Kastel in Rheinhessen

Römischer Ehrenbogen in Kastel

Römischer Ehrenbogen[Bild: Gemeinfrei]

In der Nähe der katholischen Pfarrkirche St. Georg wurde im September 1986 bei Bauarbeiten das Fundament eines römischen Ehrenbogens gefunden. Die riesigen Steinquader konnten durch das beherzte Eingreifen der Gesellschaft für Heimatgeschichte Kastel vor einer Entsorgung bewahrt werden und wurden schon bald als Fragmente eines römischen Triumphbogens identifiziert. Der eindrucksvolle Fund ist im "Keller-Museum" während der Öffnungszeiten zu besichtigen. Aufgrund der gefundenen Überreste geht man von einem Bogen mit drei Durchgängen aus, der ein Fundament von 20x12 m besaß. Von der vermuteten Größe und Aufmachung des Ehrenbogens her, handelt es sich um einen einzigartigen Fund im römischen Gebiet nördlich der Alpen.  

Schon bald nach der Entdeckung wurde die Vermutung geäußert, dass es sich bei dem Fund um den von Tacitus erwähnten Ehrenbogen für Germanicus Julius Caesar, Sohn des Drusus handeln könnte, der nach dessen Tod 19 n. Chr. apud ripam Rheni erbaut werden sollte [Anm. 1]. Eine weitere antike Quelle, die sogenannte tabula Siarensis (CIL VI 31199) verortet den Ehrenbogen für Germanicus in der Nähe des Drusus-Kenotaphs, bei dem es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den sogennanten "Eichelstein" auf der Mainzer Zitadelle handelt. Die Inschrift der tabula ist allerdings nicht vollständig überliefert. Ausgerecht die Stelle, welche vermutlich eine genau Positionsbeschreibung des Ehrenbogens ermöglichen würde, musste epigraphisch ergänzt werden und ist demnach umstritten. Hans G. Frenz zufolge sprechen die archäologischen Anzeichen (vor allem Bauweise und Baudekoration) für eine Deutung des Fundes als Ehrenbogen für Germanicus [Anm. 2]. Seine Position lässt sich auch mit den schriftlichen und epigraphischen Quellen in Einklang bringen. Ein berechtigte Frage wäre dann allerdings, weshalb in einem in der tiberischen Zeit noch ungesicherten rechtsrheinischen Gebiet ein Ehrenmonumet errichtet wurde, obwohl dort die permanente Gefahr eines Germanenüberfalls bestand [Anm. 3].

Die bei der Grabung zusätzlich gefundenen Baumarken der 14. Legion erlauben außerdem noch eine weitere Deutung des Bogens. So war diese Legion nachweislich von 13 v. Chr bis 43 n. Chr. und ein weiteres Mal von 70-92 n. Chr. in Mainz stationiert. Der erste Zeitraum unterstützt die Germanicus-These, während die zweite Stationierungseinheit auch die Möglichkeit einer anderen Interpretation eröffnet. Heinz Bellen legt in seinem Aufsatz von 1989 die Möglichkeit einer Urheberschaft des flavischen Kaiser Domitianus für den Ehrenbogen dar. Zunächst verortet er das mehrfach in Quellen erwähnte Ehrenmal für Germanicus in der unmittelbaren Nähe des Drusus-Kenotaphs. Dafür sprechen die aus den Quellen hervorgehenden gemeinsamen Ehren- und Opferhandlungen für Drusus und Germanicus und die damit zusammenhängenden Faktoren[Anm. 4]. Weiterhin bleibt der feindliche Charakter der rechtsrheinischen Gebiete zu beachten. Erst 83 n. Chr sicherte Domitian mit seinen Chattenfeldzügen den rechtsrheinischen Raum und lieferte die geographischen Möglichkeiten für den Limesbau, der Senat sprach ihm das Recht zu sich Germanicus zu nennen. Die zahlreichen domitianischen Ehrenbögen in Rom und seine belegte Schwäche für solche[Anm. 5], sprechen dafür, dass er auch am Ort seines größten Triumphes, im rechtsrheinischen Germanien, einen solchen errichten ließ, zumal das dortige Gebiet nun als gesichert galt.

Vom römischen Legionslager Moguntiacum auf dem Mainzer Kästrich aus könnte man eine gerade Linie über die römische Rheinbrücke und durch das Castellum Mattiacorum und den Ehrenbogen nach Germanien ziehen. Diese symbolische Bedeutung als "Tor nach Germanien" darf ebenfalls nicht vergessen werden. Eine Bau- und Ehreninschrift, die ein solchen Bauwerk, wenn von Domitian errichtet, sicher getragen hätte, wäre im Jahre 96 n. Chr. nach Domitians Ermordung der damnatio memoriae zum Opfer gefallen.

Grundsätzlich erlaubt die Quellenlage beide Deutungen der Fundstücke, wobei zweitere aus der historischen Perspektive einleuchtender erscheint.

Nachweise

Verfasser: Dominik Kasper
Verwendete Literatur:

  • Bellen, H: Der römische Ehrenbogen von Mainz-Kastel. IANUS GERMANICI AUT DOMITIANI?, in: AKB 19 (1989), S. 77-84.
  • Frenz, H. G: Der römsiche Ehrenbogen von Mainz-Kastel, in: Nass. Ann. 100 (1989), S. 1-16.
  • Ders.: Zur Zeitstellung des römischen Ehrenbogens von Mainz-Kastel, in: AKB 19 (1989), S.69-75.

Weitere Literatur:

  • Frenz, H. G.: Der römische Ehrenbogen von Mainz-Kastel. Wiesbaden 1988.
  • Lebek, W. D.: Die Mainzer Ehrngen für Germanicus, den älteren Drusus und Domitian, in: ZPE 78 (1989), S. 45-82.
  • Lehmann, G. A.: Das Ende der römischen Herrschaft über das westelbische Germanien: Von der Varus-Katastrophe zur Abberufung des Germanicus Caesar 16/17 n. Chr., in: ZPE 86 (1991), 79-96.
  • Schmitt, T.: Die drei Bögen für Germanicus und die römische Politik in frühtiberischer Zeit, in: RSA 27 (1997), S. 73-137.

Erstellt: 21.01.09

Geändert: 26.03.09

Anmerkungen:

  1. Tac. ann. 2,83, 1-3 Zurück
  2. Frenz, Zeitstellung, S. 72 Zurück
  3. vgl. Bellen, IANUS GERMANICI AUT DOMITIANI?, S.77 Zurück
  4. Bellen, IANUS GERMANICI AUT DOMITIANI, S.77f und 79 Zurück
  5. Suet., Dom, 13,2 Zurück