Zur Geschichte von Rheinbrohl
Die Bad Hönninger Ortsgemeinde Rheinbrohl liegt unterhalb der Rheinbrohler Ley gegenüber von Brohl-Lützing am rechten Ufer des Rheins. Der Name des Ortes geht auf das keltische Wort brule oder broile für "Sumpf" zurück. Die Römer nannten die Siedlung Broele trans rhenum und bauten hier ein Steinkastell, das den Ausgangspunkt des obergermanisch-raetischen Limes bildete. Nach dem Rückzug der römischen Truppen wurde Rheinbrohl fränkisches Königsgut, das in den Besitz Pippins des Älteren (*580; +640) gelangte. Seine Tochter, die Heilige Gertrud (*626; + 659), war Äbtissin des Klosters Nivelles in Brabant. Ein Teil des Familienbesitzes ging als ihr Erbteil auf dieses Kloster über und bildete den Kernbereich des Rheinbrohler Gertrudenhofs, der bald um eine kleine Kapelle erweitert wurde. Die Äbtissinnen des Klosters Nivelles waren seit dem 7. Jahrhundert Landesherrinnen in Rheinbrohl. Pippin der Mittlere (*680/687; +714), der Neffe Gertruds, setzte den Heiligen Suitbert (*637; +713) als Abt in Kaiserswerth ein und schenkte dem Benediktinerkloster einen weiteren Teil des Rheinbrohler Besitzes. Dieser sogenannte Kaiserswerther Hof wurde noch zu Suitberts Lebzeiten um eine eigene, im Lauf der Jahrhunderte mehrmals zerstörte und wieder aufgebaute Pfarrkirche erweitert. Die erste schriftlich überlieferte Erwähnung Rheinbrohls findet sich in einer Urkunde Karls des Kahlen (*823; +877) aus dem Jahr 877.
Als geistlicher Besitz war Rheinbrohl im Mittelalter immer wieder den Übergriffen der im Umkreis wohnenden weltlichen Herren ausgesetzt. Die Situation spitzte sich während der kaiserlosen Zeit so sehr zu, dass die Einwohner des Fleckens die Grafen von Sayn um Beistand bitten mussten, woraufhin diese ihre Machtposition ausnutzten und im Jahr 1260 die Landesherrschaft an sich rissen. Die Nivellen durften allerdings den Gertrudenhof behalten, und auch die Kaiserswerther Besitzungen tasteten die Grafen nicht an. Im Jahr 1347 gab der spätere Kaiser Karl IV. (*1316; +1378) Graf Henne von Sayn die Erlaubnis, Rheinbrohl zu befestigen. Henne verkaufte den Rheinbrohlern außerdem den Wald der Gemarkung.
Die Grafen von Sayn waren bis zur Reformation Lehnsleute der Kurfürsten von Trier gewesen. Graf Adolf (1538-1568) war der erste Sayner, der im Jahr 1560 zum lutherischen Bekenntnis übertrat. Schon vierzig Jahre später wechselte die Familie allerdings ins Lager der Reformierten, eine Wendung, die für die Rheinbrohler folgenlos blieb, da die Gemeinde zuerst an das Stift Paderborn verpfändet und später an die Kurfürsten von Trier verkauft wurde. Auf diese Weise wurde Rheinbrohl im Jahr 1613 trierischer Kameralort und kehrte zum katholischen Bekenntnis zurück. Protestantische Einwohner mussten den Ort verlassen. Rheinbrohl wurde von den Zerstörungen, Plünderungen und ständig wechselnden Einquartierungen, die den Alltag im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) bestimmten, nicht verschont. Auch nach Kriegsende kam der Landstrich nicht zur Ruhe. In den Jahren 1665/1666 wurde die Gemeinde von einer verheerenden Pestepidemie heimgesucht. Es folgten die Wirren des Spanischen (1701-1714) und Österreichischen Erbfolgekrieges (1740-1748) sowie des Siebenjährigen Krieges (1756-1763).
Die Auswirkungen der Französischen Revolution bilden den nächsten großen Einschnitt in der Geschichte des Ortes, denn der Einmarsch der französischen Truppen am linken Rheinufer bedeutete das Ende des Kurstaates Trier. Wie alle rechtsrheinischen Besitzungen Triers fiel Rheinbrohl im Jahr 1803 an die Grafen von Nassau-Weilburg. Seit 1815 gehörte es dann zu Preußen, das für stabile politische Verhältnisse und wirtschaftlichen Aufschwung sorgte. Auch die Juden genossen unter der neuen Verwaltung erheblich mehr Freiheiten als früher und konnten im Jahr 1820 eine eigene Synagoge bauen. Rheinbrohl wuchs im 19. Jahrhundert über seine bisherigen Grenzen hinaus. Straßen wurden ausgebaut, die alte Stadtbefestigung nach und nach niedergelegt, der Anschluss an das neu entstehende Eisenbahnnetz vorangetrieben. Infolge des starken Bevölkerungszuwachses wurde der Bau einer neuen katholischen Pfarrkirche in Angriff genommen. Die neugotische Kirche St. Suitbert konnte im Jahr 1856 geweiht werden. Sie steht an der Stelle ihres romanischen Vorgängerbaus und hat Teile der Innenausstattung von ihm übernommen. Auch die durch Zuzug immer größer werdende evangelische Gemeinde entschloss sich zum Bau einer eigenen Kirche, die im Jahr 1888 fertiggestellt werden konnte.
Seit 1867 entwickelte sich die Verzinkerei des Jacob Hilgers, die sich auf dem ehemaligen Hof des Andernacher St. Thomasklosters angesiedelt hatte, zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor in Rheinbrohl. Aus dem Unternehmen ging die spätere Hilgers AG hervor, und der Stahlbau blieb durch alle Krisen des 20. Jahrhunderts hindurch eine der wichtigsten Einkommensquellen der Rheinbrohler Bevölkerung. Dem Ersten Weltkrieg fielen mehr als 100 Bürger zum Opfer. Nach dem Ende der Kriegshandlungen ließ die Oberste Heeresleitung eine der beiden Pontonbrücken, die sie für den großen Truppenrückzug einrichtete, um die übrigen Rheinübergänge zu entlasten, zwischen Rheinbrohl und Brohl-Lützing aufschlagen. Die Folge für die Anwohner waren massive Einquartierungen, die auch nach dem Durchzug der Deutschen nicht endeten. Es folgten amerikanische Truppen, die erst im Sommer 1919 abzogen. Die Zwanziger Jahre brachten der Gemeinde nicht nur die Inflation, sondern auch verheerende Rheinhochwasser in den Jahren 1920, 1924 und 1926. Rheinbrohl besitzt in Form des Ehrenmals auf der Rheinbrohler Ley einen besonderen, mit dem Ersten Weltkrieg verbundenen Gedenkort. Das Infanterieregiment Nr. 29 "von Horn" (3. Rheinisches) stellte im Sommer 1933 auf der Anhöhe über dem Ort eine Gedenkstätte für seine Gefallenen fertig, die mit ihren Fresken eindrucksvoll die Schrecken des Krieges beschwört.
In der Zeit des Nationalsozialismus kam es auch in Rheinbrohl zu Ausschreitungen gegen jüdische Bürger. So wurde die Synagoge in der Pogromnacht des Jahres 1938 niedergebrannt. Am Ende des Zweiten Weltkriegs war die Gemeinde Ziel zahlreicher Luftangriffe, die anfangs der Hilgers AG galten, aber auch die Wohngebiete nicht verschonten. Allein bei dem letzten, besonders schweren Angriff am 19. März 1945 wurden 40 Zivilisten getötet und große Teile von Rheinbrohl zerstört. Das liebevoll wiederaufgebaute Örtchen gehört heute zur Verbandsgemeinde Bad Hönningen.