Ein Gang durch die Leutesdorfer Geschichte
Leutesdorf in römischer Zeit
Am rechten Rheinufer zwischen den heutigen Orten Rheinbrohl und Bad Hönningen befand sich in römischer Zeit der Caput Limitis, der Kopf des Limes. Von hier aus zog sich der römische Grenzwall bis an die Donau. Er wurde nach den Chattenkriegen Domitians (83-96 n. Chr.) errichtet und bestand in seinem Endausbau aus einer Schneise mit Wall, Graben, Palisade, Wachttürmen und Kastellen. Die Limeswachttürme lagen in einigen hundert Metern Entfernung voneinander – je nach Sichtverhältnissen – und bis zu ca. 50 Metern hinter Wall und Graben. So kommt es, dass sich vereinzelt auch Schutthügel einiger Wachttürme in der Leutesdorfer Gemarkung finden lassen.
Fränkische Zeit und erste urkundliche Erwähnung
Auch wenn es aus der frühen nachrömischen Zeit keine Siedlungshinweise gibt, so kann man doch annehmen, dass sich in Leutesdorf Franken niederließen, da man 1882 ein fränkisches Gräberfeld im Bereich der ehemaligen Kiesgrube gefunden hat. Die Funde lassen eine Datiereung des Gräberfeldes in die späte Merowingerzeit (7./8. Jahrhundert) zu.
Ein besonderer Fund aus dem fränkischen Gräberfeld stellt der zwar unverzierte, aber mit einer Inschrift versehene Grabstein des Rainovaldus dar. Die Grabfunde mit ihrem eindeutig christlichen Charakter weisen auf die frühe Christianisierung und eine anzunehmende Pfarrorganisation hin, wobei die Urpfarrei für Leutesdorf möglicherweise im linksrheinischen Andernnach zu suchen ist. Der Weinheilige Laurentius, der als Fürbitter gegen die Ungarneinfälle des 9./10. Jahrhundert gilt, hatte möglicherweise in Leutesdorf einen anderen Vorgänger als Pfarrpatron. Für die Verbindung nach Andernach spricht auch die Tatsache, dass sich die linksrheinischen fränkischen Grabsteinfunde von Kobern bis Andernach hier rechtsrheinisch in Leutesdorf und Rheinbrohl fortsetzen.
Mit der Schenkung eines Fronhofes in Leutesdorf durch König Ludwig den Deutschen im Jahre 868 an die Abtei Herford wird Leutesdorf nun erstmals in fränkischer Zeit als Dorf des Liudwin urkundlich fassbar.
Hoch- und Spätmittelalter
Vermutlich gehörte Leutesdorf bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts zum Kurfürstentum Trier - damit war Leutesdorf wohl der älteste kurtrierische Besitz im heutigen Kreis Neuwied.
Als Ministeriale (Beamte des Erzstifts Trier) werden bereits 1101 die von Leutesdorf erwähnt. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um das niederadlige Geschlecht der Vögte von Leutesdorf, das seine Burg im Bereich der heutigen Marienburg hatte. Das Geschlecht der Vögte weist heraldisch auf die Abstammung von den Merode (bei Düren, heute belgischer Hochadel) hin. Die Vögte von Leutesdorf verheirateten sich mit Breitbach-Bürresheimer Erbtöchtern und starben 1495 im Mannesstamme aus.
Bereits im 14. Jahrhundert wurde Leutesdorf durch den Trierer Kurfürsten Balduin von Luxemburg die Stadtrechte verliehen. 1417 wurde Leutesdorf mit Oberhammerstein zu einem kurtrierischen Amt vereinigt, zu dem auch Rheinbrohl, Hönningen und zeitweise Irlich gehörten.
Neuzeit
1501 wurde Leutesdorf mit einer Stadtmauer umzogen, deren Verlauf nach der alten Gemeindekarte von 1827 teilweise noch an Ort und Stelle nachvollziehbar ist. 1597 ist Leutesdorf Mitglied der Linzer Union, eines Bündnisses mittelrheinischer Orte zur gegenseitigen Hilfe in Kriegsgefahr.
Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wird der Amtssitz von Hammerstein in das befestigte Leutesdorf verlegt. In dieser Zeit kommt auch die Zollstelle, deren architektonischer Überrest das Zolltor ist, nach Leutesdorf. Der Zehnthof, ursprünglich über der Kirche und seit dem 17. Jahrhundert hinter der Zinn gelegen, ist zeitweise Wohnsitz der Zöllner. Aber auch dem Kurfürsten dient er einige Male als Herberge, wenn dieser sich hier zur Jagd aufhält. Natürlich sind die Namen der kurtrierischen Zöllner und der örtlichen beamten in den Taufbüchern des Pfarrarchivs nachweisbar.
Leutesdorf ab dem 18. Jahrhundert
Die kurtrierische Herrlichkeit nimmt ihr Ende mit der Besetzung des linksrheinischen Gebietes und damit weiter Teile des Kurstaates und der Flucht des letzten Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus von Sachsen im Gefolge der Französischen Revolution und der Koalitionskriege. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss (1803) kommt der Herzog von Nassau-Weilburg in den Besitz Leutesdorfs. Die Tätigkeit seiner Beamten scheint im Verschleudern der säkularisierten Klostergüter bestanden zu haben. Nach dem Wiener Kongress (1815) kommt das Rheinland – und somit auch Leutesdorf – an Preußen. Mit ihm gibt es wieder eine geregelte Verwaltung im Rheinland. Zur preußischen Rheinprovinz gehört dann Leutesdorf bis das Land Rheinland-Pfalz die Nachfolge derselben antritt. Zunächst gehört Leutesdorf zum Kreis Linz und als dieser 1822 mit dem Kreis Neuwied zusammengelegt wird zu letzterem. Die preußische Bürgermeisterei hat noch bis 1936 den Namen Leutesdorf, obwohl der Amtsinhaber – mit Ausnahme der Ära Dr. Wurzers (Niederhammerstein) – in Hönningen amtet.
Nachweise
Verfasser: Werner Schönhofen
Bearbeiter: Rebecca Mellone
Erstellt am: 19.03.2010
Geändert am: 28.04.2010
Literatur:
- Schönhofen, Werner (Bearb.): 1125 Jahre Leutesdorf. Beiträge zur Ortsgeschichte. Leutesdorf 1993.