Wasenbach im Rhein-Lahn-Kreis

Zur Geschichte von Wasenbach

Am 13. November 1328 machte Kaiser Ludwig IV. Johannes und Reinhard von Westerburg zu den Gebietsherren über Habenscheid, Cramberg, Steinsberg, Biebrich, Wenigenhabenscheid und Wasenbach. Wasenbach trat damit zum ersten Mal urkundlich in Erscheinung. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts verpfändeten die Herren von Westerburg die vorgenannten Dörfer an Katzenelnbogen. Wasenbach allerdings ging einen etwas anderen Weg. Es wurde langsam aus der Herrschaft Schaumburg herausgelöst und ging in reichsritterliche Herrschaft über. Vor dem Dreißigjährigen Krieg erhielten es die Ritter von Kronberg zum Lehen.[Anm. 1]

Als Grundherr war in Wasenbach im Mittelalter auch das Klarissenkloster Bärbach von großer Bedeutung.[Anm. 2]

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Gemeinde 1632 von Reitern in schwedischen Diensten besetzt. Nachdem diese in der Nähe des Ortes von spanischen Reitern überfallen worden waren, glaubten sie an einen Verrat durch die Wasenbacherinnen und Wasenbacher und plünderten den Ort.[Anm. 3] Das Geschlecht derer von Kronberg starb 1704 in männlicher Linie aus. Mit Wasenbach wurden die Boos von Waldeck belehnt, die bis 1806 über Wasenbach herrschten.

1786 wird eine erste jüdische Familie in Wasenbach erwähnt. Im Rahmen der Mediatisierung, also der Unterwerfung unter eine Territorialherrschaft, im Jahr 1806 wurde Wasenbach dem neugegründeten Herzogtum Nassau zugeschlagen. Dieses wiederum wurde 1866 von Preußen annektiert.[Anm. 4]

1835 konnte ein neugebautes Schulhaus seiner Bestimmung übergeben werden. Zuvor hatte der Unterricht in Wasenbach nur in Privathäusern bzw. im „Backes“ genannten Backhaus stattgefunden.[Anm. 5]

Bis ins 19. Jahrhundert war die Landwirtschaft die Lebensgrundlage der Wasenbacher Bevölkerung. Für das späte Mittelalter, genauer die 90er Jahre des 14. Jahrhunderts, sind auch Weinberge in der Gemarkung belegt. Für die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts wird zudem eine Mühle erwähnt.[Anm. 6] Neben der Landwirtschaft bot auch der Bergbau ab der Mitte des 18. Jahrhunderts – wohl eher in geringem Umfang – eine Arbeitsmöglichkeit. Im Gebiet der Fuchsenhöll gab es mehrere Bergwerke.[Anm. 7] Spätestens im 20. Jahrhundert gewann auch der Bergbau in der Umgegend für die Wasenbacherinnen und Wasenbacher an Bedeutung. Viele fanden in der Grube Holzappel ein Auskommen.[Anm. 8]

1909 erhielt Wasenbach eine Wasserleitung. Ein Jahr später wurde im Ort eine Kirche eingeweiht. Zuvor hatte der Gottesdienst im nahegelegenen, seit dem Dreißigjährigen Krieg weitgehend verlassenen Habenscheid stattgefunden.[Anm. 9] Im Ersten Weltkrieg fielen fünf Wasenbacher, zwei werden vermisst.[Anm. 10] Ab 1916 wurde in einer Wasenbacher Mühle Strom erzeugt. Die Erzeugung aus Wasserkraft wurde in den 1920er Jahren noch einmal ausgebaut. Im Anschluss an den verlorenen Krieg erlebte Wasenbach von Dezember 1918 bis Mitte 1919 eine französische Besatzung. Die Wirtschaftskrise 1930 traf den Ort schwer, zumal die Arbeitsmöglichkeiten in der weiteren Umgebung – etwa in der Grube Holzappel – wegfielen.[Anm. 11]

Über die anschließende Zeit des Nationalsozialismus ist vergleichsweise viel bekannt. Dies liegt nicht unbedingt daran, dass sich Wasenbach hier stark von den Nachbarorten abheben würde, sondern ist vielmehr dadurch bedingt, dass die Schulchronik 1945 nicht „bereinigt“ wurde und zudem im Transkript veröffentlicht ist. Weiterhin war der 1912 bis 1936 amtierende Lehrer Karl Armand wenn nicht sogar Parteimitglied, so doch zumindest ein Anhänger Hitlers, was sich auch in der Schulchronik widerspiegelt. Aus diesen Gründen kann an dieser Stelle etwas ausführlicher auf die Zeit des Nationalsozialismus eingegangen werden.

In Wasenbach wurde die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 mit einem Fackelzug gefeiert. Dabei trat auch Lehrer Armand als Redner auf.[Anm. 12] Zu zahlreichen weiteren Anlässen in der Folge kam es zur Beflaggung des Ortes und zu Umzügen. Zu Ehren Hitlers und Hindenburgs wurde eine kleine Anlage mit zwei neugepflanzten Linden auf der Straße nach Schönborn geschaffen. Bei den unfreien „Reichstagswahlen“ im November 1933 erreichte Hitler in Wasenbach eine Zustimmung von 100 Prozent.

Karl Armand, dessen Sohn schon 1930 in Hitlerjugend und 1932 in die NSDAP eingetreten war, scheint über seine Stellung als Lehrer auch großen Einfluss auf die Schülerinnen und Schüler sowie gewissen Druck auf die Eltern ausgeübt zu haben. Bis 1935 gelang es ihm so, alle Kinder über 10 Jahre den Jugendorganisationen der NSDAP zuzuführen.[Anm. 13]

Mit der Zeit des Nationalsozialismus endete auch die etwa 150jährige Geschichte der Wasenbacher Jüdinnen und Juden. Anlässlich der Reichspogromnacht wurde der letzte im Ort verbliebene Jude, der fast 70jährige Moritz Strauß, im Spritzenhaus eingesperrt. Möglichweise wurde er im Anschluss im Konzentrationslager Dachau interniert. Er scheint nicht mehr nach Wasenbach zurückgekehrt zu sein, sondern lebte bis 1942 in Frankfurt am Main. Von dort wurde er im August 1942 deportiert. Wahrscheinlich starb er im Konzentrationslager Treblinka.[Anm. 14]  

In den Kriegshandlungen des Zweiten Weltkriegs hatte Wasenbach acht Tote und zwei Vermisste zu beklagen. Der Krieg endete für die Gemeinde am 27. März mit dem Einmarsch der Amerikaner.[Anm. 15]

In der Nachkriegszeit veränderte sich das Bild der Gemeinde. Ab den 1950er Jahren wurden zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe, die teilweise noch im Nebenerwerb betrieben wurden, aufgegeben. Ab 1965 wurde der Schulbetrieb umgestellt. Die älteren Schülerinnen und Schüler besuchten fortan die Schulen in Birlenbach, Altendiez, Diez und Balduinstein. 1971 schloss die Grundschule in Wasenbach ihre Pforten. 1990 wurde an der „Habenscheider Gewann“ ein Neubaugebiet ausgewiesen. Wasenbach gehört seit 1969 zum Rhein-Lahn-Kreis und seit 1972 zur Verbandsgemeinde Diez. Der Ort hat heute (Stand 31.12.2019) 312 Einwohnerinnen und Einwohner.[Anm. 16]

Verfasser: Christoph Schmieder

Verwendete Quellen und Literatur:

  • Güll, Reinhard: Zwischen Einrich und Esterau. Geschichten rund um Wasenbach. Lauffen am Neckar 2005.
  • Schrörs, Rüttger: Chronik der Gemeinde Wasenbach und Habenscheid. Wasenbach 1995.
  • Schulchronik von Wasenbach in der Übertragung von Reinhard Güll. Lauffen am Neckar 2004.

Zuletzt geändert: 30.09.2020.

Anmerkungen:

  1. Schrörs, S. 7. Zurück
  2. Schrörs, S. 8f. Zurück
  3. Schrörs, S. 10. Zurück
  4. Schrörs, S. 12f. Zurück
  5. Schrörs, S. 13f.; Güll, Einrich, S. 3f. Zurück
  6. Schrörs, S. 9. Zurück
  7. Schrörs, S. 12f. Zurück
  8. Schulchronik, S. 95; Güll, Einrich, S. 15f. Zurück
  9. Schrörs, S. 17; Güll, Einrich, S. 7. Zurück
  10. Schulchronik, S. 85–88. Zurück
  11. Schulchronik, S. 91, S. 93, S. 95. Zurück
  12. Schulchronik, S. 95. Der Verfasser nimmt mangels eindeutiger Datierung an, dass dies der Anlass des Fackelzugs war. Alternativ kommt auch der 5. März als Tag der Reichstagswahl in Betracht. Zurück
  13. Schulchronik, S. 104. Zurück
  14. Schulchronik, S. 106; Gedenkbuch des Bundesarchivs online: https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/1699144/ (29.09.2020). Zurück
  15. Schrörs, S. 21. Zurück
  16. Güll, S. 15f.; Schrörs, S. 26, S. 40; Schulchronik, S. 151–153;  https://infothek.statistik.rlp.de/MeineHeimat/tscontent.aspx?id=103&l=3&g=0714103133&tp=1027&ts=tsPop01 (29.09.2020). Zurück