Zur Geschichte von Oberdiebach
Oberdiebach gehörte mit Bacharach, Rheindiebach und Manubach zur „Viertälergemeinde“. Die Ortschaft ging vom St. Andreasstift in Köln an die Pfalzgrafen über. Die ältesten Spuren menschlichen Lebens und Wirkens stammen in Oberdiebach aus der Römerzeit. Dies wird durch historische Funde aus dieser Epoche belegt. Die gefundenen Alltagsgegenstände stammen vermutlich von Gutshöfen (villae rusticae) römischer Kolonisten. Im Jahr 893 taucht erstmals in einer Urkunde der Name Dubach = Diebach auf.
Weitere Ortsbenennungen:
893 de Dubahc; 1072 Tietbac; 1079-89 in vinea Diebach; 1091 in uilla Dietbach; 1110 in uilla quae dicitur Diepach; 1190 Diepach; 1254 Diepach; 1255 in Dichbach; 1269 Dieppach/Dietbach; 1303 apud villam Deytbach; 1329 Diepach; 1333 Deitpach; 1335/83 Dyppach; ca. 1400 Diepach; Anfang des 16. Jahrhunderts in Diepach. Etymologisch wird der Ortsname von althochdeutsch diet "Volk" + -bach, oder als "Bach des Theudo" gedeutet.
Diebach wurde zusammen mit Bacharach wahrscheinlich Anfang des 7. Jahrhunderts vom Reich dem Kölner Erzbischof übergeben. Der Kölner war ursprünglich alleiniger Grundherr, wurde dann aber von den Kirchenvögten, den Pfalzgrafen bei Rhein, aus dieser Stellung gedrängt. Mehrfach werden Güter überschrieben, mehrmals (1262, 1273) werden aber auch Streitigkeiten zwischen den Erzbischöfen und den Pfalzgrafen bekannt. Am Mittelrhein hatte eine bemerkenswerte Entwicklung von Dörfern und kleinen Orten hin zu stadtähnlichen Siedlungen eingesetzt. Bacharach, Oberdiebach, Manubach und Steeg wurde der kommunale Status einer "Freiung"oder eines "Tales" erteilt. Daraus ergab sich der bis heute übliche Begriff der "Viertäler", der also nicht geographisch zu verstehen ist. Auf diesem Hintergrund konnte sich das "stedtlin" Oberdiebach z.B. eine Wehrmauer bauen. Im Jahre 1219 wurde auf Veranlassung des Kölner Erzbischofes Engelbert bei Rheindiebach die Burg Fürstenburg errichtet, die den Verkehr im Rheintal überwachen und die kurkölnischen Interessen im Viertälergebiet schützen sollte. 1243 wurde diese Burg dem Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach zum Lehen gegeben, wodurch dieser die pfalzgräfliche Macht in diesem Gebiet festigen konnte.
Die politische und wirtschaftliche Bedeutung Oberdiebachs im Mittelalter gipfelte darin, dass seine Vertreter im Rheinischen Städtebund 1254 mit den Abordnungen von Basel, Frankfurt, Köln, Bacharach usw.gleichberechtigt verhandelten. Ein weiterer geschichtlicher Höhepunkt war ein Friedensschluss, der für die Geschichte des Rheinlandes von großer Bedeutung war: Pfalzgraf Ludwig II. und der Mainzer Erzbischof Wernher von Eppstein schlossen hier im Jahre 1264 einen Landfrieden, der vor allem die ständig schwelenden Zollstreitigkeiten schlichten sollte. Im Jahr 1356 wurde eine Ratsverfassung im Viertälergebiet neu eingeführt. Zu dieser Maßnahme sah sich die pfalzgräfliche Herrschaft gezwungen, da sie ein Bollwerk gegen die angrenzenden Erzbistümer Köln, Trier und Mainz benötigte. In dieser Zeit und in der Verfassung kam Oberdiebach eine größere Bedeutung zu, als Bacharach, da es vier Vertreter im Viertäleramt stellte (zum Vergleich: Bacharach und Steeg stellten je drei und Manubach stellte zwei Vertreter). Mitte des 14. Jahrhunderts war der Ort mit einer Ortsbefestigung aus steinernen Wällen und Türmen umgeben. Von den fünf Türmen und vier Toren sind heute noch ein Turmstumpf und Reste der Ringmauer zu finden. Die Tore führten im Osten nach Rheindiebach, im Westen nach Manubach, im Norden zu den Viehweiden der Bauern und im Süden zu dem Lauf des Diebach. Die Pfarrkirche St. Mauritius war in diese Ortsbefestigung mit eingebaut und diente bei Angriffren wohl als Wehrkirche. Im ausgehenden Mittelalter ging der größte Teil der in kirchlicher Zuständigkeit befindlichen Weinberge und viele der Oberdiebacher Hofgüter in adeligen und dann in bürgerlichen Besitz über. Die Zeit der Reformation im 16. und 17. Jahrhundert brachte für den Ort grundlegende Veränderungen auf dem religiösen Gebiet. Durch die neue Kirchenordnung war die Bevölkerung nun einer neuen Moral und einer strengen Kontrolle unterworfen. Dies hatte Folgen für das kulturelle Leben und die Sitten und Bräuche.
1314 wird Oberdiebach im Zusammenhang mit der Königswahl von Ludwig dem Bayern für kurze Zeit an Erzbischof Peter von Mainz, 1316/22 an den Trierer Erzbischof verpfändet. Bei Teilung der bayerischen und pfälzischen Gebiete im Hausvertrag von Pavia kam Oberdiebach 1329 an die Pfalzgrafschaft. Im Teilungsvertrag von 1338 wurde Ruprecht d.J. Ortsherr, bei der zweiten pfälzischen Landesteilung 1353 kam Oberdiebach zur Hälfte an Ruprecht d.J. und Ruprecht d.Ä. Bei der Landesteilung von 1410 fiel Oberdiebach an Pfalzgraf Ludwig III. und blieb bis zum Ende des alten Reiches bei der Kurlinie.
Das 17. Jahrhundert begann mit schweren Pestjahren (1607, 1612, 1613) und dem Dreißigjährigen Krieg, indem Oberdiebach von den Franzosen und den Spaniern besetzt war. Nach dem Abzug der feindlichen Truppen und einer neuen Pestwelle (1666) folgte im Jahre 1689 der Pfälzische Erbfolgekrieg mit neuen Besetzungen und Zerstörungen, denen auch die Burg Fürstenberg zum Opfer fiel. Das Gebiet am Mittelrhein war verwüstet. Weitere einschneidende Änderungen brachte die Verlagerung der Verkehrs- und Handelsströme über Frankreich in die Neue Welt. Der Mittelrhein verlor an Bedeutung. Nach der französischen Epoche gehörte Oberdiebach ab 1816 zur Preußischen Rheinprovinz. Der Ort wurde nun der Bürgermeisterei Bacharach, die zu dem (neu geschaffenen) Landkreis St. Goar gehörte, zugeteilt. Mit dem Ersten Weltkrieg fand die Herrschaft der Preußen am Mittelrhein ein Ende. Nach den Verlusten und den Zerstörungen durch die beiden Weltkriege, kam es in den fünfziger Jahren zu einem Wiederaufbau der kommunalen Selbstverwaltung und zu einer gravierenden Veränderung der wirtschaftlichen Strucktur. Heute gehören auch die Orte Rheindiebach und Winzberg zur Gemeinde.
Quelle: Text nach Ursula Saueressig (Homepage der Gemeinde), Bahn; Rettinger, Historisches Ortslexikon (s. rechte Spalte); Bild: Georg Dahlhoff; redakt. Bearb. S.G., D.B., D.S.