Huldigungen der Bürger von Hachenburg
Unter Huldigung (lateinisch: homagium) versteht man allgemein ein Treueversprechen, das die Untertanen ihrem Stadtherrn unter Eid bzw. Handgelöbnus abgeben mussten. Man versicherte dem Herrn Loyalität und Treue, während der Herr die Respektierung der städtischen Privilegien und Freiheiten zusagte und der Stadt Schutz und Schirm zusagte.
Wenn ein neuer Graf die Leitung der Grafschaft übernahm, reiste er im Land umher, um die Huldigung seiner Untertanen entgegenzunehmen. Ein solcher Unterwerfungsakt wurde natürlich auch von den Hachenburgern gefordert. Als der Bischof von Osnabrück 1636 die Leitung der Grafschaft Sayn übernahm, wurde erstmals eine solche Huldigungs beschrieben.
Streit um die Grafschaft 1636
Erzwungene Huldigung im Jahr 1742
Als 1742 der Pfalzgraf bei Rhein die Grafschaft Sayn in einem illegalen Abt besetzen ließ, spielte die damit einhergehende erzwungene Huldigung der Menschen in den eroberten Gebieten eine bedeutende Rolle. Die Entbindung von dem Treuegebot gegenüber dem unterlegenden Herrscher und die Vereidigung der Menschen auf sich selbst als den neuen Machthaber, waren nach dem militärischen Erfolg die entscheidende Vorbedingung für die Durchsetzung des Herrschaftsanspruches.
Die ersten - mehr oder weniger erzwungenen - Huldigungen der Kirchspielleute wurden am 25. Januar 1742 entgegengenommen. Ein kurfürstlicher "Special-Befehl" vom 21. Januar 1742 hatte sämtliche "Beamten" (Offiziaten) der Grafschaft Sayn-Hachenburg, sei es Justiz-, Kameral-, Finanz-, Kanzlei- oder Kellereipersonal, sämtliche Bergwerks-Hütten- und Hammer-, Forst- und Jagdverordnete, desgleichen Bürgermeister, Schultheißen, Zöllner, Heimbürgen und Gerichtsvorsteher für Donnerstag, den 25. Januar, vor die kurfürstliche Kommission in Schöneberg zitiert, wo sich das Hauptquartier der Besatzungsmacht befand. Dort sollten die Menschen weitere Anweisungen erhalten.[Anm. 1]
Da alle besetzten Gemeinden zur Huldigung aufgefordert wurden,[Anm. 2] versuchte der Burggraf im noch nicht besetzten Hachenburg dadurch entgegenzusteuern, dass er seinen Untertanen generell verbot, dem Pfalzgrafen und den als Drahtziehern im Hintergrund lauernden Grafen von Sayn-Wittgenstein zu huldigen.[Anm. 3] Diejenigen, die diese Huldigung schon vorgenommen hatten, entband er schriftlich von diesem [erzwungenem] Huldigungseides und verpflichtete sie auf den ihm geleisteten Gehorsamseid.[Anm. 4]Letzendlich konnte sich der Burggraf durchsetzen und den Pfalzgrafen wieder zum Rückzug bewegen.
Feierliche Huldigung im Jahr 1749
Mitte des 18. Jahrhunderts erfährt man nähere Einzelheiten zu diesem Unterwerfungsakt:.
Burggraf Georg Friedrich war am 14. August 1749 gegen 23 Uhr gestorben. Am folgenden Tag nahm sein Nachfolger Wilhelm Ludwig das Handgelöbnis, den Huldigungseid von 122 Bürgern entgegen, 42 Bürger waren verhindert oder aus einem anderen Grund nicht anwesend. Morgens schon waren Boten mit den entsprechenden Instruktionen in die Amtsorte entsandt worden, um einen nahtlosen Herrschaftsübergang zu gewährleisten.
Damals machte man sich auf dem Schloss große Sorgen um die eigene Sicherheit. Sowohl die Infanterie und Kavallerie als auch die Husaren wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Das Noth-Pförtgen am Schloss wurde bewacht, in den Straßen patroullierten Truppen, um jeglichen Auflauf und jegliche Versammlungen zu unterbinden. Die Schlossbediensteten wurden zusammengerufen, damit sie umgehend dem neuen Herrscher huldigen konnten.
Aus den Huldigungslisten, die im Schloss penibel erstellt wurden, kann man ersehen, wer damals in Hachenburg "prominent" war. Neben den gräflichen Kanzlei- und Schlossbeamten,[Anm. 5] dem Militärpersonal,[Anm. 6] den Hof- und Livréebedienten bzw. Lakaien und Hof-Offizianten,[Anm. 7] den Forstbedienten,[Anm. 8] Berg- Offizianten,[Anm. 9] den Vertreter der Kirche,[Anm. 10] lässt sich auch die medizinisch "Prominenz" in der Stadt[Anm. 11] und das Schulpersonal[Anm. 12] als städtische Führungsschicht erkennen.[Anm. 13]
Am 29. September 1749 wurde die für das ganze Land angeordnete Huldigungspredigt in Hachenburg während des lutherischen Gottesdienstes um 9 Uhr verlesen. Anschließend hielt der lutherische Pastor Reinhardt normalen Gottesdienst. Alles, was Rang und Namen hatte, war anwesend und lauschte den musikalischen Darbietungen. Dann begab sich die Herrschaft in das Schloss und nahm im inneren Schlosshof die Huldigungssprüche per Handschlag entgegen.[Anm. 14]
Im Schloss fand ein Festessen statt. Nach "Ständen" aufgeteilt, saßen die Gäste an verschiedenen Tischen. Die Menüfolge war von der Herrschaft persönlich festgelegt worden.
An der 1. Tafel saßen die herrschaftlichen Diener und die Geistlichkeit (23 Personen). Ihnen wurden zwei Gänge aufgetragen. Zuerst wurden gereicht: zwei Suppen, je eine Schüssel frisches Rindfleisch und gedörrtes Rindfleisch, zwei Schüsseln mit Gemüse, eine mit Wurst, die andere mit Carponade, zwei Schüssel Pastete mit jungen Hühnern, zwei Schüsseln Hammel Schlägel mit Sauce, zwei mit Karpfen und Forelle, eine Schüssel "alte Hühner mit Sauce" sowie eine Schüssel mit Kalbfleisch. Im zweiten Gang folgten 2 kalte Pasteten von Wildpret, je eine mit Schinken und gedörrter Rindszunge, zwei Schüsseln mit Backwerk, zwei mit Wildpret bzw. Hammel und Kalb, je eine mit Salat, Äpfeln, jungen gebratenen Hühner und eine mit Hahn bzw. Feldhühnern.
An der 2. Tafel saßen weitere Diener, der Schultheiß und die Jäger.
An der 3. Tafel hatten weitere Bediente und der gesamte städtische Magistrat Platz genommen. Die Menüfolge, die für diese Tische vorgesehen war, ähnelte der am 1. Tisch. Es gab Suppen, Rindfleisch, Gemüse, Karpfen, mit Sauce, gebraten und "blau", Hammelschlägel mit Sauce bzw. Pasteten, Kalbfleisch und junge Hühner, dazu Braten (Wildpret), Salat und Äpfel, Gebackenes, Torten, kalte Schinken, Zungen bzw. gedörrtes Rindfleisch.
An der 4. Tafel saßen 26 Personen der herrschaftlichen Bedienten und Geschworenen. Als Nachtisch wurde allen Gästen Biscuit, große Brezeln, gewundene Kuchen, eine Pyramide mit "nassen" Konfitüren, Zwieback, Mandeltorte, Rand-Kuchen und Kuchen mit Obst serviert[Anm. 15]
Erbhuldigung auf dem Schloss 1788
Im Verlauf der Erbhuldigung am 17. April 1788 ist eine "heitere Episode" überliefert: "Das fürstliche Paar: Fürst Friedrich Wilhelm und Fürstin Luise Isabella nahm am 17. April 1788 zu Hachenburg die Huldigung ein. Sie wurden mit allen, für solche Angelegenheiten herkömmlichen Freudenbezeugungen, namentlich von einer Schar weißgekleideter, Blumen streuender Jungfrauen empfangen. In Betracht der anmutigen Gruppe hielt der Wagen, die Töchter des Landes umringten ihn von allen Seiten, und eine derselben trug ein Gedicht vor, das sie zierlich in Fraktur geschrieben, in Goldpapier geheftet, auf einem silbernen Teller der Prinzessin überreichte. Huldreich die Gabe aufnehmend, erfasste diese den Teller, der Meinung, es sei derselbe zugleich geschenkt. Anderer Meinung war die Sprecherin, wohl wissend, von wem der Teller erborgt worden. Sie bemühte sich ihn zurückzuziehen, ihn festhaltend die Prinzessin, und zwischen beiden entgegengesetzten Ansichten ergab sich ein Hin- und herzerren, das wohl eine Minute anhielt, endlich aber zum Vorteil der Beschenkten ausfiel. Triumphierend rollte die Berline davon, trauernden folgten die Jungfrauen. Gegen die Anführerin haben sie der Vorwürfe nicht gespart, denn ihrer Unvorsichtigkeiten maßen sie allein den Verlust des Tellers und die damit erwachsene Verpflichtung, dem Eigentümer den Wert desselben zu erstatten, bei. Einen solchen traurigen Ausgang nahm die Sache jedoch nicht; es fand sich eine mitleidige Seele, der Fürstin den wahren Sachverhalt darzustellen, und ohne Säumnis wurde der unglückliche Teller zurückgegeben."[Anm. 16]
Erbhuldigung 1799
Nach dem Tod des letzten Burggrafen Johann August am 11. April 1799 fiel die Grafschaft Sayn über die Erbin Luise Isabelle an deren Ehemann Fürst Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg. Bereits am 17. April 1799 nahm das Ehepaar, aus Bayreuth kommend, die feierliche Erbhuldigung in Hachenburg entgegen. Bei ihrer Ankunft in Hachenburg wurden sie von einer Schar weißgekleideter Mädchen empfangen.
Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.
Anmerkungen:
- HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 1391 b fol. 70-71. Zurück
- HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 1391 b fol. 46. Zurück
- Befehl vom 20.2.1742: Bericht des Pfarrers Symonis aus Altstadt (HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 1391 b fol. 45v-46 zum 24.1.1742). Zurück
- Befehl vom 20.2.1742 (HHStA Wiesbaden Abt. 340 Urkunden (Druckschrift)). Zurück
- Kanzleirat Wilhelm Löwe, Archivrat Johann Friedrich Avemann, Hofrat Christian Ludwig Appelius, Amtsrat Johann Leonhardt Niesner, Kanzleisekretär Jacob Albert Eberhard Wirths, Herzoglicher Sekretär und Archivar Georg Leberecht Magdeburg, Kammersekretär Johann Helm, Kanzleisekretär Johann Christian Henrich Schwabe, Registrator Johann Georg Ritter, Rentmeister Georg Albrecht Schumann, Kammerschreiber Halßenbach, Hofrat Rat Johann Friedrich von Flurer, Amtmann Wiesener, Stadtschultheiß Johann Andreas Rhön, Amtsactuarius Doncker, Kammerschreiber Andreas Halstenbach, Haushofmeister Johann Adam Schudt, Oberförster Bomler Zurück
- Hauptmann von Capp, Landhauptmann Johann Heinrich Cramer vom Weyerbusch, Husarenwachtmeister Pritzer. Zurück
- Kammerdiener Elias Lux, Peter Göbel und Rudolff, Küchenschreiber Schröter, Mundschenk Joh. Jacob Schmidt, Hofgärtner Back, der Koch Keyser, Büchsenspanner Wachse, Tafeldecker Schmidt, Hofschmied Halm sowie die Lakaien Elias Gerlach, Joseph Fischer, Jacob Müller, Daniel Trutschler und Joh. Heinrich Becker, dann Bäcker, Konditor, Läufer und Stallburschen sowie der Kutscher Peter Schumacher und die beiden "Vorreuthe" Christian Heinrich und Peter Berger. Zurück
- Forstsekretär Hermann Theodor Grün sowie Oberjäger Friedrich Stegmann, Oberförster Johann Albert Bommler, Oberförster Wachs. Zurück
- Berginspektor Johann Daniel Linck und Berg-Geschworener Henrich Mathias Gellhaußen . Zurück
- Genannt werden der lutherische Hofprediger Emminghausen (lutherisch), Pfarrer Martin Friedrich Wredow als lutherischer Stadtprediger und der reformierte Pfarrer Johann Martin Reinhart sowie aus dem Kloster am Markt der Guardian Marcus Kern. Zurück
- Doktor und Leibmedicus Johann Gottlieb Forst und Hofapotheker Johann Heinrich Schumacher Zurück
- Der evangelisch-lutherische Lehrer H. Meung (?), der reformierte Lehrer Müller sowie der Katholik Frantz Krüd (?). Zurück
- HHSTW Abt. 340 Nr. 1081. Die Huldigungsnotel der Dienerschaft sind hier wörtlich überliefert. Zurück
- HHStAW Abt. 340 Nr. 1081. Der Verlauf des Gottesdienstes, die dargebotene Musik mit Texten und Sprüchen, die Reden und Ansprachen und die Danksagung des Grafen sind genauestens überliefert. Zurück
- HHStAW Abt. 340 Nr. 1081. Zurück
- HHStAW Abt. 1032 Nr. 6a; Sayn-Wittgenstein, Im Westerwald S. 167; Vogel, Beschreibung S. 221; Spielmann, Geschichtliches S. 14. Die "Teller-Episode" wird abweichend auch für die Huldigung am 17.4.1799 überliefert. Zurück