Hachenburger Burgmannenhäuser
Zum Schutz der Burg und ihres Herrschaftsbereiches hatten die Grafen Ritter und Herren der näheren und weiteren Umgegend verpflichtet. Sie mussten im Notfall die Hachenburg bewachen und das Gebiet militärisch schützen. Als Gegenleistung wurde diesen Burgmannen ein Burglehen bezahlt, das meist in Form einer geldwerten Immobilie, eines Stück Landes oder eines festen Geldbetrages gewährt wurde.
Einige dieser Burgmannen waren nur im Notfall verpflichtet, von ihrem Wohnsitz aus nach Hachenburg zu eilen. Andere mussten sich ständig an ihrem Dienstort aufhalten (Residenzpflicht). Diesen wies der Graf eine standesgemäße Behausung in der Stadt an, oder er ermöglichte es ihnen, sich eine eigene Hofstatt zu errichten.
Die Burgmannen genossen einen besonderen Status in der Stadtgemeinschaft. Sie wurden in der Regel nicht zu den Schatzungen und Bedezahlungen herangezogen, brauchten keine Stadtarbeit zu leisten und mussten über ihren Burgmannendienst hinaus keine weiteren Torwachen übernehmen. Ihre Häuser verfügten über eine sog. "burgsessliche Freiheit". Jost Meckbach, ein Verwandter (Eidam) des Amtmannes Martin Moller, versuchte um 1600 die burgsessliche Freiheit, die auf dem Anwesen des Wilhelm Kopf ruhte, auf sein eigenes Haus zu übertragen. Der Trick, die Freiheiten und Vergünstigungen des Nachbargrundstückes auf das eigene Grundstück überschreiben zu lassen, verfing allerdings nicht. Er habe, so verfügte die Verwaltung, jederzeit gleich anderen gemeinen Bürgern [die] bürgerlichen Dienste und Beschwerungen [zu] tragen.[Anm. 1]
Die Familien Gebardshain, Steinebach, Schönhals von Alpenrod, Widderbach und Derschen haben regelrechte Burgmannenhöfe in Hachenburg besessen. Die Wohnorte der anderen bekannten Burgmannenfamilien sind nicht näher beschrieben.
Gebhardshain
Der Burgsitz der Herren von Gebhardshain, gen. von dem Graben, bestand aus einer Hofstatt, die auf dem Graben lag. Der Burgsitz, 1375 mit Haus und Hofstatt erwähnt, wurde 1437 mit sechs Morgen Land zu Kleeberg an Gerhard von Seelbach, danach an dessen Sohn Wigand von Seelbach vererbt. Durch Wigands Tochter kam der Burgsitz 1479 an die von Scheid genannt Weschpfennig, die noch 1509, 1527, 1535 und 1589 damit belehnt wurden. 1513 und 1527 waren auch die von Ottenstein an dem Lehen beteiligt. Einen Burgsitz an dem Graben unter der Burg hatte Albrecht von Gebhardshain-Lützerode (1430-59) von den Grafen von Sayn inne. Sein Sohn Albrecht verfügte 1475 zusätzlich über eine Geldente als Burglehen. Albrecht von Gebhardshain und Gerhard von Seelbach besaßen bis 1445 ein Haus in Hachenburg.[Anm. 2] Danach wird der Hof der Gebhardshain nicht mehr genannt.
Steinebach
Die Herren von Steinebach tauchen seit 1343 unter den Burgmannen auf. Am 22. April 1453 wurde Weigand von Steinebach der Alte von Graf Gerhard von Sayn mit einem burg seeß zue Hachenpurgk belehnt, wie diesen schon sein Vater besessen hatte. Weigand bewohnte diesen Hof, der bei der Ober Portzenn lag, allerdings nicht selbst, sondern er war an Heinrich (Heintz) von Dreisbach verpachtet. Dieser Burgmannensitz der Herren von Steinebach wurde am 12. Oktober 1475 bestätigt, er war zu dieser Zeit an die Herren von Stauffenberg vergeben.[Anm. 3]
Im Jahr 1540 brannte dieser Burgsitz ab und stand eine Zeitlang leer. In dieser Zeit kümmerte sich die Stadt um das Anwesen. Mit Wilhelm von Steinebach starb um 1550 das Geschlecht aus. Gemäß geltendem Lehensrecht fiel der Burgsitz an die Grafschaft Sayn zurück. Graf Adolf sagte 1565 das Hofgut seinem Amtmann Martin Moller zu. Es kam zu einem Rechtsstreit mit dem Pächter, dem alten Dietrich von Stauffenberg. Dieser Streit wurde 1589 dahingehend geschlichtet, dass die althergebrachte Burgfreiheit, die auf dem alten steinebachschen Burgsitz ruhte, aufgehoben und auf ein anderes, freies Grundstück übertragen wurde.
Die Herren von Steinebach besaßen noch weitere (Mann-)Lehen in der Stadt, so etwa eine Hofstatt, die Contzgin Sieden (Schneider) bewohnte, sowie eine Hofstatt bey dem steinen hauß, in der der alte Priester (Schriester, Streister) lebte, sowie einen Garten vor der Oberpforte hinter dem St. Anthonius Stock, den der Amtmann bewirtschaftete. Zum Besitz gehörte noch ein Garten vor der steinenpforte beim Ober heyligen Heusgen, der an das Gut des Herrn von Dreisbach (Drieschbach) angrenzte und von Stempels Reinhart bewirtschaftet wurde. Hinzu kam noch ein weiterer Garten in der Borngasse neben dem Garten des Jacob Schreiner (Schreiber), welchen die Frau des Johannes nutzte.[Anm. 4]
Schönhals von Alpenrod
Die Schönhals von Alpenrod, die schon 1423 zu den Burgmannen gehörten, waren 1475 und 1494 mit zwei Burgsitzen zu Hachenburg unter dem Burggraben und der gräflichen Scheuer belehnt.[Anm. 5] Am 5. Juni 1453 bewilligte Graf Gerhard, dass die Brüder Johan, Embrecht, Herman und Godart Schönhals von Alpenrod ihre Hofstatt und ihren Burgsitz, der neben dem Wohnhaus des Wilhelm von Widderbach stand, an Rentmeister Wilhelm von Betzdorf vertauschten. Sie durften in ein Haus ziehen, das freies Bürgereigen war und neben der Hofstatt des städtischen Drosten Diederich von Offhausen und dessen [!] Burggraben lag. Dieses Haus sollte künftig ihr Burglehen ausmachen. Wilhelm von Betzdorf sollte dagegen künftig den bisherigen Burgsitz als freies Bürgereigen besitzen.[Anm. 6]
Widderbach
Ein Burgsitz zu Hachenburg gehörte vor 1475 auch zum Lehen der Herren von Widderbach, die schon 1325 zur Burgmannschaft zählten. Die Widdersteiner führten einen Widder im Siegel.[Anm. 7] Mehr ist zu ihrem Burgsitz leider nicht bekannt.
Widderbach
Ein Burgsitz zu Hachenburg gehörte vor 1475 auch zum Lehen der Herren von Widderbach, die schon 1325 zur Burgmannschaft zählten. Die Widdersteiner führten einen Widder im Siegel.[Anm. 8] Mehr ist zu ihrem Burgsitz leider nicht bekannt.
Dersch
Die Herren von Dersch (Derse, Dersse) stammten nicht aus Hachenburg, sondern sind vielleicht aus Derschen bei Friedewald oder aus Daaden zugezogen.[Anm. 9] Sie errichteten um 1300 das nach ihnen benannte Hofgut Derschen.
Schon 1252 wird Heinrich von Derschen genannt,[Anm. 10] als er noch im Raum Battenberg ansässig war. Jutta von Derschen, die 1272 erwähnt wird, soll dagegen damals in Hachenburg gelebt haben.[Anm. 11] Heinrich von Derschen (Dyrsse) wird im Jahr 1302 als Burgmann (castellanus) der Grafen von Sayn in Hachenburg genannt.[Anm. 12] Er residierte zu dieser Zeit wahrscheinlich bereits auf dem Hofgut. Heinrich von Derschen taucht 1303 erneut auf[Anm. 13] und wird 1309 als Ritter bezeichnet.[Anm. 14] 1332 werden Heinrichs Nachkommen, die beiden Edelknechte Gottfried und Johann,[Anm. 15] angeführt, die aber nicht in Hachenburg, sondern auf ihrem Hof Kudelbach bei Marienrachdorf wohnten. Ritter Heinrich hatte noch zwei Schwestern, Bertha (vor 1332) und Ottilie (vor 1332).
Danach erscheinen die Derschen in Hachenburger Urkunden nicht mehr.[Anm. 16] Das Hofgut in Hachenburg wurde an die Herren von Heimbach veräußert.
Isengard
Am 13. Dezember 1350 belohnte Graf Johann III. von Sayn (reg. 1327-1359) die Dienste, die ihm Aloff von Isengard bisher geleistet hatte und machte ihn zum Burgmann in Hachenburg. Der Graf wies ihm für seine damit verbundenen Aufgaben jährlich 7 Mark Geld an, die in Alpenrod (?) ausgezahlt werden sollten. Am 5. März 1357 wurde Simon von Isengard Burgmann des Grafen Johann, sein Burglehen erhielt er jedoch aus Einkünften, die in Altenkirchen erwirtschaftet wurden. Am 30. November 1358 wurde Wilhelm von Isengard Burgmann zu Hachenburg. Auch er bekam Einkünfte aus Altenkirchen angewiesen.<ANM>Alle Angaben nach HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 5011 fol. 1.</ANM>
Riedesel zu Eisenbach - Hatzfeld
Das saynsche Burglehen der Riedesel von Eisenbach betrug 20 Gulden und wurde an die Söhne des Ritters Hermann von Hatzfeld ausgezahlt. Als die Zahlungen um 1480 ausblieben, forderten Hermann und Theodor von Hatzfeld die Rückstände ein. Doch sie hatten damit wenig Erfolg. Noch unter Graf Johann V. (reg. 1506-1529) blieben die Zahlungen zumindest teilweise aus. Die Verhandlungen und rechtlichen Schachzüge der streitenden Parteien zogen sich über viele Jahre hin. Erst 1537 wurde das Lehen durch einen Vertrag auf der ursprünglichen Grundlage erneuert. Von da an wurde das Lehensgeld offensichtlich wieder ausgezahlt, wenngleich der Hachenburger Schultheiß 1556 mit drei Jahreszahlungen im Rückstand war.<ANM>Vgl. dazu ausführlich Becker, Riedesel 1, S. 222 und 3, S. 125f. sowie S. 256.</ANM>
Weitere Burgmannenfamilien
Als Burgmannen bzw. Inhaber von Rentenburglehen erscheinen im 14. Jahrhundert der Ritter Christian von Seelbach (1323, 1325), die Herren von Bicken (1323-1454),<ANM>Gottfried von Bicken ist 1323, 1325 und 1343 als Burgmann belegt, 1331 auch als Güterbesitzer (Gudenus IV Nr. 1052). Seine Nachfolger haben 1454 Teile ihres Besitzes in Hachenburg an die Grafen von Sayn verkauft.</ANM> Jacob Kumpan (1323), Johann von Kobern (1343), Gottfried von Bicken (1343), Johann von dem Graben (1343), Wilhelm von Ütgenbach-Bruchhausen (1350), Ritter Johann von dem Forst (1363), die Familie Romlian von Kobern (1359-1416) sowie Johann von Plettenberg genannt Heydemule (1386). Im 15. Jahrhundert sind als solche der Edelknecht Dietrich von Offhausen (1423), Engelbert und Gothard von Seelbach (1428), die Herren von Seelbach-Lohe (1487), Roilmann von Arenthal (1469) und die Herren von Schnellenberg (1537) genannt, jedoch ohne Erwähnung von näheren Einzelheiten oder Umständen.<ANM>Gensicke, Geschichte S. 28ff. und S. 31ff.</ANM>
Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.
Anmerkungen:
- LHAKo Best. 620 Nr. 714. Zurück
- Gensicke, Geschichte S. 28f.; Backes, Hachenburg S. 7f. Zurück
- Burglehen und Mannlehen der Steinebach wurden am 21. Mai 1535 nochmals bestätigt, als Dauptrecht Schenk zu Schweinsberg als Vormund des noch minderjährigen Wilhelm von Steinebach die Güter treuhänderisch in Empfang nahm. Zurück
- Alle Angaben aus HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 5046. Vgl. Gensicke, Geschichte S. 28f. Zurück
- Gensicke, Geschichte S. 28f. Zurück
- HHStAW Abt. 340 Urkunden Nr. 10790 b. Zurück
- Gensicke, Geschichte S. 28f. Zurück
- Gensicke, Geschichte S. 28f. Zurück
- 1465 wird der Hof "zo Dersse in Dadener kirspel" genannt (Söhngen S. 231). Zurück
- Struck, Cistercienserkloster Nr. 37. Zurück
- Struck, Cistercienserkloster Nr. 89; Goerz, Mittelrheinische Regesten 3, S. 617 Nr. 2717. Zurück
- Hennes, Codex 1, Nr. 355. Zurück
- Struck, Kollegiatsstifte I Nr. 70. Zurück
- Struck, Cistercienserkloster Nr. 235. Zurück
- Struck, Cistercienserkloster Nr. 369. Zurück
- Zu weiteren Vertretern der Familie in anderen Orten vgl. Gensicke, Geschichte S. 29f. und Brommer, Inventar Nr. 39 zum 1.5.1460. Zurück