Ockenheim in Rheinhessen

Ockenheim auf alten Karten

Der nachstehende Aufsatz wurde regioNet von Reiner Letzner zur Verfügung gestellt

Sebastian Münster - 2. Rheinkarte aus der "Geographia" von 1540 (Ausschnitt)

Karte von Sebastian Münster[Bild: ]

Sebastian Münster - geboren am 20.1.1488 in Nieder- Ingelheim, gest. am 20.5.1552 in Basel - gehört zu den bedeutendsten und vielseitigsten Gelehrten des Humanismus, die sich auch mit der Geographie befassten. Das Hauptwerk von Sebastian Münster ist die "Cosmographia Beschreibung aller Lender durch Sebastianum Munsterum...", die 1543 bei Heinrich Petri in Basel gedruckt wurde und bis zum Jahr 1628 insgesamt 21 Auflagen erlebte.

Die Karte links oben stammt aus seinem Werk GEOGRAPHIA UNIVERSALIS, VETUS ET NOVA COMPLECTENS CLAUDII PTOLEMAEI von 1540 und ist ein Ausschnitt aus der QUARTA RHENI ET IX NOVA TAB (Oppenheim bis Bonn).

StA Würzburg „Mainzer Pläne, Wandgestell 10"
Gottfried Mascop – Gemarkungsplan von Ockenheim1577

Rechtes Bild: Gottfried Mascop - Übersichtskarte der Ämter Bingen, Olm und Algesheim 1577 (Ausschnitt)  

Linkes Bild: Gottfried Mascop – Gemarkungsplan von Ockenheim 1577.

 


In den Jahren 1576 und 1577 erledigte Gottfried Mascop als "Geographus" - er selbst nannte sich  „landmeter", später "Magister" - seinen Auftrag für den erzbischöflichen Stuhl in Mainz unter dem Erz - Bischof Daniel Brendel von Homburg (1522 - 22.3.1582) das Erzstift zu vermessen und in Karten und Regalbüchern (Regal = ein dem Landesherrscher zustehendes oder von ihm beanspruchtes Hoheitsrecht) aufzuzeichnen.
Die geplante Aufnahme des gesamten Territoriums wurde nicht abgeschlossen. Neben zahlreichen handgezeichneten Karten und Plänen ist aus der Mainzer Zeit ein Atlas mit Stadt- und Gemar-kungsplänen im Gebiet der Kurmainzer Ämter Bingen, Olm und Algesheim,  dessen Originale sich im Staatsarchiv Würzburg unter "Mainzer Pläne, Wandgestell 10" befinden, erhalten geblieben.

Der Atlas enthält folgende Karten:
Übersichtskarte der Ämter Bingen, Olm und Algesheim; Stadtplan von Bingen und Algesheim; Dorf-plan von Nieder-Olm; Gemarkungsplan und Gemarkungsbeschreibung von Nieder-Olm, Gau-Bischofsheim, Zornheim, Ebersheim, Sulzheim, Ober-Olm, Klein-Winternheim, Weisenau, Lauben-heim, Gau-Algesheim, Ockenheim, Dromersheim, Dietersheim, Gau-Bickelheim und Ansicht des Bonifatiusberges (= Burg Rheinstein)
Zum Amt Algesheim gehörten neben Gau-Algesheim von Anfang an Ockenheim und Gau-Bickel-heim. Erst 1423 kam Dromersheim hinzu, im 14. Jh. wurde Dietersheim teilweise und im folgenden Jh. vollständig dem Mainzer Kurstaat und damit dem Amt  Algesheim einverleibt. Bingen war Amtssitz des Rheingauer Landschreibers, bis es im Jahre 1438 in den alleinigen Besitz des Mainzer Dom-kapitels gelangte. Das domkapitelsche Amt Bingen wurde von einem Amtmann geleitet, den die Kapitelherren aus ihren eigenen Reihen stellten. Zum Binger Amt gehörte auch das Amt Heimbach mit den Dörfern Trechtingshausen, Ober- und Niederheimbach.

Ockenumer gemarck - Transkription von Gottfried Kneib

Ockenumer gemarck stost an 6 benachbarten gemarcken, erstlich an Gaw Algeßum und scheidet daselbst das Algeßumer landtgewehr bis an den eychbaum. Nun ist eitel Berger gemarck bis an eckstein, mit dem zeichen Arietis verzeychnet. Und geht daselbs die Dromersumer gemarck an, weiter von obgemeltem zeichen an bis zum zeychen Tauri, da die budeßumer gemarck angeht. Die obgenante Dromersumer scheiden von den Ockenumern mit einem auffgeworffenen Rick. Und da das Rick endiget, sindt nach einander 3 stein, unter welchen der letzt steht bei dem zeychen Tauri. Von diesem zeichen bis zum zeychen Gemini stöst die Budeßumer gemarck an die Ockenumer. Diese Budeßumer scheyden von den Ockenumern mit 13 gemarcksteinen, welche noch all vorhanden. Nun von dem zeichen Gemini bis tzum zeychen Cancri, da die Gawlsumer gemarck angeht, scheyden die Kembder und Ockenumer mit vier marcksteinen, sindt auch noch all vorhanden. Nun von dem zeychen Cancri bis zum zeichen Leonis oben am Algeßumer schlag an der landtwehr scheyden die Gawlsumer von den Ockenumern uber den flutgraben her bis an den Algeßumer schlag mit acht marcksteinen.
Nota bey diesem ort bey dem flutgraben, holtzwegh und dem Algeßumer schlag ist der streyt. Das gericht bey Ockenum, davon ich daselbs die vestigia gefunden, ist itziger zeyt nicht da, sondern sie haben sich erklert, ein halsgericht wider dartzustellen.

Folgen die Pflegen der gemarcken

1. Diese Pflege stost auff den Gawlsumer wegh, ist eitel ackerveldt.
2. Diese ackerpflege wirdt genant am Kembder wegh, nachdem derselbige wegh darunber hergeht.
3. Diese wirdt genant am Budeßumer wegh und ist acker und wein durcheinander.
4. Am Dromersumer wegh, ist ein weinbergh.
5. Dis wird am Burger wegh genandt, dan die Ockenumer haben hieher den viehtriefft auff dem Berger, Dromersumer und Ockenumer gemein aliment und ist ein wingartbergh.
6. Am bergh. Dis ist ein anfang der gemein heyde.
7. Ist ein ackerpflegh, stost an der Berger gemarck, darvon dieselbige auch am Berger veldt genant wirt.
8. Uff der Schönhelle. Dis ist ein feiner weinbergh.
9. An Mainzer stras, ist ackerveldt.
10. Under der Schönhelle, ist auch ein weinbergh.
11. Das Catzenloch, ist alls weinbergh.
12. Am Khuweg, ist ein weinbergh, wirdt auch genant der Horn.
13. Der Faulkopff, ist auch weinbergh.
14. Dis wirdt genent die Brotzwiese, seind wiesen und weiden.
15. Die Hochmul. Dies pfleg ist zum theil acker und auch zum theil weinwachs.
16. Dis wirt genant am Sporckenumer wegh und ist auch ein zimlich ackerveldt.
17. Die ist ein klaur, welchen sie nennen im Pfingstbrun, dan daselbst ist der brun gefast, so im flecken springt.

Folgen andere des flecks gerechtigkeit und gelegenheit

Noch hat obgemelter fleck Ockenum 85 herdstet. Die bewonte heuser sind churf[ürstlich] gn[aden] zu Maintz alle frey leibeigen, ausgenommen drey, so dem heiligen reich zustehn. Noch seind 2 heuser, so ausmercker in besitzt haben.  

Von den Schützen
Auch haben obgenanten drey schutzen, gehn an uff s[ankt] Steffanstag, bleiben ein jar, haben von 2 morgen ackers 1 sichling. Auch haben sie [fol.36v] (nach dem der wein geratet) von 2 morgen wingarts ein halbe mas oder ein echt mas weins.

Von den Schrödern 
Diese haben auch zwölff Schröder, gehen an auff s[ankt] Michaelistag und bleiben ein jar, haben von der ohm 4 heller.
Den pfarhern haben die hern ad gradus Mariae zu Maintz zu setzen. Er hat aber neben dem pfarherr noch ein altaristen daselbst.  
Diese gemarck ist anno 1577 in beisein der gerichtspersonen (wie volgt) von einem stein zum andern begangen.  

Caspar von der Wardt, schultheis.
Caspar Gulner, Alexander Steck, Cuntz Steck, Hieronimo Lutz, underschultheis, Niclas Steck [fol.37]  

Glossar

eitellauter, rein
EicherMaß – Überprüfer
gemarckbei Mascop auch: gemark. Gebiet der Gemeinde, bei Zusammenschluss mehrerer ursprünglich selbständiger Gemeinden besteht die neue Einheit (Dorf oder Stadt) aus mehreren Gemarkungen
gerechtigkeit u. gelegenheitDorfrechte und Gewohnheiten
herdstetHerdstelle, nach Auffassung von G. Kneib sind darin nur die allmendberechtigten Vollbürger berücksichtigt. Ein vollständiges Bild der dörflichen Bevölkerung muss auch die Familienangehörigen, wel-che einer anderen Leibeigenschaft als der Familienvorstand haben konnten und die "Beisassen" = schutzverwandte Personen, welche der Aufenthalt gestattet war, die aber minderes Recht genossen, mit erfassen.
Klaurauch Klauer, im Klauer. Hier wurden die Weiden ange-pflanzt. Der Name hängt mit dem Wort Knäuel zusammen und ist ein Hinweis auf die knollige Form der geschnittenen Weidenbaumstümpfe.
MalsteinMal: Fleck, Merkmal
MarcksteinDas Wort "Grenze" – "granica" ist polnischer Herkunft; das entspre-chende deutsche Wort ist "Mark".
pflegenFlur- oder Flurteil
rickauch reck, recke, Stange, Latte, Lattenzaun, Landeswehr, Grenzbefestigung
Ohm1 Fuder = 6 Ohm = 240 Stübchen= 902 Liter; 1 Ohm = 150,33 Liter. Die Angaben schwanken regional zwischen 143 und 158 Liter.
schröderWeinverlader
sichlingBezeichnung für ein Getreidemaß
schützenFeld- und Flurschützen
vestigiumÜberreste, Trümmer, Ruine.