Hahnheim in Rheinhessen

Das Schlösschen in Hahnheim

Schloss Hahnheim. [Bild: Horst Goebel]

Um 1550 erwarb Albrecht von Dienheim (1526-1586) das fränkische Dorf Hahnheim[Anm. 1]. Albrechts Sohn Johann Heinrich von Dienheim (1557- ~1627)[Anm. 2], ließ das zum ländlichen Adelssitz der Herren von Dienheim gehörende Schlösschen auf den Fundamenten eines Vorgängerbaus errichten. Hinweise für den Beginn des Baus gibt die eingravierte Jahreszahl 1590 im Portal nahe des Treppenturms. Das gesamte Anwesen betrug ca. 4 rheinhessische Morgen, was 10.000qm entspricht. Knapp hundert Jahre später wurde das Schlösschen im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekriegs (1688-1697) beschädigt . Ludwig Karl von Dienheim, der vorletzte Ortsherr von Hahnheim ließ das Schloss in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wieder aufbauen. Er selbst wohnte jedoch nicht mehr im Schloss, sondern im Dienheimer Hof in Mainz[Anm. 3].

Das Hahnheimer Schloss 1952.[Bild: Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz]

Die häufigen Besitzerwechsel, zum Beispiel 1811 an Heinrich Weingärtner aus Mainz [Anm. 4] führten zu einer stetigen Verschlechterung des Zustandes des Schlösschens. Zum Zeitpunkt des Kaufs des Schlösschens durch Weingärtner betrug das „Brandversicherungskapital […] 10.000 Gulden. Zum Vergleich: Zur gleichen Zeit wurde ein zweistöckiges Pfarrhaus für 400 [Gulden] versichert.“[Anm. 5]. Bereits 1857 fiel die Versicherungssumme des Anwesens, seinerzeit in Besitz des Landwirts Karl Schilling, auf 3.500 Gulden[Anm. 6]. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts versuchten der Großherzogliche Denkmalpfleger Rheinhessens, Professor Dr. Jan Meißner, sowie der Hahnheimer Bürgermeister Karl Heinz II (Bürgermeister von 1895- 1919)[Anm. 7] das Anwesen zu retten und unter das Denkmalschutzgesetz von 1902[Anm. 8] zu stellen- mit Erfolg. Sein Zustand verbesserte sich dadurch nicht. Die Franzosen nutzten seit 1919 einige Räumlichkeiten als Bürgermeisterei, doch endgültig zweckentfremdet wurde das Anwesen durch den Metzgermeister Philipp Schömbs . Durch die Inflation 1919 konnte er das Schlösschen kaufen und richtete in einigen Räumen 1921 eine Metzgerei ein[Anm. 9]. Nach Angaben des hessischen Staatsarchivs vom Januar 1927:

„[hatte] die Urkundenpflege [die] Veranlassung das ehemals von- Dienheimische Schlösschen in Hahnheim zu betreten. Wir erlauben uns aus diesem Anlass bei Ihnen anzuregen, dass für dieses kleine Bauwerk doch etwas geschehen möchte. Das hübsche Renaissanceportal ist durch die ungeschickte Führung der elektrischen Leitung beeinträchtigt, das Dach des Hauptgebäudes und besonders des Treppenturmes sind dem Einsturz nahe. Der jetzige Besitzer des Gebäudes, Metzgermeister Schömbs, scheint sich aber vor den Kosten einer Generalreparatur zu scheuen.“[Anm. 10].

Ein Kostenvoranschlag von 13.500 Reichsmark durch den Regierungsbaurat der Kreisverwaltung Oppenheim um 1927 konnte sich Schömbs nicht leisten[Anm. 11]. Im Zweiten Weltkrieg blieb das Schlösschen von neuen Schäden bewahrt. Das hessische Staatsarchiv Darmstadt schrieb am 24. Januar 1927 an Professor Meißner:

Im Zweiten Weltkrieg kamen zwar keine weiteren Schäden hinzu. Das Schlösschen war jedoch nicht mehr bewohnbar. Trotz Aufrufen des Landesamtes für Denkmalpflege in Rheinland- Pfalz zum Beispiel an das Ministerium für Unterricht und Kultus in Mainz verbesserte sich nicht der Zustand des Gebäudes.[Anm. 12]

Steinmetzzeichen am Schloss Hahnheim.[Bild: Dr. Cornelia Gericke]

1961 stürzte das Dach des Schlösschens durch ein Unwetter ein[Anm. 13]. Ein Schalenturm[Anm. 14], ein halboffener Wehrturm , musste abgerissen werden. Die Besitzerin Käthi Biermann, die Tocher Philipp Schömbs, wollte das Anwesen, nach dem erfolglosen Versuch es zu verkaufen, abreißen lassen. Glücklicherweise kaufte es der Kirchenrestaurator Bernhard Sucker zwei Jahre später und begann mit einer Restauration im renaissancezeitlichen Stil des 16. Jahrhunderts. Nach 10 Jahren waren die gröbsten Baumaßnahmen erledigt[Anm. 15].

Fotostrecke zu Schloss Hahnheim.[Bild: Georg Dahlhoff]

Das Schlösschen besteht aus einem massiven zweistöckigen Bau. Das Satteldach allein besitzt eine Grundfläche von 12/13 x 21m[Anm. 16]. Zur Rekonstruktion der geschweiften Giebel und trapezförmigen Gesimse orientierte man sich am Dienheimer Schloss in Nieder- Saulheim[Anm. 17]. Ursprünglich wurde der Renaissancebau von einer Wehrmauer umgeben. In der Mitte der östlichen Seite befindet sich ein polygonaler[Anm. 18] Treppenturm. Gedeckt ist der Turm mit einer Zwiebelhaube . Im Turm führt eine breite Wendeltreppe über mehrere Stockwerke. Vermutungen zufolge haben an der Treppe mehr als 10 Steinmetze gearbeitet, was durch die ursprünglichen Steinmetz-Zeichen in den einzelnen Stufen, bzw. Steinen belegt ist. Die Wendeltreppe zeichnet sich dadurch aus, dass man in ihrer Mitte ein Lot herablassen kann, was bedeutet, dass sie frei schwebend konstruiert ist und nicht wie üblicherweise an einer aufsteigenden Mittelsäule entlang gebaut ist. Auch der Eingang zum Tonnengewölbe befindet sich im Turm. Durch das Erdgeschoss zieht sich ein langer Flur bis zur westlichen Außenwand Richtung Obstgarten. Seine Räumlichkeiten sind mit Stockornamenten dekoriert. Durch die Restauration wurden die Küche und die Wirtschaftsräume originalgetreu wiederhergestellt. Ein weiterer Vorratskeller befindet sich im Nordwestturm[Anm. 19]. Auch das Renaissanceportal, die profilierten Steinfenster, die nach oben in einer Kreuzform geteilt wurden, die Wandnischen, sowie Wandmalereien, die um 1600 entstanden, wurden wiederhergestellt. Der Abgang zu Weinkeller ist nicht mehr vorhanden. Oberhalb eines Wappens im Treppenturm ist eine Fratze angebracht, die böse Geister vertreiben soll. Am Innenputz des Gebäudes fanden sich an einigen Stellen Malereien aus dem 17. Jahrhundert[Anm. 20].Das Schlösschen befindet sich heute in Privatbesitz und ist nur noch von außen zu besichtigen.

Nachweise

Verfasser: Jasmin Gröninger

Verwendete Literatur:

  • Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz, Saarland. 2. Aufl. München 1985.
  • Gallé, Volker: Rheinhessen. Entdeckungsreisen im Hügelland zwischen Worms und Bingen, Mainz und Alzey. Köln 1992
  • Hessisches Staatsarchiv, Zit. nach Mangold- Wegner, Sigrid: Das Hahnheimer Schlösschen, S.44-46. In: 1250 Jahre Hahnheim. Festschrift zum Jubiläum 2014, Hahnheim 2014, S.45.
  • Stephan, Ernst: Das sogenannte Hahnheimer Schlösschen. In: Mittelungsblatt zur rheinhessischen Landeskunde 13 (1964) H.3; S.18.
  • Mangold, Wagner, Sigrid: Das Hahnheimer Schlösschen, S.44-46. In: 1250 Jahre Hahnheim. Festschrift zum Jubiläum 2014, Hahnheim 2014.
  • Lang, Werner: Heimatbuch Landkreis Mainz. Oppenheim 1967.
  • Rick, Josef: Die Weinbaugemeinde Hahnheim. In: Die Rheinfront. Schriftenreihe für die Rheinfrontorte und Umgebung 2 (1966), S.56.
  • Zurowski, Marek: Hahnheim 764-1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde. Horb am Neckar 1991

Bildnachweis:
Dr. Cornelia Gericke, Hahnheim
Hahnheimer Schlösschen 1952: Fotoarchiv des Landesamtes für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz


Aktualisiert am: 09.05.2016

Anmerkungen:

  1. Gallé, Volker: Rheinhessen. Entdeckungsreisen im Hügelland zwischen Worms und Bingen, Mainz und Alzey. Köln 1992, S.165., samt Kirche und Patronatsrecht von Christian Jett von MünzbergURL: http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/r20msvcshop_detail_anzeige.pl?&var_hauptpfad=../r20msvc_shop/&var_fa1_select=var_fa1_select||285|&var_te1=201, (Aufruf am 22.02.2016). Zurück
  2. Johann Heinrich von Dienheim war seinerzeit kurpfälzischer Amtmann zu (Gau)Odernheim Seine Gemahlin Maria Amalia Wolffin von Sponheim verstarb 1607. Daraufhin hatte Johann noch zwei weitere Ehen. Sein genaues Todesdatum ist unbekannt. Johann hatte sechs Geschwister, von denen beim Tod seines Vaters Albrecht von Dienheim drei lebten; Stephan, Ernst: Das sogenannte Hahnheimer Schlösschen. In: Mittelungsblatt zur rheinhessischen Landeskunde 13 (1964) H.3; S.18. Zurück
  3. Zurowski, Marek: Hahnheim 764-1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde, Horb am Neckar 1991. Zurück
  4. Nach 1837 wechselten die Besitzer häufiger. Vgl. Zurowski, Marek: Hahnheim 764-1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde, Horb am Neckar 1991.  Zurück
  5. Mangold, Wagner, Sigrid: Das Hahnheimer Schlösschen, S.44-46. In: 1250 Jahre Hahnheim. Festschrift zum Jubiläum 2014, Hahnheim 2014, S.44. Zurück
  6. Ebd. Zurück
  7. Rick, Josef: Die Weinbaugemeinde Hahnheim. In: Die Rheinfront. Schriftenreihe für die Rheinfrontorte und Umgebung 2 (1966), S.56. Zurück
  8. Das Großherzogtum Hessen erhielt am 16. Juli 1902 als erster Staat Deutschlands ein kodifiziertes Denkmalschutzgesetz, das nach einem Entwurf von Maximilian Freiherr von Biegeleben (1859-1945) erstellt wurde. Vgl. URL: http://lagis.online.uni-marburg.de/de/subjects/xsrec/current/2/sn/edb?q=YToxOntzOjExOiJzYWNoYmVncmlmZiI7czoyMDoiSGVzc2VuIGFscyBWb3JyZWl0ZXIiO30= ,(Aufruf am 29.02.2016) Zurück
  9. Zurowski, Marek: Hahnheim 764-1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde, Horb am Neckar 1991. Zurück
  10. Hessisches Staatsarchiv, Zit. nach Mangold- Wegner, Sigrid: Das Hahnheimer Schlösschen, S.44-46. In: 1250 Jahre Hahnheim. Festschrift zum Jubiläum 2014, Hahnheim 2014, S.45. Zurück
  11. Mangold- Wegner, Sigrid: Das Hahnheimer Schlösschen, S.44-46. In: 1250 Jahre Hahnheim. Festschrift zum Jubiläum 2014, Hahnheim 2014, S.46. Zurück
  12. Zurowski, Marek: Hahnheim 764-1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde, Horb am Neckar 1991. Zurück
  13. Mangold- Wegner, Sigrid: Das Hahnheimer Schlösschen, S.44-46. In: 1250 Jahre Hahnheim. Festschrift zum Jubiläum 2014, Hahnheim 2014, S.46. Zurück
  14. Schalentürme waren steinerne Wehrtürme, teilweise auch Stadttore. Sie ragten nach vorne, sowie nach oben etwas aus der Wehrmauer heraus und gewähren Flankenschutz. Der Wehraufgang befand sich ebenfalls im Schalenturm. Nach Innen waren die Türme offen, wodurch Baukosten gespart und Feinde sofort gesehen wurden. Die drei Türme (Hexenturm, Südturm, Ostturm) in der Fleckenmauer von Dahlsheim sind zum Beispiel Schalentürme. Zurück
  15. Zurowski, Marek: Hahnheim 764-1990. Aus der Geschichte einer rheinhessischen Weinbaugemeinde, Horb am Neckar 1991; URL: http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/r20msvcshop_detail_anzeige.pl?&var_hauptpfad=../r20msvc_shop/&var_fa1_select=var_fa1_select||285|&var_te1=201, (Aufruf am 22.02.2016). Zurück
  16. Stephan, Ernst: Das sogenannte Hahnheimer Schlösschen. In: Mittelungsblatt zur rheinhessischen Landeskunde 13 (1964) H.3; S.182. Stephan, Ernst: Das sogenannte Hahnheimer  Zurück
  17. Krienke, Dieter: Denkmaltopographische Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler Rheinland Pfalz, Kreis Mainz- Bingen. Verbandsgemeinde Nierstein- Oppenheim, 18.3, Worms 2011, S.98; Gallé, Volker: Rheinhessen. Entdeckungsreisen im Hügelland zwischen Worms und Bingen, Mainz und Alzey. Köln 1992, S.165. Zurück
  18. Der Turm ist im unteren Teil viereckig, im oberen achteckig. (orthogonal und oktogonal) Zurück
  19. Stephan, Ernst: Das sogenannte Hahnheimer Schlösschen. In: Mittelungsblatt zur rheinhessischen Landeskunde 13 (1964) H.3; S.182. Zurück
  20. Ebd. Zurück