Sander'sche Stiftung
Nach einem Artikel von Franz Dietrich
Bei der Sanderschen Stiftung handelte es sich um ein 1875 an Blaubach vermachtes Vermögen. Die Erträge aus dieser Stiftung wurden jährlich unter bestimmten Auflagen an die Bedürftigen verteilt. Durch eine Anlage des Stiftungsvermögens als Kriegsanleihe für den Ersten Weltkrieg ging die Stiftung verloren.
Ursprung der Stiftung
Am 26. Juni erfuhr der Gemeinderat zusammen mit dem Armenpflegschaftsrat, dass der nach Amerika ausgewanderte Adam Sander in New York der Gemeinde eine Schenkung über 1000 Dollar gemacht hat, welche an bestimmte Bedingungen geknüpft war.
Stiftungsurkunde
Verhandelt auf dem deutschen Generalkonsulate
New York, den 13. Mai 1875
Es erscheint Herr Adam Sander aus Blaubach, Rheinpfalz, Königreich Bayern, geboren den 27. März 1808 ebendaselbst, jetzt hier wohnhaft, dem Generalkonsulat persönlich bekannt und erklärt Nr. 454 in neunten Avenue in Gegenwart der Zeugen G. Steinbrecher von hier und B. Baetjer von Jersey City, was folgt:
1. Ich schenke der genannten Gemeinde als meinem Geburtsorte und meiner Frau Catherina, geb. Schneider (Tochter von Abraham Schneider ausgewandert 1816, Anmerkung d. Red.) die Summe von eintausend Dollars Papier, welche von dem Landgericht resp. Landkommissariat in Kusel verwaltet werden soll.
2. Ich bestimme, dass, sobald dieses Kapital durch Zinszuschlag dreitausend Gulden von der verwaltenden Behörde in Kusel jährlich im Februar dem Vorstande dem Gemeinde Blaubach ausbezahlt werden.
3. Ich verfüge schließlich, dass der Vorstand der Gemeinde Blaubach, die ihm ausbezahlte Summe an jedem 27. März, als an meinem Geburtstage, unter die Armen und Bedürftigen der genannten Gemeinde verteilen, abzüglich fünf Gulden, welche an den Prediger derjeniger protestantischer Gemeinde, zu der Blaubach gehört, dafür ausbezahlt werden sollen, dass derselbe am Sonntage nach jener Verteilung an den Stifter und dessen Ehefrau erinnert.
Der General-Konsul nahm die ad 1 erwähnte Schenkung in Vertretung und Namens der Gemeinde Blaubach, Pfalz, an, und Versprach, unter Vorbehalt der Genehmigung Seitens der zuständigen Behörde in Kusel und Blaubach die Erfüllung der unter 2 & 3 erwähnten Bedingungen.
Es folgen die Unterschriften der Zeugen, des Adam Sander und die Bestätigung der Abschrift Der Gemeinderat Blaubach beschließt am 7. August, das Geld der Sanderschen Stiftung, es handelt sich, in die damalige hiesige Währung umgerechnet, um 2094 Gulden und 3 Kreuzer, bei der Bezirksverzinsungskasse Kusel verzinslich anzulegen.
Da der Betrag ja erst noch auf 3000 Gulden anwachsen sollte, bevor die Zinsen zur Verteilung kommen durften, ging noch eine Weile ins Land, bevor die Blaubacher Armen in den Genuß der Schenkung kamen. Der verstorbene Ludwig Simon konnte sich noch gut an die jährliche Verteilung erinnern. Es waren keine großen Beträge, so zwischen 3 und 7 Reichsmark, soweit er sich erinnern konnte. Eine reine Freude war die Sandersche Stiftung jedoch von Anfang an nicht. Das lag jedoch sicher nicht an den guten Absichten des Stifters. Ludwig Simon konnte sich erinnern, daß der Unfriede im Dorf nie größer war als an den Tagen, an denen das Geld verteilt wurde. Das ist nur zu verständlich, wenn man bedenkt, daß selbst die Blaubcaher, die zu dem Zeitpunkt, wenn auch noch so bescheidenen Wohlstand verfügten, es sich nicht leisten konnten, auf einen Betrag in dieser Höhe zu verzichten.
Verlust der Stiftung
Der 1. Weltkrieg sorgte dafür, daß sich die Blaubacher über die Verteilung dieses Geldes künftig keine Sorgen mehr zu machen brauchten. Am 17. März des Jahres 1916 beschließt der Gemeinderat von Blaubach, "folgende Depositen bei der Verzinsungskasse Kusel in 5% Kriegsschuldverschreibungen = 5% deutsche Reichsanleihe, unkündbar bis 1924 und zwar in Form der Schuldbuchzeichnung anzulegen: Grundstockvermögen und Sandersche Stiftung." Insgesamt hat die Geminde damals 7100 Mark angelegt, davon entfielen auf die Sandersche Stiftung 5100 Mark.
Damit war das Ende der Sanderschen Stiftung gekommen. Wer damals Reichsanleihen kaufte, bekam fast gar nichts mehr zurück, Gemeinden, also Körperschaften des öffentlichen Rechts überhaupt nichts mehr. Wenn der Stifter seinerzeit geahnt hätte, daß er mit seiner Schenkung zur Finanzierung des ersten Weltkrieges beitragen würde. Das Geld ist weg, kein Prediger erinnert mehr an den Stifter und seiner Ehefrau. Nur für die älteren Mitbürger ist "Sandersch Hüwwel" am Ortsausgang Richtung Mayweilerhof noch ein Begriff. Auch der Geburtstag von Adam Sander, der dieses Jahr auf den Gründonnerstag fällt, ist längst in Vergessenheit geraten. Und was man am wenigsten glauben sollte, noch heute kann man hier und da fürchterliche Verdächtigungen hören, wo das Geld denn nun überhaupt geblieben sei. Keine Frage, daß wir auch heute noch Verwendung dafür hätten.