Feuerbekämpfung in Hachenburg
Die großen Brandkatastrophen
Das Hab und Gut der Bürger Hachenburgs war stetig durch Brände bedroht. Immer wieder ließen leichtsinnige Stadtbewohner Kerzen und offene Lampen in Häusern und Ställen brennen, um auch nach Einbruch der Dunkelheit noch arbeiten zu können. Mögliche Brandherde stellten auch die Küchen und Räumlichkeiten dar, in denen etwa Brot gebacken oder Bier gebraut wurde.
Von den vielen kleinen Hausbränden, die gelöscht werden konnten, erfährt man nur gelegentlich. Zuweilen griffen aber die Löschmaßnahmen nicht und kleine Feuer wuchsen sich zu verheerenden Bränden aus. Wenn man die Quellen wörtlich nimmt, brannten zuweilen ganze Stadtviertel ab. Von solchen Katastrophen wurde die Stadt mindestens achtmal heimgesucht.
Im Jahr 1400 ist "Hachenburg gäntzlich abgebrannt"
Am 19. April 1400, dem Ostermontag, brannte der größte Teil der Stadt nieder. Nur die Katharinenkirche blieb dank der tatkräftigen Hilfe des Schlossgesindes unversehrt. Zwei weitere Quellen bestätigen diese Nachricht: Anno 1400 den nechsten tag nach Ostern ist Hachenburg gar abgebrannt, die Capell aber durchs hoffgesindt erhalten worden und etwas kürzer: Den Ostermontag ist Hachenburg biß auff die Kirch gäntzlich abgebrannt.
1439: Hachenburg sinkt in Schutt und Asche
Ein verheerender Stadtbrand legte am 9. März 1439 die Stadt mitsamt der Kirche, dem Schloss, den Stadtmauern und Stadtpforten binnen drei Stunden in Schutt und Asche. Es blieb, so berichten nahezu übereinstimmend sämtliche Quellen, nichts außer einem Teil der Mauern stehen. Wenn man hört, dass auch ein Hans am anderen Ende der Stadt, nämlich das Haus von Albert Sneyseler an der Friier porczen [Niederpforte], sowie das benachbarte Haus der Kathrine von Koberstein, der Tochter des Dietrich Rost von Dernbach, samt Scheunen ein Raub der Flammen wurden, lässt sich der Umfang des Brandgebietes ermessen. Selbst außerhalb der Mauern und Pforten waren Wachthäuser und andere Gebäude zerstört worden. Schuld an dem Inferno soll Niklas Christgen gewesen sein, welcher sich vollgesoffen und einen stall angestochen hatte. Er hatte sich offensichtlich zum Schlafen ins Heu gelegt, und dabei eine Lampe umgestoßen. Ob er selbst mit dem Leben davon kam, ist nicht überliefert.
1484: nur 6 Häuser blieben stehen
Bei einem Brand am 2. Januar 1484 wurde die Stadt mitsamt der Burg und der Kirche zerstört. Nur sechs Häuser sollen stehen geblieben sein. Damals ging eine große Anzahl von Akten und Urkunden in den Archivräumen des Schlosses verloren. Brandspuren an den Pergamenturkunden und Akten, die vielleicht von diesem Brand herrühren, kann man heute noch in den Archiven feststellen.
1503 ist Hachenburg erneut "jämmerlich abgebrandt"
Am Samstag vor dem Palmsonntag, es war der 8. April 1503, ist Hachenburg im grundt abgebrandt biß auff die kirch. Nach einer anderen Quelle heißt es: [
] ist Hachenburg außerhalb der capellen jämmerlich abgebrandt. Nach Söhngen sollen die Folgen dieses Brandes entgegen der historischen Überlieferung nicht so gravierend gewesen sein, weil keine weiteren Nachrichten zu diesem Ereignis vorlägen und die Stadteinnahmen schon bald wieder in gewohnter Höhe sprudelten.
1541 brannte die Stadt am Obertor
Am Samstag vor bzw. am Palmsonntag selbst, also am 9. bzw. 10. April des Jahres 1541, soll halb Hachenburg im Bereich zwischen dem Poppenturm (Poppenthurn) und der Oberpforte abgebrannt sein.
Das "Enchridium" des Stadtschreibers Johann Henrich Helt erwähnt in seiner Aufstellung der Hachenburger Brandkatastrophen diesen Brand zwar nicht, 1550/1551 wurde aber ein neues Rathaus gebaut, das bei dem Brand 1541 zerstört worden sein könnte.
1594 genügte ein Funken...
Eine verheerende Feuersbrunst brach am 24. August 1594 über die Stadt herein. Die halbe Stadt zwischen dem Markt und der Feilhau (Peylhau) ging in Flammen auf. Nach einer anderen Überlieferung ereignete sich das Unglück am Sonntag nach Bartholomäus, dem 28. August also, wobei im Text der Quelle selbst ebenfalls der 24. August als Unglückstag angegeben wird. Dem Schriftstück zufolge wurden die Kirche (capellen), das Rathaus, die Schlossscheunen und das Viehhaus ein Opfer der Flammen. Nur etwa 42 Häuser - von angeblich 104 Häusern in der Stadt - blieben verschont, ebenso einige Scheunen und Ställe in der Nähe der Oberpforte. Der Schaden, so der Bericht, sei beträchtlich gewesen.
Auch die Limburger Chronik erwähnt den Brand. Dem Chronisten zufolge war das Feuer durch Fahrlässigkeit entstanden. Der Schreiber Peter Breitscheidt aus der Limburger Burg soll unachtsam mit einem offenen Licht hantiert haben. Die Stadt Hachenburg habe zwar deshalb seinen Herrn, den Wirtschaftsbeamten (keller) Heinrich Wentzel zu Limburg verklagt, doch mit der Klage keinen Erfolg gehabt. Hiermit, so warnt der Schreiber der Chronik, solle ein jeder gewarnt sein, sich auch um kleine Feuer sorgsam zu kümmern, da auch der Brand in Oppenheim von einem funken verursacht worden sei.
1654: "erschröckliche Feuerbrunst"
Am 13. Oktober 1654 abends gegen 22 Uhr brannte erneut ein großer Teil Hachenburgs ab. Schloss, Kirche und Rathaus wurden ein Raub der Flammen, nur die Häuser der Untergasse sollen stehen geblieben sein. Auch das Schulhaus vor der Kirche brannte ab. Der Brand wurde durch Christine Mauden, die Ehefrau des Goddert Kleinen, Witwe des Gerhard Bodenseifen, verursacht, die nachts gebacken hatte. Offensichtlich entzog sie sich ihrer Verantwortung durch Flucht. Damals soll auch das Beustsche Haus abgebrannt sein. Von der Kirche fing wohl nur ein Teil des Daches und des Turmdaches samt dem Glockenstuhl Feuer, wodurch die Glocken schmolzen. Das Innere der Kirche scheint dagegen wenig Schaden genommen zu haben.
Als der Brand ausbrach, wollten die Wachsoldaten am Schlosstor helfen. Sie konnten aber wegen der Hitze nichts ausrichten. Bedienstete brachen die Kanzleitür auf, um das Archiv zu retten. Sie warfen Briefe und Urkunden einfach durch die Fenster auf die Schloßgasse (Schloßberg). Dort wurden die Schriftstücke von anderen aufgehoben, in Fässer geschlagen und dann in Sicherheit gebracht. Bürger trugen ganze Schubladen mit Urkunden und Akten aus der Kanzlei ans Untertor. Andere Schriftstücke wurden nur bis zum Markt geschafft und dort vom herbeigeeilten Altstädter Schultheißen in Verwahrung genommen. Beim Hinauswerfen zerstoben Einzelblätter durch die von der Brandhitze verursachten Aufwinde in alle Richtungen. Es gab viel Rauch, der allen die Sicht nahm. Als die Flammen die Kanzlei erreichten, musste man die Rettungsarbeiten einstellen und etliche Schriftstücke der Vernichtung preisgeben. Der Registrator wurde dabei beobachtet, dass er Schachteln voller Briefe in das gräfliche Kabinett trug. Als das Feuer bis dorthin vordrang, fand man das Zimmer verschlossen (verpitschieret) vor. Alles wurde ein Raub der Flammen.
Einige Schlossbewohner konnten sich nur mit Mühe vor den Flammen in Sicherheit bringen. Sie mussten sich über die Mauer neben der Pforte zur linken Hand (zwischen des Herrn Pattern Haus [Haus des Pfarrers?] und der Schlosspforte) abseilen. Das Schloss brannte zwei Tage lang. Als die Flammen verlöschten, waren Kanzlei und Archiv bis auf die Außenmauern abgebrannt. Auch das Pfortengebäude des Schlosses war vollkommen zerstört.
Erschwert wurden die Löscharbeiten durch den Wassermangel. Das Wasser musste mühsam und zeitraubend von außerhalb der Stadt herbeigeschafft werden. Kurz darauf ordnete der Graf deshalb an, auf dem Markt ein Wasserreservoir anzulegen, Feuerhaken anzuschaffen und ständig bereitzuhalten. Gleichzeitig verbot der Graf, künftig innerhalb der Stadt Hanf oder Flachs zu rösten und zu dörren.
Den Stadtbrand erwähnte Graf Johann Ernst zu Manderscheid in einem Brief aus Blankenheim an seine Schwägerin Prinzessin Ilse geb. Comtesse von Sayn und Wittgenstein, die sich gerade in Frankfurt aufhielt. Sie habe bestimmt vernommen, welchen Schaden ein versehens entstandene erschröckliche Feuerbrunst in Hachenburg angerichtet habe, die auch die Kanzlei und das Archiv verwüstet hätten. Er habe seinen Rat Peter von Beytrych beauftragt, die geretteten Urkunden zusammenzutragen und an einem sicheren Ort zu verwahren.
Die Wiederherstellung des Schlosses wurde umgehend in Angriff genommen. Auch die Kirche wurde bald wieder aufgebaut.
Am 15/25. März 1655 kam es zu einer groß angelegten Untersuchung des Brandes im Schloss und der damit einhergegangenen Zerstörung des saynschen Archivs. Insgesamt 17 Augenzeugen wurden geladen und mit zwölf Fragen konfrontiert, die Gewissheit über den Verbleib der Kanzleiakten bringen sollten: Wer hatte die Urkunden, Kisten und Schachteln voller Schriftgut gerettet, auf die Gasse geworfen, sie dort aufgehoben und fortgeschafft? In welchem Maße hatte der Wind Akten verweht? In welchem Umfang hatte der Registrator Johann Eberhardt Petznian Urkunden und Akten schon bei der Abreise (Abzug) des Grafen und dessen Ehefrau nach Bendorf in das gräfliche Kabinett getragen? War das Zimmer wirklich verschlossen, und hatte man deshalb von dort keine Akten retten können? Gab es überhaupt Briefe und Dokumente im gräflichen Zimmer und verbrannten sie dort? Ein abschließender Bericht der Untersuchungen ist leider nicht überliefert.
1676: Erneuter Brand am Obertor
Am 15. Juli 1676 abends zwischen 20 und 21 Uhr, geriet Hachenburg abermals in Brand. In der Obergasse wurden 34 Häuser samt Scheuern und Ställen ein Raub der Flammen. Nach einem Bericht hatte ein Schäferjunge in der Scheune des Hauses Hans Engel den Brand verursacht. Dadurch seien, beginnend am Schlosstor, am Haus des Uhrmachers [in der Friedrichstraße] und am Rathaus [am Alten Markt] vorbei bis an die Scheuer des Johann Jakob Grün in der Ober- und Hintergasse, 34 Häusern samt zwei thurn [Stadtmauertürme] sowie viel Vieh und Getreide verbrannt. Gott wolle, so schließt der Bericht, uns ferner vor dergleichen unglücker in gnaden behüthen!
Söhngen, der noch weitere, bisher nicht wieder aufgefundene, Quellen auswerten konnte, weiß noch mehr zu berichten: Johannes Rüdgens, Sohn von Alpenroth, sei Schäferjunge bei den gräflichen "Traidhämmel" gewesen. Er habe in der Scheune des Hans Engel Hirtz [!] geschlafen und hier einen brennenden Schwamm in das Heu gesteckt. Das Feuer habe so heftig gewütet, dass in kürzester Zeit über der Stadtkirche in der Ober- und Hintergasse fast alle Häuser abbrannten. Von der Obergasse seien auf der Seite nach der Schlossseite nur sieben Häuser stehen geblieben.
Die Beseitigung der Schäden
Zerstörerische Brände ruinierten so manchen Hausbesitzer, eine Brandversicherung gab es vor dem 19. Jahrhundert nicht. Doch weder die Stadt noch die Grafen ließen die Geschädigten im Stich. Den Grafen lag viel daran, dass ihre Residenzstadt funktionierte und ihre Wirtschaftskraft, von der das Herrscherhaus schließlich wesentlich profitierte, erhalten blieb.
Nach dem Brand am 19. April 1400 gewährte Graf Johann IV. von Sayn der Stadt einige Vergünstigungen, die sein Sohn und Mitregent Graf Gerhard I. am 28. Januar 1402 bestätigte, da die Stadt die Folgen des verheerenden Brandes immer noch nicht bewältigt hatte.186 Welcher Art diese Vergünstigungen waren, ist unbekannt, doch dürften es im Wesentlichen Steuererleichterungen gewesen sein, die es den Bürgern ermöglichten, Schäden zu beseitigen sowie Handel und Gewerbe wieder aufzurichten.
Auch nach dem Brand am 9. März 1439 griff Graf Dietrich helfend ein. Um den Wiederaufbau der Stadt zu unterstützen, schenkte er ihr schon einen Tag nach der Katastrophe die Einnahmen aus dem Marktzoll und der Wollwaage, die bis dahin in die Kasse der Grafschaft geflossen waren. Gleichzeitig befreite er die Bürger von einem Teil des gräflichen Landzolls, den er den Händlern an der Brücke bei der Nistermühle auf dem Eisenweg und (anteilig) an der Stadtpforte abverlangte. Außerdem verlegte er den Markt vom Platz vor dem Schloss auf den Marktplatz, an die Stelle, wo zuvor das herrschaftliche Kaufhaus gestanden hatte. Damit rückten Marktgerechtigkeit und -einnahmen in den Stadtmittelpunkt. Die Stadt musste ferner weniger Bannwein in den Schlosskeller liefern,187 und durfte den Rest zu Geld machen.
Nach dem Brand vom 2. Januar 1484 verlieh Graf Gerhard II. der Stadt, um den groissen merklichen verderfflichen schadenn unser Stat Hachenburg beseitigen zu können, Einkünfte in Höhe von 16 Gulden. Zu höheren Zugeständnissen war der Graf damals nicht bereit. Auf seine sonstigen Einnahmen in der Stadt, vor allem auf dem Markt, wollte er nicht verzichten
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