Beller Kirche
Die spätgotische Kirchenruine, die 300 m südlich des Dorfes "auf freiem Felde" liegt, ist das Wahrzeichen Eckelsheims und im Eigentum der Gemeinde. Über ihre Geschichte gibt es nur wenig Konkretes, aber viele Vermutungen und Legenden ...
In einer jüngst wiederentdeckten Urkunde aus dem Jahr 1490 wird von dem "angefangenen Bau einer Kapelle und darin ein Altar zur Ehre Unserer Lieben Frau, genannt in den Bellen" gesprochen. Mittwochs und an allen Marienfeiertagen soll „für ewige Zeiten“ eine Messe gelesen werden. Zum Zeitpunkt der Beurkundung war vermutlich nur der Chorraum fertig gestellt und im Chorbogen mit einer Holzwand abgeschlossen. Der Bau des Langhauses erstreckte sich bis 1519, wie die Inschrift auf dem Westportal belegt. Kirche und Sakristei waren durch Gewölbe und Ziegelbedachung geschützt. Abt Johann IV vom Konvent des Zisterzienser Klosters Eberbach im Rheingau war Kollator. Wirich IV von Daun-Oberstein Herr zu Falkenstein wird als Stifter des Altars und Erbauer der Kirche genannt.
Die Lage der Kirche ist gut gewählt, denn sie steht auf verfestigtem Sand und in der Nähe einer ehemals ergiebigen Quelle ("Beller Brünnchen"). Vermutlich gab es an dieser Stelle bereits einen Vorgängerbau aus Holz. Prähistorische Funde belegen eine Nutzung dieses Ortes seit langer Zeit.
Zur Herkunft des Namens gibt es fast ein Dutzend Theorien. Am häufigsten genannt wird der Bezug zu den mächtigen Pappeln (=Bellen), die noch am Anfang des 20. Jahrhunderts das Bild am Fuß der Kirche prägten. Aber auch „Bella Maria“ im Zusammenhang mit dem Patrozinium der Kirche und der keltische Quellengott Belenos tauchen in aktuellen oder früheren Diskussionen auf.
Zu Maria Geburt (8. September) pilgerten Gläubige aus weitem Umkreis zur Beller Kirche. Diese Menschen mussten versorgt werden, und sie waren nach den Zeremonien empfänglich für Unterhaltung und Warenangebote. So entstand der Beller Markt, ein Jahrmarkt von überregionaler Bedeutung, der dem kleinen Ort Eckelsheim die Bezeichnung „Marktflecken“ einbrachte. Aus dem Jahre 1620 wurden die ersten Spuren entdeckt. Die Gemeinden Eckelsheim, Wonsheim, Stein - Bockenheim und Wendelsheim hielten diesen Markt gemeinsam ab, der bis 1902 hier auf freiem Feld gehalten wurde.
Zu diesem Zeitpunkt war die Kirche längst verfallen. Für die Zeit zwischen 1584 und 1774 gibt es keine Information über ihren Zustand. Gerüchteweise haben "die Schweden" im 30-jährigen Krieg die Kirche beschädigt. Auch der Pfälzer Erbfolgekrieg hinterließ seine Spuren in der Region. Vermutlich hat die Kirche nach der Reformation am Ende des 16. Jahrhunderts ihre geistliche Bedeutung verloren und verfiel im Laufe der Zeit.
Recht auffällig ist, dass die Ruine wie präpariert wirkt. Die Außenwände stehen in voller Höhe seit mindestens 200 Jahren und bezeugen die Nutzung der Ruine. Nur die Steine der Sakristei wurden abgebrochen und zum Hausbau wieder verwendet. Als Lagerplatz für Feldfrüchte, als Tanzboden beim Beller Markt und sogar als Platz für eine unterirdische Flachs- und Hanfdarre, aus dem 18./19. Jahrhundert, wurde die Ruine vor weiterem Verfall bewahrt. Nach dem Ende des Beller Marktes blieb die Beller Kirche allerdings wieder sich selbst überlassen.
Seit 1982 wurde die Ruine nach und nach für Veranstaltungen wiederentdeckt. Es folgten einige teilweise aufwändige Sanierungsmaßnahmen, um den Bestand zu sichern. Heute ist die Beller Kirche (wieder) ein beliebter Ort für kulturelle und kirchliche Veranstaltungen - in alten Mauern und unter freiem Himmel.
Im Jahre 2002 fand nach 100 Jahren, unter der Schirmherrschaft der Ortsgemeinde Eckelsheim, einmalig ein neuer Beller Markt statt.
Der "Förderverein Kulturdenkmal Beller Kirche e.V." möchte dieses Zeugnis der Vergangenheit auch künftigen Generationen bewahren.
Initiative Dorf Entwicklung Eckelsheim e.V. (IDEE) 2007
Nachweise
Der vorstehende Text wurden regionalgeschichte.net freundlicherweise von Herrn Wilfried Jung (Eckelsheim) zum Abdruck überlassen.
Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff
Verwendete Literatur:
- Wridt, Beate: Beller Kirche. Mysterium am Wegesrand. Eckelsheim 2007.
- Kappel, Kai; Frank, Lorenz: Die spätgotische "Beller Kirche" bei Eckelsheim (Rheinhessen). In: Kunst in Hessen und am Mittelrhein, Bd. 36/37 (1996/97), S. 87-93.
- Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz, Saarland. 2. Aufl. München 1985
Aktualisiert am: 14.06.2014