Städtebauliche Entwicklung Boppards
Das Rechteck des Römerkastells zeichnet sich im Stadtgrundriß durch die erhaltenen Teile der Kastellmauer und durch die sich rechtwinklig kreuzenden Straßenzüge ab. Es wird durch die beiden Hauptstraßen (heutige Kirchstraße, die Kronengasse und Oberstraße) in vier gleich große Teile geteilt. Die Heerstraße von Bingen nach Koblenz verlief außerhalb des Kastells an dessen Südseite im Zuge der heutigen Angertstraße. Reste des Kastellbades haben sich unter der Severuskirche erhalten.
Erste Stadterweitrung im 9./10.Jahrhundert gegen den Rhein hin durch Bebauung des Uferstreifens vor der Nordmauer des Kastells, Ansiedlung von Fernhändlern (Friesen, Juden) und Schiffern, Judengasse (alter Name der Eltzerhofstraße). Einbeziehung dieses Friesenviertels in die Stadtbefestigung nach Abbruch der römischen Nordmauer spätestens im 12. Jahrhundert. Zweite Stadterweiterung nach Osten (Oberstadt) und Westen (Niederstadt), durch die Boppard auf das Dreifache seines bisherigen Umfangs anwuchs, wahrscheinlich nach Übergab der Stadt an Erzbischof Balduin im 2.Viertel des 14. Jahrhunderts. Durch Verschiebung der Südmauer der Oberstadt wurde die bisher die Stadt umgehende Heerstraße als Bingerstraße durch die Oberstadt hindurch und bogenförmig zur Oberstraße hingeführt; ihre Fortsetzung, durch die Westmauer der Oberstadt abgeschnitten, sank zum Feldweg ab (Angertstraße = Weg über den Anger). Die Mainzer Straße als geradlinige Fortsetzung der Oberstraße nach Osten entstand erst zur Franzosenzeit am Beginn des 19. Jahrhundert.
Zentrum der Stadt war bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts der Stiftsbezirk von St. Severus. Er reichte von der Rheinfront des Römerkastells bis zur Obergasse, die Wirtschaftsgebäude sogar bis zum Südtrakt der Stadtmauer. Vor der Südseite des Langhauses von St. Severus lag der Friedhof, südlich und östlich des Chores der Markt. Friedhof und Markt waren durch das Rathaus voneinander getrennt. Erst als dieses 1884 abbrannte, entstand der Marktplatz in seiner heutigen Größe. Mit dem Rathaus brannten die Fachwerkhäuser auf der Süd- und Ostseite des Marktes ab; sie sind in den kürzlich wiederaufgefundenen Aquarellen von Nicolaus Schlad dokumentiert.
Im späten 19. Jahrhundert bekam Boppard einen kurstadtähnlichen Charakter. Hotels und Villen prägten seine Rheinfront und die Ausfallstraßen, insbesondere die Mainzer Straße, die ihre grunderzeitliche Bebauung bis heute fast lückenlos erhalten hat. Der Zweite Weltkrieg brachte nur geringe Schäden.(Quelle: Dehio)