Kempten in Rheinhessen

Römischer Gutshof in Kempten

Auf dem Grundstück der ehemaligen Gärtnerei Regner – in der heutigen Straße „An der Römervilla“ – wurden die teilweise noch gut erhaltenen Mauerreste des Hauptgebäudes einer villa rustica gefunden.[Anm. 1] Neben diesen Mauerfunden wurden 1935 auch Ziegelsteine, Wand- und Fußbodenplatten, sowie verschiedene Keramik- und Metallfunde gemacht.[Anm. 2]

Das Anwesen des Gutshofes war durch eine Terrassierung in drei Höhenstufen angelegt. Die Mauern der Villa waren teilweise bis zu einer Höhe von einem Meter erhalten. Stellenweise war der Wandverputz noch vorhanden. Die längste Seite des Gebäudes war mit etwa 46 Metern die Westseite, die breiteste Seite war die Südseite mit etwa 30 Metern.[Anm. 3]

Der Gutshof wurde spätestens im 2. Jahrhundert n. Chr. erbaut und bis ins 5. Jahrhundert n. Chr. genutzt.[Anm. 4] Dieser Datierungsvorschlag wurde anhand der zahlreichen Funde erstellt, die im Laufe mehrerer Jahrzehnte auf dem Grundstück gemacht wurden.[Anm. 5] In diesem Zeitraum wurde die Villa mehrfach umgebaut. Bei einer dieser Umbauten handelte es sich um eine Heizanlage mit Warmwasserbereitung, die 1984 während einer Grabung gefunden wurde. Sowohl der Arbeitsplatz des Heizers, als auch die zwei Heizkanäle (Präfurnien) waren erhalten. Über einem der Heizkanäle war ein großer Wasserkessel eingebaut, der für ununterbrochene Warmwasserzufuhr sorgte.[Anm. 6]

Bereits vor jenem Fund wurde in den 1970er Jahren ein römisches Bad, welches zu dem Gutshof gehörte, ergraben. Dabei wurden ein Caldarium (Warmbad) mit zugehöriger Hypokaustanlage und ein Frigidarium (Kaltbad) gefunden.[Anm. 7]

Auf dem Gelände des Gutshofes wurden außerdem reiche Wandmalereien und Skulpturen gefunden. Für Letztere sind beispielsweise ein bronzener Kastenhenkel mit der figürlichen Darstellung eines bärtigen Mannes[Anm. 8] oder ein Statuenfragment einer etwa lebensgroßen, männlichen Figur zu nennen. Josef Loos interpretierte den Fund des Fragmentes als den Torso einer Jupiterstatue und begründet dies mit dem häufigen Vorhandensein solcher Statuen in villae rusticae.[Anm. 9]

Auch an anderen Stellen der Kempter Gemarkung wurden im Laufe der Jahre römische Funde gemacht. 1923 wurden in der Gemarkung „An der Hohl“ die Mauern einer anderen villa rustica gefunden. Der Fund von runden Ziegeln deutete auf das Vorhandensein einer Hypokaustanlage hin, Brandspuren ließen auf eine Zerstörung der Villa durch ein Feuer schließen.[Anm. 10]

Weitere Gebäudereste, sowie Reste von Estrich, Hypokaustanlagen und Wand- und Bodenverkleidungen in den Gewannen „Platte“, „Brache“ und „Dreispitz“ lassen auf eine dichte römische Besiedlung Kemptens schließen. Auch ein Gräberfeld in der Gewann „Wasserstadt“ mit Keramik-, Metall und Münzfunden aus dem 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr. untermauern diese These.[Anm. 11]

Nachweise

Verfasser: Lutz Luckhaupt

Verwendete Literatur:

  • Behrens, Gustav: Die Binger Landschaft in der Vor- und Frühgeschichte. Mainz 1954 (= Rheinhessen in seiner Vergangenheit, Bd. 10).
  • Loos, Josef: Das Bad der römischen Villa in Bingen-Kempten. Naheland-Kalender 1976, S. 55-56.
  • Loos, Josef: Römischer Torso aus der Kempter Villa. Heimat am Mittelrhein 22/5 (1977).
  • Rupprecht, Gerd: Bingen-Kempten. Gutshof. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 335-336.
  • Ziethen, Gabriele: Römisches Bingen. Vom Beginn der römischen Herrschaft bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. In: Ger Rupprecht / Alexander Heising (Hrsg.): Vom Faustkeil zum Frankenschwert. Bingen. Geschichte einer Stadt am Mittelrhein. Band 2 der Binger Stadtgeschichte. Mainz 2003, S. 23-107.

Aktualisiert am: 28.11.2016

Anmerkungen:

  1. Rupprecht, Gerd: Bingen-Kempten. Gutshof. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 335-336, hier S. 335. Zurück
  2. Behrens, Gustav: Die Binger Landschaft in der Vor- und Frühgeschichte. Mainz 1954 (= Rheinhessen in seiner Vergangenheit, Bd. 10), S. 40. Zurück
  3. Loos, Josef: Römischer Torso aus der Kempter Villa. Heimat am Mittelrhein 22/5 (1977). Zurück
  4. Ziethen, Gabriele: Römisches Bingen. Vom Beginn der römischen Herrschaft bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. In: Ger Rupprecht / Alexander Heising (Hrsg.): Vom Faustkeil zum Frankenschwert. Bingen. Geschichte einer Stadt am Mittelrhein. Band 2 der Binger Stadtgeschichte. Mainz 2003, S. 23-107, hier S. 50. Zurück
  5. Siehe dazu diverse Fundberichte in den Mainzer Zeitschriften. Siehe dazu Ziethen, S. 93, Anm. 173. Zurück
  6. Rupprecht, S. 335-336. Zurück
  7. Loos, Josef: Das Bad der römischen Villa in Bingen-Kempten. Naheland-Kalender 1976, S. 55-56. Zurück
  8. Ziethen, S. 50. Zurück
  9. Loos, Römischer Torso aus der Kempter Villa. Zurück
  10. Behrens, S. 40. Zurück
  11. Ziethen, S. 51. Zurück