Liebfrauenkirche
Römischer Saalbau und karolingische Kirche
Die Liebfrauenkirche ist eine von drei romanischen Kirchen, die das Erscheinungsbild der Koblenzer Altstadt prägen. Die anderen beiden romanische Kirchen sind die ehemalige Stiftskirche St. Kastor am Deutschen Eck und die ehemalige Stiftskirche St. Florin in der Altstadt.
Liebfrauen war von Anfang an (neben St. Kastor) Pfarrkirche von Koblenz. Die Anfänge des Gotteshauses reichen ins 5./6. Jahrhundert zurück. In den Mauern eines römischen Saalgebäudes richteten die damals nach Koblenz gekommenen Franken ein christliches Gotteshaus mit quadratischem Chor ein. Unter Verwendung der alten Fundamente erfuhr diese Kirche mehrere Um- und Ausbauten. In nachkarolingischer Zeit entstand zu unbestimmter Zeit eine dreischiffige Kirche, die fast die Maße des späteren spätromanischen Baus besaß, aber mit sehr viel stärkeren Mauern.
Der spätromanische Kirchenbau
Wohl um 1180 begann unter Pfarrer Saulinus der Bau der spätromanischen Liebfrauenkirche. Erstmals genannt wird Liebfrauen im Jahr 1182. Der Kirchenbau war, Baunachrichten sind allerdings nicht überliefert, um 1205 vollendet. Erkennbar ist ein Planwechsel, zumindest nach dem Bau des Langhauses (bis einschließlich der Emporen) mit der Errichtung des Chors. Damals war wohl erst der Westbau geplant, erst dann wurde das Langhaus auf seine jetzige Höhe gebracht und eingewölbt.
In der Gotik erfuhr die Liebfrauenkirche größere Veränderungen. Von 1404 bis 1430 wurde an der Stelle der romanischen Apsis der weite und hohe spätgotische Langchor erbaut. Um 1470 wurde das Mittelschiff neu eingewölbt, 1486 bis 1487 erhielt das Schiff sein reiches Sterngewölbe. Ende des 15. Jahrhunderts wurde der bis dahin von rundbogigen Fenstern geprägte Mittelbau zwischen den Türmen erhöht, damit das große Maßwerkfenster eingebaut werden konnte.
Nachdem bei der Bombardierung von Koblenz 1688 durch die Truppen des französischen Königs Ludwig XIV. im Pfälzischen Erbfolgekrieg die gotischen Turmhelme abgebrannt waren, erhielt die Kirche bei der Beseitigung der Schäden 1693/1694 ihre charakteristischen welschen Hauben. Der kurtrierische Hofbaumeister Sebastiani passte zusätzlich ein weiteres Geschoss in die Türme ein. 1702 setzte man die Statue der Muttergottes nach Verkürzung des Maßwerkfensters in die Fassade. Sie stellt Maria, die Patronin der Kirche und der Stadt Koblenz, als Himmelskönigin dar. Die Umschrift des 1765 eingebauten neuen Hauptportals empfiehlt die Stadt Koblenz der Fürsprache Mariens bei Gott.
Sakristei
1776 erfolgte an der Ostseite des Chors durch Nikolaus Lauxem (Koblenz) der Anbau der Sakristei. Es entstand ein fast quadratischer Bau mit Oculifenstern. Die abgerundeten Ecken sind durch Pilaster hervorgehoben.
Restauration und Renovierung der Kirchengebäude
1808 wurde das Dach der renovierungsbedürftigen Kirche erneuert. Allerdings waren die Dächer von Schiff und Chor nun gleich hoch und zudem der Dachreiter des Chors verschwunden. In den Jahren 1851/1852 restaurierte der Kölner Domwerkmeister Vincenz Statz die Kirche im Stil der Neoromanik. Statz ergänzte die Pfeilersockel, versetzte die Chortreppe, wechselte die barocke Balusterbrüstung des Vorchores und der Emporen durch neuromanische aus, schuf die östlichen Vorchorarkaden sowie die westlichen zu den Seitenschiffen sowie die Durchbrüche von diesen zu den Nebenschiffen.
Beim Brandbombenangriff auf Koblenz am 6. November 1944 brannten Turmhelme und Dächer der Kirche ab. Die Gewölbe und Mauern blieben allerdings intakt. Um den Regen abzuhalten, erhielt die Liebfrauenkirche kurz nach Kriegsende Notdächer. Im Kirchenschiff wurde für einige Jahre eine Notkirche eingerichtet, die von den Pfarrkindern liebevoll "Klein St. Marien" genannt wurde. 1955 wurden die welschen Hauben und die Dächer - nun wieder mit der Erhöhung des Chordaches und dem Dachreiter - errichtet.
Bei der Außenrenovierung in den 1970er Jahren erhielten Chor und Schiff wieder eine Farbfassung nach mittelalterlichem Vorbild, wozu man sich bei den Türmen nicht durchringen konnte. Das Innere, in dem man in den 1950er Jahren den romanischen Teil romanisch und den gotischen gotisch gefasst hatte, erhielt im Jahre 2000 eine einheitliche Farbfassung nach Farbbefunden des 15. Jahrhunderts. Ende 2005 begann die Restaurierung des Chorraums. Das Innere ist geprägt von den neuen Chorfenstern von 1992, die Hans Gottfried von Stockhausen schuf. Die gut in den Raum eingepassten Fenster thematisieren die „Frauen in der Heilsgeschichte“.
Ausstattung
- Im südlichen Seitenschiff marmorner Altaraufsatz mit Gemälde des hl. Nikolaus von Silvester Baumann, 1680, daneben, ebenfalls aus Marmor, in einer Nische die Büste des Stifters und kaiserlichen gesandten Johann Cramrich von Cronefeld aus Koblenz (gest. 1693) von dem niederländischen, in Den Haag lebenden Bildhauer Jan Blommedael.
- Im nördlichen Seitenchor: Kruzifix, Mitte 14. Jahrhundert; Relief der Anbetung der Hirten (nach Rubens), Mitte 17. Jahrhundert; Glasfenster mit Kreuzigung, um 1460/1470, restauriert.
- Im südlichen Seitenchor Muttergottes, um Mitte des 18. Jahrhunderts; hl. Joseph, um 1760.
- In der Vorhalle drei Grabsteine der Koblenzer Familie von dem Burgtorn mit ganzfigurigen Darstellungen des Reinhard von Burgtorn (gest. 1517), seiner Frau Guta, geb. Blanckerts (gest. 1533, das Grabmal bezeichnet 1554 F.P.I.) und seines Sohnes Otto Joachim (gest. 1546).
- Im südlichen Nebenchor Epitaph Langnas (gest. 1711).
- Zahlreiche heraldische Inschrift- und Grabsteine des 16.-18. Jahrhunderts sind in der Kirche verteilt.
- Altargeräte und Paramente des 16.-18. Jahrhunderts.
Pfarrhof der Liebfrauenkirche
Unmittelbar südlich der Florinskirche befindet sich der alte Pfarrhof der Liebfrauenkirche, ursprünglich jener fränkischer Königshof, in dem König Childebert von Austrien 586 Hof hielt. Im Jahr 1018 schenkte Kaiser Heinrich II. diesen Königshof dem Trierer Erzbischof Poppo. Seit dieser Zeit wurde das Gebäude als erzbischöfliche Wohnung und Kellereiverwaltung bzw. Sitz des Hofgerichtes benutzt. 1680-1682 und nach der Zerstörung bei der Stadtbeschießung 1688 1702/02 durch Johann Christoph Sebastiani zur heutigen Erscheinung umgebaut und erneuert. 1783 Priesterseminar, seit Anfang des 19. Jahrhunderts Pfarrhof. Das Gebäude brannte gegen Ende des 2. Weltkriegs 1944 aus. Die Zerstörungen wurden bald danach beseitigt.
Schlichter dreiflügeliger Bau von zwei Stockwerken mit gepaarten Fenstern und hohem, gaubenbesetztem Walmdach, die Flügelbauten im Erdgeschoss durch Arkaden geöffnet. An der Seite zur Florinskriche zweigeschossiger Erker von 1709, Joh. Honorius Ravensteyn zugeschrieben (nach 1945 wiedererrichtet). an den Ostecken Rundtürme; der nördliche bis zum Dachboden und der Unterbau des südlichen mit dem Mauerstück dazwischen von der spätrömischen Stadtbefestigung; der alte Königshof- und spätere Bischofshof wird daher ein Rechteckbau zwischen den ehemaligen Stadttürmen gewesen sein. Der südliche Turm im aufgehenenden Mauerwerk oval, Ende 15. Jahrhundert; die Haubenreiter von Hans Jörg Judas, 1944 zerstört.
Der Hof abgeschlossen durch einen säulenflankierten Torbogen, von 1745, das ehem. Hoftor des 1944 zerstörten Bassenheimer Hofes.
Quelle: Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz Saarland. Bearb. von Hans Caspary u.a. Darmstadt 1985; wikipedia.org; schaengel.de; Bilder: Stefan Grathoff; redakt. Bearb. S.G.