0.Hachenburg in der Reformationszeit
0.1.Die Grafen von Sayn und die Reformation
In den Auseinandersetzungen zwischen Katholizismus und Protestantismus Mitte des 16. Jahrhunderts widersetzte sich 1552 eine deutsche Fürstenopposition unter der Führung Moritz'' von Sachsen dem katholischen Kaiser Karl V. Der Augsburger Religionsfriede (von 1555) erkannte das Augsburger Bekenntnis der protestantischen Reichsstände von 1530 an und bestätigte somit die rechtliche Gleichstellung von Protestanten und Katholiken.
Der Glaubensstreit machte sich auch in und um Hachenburg bemerkbar. So hielt sich 1552 ein großer »Haufen Kriegsvolks« in der Umgebung der Stadt auf. Da man nicht wusste, um wen es sich handelte und welche Ziele die Unbekannten verfolgten, schickte der Hachenburger Stadtrat die Bürger Wendel Rab und Johann Haich aus, um auszukundschaften, wohin der versammelte Haufen sich keren wolle. Gleichzeitig bereitete man sich auf das Schlimmste vor und ließ die Schlösser der Stadttore erneuern.
Während in Hessen Landgraf Philipp schon im Oktober 1526 die Homberger Synode (Homberg/Efze) entscheiden ließ und mit der Gründung der reformatorischen Universität Marburg einen geistigen Mittelpunkt für die Reformation schuf, konnten sich die reformatorischen Bewegungen in den Gebieten der geistlichen Erzstifte Trier und Köln nur schwer durchsetzen. Da sich auch Kaiser Karl V. auf die Seite des Papstes gestellt hatte, konnte das Reichskammergericht einschreiten, wenn ein einzelner Graf innerhalb dieser Gebiete sich zur Reformation bekennen wollte. Wie viele andere Herrschaftsträger im Bereich der Besitzungen der Erzstifte Trier und Köln, zögerten deshalb auch die Grafen von Sayn mit einer Entscheidung in den Kirchenangelegenheiten.
Dies wurde mit dem Augsburger Religionsfrieden anders: Nun konnte jeder Landesherr nach dem Grundsatz Cuius regio, eius religio (Wessen Herrschaft, dessen Landesreligion) die Konfession seines Herrschaftsbereiches und seiner Untertanen selbst bestimmen.
Fünf Jahre später war die Zeit für die Reformation in kleinen Grafschaften noch günstiger geworden. Kaiser Karl V., ein erklärter Feind der Reformation, hatte sich nach 1555 allmählich aus der Regierung zurückgezogen. Seine Nachfolger standen der Reformation freundlicher gegenüber. Daher wagten auch die kleinen Fürsten, Grafen und Ritter, sich offen zum Evangelium zu bekennen. Es ist somit kein Zufall, dass die Einführung der Reformation in der Grafschaft Sayn, aber auch in Nassau-Hadamar und Leiningen-Westerburg erst in die Jahre nach 1555 fällt.
0.2.Hachenburg am Vorabend der Reformation
Die Lehre Luthers hatte in der Grafschaft rasch ihre Anhänger gefunden. Hachenburger Eltern schickten ihre Kinder schon bald nach der Gründung der evangelischen Universität zur Ausbildung ins hessische Marburg. Man war sich also sicher, dass es zu Glaubensänderungen kommen würde und wollte seine Kinder in der neuen Lehre unterrichtet wissen. Gleichwohl zogen die Hachenburger noch 1559 am Fronleichnamstag in einer Prozession um die Stadt und pilgerten am Pantaleonstag (28. Juli) zum Kloster Marienstatt, um dort nach altem Brauch die Stadtkerze zu opfern.
Die Reformation fasste in der Grafschaft erst Fuß, nachdem der überzeugte Katholik Graf Johann VI. am 20. März 1560 verstorben war. Sein Sohn Graf Adolf (1560-68) war seit dem 22. Januar 1560 mit Gräfin Maria von Mansfeld vermählt, deren Familie sich schon 1524 der neuen Lehre zugewandt hatte. Graf Adolf führte zusammen mit seinem Onkel Graf Sebastian II. (1542-1573), der auf der Freusburg residierte, im Laufe des Jahres 1560/61 in der Grafschaft Sayn verbindlich die Reformation ein.
0.3.Der Tag der Reformation am 9. August 1560
Wann genau die Reformation Einzug in der Stadt Hachenburg hielt, ist in der Forschung umstritten. Die katholische Glaubensvorherrschaft Hachenburgs endete spätestens am 9. August 1560. An diesem Datum wurde ein Sendtag abgehalten, den der regierende Graf Adolf persönlich leitete. Der Sendtag war ursprünglich ein niedriges kirchliches Gericht, das meist im Anschluss an eine Kirchenvisitation in der Gemeinde gehalten wurde. Auf solch einem Sendtag pflegte man über eheliche Zwistigkeiten, Zank, Schlägereien, Flüche, Gotteslästerung, Verstöße gegen kirchliche Gesetze u.ä. zu richten. Den Vorsitz führte bestimmungsgemäß der Bischof oder sein Abgesandter, etwa ein Archidiakon oder Propst. Dass Graf Adolf am 9. August 1560 den Sendtag leitete, ist beredtes Zeichen dafür, dass zu diesem Zeitpunkt der Bischof die Gerichtszuständigkeit in der Grafschaft verloren hatte und der Graf das kirchliche Regiment nun selbst ausübte.
(c) Ein Text von Dr. Stefan Grathoff (Hachenburg/Mainz).
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