Remagen am Mittelrhein

2000 Jahre Remagen - Aspekte einer vielfältigen Geschichte

von Kurt Kleemann

Die Anfänge - römisch oder keltisch?

Viele der Entwicklungen, die Remagen im Lauf der Zeit geprägt haben, lassen sich nicht mit einer konkreten Jahreszahl fassen. So verhält es sich auch mit den Anfängen der Siedlung. Schon lange war bekannt, dass Remagen in die römische Epoche zu datieren ist. Im Jahre 1900 wurden bei den Ausschachtungsarbeiten für den Erweiterungsbau der Pfarrkirche St. Peter und Paul die Reste einer Palisade gefunden. Damals nahm man an, Drusus habe hier während seiner Germanenfeldzüge (12-9 v. Chr.) ein Kastell anlegen lassen. So wurden eine Straße und ein Platz nach dem Stiefsohn des Augustus benannt. Die Datierung des Kastells musste bald geändert werden, und es ist bis heute nicht geklärt, wann zuerst eine 500 Mann starke Hilfstruppe stationiert wurde. Nachgewiesen ist, dass die Palisade zwischen 6 v. Chr. und 6 n. Chr. errichtet wurde. Ob sie eine keltische oder eine germanische Siedlung umschloss oder doch ein römisches Militärlager, ist derzeit nicht zu entscheiden.

Der Name RIGOMAGUS ist keltischen Ursprungs und wurde im Bericht des römischen Historikers Ammianus Marcellinus über den Germanenfeldzug des Kaisers Julian zum Jahre 356 erstmals erwähnt. Zu diesem Zeitpunkt war das Kastell schon mit einer Festungsmauer umgeben, deren Kern am Deichweg und auf dem Parkplatz hinter dem Rathaus sichtbar erhalten ist. Zahlreiche Funde aus der römischen Kaserne, der Siedlung vor ihren Toren und den Gräberfeldern sind im RÖMISCHEN MUSEUM REMAGEN zu besichtigen. 1905 wurde eine Kapelle des 15./16. Jahrhunderts zum Museum ausgebaut. Dabei wurden die Reste eines Säulenganges gefunden und erhalten, die zum Eingangsbereich des Stabsgebäudes des römischen Kastells gehörten.

Auch das Ende des römischen Truppenstandorts am Ende des 4. oder am Anfang des 5. Jahrhunderts ist nicht bekannt. Ein Teil der romanischen Bevölkerung verblieb im Mauerring. In der Mitte des 5. Jahrhunderts gab es dort eine Kirche, auf die möglicherweise die Pfarrkirche mit ihrem sehr alten Patrozinium St. Peter und Paul zurückgeht. Vor den Mauern ließen sich fränkische Siedler nieder. Sie legten ihren Friedhof auf dem heutigen Apollinarisberg an, wo eine dem fränkischen Nationalheiligen Martin von Tours geweihte Kapelle errichtet wurde.

Entwicklung zur Stadt

Urkundlich wird Remagen erstmals 755 genannt. Odilbert schenkte der Abtei Stablo einen Wingert. Über mehrere Jahrhunderte hinweg sind solche Schenkungen von Bauernhöfen, Äckern, Weingärten, Wäldern oder den Einkünften daraus die einzigen Nachrichten über Remagen bis zu den Urkunden von 1110/17 und 1221, in denen Remagener als selbstbewusst handelnde Bürger auftreten. Doch die Entwicklung zu einer "freien Stadt" wurde unterbrochen. 1198 wurde Remagen während der Streitigkeiten um das Königtum niedergebrannt. Erst 1246 konnte der durch den Pfarrer Richard veranlasste Neubau von St. Peter und Paul geweiht werden. 1248 wurde Remagen von König Wilhelm von Holland vollständig an den Grafen Adolf von Berg verpfändet. 1357 gestattete Kaiser Karl IV. dem Grafen von Berg, das ausdrücklich als "Dorf" bezeichnete Remagen mit einer Mauer zu befestigen.

Ein wichtiger Schritt war die Einführung der Reformation in Oberwinter 1549. Von katholischen Landesherren wurden die kleinen reformierten Gemeinden in Oberwinter und Remagen geduldet. Juden sind ab 1250 als Einwohner bezeugt. In späteren Berichten wird das gute Einvernehmen der Konfessionen betont.

Bis 1794 blieb Remagen eine kleine Stadt, deren Landesherr zuletzt der Herzog von Jülich war. Neben den jährlich gewählten Bürgermeistern bestimmten Amtmänner und Vögte des Herzogs die Geschicke der Stadt.

Remagen wird zum Wallfahrtsort

1110/1117 siedelten die Einwohner von Remagen mit Hilfe des Erzbischofs Friedrich von Köln Mönche aus dem Kloster Siegburg auf dem Apollinarisberg an. Nachdem diese Propstei mit Reliquien des heiligen Apollinaris ausgestattet worden war, entwickelte sich ab dem 14. Jahrhundert eine Wallfahrt auf den bald danach so genannten Apollinarisberg. 1803 wurde das Kloster aufgelöst, nachdem die Mönche die Reliquien schon zuvor vor den anrückenden Truppen des französischen Revolutionsheeres in Sicherheit gebracht hatten. Das Klostergut wurde verkauft und gelangte in den Besitz des Grafen Egon von Fürstenberg-Stammheim, der die romanische Kirche 1838 wegen Baufälligkeit abreißen ließ. An ihrer Stelle wurde durch den Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner ein Neubau (heutige Apollinariskirche) errichtet, der 1843-1852 von Malern der Düsseldorfer Nazarenerschule vollkommen mit Fresken ausgemalt wurde. 1857 wurde das Franziskanerkloster auf dem Apollinarisberg gegründet.

Bautätigkeit Friedrichs von Köln

Erzbischof Friedrich von Köln gründete 1126 auf einer Insel im Rhein, gegenüber der Burg Rolandseck, die er einige Jahre zuvor hatte errichten lassen, ein Nonnenkloster. Nach einem Brand wurden die Gebäude 1773-75 neu errichtet. Erst im 19. Jahrhundert erhielt die "Liebfraueninsel" den Namen "Nonnenwerth". 1854 gründeten Franziskanerinnen erneut ein Kloster dort und bauten eine Schule mit Internat auf.

Die Burg Rolandseck wurde im 17. Jahrhundert zerstört. Der letzte Fensterbogen der Ruine stürzte 1839 ein. Auf Initiative des Dichters Ferdinand Freiligrath wurde der "Rolandsbogen" 1840 wieder aufgerichtet.

Remagen ab dem 17. Jahrhundert

In zahlreichen Kriegen wurden Remagen und die umliegenden Orte mehrfach zerstört oder in Mitleidenschaft gezogen. 1666 wütete die Pest und tötete fast die Hälfte der Einwohner. Die wirtschaftlichen Folgen der Kriege wurden erst im 18. Jahrhundert überwunden.

Ein weiterer Einschnitt kam im September 1794 mit dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen. Remagen wurde französische "Mairie", der die Orte Bodendorf, Oedingen und Rolandswerth zugeschlagen wurden. Diese Zuordnung wurde 1815 beibehalten, als die Rheinlande preußisch wurde.

Remagen im Zeitalter der Industrialisierung

Die wirtschaftliche Entwicklung des 19. Jahrhunderts sprengte die mittelalterlichen Stadtmauern. Das Dampfschiff veränderte zunächst das Transportwesen. 1858/59 erreichte die rheinische Eisenbahn Remagen und verband es mit Bonn, Köln und Koblenz; 1880 folgte die Ahrtalbahn. Der Rhein wurde von Touristen entdeckt. Nicht zuletzt die neue Apollinariskirche lockte Besucher nach Remagen. Hotels der gehobenen Klasse wie das "König von Preußen" und das "Fürstenberg" der Familie Caracciola veränderten die Rheinfront, die zu einer Promenade ausgebaut wurde. Reiche Unternehmer bauten mit Humboldtstein, Marienfels, Calmuth, Herresberg und Ernich herrschaftliche Wohnsitze in bevorzugter Lage über dem Rhein.

Remagen und die Weltkriege

Dieser Entwicklung setzte der 1. Weltkrieg und die nachfolgende Besatzungszeit ein Ende. Fast gleichzeitig wurde der Weinbau, der über mehr als ein Jahrtausend die Wirtschaft bestimmt hatte, innerhalb von wenigen Jahren ein Opfer von Schädlingen.

Am Ende des 2. Weltkrieges wurde Remagen durch Bomben schwer getroffen. Der unerwartete Rheinübergang von US-Truppen am 7. März 1945, der die "Brücke von Remagen" weltberühmt machte, hat die Stadt vielleicht vor noch schlimmeren Schäden bewahrt. Das riesige Kriegsgefangenenlager, verwandelte im Frühjahr 1945 die "Goldenen Meile" in ein Feld des Leidens, das bei Vielen auch Jahrzehnte später noch schmerzliche Erinnerungen weckt.

Remagen nach 1945

Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 brachte die Nähe zum Regierungssitz Bonn zunächst eher Nachteile für Remagen, wurden doch zahlreiche Hotels und Gebäude für die Zwecke des französischen Hohen Kommissars André Francois-Poncet in Beschlag genommen. Mit einer großzügigen Stiftung hat Francois-Poncet aber auch zum Wiederaufbau und zur Verschönerung der Stadt beigetragen. Ernich war 1955-1999 Residenz der Botschafter der Französischen Republik.

Die Aufnahme von mehr als 600 Flüchtlingen und die Nähe zu Bonn ließ die Einwohnerzahlen von Stadt und Amt Remagen rasch steigen: Seit 1939 hat sie sich fast verdoppelt, seit 1815 verfünffacht. Heute (Stand 31.12.2004) hat die Stadt Remagen insgesamt 17.025 Einwohner, von denen 7.076 in Remagen selbst wohnen. Dieser Anstieg erforderte viele Infrastrukturmaßnahmen. Neubaugebiete, Straßen, Kindergärten, Schulen, Sportstätten und Krankenhaus haben das Stadtbild in den letzten Jahrzehnten stark verändert.

Bei der Kommunalreform 1969 schlossen sich die zuvor selbstständigen Gemeinden Oberwinter, Oedingen, Remagen, Rolandswerth und Unkelbach zur "Stadt Remagen" zusammen, während Bodendorf ausschied.

Der Umzug von Regierung und Parlament von Bonn nach Berlin hat Remagen stark betroffen. Als Ausgleichsmaßnahme wurde der RheinAhrCampus der Fachhochschule Koblenz errichtet. Sie bestimmt die Entwicklung zwischen den Ortsteilen Remagen und Kripp und hat schon viele junge Menschen  in die alte "Römerstadt" gezogen.

Nachweise

Verfasser: Kurt Kleemann

Bearbeiter: Rebecca Mellone

Erstellt am: 30.11.2009

Geändert am: 01.02.2010

Literatur:

  • Custodis, Paul Georg [u.a.]: Apollinariskirche in Remagen. Neuss 2008 (Rheinische Kunststätten Heft 503).
  • Euskirchen, Claudia: Kloster Nonnenwerth. Neuss 2000 (Rheinische Kunststätten Heft 447).
  • Flink, Klaus: Zur Geschichte des Raumes Remagen. [o.O.] 1969 (Rigomagus Schriftenreihe Heft 1).
  • Flink, Klaus: Zur Topographie der Stadt Remagen im Mittelalter. Urkarte und Lagerbuch. [o.O.] 1971 (Rigomagus Schriftenreihe Heft 2).
  • Kleemann, Kurt: 2000 Jahre Remagen. Bausteine zur Geschichte der "Römerstadt. In: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler. [o.O] 2001, S. 75 ff..
  • Pauly, Peter P.: St. Appollinaris Remagen. Zürich 1989 (Schnell-Kunstführer Nr. 1781).