Bingerbrück in Rheinhessen

Zwei alte Ansichten des Klosters Rupertsberg der Hl. Hildegard von Bingen - von Reiner Letzner

Das Rupertsberger Kloster auf dem Isenheimer Altar von Mathis Gothart Nithart, genannt Matthias Grünewald, 1515


Mathis Gothart Nithart (genannt Matthias Grünewald) wurde gegen 1460 in Würzburg geboren und starb 1528 in Halle. Er gilt als der größte deutsche Meister des Spätmittelalters neben Dürer, aber farbenmächtiger, ausdrucksgewaltiger als dieser. Hauptwerke: Isenheimer Altar (1515), Stuppacher Madonna (1519), Erasmus und Mauritius (1524/25). Das Altarbild des Antoniterklosters von Isenheim wird seit der französischen Revolution im Unterlinden-Museum, 1 rue d`Unterlinden, F-68888 in Colmar aufbewahrt.

Ab 1505 war der in Aschaffenburg beheimatete Maler, Wasser- und Festungs- Baumeister offizieller Hofmaler des Erzbischofs von Mainz Jakob von Liebenstein (Nachfolger: Uriel von Gemmingen, Albrecht von Brandenburg). In seiner Funktion war er auch oberster Kunstbeamter bei Hofe und hatte Neubauten zu beaufsichtigen. Anlässlich der Kaiserkrönung am 23.Oktober 1520 in Aachen befand sich Grünewald im Gefolge Albrechts von Brandenburg. Bei dieser Gelegenheit fand eine Begegnung mit Dürer statt.

Als erster hat der Kunstmaler Hanny Franke (1890 – 1973) im Jahr 1929 das zwischen Himmel und Erde dargestellte Kloster auf der Mitteltafel der 2. Schauseite als das Kloster Rupertsberg identifiziert. Mathis Gothart Nithart war die Lage und das Aussehen der Abteikirche persönlich bekannt. Der Erzbischof von Mainz Uriel von Gemmingen erteilte ihm im Jahr 1510 den Auftrag, den Brunnen auf der Burg Klopp zu restaurieren. Von hier aus hatte er den Blick auf die gegenüberliegende Seite der Nahe, auf das Kloster und auf die sich dahinter erhebende Elisenhöhe.

Die Abbildung des Klosters "S.Rupertsbergk" auf einer Karte des Nahemündungsraumes aus dem Jahr 1583-1599 im Staatsarchiv Würzburg (Mainzer Risse und Pläne, Fach XX Nr. 246) weist sehr starke Ähnlichkeiten mit der Abbildung auf dem Isenheimer Altar auf. Anlass der Karte war der Streit um das "Gräfenloch", ein alter Nahearm östlich von Sarmsheim im ständigen Kleinkrieg der Kurpfalz gegen den Mainzer Kurstaat um das Wehr der Frauenmühle (Frawen mühl). 

Auf dem Plan der Stadt Bingen von Gottfried Mascop aus dem Jahr 1577 (Staatsarchiv Würzburg , Mainzer Pläne, Wandgestell 10) ist die Nordansicht der Klosteranlage "S.Ruprechtsberg" aus der Vogelperspektive dargestellt.

Literatur:

Brück, Anton Ph.Eine Karte der Nahemündung von 1599 und ihre Veranlassung. In: Heimatjahrbuch Landkreis Bingen 1961, S. 80ff.
Franke, HannyDer Rupertsberg in Bildern und Erinnerungen. Beitrag in: 800 Jahre Rupertsberg 1147 - 1947, Verlagsdruckerei A.J. Pennrich Nachfolger, GmbH, Bingen am Rhein 1947.
Franke, MargaretheKLoster Rupertsberg und Isenheimer Altar. In: Binger Geschichtsblätter 11 (1986), S. 3-4.
Frederiksen, JensDas Rätsel Grünewald“. Nicht einmal sein Name ist zuverlässig überliefert. Allgemeine Zeitung, Ausgabe Ingelheim vom 4.12.2002.
Hildegard von Bingen (1098-1179) hrsg. Von Hans-Jürgen Kotzur. Bearb. von Winfried Wilhelmy und Ines Koring. – Mainz: von Zabern. 1998.
Jung, Heinz Der Mühlenteich in der Büdesheimer Gemarkung Heft Nr. 3 Heimatfreunde Büdesheim e.V. www.byrtze.de / downloads / Byrtze – Post 2004 (Heft 3), Seite 62 ff.
Kunsthalle Karlsruhe Ausstellung 2008: Grünewald und seine Zeit
Unterlinden - Museum Ausstellung 2008: Grünewald – Blicke auf ein Meisterwerk Colmar.
Letzner, Reiner Der Atlas der linksrheinischen Mainzer Ämter Olm, Algesheim und Bingen von Gottfried Mascop aus dem Jahr 1577. www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/aufsaetze/letzner-atlas-maskopp.html
Letzner, Reiner Augenspaziergang durch alte Gassen und Fluren des Binger Raumes. Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz. 2002
Pantxika Béguerie Museum Unterlinden, Colmar, Der Isenheimer Altar; aus dem Französischen von Andrea Müller; Kaléidoscope d´Alsace, La Nuée Bleue 1991.ISBN 2-7165-0309-5.
Schipperges, Heinrich Hildegard von Bingen, C.H.Beck Wissen 2008 , München 1995.
Schmitt, Pierre Der Isenheimer Altar, Parkland Verlag Stuttgart, ISBN 3-88059-892-3, Stuttgart 1978.
regionalgeschichte.net www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/region/orte/orte-b/bingen/sehenswuerdigkeiten/kloster-rupertsberg.html
Sieger, Jörg www.joerg-sieger.de/isenheim/menue/frame0r.htm
wikipedia de.wikipedia.org/wiki/Isenheimer_Altar

Das Rupertsberger Kloster aus der Legende des Hl. Ruprechts und der Hl. Hildegard von Jacob Köbel 1524.


St. Ruprecht  betet vor einem Kreuzbild, hinter ihm steht seine Mutter. Links oben ist die Burg Klopp, davor die Stiftskirche St. Martin mit Stadtturm und auf der anderen Naheseite die Klosteranlage St. Rupertus abgebildet. Die Drususbrücke überspannt die Nahe.

Dem Druck Jakob Köbels zu Oppenheim "Die Legend des heyligen hertzogen sant Ruprechts / bey Byngen uff sant Ruprechtsberg leyplich rastende“ aus dem Jahr 1524 mit insgesamt 12 Holzschnitten ist beigefügt „Die Legend von der seligen jungfrawen sant Hildegard der Christlichen Sibilla vnd offenbarerin der heymlichen wunderwerck gotes / die Aptißin vff sant Ruprechtsbergk gewessen ist".


Der Druck ist äußerst selten; ein vollständig erhaltenes Exemplar befindet sich in dem Archiv der Benediktinerinnenabtei St. Hildegard - Eibingen. Nach Auskunft der Archivarin Sr. Matthia Eiden gehörte das Exemplar ursprünglich zu dem 1803 säkularisierten alten Kloster und kam vermutlich mit der Übernahme des Eibinger Pfarrarchivs durch das Diözesanarchiv Limburg nach Limburg. Im Jahre 1908 gelangte es durch Schenkung wieder zurück in die neu gegründete Abtei St. Hildegard (Grundsteinlegung 2.Juli 1900).

In dem unvollständigen Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München (Sign. Res V SS 982m) fehlen die den 42 Blättern (Doppelseite) vorgehefteten Blätter I bis V. Auf der linken Seite des Blattes II ist die Anbetung des Hl. Ruprechts zu sehen; Blatt V ist nur auf der linken Seite bedruckt, die rechte Seite enthält handschriftliche Eintragungen.

Der Neudruck der Ruprechtslegende (Transkription) aus dem Jahr 1887 von Franz Falk (neu gedruckt von Carl Wallau und verlegt bei Franz Kirchheim in Mainz), in dem auch alle Holzschnitte bis auf einen (Traumgesicht St. Ruprechts) wiedergegeben sind, hat seinerzeit offensichtlich das vollständig erhaltene Exemplar der Abtei St. Hildegard - Eibingen verwendet. Wie schon Franz Falk erwähnt auch  Richard Hergenhahn ein weiteres in Privatbesitz befindliches Exemplar, ohne allerdings nähere Anhaltspunkte über den Verbleib machen zu können.

Adam Strack aus Bingen hat den Holzschnitt des heiligen Herzog Ruprecht (Abb. 2) als Kerbstich auf eine wuchtige Eichentafel übertragen und den Text über und unter dem Bild hinzugefügt. Die Abbildung 4 ist dem Privatdruck (12 Exemplare) „Binger Heilige“ entnommen. In dem Buch sind acht Schnitzwerke der Binger Heiligen von Adam Strack (St. Nikolaus, der heilige Rupert, Bertha, die Mutter von Ruprecht, St. Hildegard 2 x, St. Bernhard, St. Martin und St. Urban) zusammengefasst.

Wer diesen Holzschnitt mit der ersten gedruckten Ansicht von Bingen geschaffen hat, ist bis heute nicht einwandfrei bewiesen. In dem Mantelsaum des betenden Ruprecht erkennt man die 3 Buchstaben "C", "P" und "J" - vielleicht ein Hinweis auf den Künstler des Holzschnittes.


Literatur

Benzing, Josef Der Buchdruck zu Oppenheim (Jakob Köbel und Hieronymus Galler).In: Oppenheim Geschichte einer alten Reichsstadt, Oppenheim 1975.
Embach, Michael Die Schriften Hildegard von Bingen. Studien zu ihrer Überlieferung und Rezeption im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Habilitationsschrift - Uni Trier. ISBN 978 - 3 - 05 - 003666 - 3
Heller, Franz-Alexander Auf den Spuren des heiligen Rupert von Bingen. Binger Geschichtsblätter, Sonderausgabe 1985.
Hergenhahn, Richard Jakob Köbel zu Oppenheim 1494-1533. Oppenheimer Hefte Nr. 11, 1995, Seite 2-71. Nachtrag zu Anmerkung 86 in Oppenheimer Hefte Nr. 11 in Oppenheimer Hefte Nr. 22, 2000
Köbel, Jacob Die Legend des heyligen hertzogen sant Ruprechts…Die Legend von der seligen jungfrawen sant Hildegard…Oppenheim 1524. Bibliothek der Benediktinerinnenabtei St. Hildegard - Eibingen. Weltweit einzig bekanntes vollständig erhaltenes Exemplar.
Köbel, Jacob Die Legend des heyligen hertzogen sant Ruprechts. Die Legend von der seligen jungfrawen sant Hildegard Oppenheim 1524. Bayerische Staatsbibliothek München. (Sign. Res V SS 982m) Umfang [4], XLII Bl.: I linke Seite. Blatt [1] bis [4] zu Beginn und die Anbetung des Hl. Ruprechts fehlen.
Köbel, Jakob Die Legende des heiligen Herzog Ruprecht bei Bingen auf St. Ruprechtsberg leiblich rastend. Wiedergegeben von Franz Falk, neu gedruckt von Carl Wallau und verlegt bei Franz Kirchheim in Mainz. 1887. Martinus-Bibliothek, Wissenschaftliche Diözesanbibliothek Mainz, SignMz/1629,10. Franz Falk (1840-1909), Prälat, katholischer Pfarrer in Mainz-Mombach und Klein-Winternheim. Sein Nachlass und der Briefwechsel mit Friedrich Schneider befindet sich im Dom- und Diözesanarchiv Mainz.
Strack, Adam Binger Heilige. Privatdruck, 12 Exemplare, September 2007.