie Anm. 3). Zurück
  22. Wolf (wie Anm. 3), S. 28 und 55f. Zurück
  23. MGH SS 22, S. 466. Zurück
  24. Determinatio compendiosa. Ed. Mario Krammer. (MGH Font. iur. germ. ant. 1), 1909, S. 29. Vgl. Ernst Schubert: Die Stellung der Kurfürsten in der spätmittelalterlichen Reichsverfassung. In: JbWestdtLdG 1 (1975), S. 97ff., hier S. 104.  Zurück
  25. Harry Bresslau: Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien, Bd. 1, 2/1912, S. 513 Anm. 3. Zurück
  26. Johannes Bärmann: Zur Entstehung des Mainzer Erzkanzleramts. In: ZRG GA 75 (1958), S. 1ff.; ders.: Moguntia metropolis Germaniae (Mainzer Universitätsreden 24), 1965.  Zurück
  27. MGH Const. 3, S. 455f. Nr. 468. Zurück
  28. Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289-1396, Abt. 1, bearb. von Ernst Vogt, 1913, Nr. 2214. Zurück
  29. Druck: Reinhard Lüdicke: Die Sammelprivilegien Karls IV. für die Erzbischöfe von Trier. In: NA 33 (1907), S. 362f. Zurück
  30. Edmund E. Stengel: Baldewin von Luxemburg, 1937, S. 29 und Harry Bresslau: Die ältesten Zeugnisse für das Erzkanzleramt der Erzbischöfe von Trier. Aus dem Nachlaß hg. v. H. Harthausen. In: ArchMittelrhKiG 19 (1967), S. 27ff. Zurück
  31. Die Chronik des Mathias von Neuenburg. Hg. von Adolf Hofmeister (MGH SS rer. germ. N.S. 4), 1914-1940. 2/1955, S. 42. Zurück
  32. Manfred Stimmung: Das Landgericht Mechtildshausen und das Erzstift Mainz. In: Nassauische Heimatblätter 21 (1924), S. 3ff. Zurück
  33. Mathias von Neuenburg (wie Anm. 31), S. 42. Zurück
  34. Auf anderem Wege kommt auch Wolf (wie Anm. 3), S. 33 zu dem Schluss, dass mit dem Jahr 1298 ein Markstein in der Entwicklung des Kurfürstengremiums zu setzen sei. Zurück
  35. MGH Const. 3, S. 470 Nr. 483 (1292).  Zurück
  36. Zu den Versuchen des Mainzers, seinem Erzkanzleramt reale Geltung zu verschaffen, vgl. Schubert (wie Anm. 24), 103f. mit Anm. 31. Unter Heinrich VII. finden sich – allerdings selten – Rekognitionen des königlichen Kanzlers: "vice ... sacri imperii per Germaniam archicancellarii". Vogt zu: Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289-1396, Abt. 1 (1289-1353) bearb. v. Ernst Vogt, 1913 (Neudruck 1970), hier Bd. 1, Nr. 1296. - Nicht nur für Mainzer, sondern auch für die Trierer Bemühungen gilt das nüchterne Urteil von Gerhard Seeliger: Erzkanzler und Reichskanzleien. Ein Beitrag zur Geschichte des Deutschen Reiches, Innsbruck 1889, S. 59: „Keiner der Erzbeamten vermochte seinen formell bestehenden Rechten wirklich Bedeutung zu verleihen.“ Zurück
  37. Vgl. dazu in Beziehung zu den Hofämtern und den Erz- und Erbämtern demnächst Schubert (wie Anm. 20). Zurück
  38. Vgl. die Zusammenstellung der Zeugnisse bei Gerhard Pfeiffer (Hg.): Nürnberger Urkundenbuch, Bd. 1: 907-1300, 1959, S. 577ff. (zu Nr. 964). Zurück
  39. Harry Bresslau: Die Chronik Heinrich Taubes von Selbach mit den von ihm verfassten Biographien Eichstätter Bischöfe (MGH Ss rer. germ. N.S. 1), 1922, S. 5. Dieses Notat ist um so aufschlussreicher, als Heinrich Taube es aus einem ansonsten von der Cont. Herm. Altah. abhängigen Bericht zufügt. Zurück
  40. Nachdem Albrecht I. 1298 das Privileg des Nassauers von 1292 (vgl. Anm. 35) bestätigt und erweitert hatte (MGH Const. 4/1, S. 13 Nr. 15), erscheint der Mainzer Domherr Eberhard vom Stein als königlicher Kanzler. Michael Hollmann: Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter (1306-1476) (QuAbhhMittelrheinKiG 64), 1990, S. 102. Zurück
  41. MGH Const. 5, S. 141 Nr. 145. Zurück
  42. MGH Const. 4/1, S. 221 Nr. 257 § 14: "archiepiscopum Coloniensem non artabimus nec cogemus in expedicione regia usquam ire vel homines mittere. Sed cum voluntarie ire decreverit vel homines miserit, hoc erit sub nostris periculis et exensis." Zurück
  43. MGH Const. 5, S. 24 Nr. 25 § 3: Friedrich wolle den Kölner nicht zur Teilnahme an Romzügen oder Reichskriegen zwingen. Der Erzbischof brauche bei solchen Kriegen („expedicionibus imperium tangentibus“) allenfalls mit 20 Gewappneten zu dienen, "dum absque gravitate facere posset". Zurück
  44. Lüdicke (wie Anm. 29), S. 359. Zurück
  45. Das versteht sich für 1308 von selbst und ist für 1314 deshalb wahrscheinlich, weil – wie aus Übereinstimmungen der Wahlabreden deutlich wird – jede Partei in dieser Doppelwahl von der anderen wusste, welche Zusagen sie von ihrem Kandidaten verlangte. Nachweis der Abhängigkeit dieser Wahlabsprachen bei Schubert: Königswahl und Königtum im spätmittelalterlichen Reich. In: ZHistForsch 4 (1977), S. 257ff., hier S. 337f. Zurück
  46. Die Regesten des Kaiserreiches unter Kaiser Karl IV. Aus dem Nachlasse J.F. Böhmers, hg. v. Alfons Huber (Reg. Imp. VIII.), 1887, Nr. 6738. Zurück
  47. Dazu demnächst Schubert (wie Anm. 20). Zurück
  48. Schubert (wie Anm. 24), S. 119ff. Zurück
  49. Bernhard Kirchgässner: Die Auswirkungen des Rheinischen Münzvereins im Gegenspiel von Reich und Territorium Südwestdeutschlands und der angrenzenden Eidgenossenschaft. In: Hans Patze (Hg.): Der deutsche Territorialstaat im 14. Jahrhundert, Bd. 1, 1970, S. 225ff. Zurück
  50. DRTA 8, S. 357f. Nr. 302. Zurück
  51. DRTA 9, S. 28 Nr. 23. Zurück
  52. Ebd., S. 28ff., Nrn. 23ff. Zurück
  53. Grundlegend: Christiane Mathies: Kurfürstenbund und Königtum in der Zeit der Hussitenkriege (QuAbhhMittelrheinKiG 32), 1978. Zurück
  54. Wilhelm Baum: Kaiser Sigismund, 1993, S. 171. Zurück
  55. Schubert (wie Anm. 24), S. 100. Zurück
  56. Ebd., S. 101 mit Anm. 23. Zurück
  57. Ignaz Miller: Jakob von Sierck 1398/99-1456 (QuAbhhMittelrheinKiG 45), 1983, S. 127, 131ff. Zurück
  58. Druck: Ebd., S. 189ff. Zurück
  59. Vgl. dazu oben zu Anm. 41. Zurück
  60. Seeliger (wie Anm. 36), S. 64 mit Korrektur S. 228. Zurück
  61. Ebd., S. 65 mit Ergänzung S. 228. Zurück
  62. Ebd., S. 66. Zurück
  63. Constantin Höfler: Das kaiserliche Buch des Markgrafen Albrecht Achilles. Vorkurfürstliche Periode 1440-1476, 1850, S. 62f. (1460 Dezember 3). Zurück
  64. Joseph Chmel: Monumenta Habsburgica, 3 Bde., Wien 1854-1858, S. XXXff. Zurück
  65. Auf die noch ausstehenden Pachtgelder verzichtet Friedrich III. erst 1486. Ziehen (wie Anm. 13) Bd. 1, S. 217. Zurück
  66. Vgl. Hermann Diemar: Köln und das Reich, I: 1356-1451, II: 1452-1474. In: MittStadtarchKöln 24 (1893) und 25 (1894), S. 188 (1448) und S. 222 (1453); Most, Schiedsgericht, S. 120f. mit Anm. 14 (1468); Ziehen 1, S. 295 (1490). Zurück
  67. Otto Franklin: Das königliche Kammergericht vor dem Jahre 1495, 1871, S. 14. Zurück
  68. Diemar, (wie Anm. 58), S. 313. Zurück
  69. Franklin, (wie Anm. 59), S. 1. Zurück
  70. Druck: Chmel, (wie Anm. 64), Bd. 1, S. XXXIIff. Zurück
  71. Alphons Lhotsky: AEIOV. Die "Devise" Kaiser Friedrichs III. und sein Notizbuch. In: Ders.: Aufsätze und Vorträge, Bd. 2, 1971, S. 164ff., hier S. 215f. Zurück
  72. Johann Lechner: Reichsgericht und königliches Kammergericht im 15. Jahrhundert. In: MIÖG Erg. Bd. 7 (1907), S. 44ff., hier S. 111. Zurück
  73. Gerhard Seeliger: Kanzleistudien I. Die kurmainzische Verwaltung der Reichskanzlei in den Jahren 1471-1475. In. MIÖG 8 (1887), S. 1ff., hier S. 11. Zurück
  74. Chmel (wie Anm. 64), Bd. 1, S. XXX. Zurück
  75. Die Chroniken der deutschen Städte. Nürnberg, Bd. 5, S. 467. Zurück
  76. Das belegt die Narratio einer Urkunde von 1474. (Johann Reinhard Wegelin): Zweiter Theil des historischen Berichts von der kayserlichen und Reichs Landvogtey in Schwaben ... enthaltend Urkunden und Beylagen, o.O. 1755, S. 13 Nr. 17. Zurück
  77. Fritz Herrmann - Hans Knies (Bearb.): Die Protokolle des Mainzer Domkapitels, Bd. 1: Die Protokolle aus der Zeit 1450-1484, 1976, S. 336. Zurück
  78. Ebd., S. 350f. Zurück
  79. Ebd., S. 351. Zurück
  80. Johannes Janssen: Frankfurts Reichscorrespondenz, 2 Bde, 1863-1872, Bd. 2, S. 282f. Nr. 445. Zurück
  81. Hermann - Knies (wie Anm. 77), S. 351. Zurück
  82. Ebd., S. 352. Zurück
  83. Ebd., S. 352f. Zurück
  84. Ebd., S. 358. Zurück
  85. Ebd., S. 391: Als die Rheingauer erklärten, sie könnten wegen ihrer Armut den Türkenzehnt nicht erlegen – offenbar hatten sie gerüchtweise von dieser Steuer gehört –, reagiert das Mainzer Domkapitel am 14. Juni 1473 erstaunt: Die Angelegenheit sei den Rheingauern doch gar nicht vorgetragen worden. Zurück
  86. Ebd., S. 393f. (1473 Juli 24). Zurück
  87. Ebd., S. 389. Zurück
  88. Ebd., S. 393ff. Zurück
  89. Ebd., S. 399. Zurück
  90. Ebd., S. 410f. Zurück
  91. Alfred Schröcker: unio atque concordia. Reichspolitik Bertholds von Henneberg 1484-1504, Diss. Würzburg 1970, S. 128f. Zurück
  92. Ebd., S. 134f. Zurück
  93. Ebd., S. 129; das Einsetzungsrecht der Kanzleibeamten hat Berthold zunächst noch nicht gehandhabt, sondern, wie die von Schröcker, S. 131, festgestellte Kontinuität der Konzeptschriften zeigt, das Personal aus der königlichen Kanzlei übernommen. Zurück
  94. Seeliger (wie Anm. 36), S. 71. Zurück
  95. Druck: Gerhard Seeliger: Die älteste Ordnung der deutschen Reichskanzlei. In: ArchivalZ 13 (1888), S. 1ff. Zurück
  96. Seeliger (wie Anm. 36), S. 76. Zurück
  97. Schröcker (wie Anm. 91), S. 135. Zurück
  98. Ebd., S. 134; Seeliger (wie Anm. 36), S. 72 Anm. 2. Zurück
  99. Offenbar im Hinblick auf die Nutzung der Kanzleitaxen fordert 1504 Maximilian vom Kölner Erzkanzler die Übertragung des Kanzleiamtes in Italien an Cyprian von Serntain. Wien, HHStA Maximiliana 8a 1504 Februar 8. Zurück
  100. Seeliger (wie Anm. 36), S. 78f. Zurück
  101. Ebd., S. 80ff., 135. Vgl. Andreas Walther: Die Kanzleiordnungen Maximilians I., Karls IV. und Ferdinands I. In: AUF 2 (1909), S. 360ff. Zurück
  102. Seeliger (wie Anm. 36), S. 84. Zurück
  103. Viktor von Kraus: Das Nürnberger Reichsregiment 1500-1502, Innsbruck 1883, S. 244. Zurück
  104. Walther, (wie Anm. 101),S. 335ff., hier S. 362f. Zurück
  105. Seeliger (wie Anm. 36), S. 87. Zurück