Linz im Ersten Weltkrieg
Am 31. Juli 1914 gaben in Linz große Plakate den Kriegszustand bekannt, am 1. August die Mobilmachung. Am 2. August läutete gegen zehn Uhr abends die Sturmglocke des Rathauses und Bürgermeister Dr. Paul Pieper verkündete der zusammenströmenden Menschenmenge das Aufgebot des gesamten Landsturms. Bereits seit dem 31. Juli verließen stündlich Einberufene die Stadt. Ununterbrochen rollten Truppen- und Materialzüge vorbei.
Etwa ein Viertel der männlichen Linzer Bevölkerung wurde im Verlauf der vier Kriegsjahre zum Heeresdienst einberufen. Soldaten aus Linz und den Dörfern wurden an fast allen Kriegsschauplätzen der Westfront, der Ostfront und auch in Übersee eingesetzt. Kontakt hielten Soldaten und Angehörige über die Feldpost.
Durch die relative Nähe zur Westfront waren die Auswirkungen der dortigen Kampfhandlungen auch in der Stadt Linz unmittelbar präsent. Lazarettzüge brachten regelmäßig zum Teil mehrere Hundert verwundete Soldaten von der Front nach Linz, die in den einzelnen Standorten des hiesigen Reservelazaretts untergebracht wurden.
Es kam bald zu einer Mangelwirtschaft, Roh- und Brennstoffe und Lebensmittel waren knapp, Notgeld wurde ausgegeben. Die allgemeine Teuerung und Verknappung der Lebensmittel machten der Bevölkerung sehr zu schaffen, der Kampf um das tägliche Überleben bestimmte den Alltag. Die Verwaltung der Stadt versuchte, die größte Not mit Lebensmittelverkäufen und Massenspeisungen zu lindern.
Ab April 1917 wurden zwei Zentralbrotverkaufsstellen eingerichtet.
Die meisten Lebensmittel waren bald nur noch mit speziellen Bezugskarten erhältlich. Bereits Ende Februar 1915 wurde die Brotkarte für den Bezug von Brot oder Mehl eingeführt, im Mai 1916 die Zuckerkarte, im Juli 1916 die Fleischkarte. Bereits seit März 1916 durfte Butter und Margarine nur gegen Butterbezugsscheine verkauft werden. Im März 1917 wurden Kindermilchkarten ausgegeben, im Winter 1917 sogar Bezugskarten für Kartoffeln und Steckrüben eingeführt.
Auch Kinder und Jugendliche hatten unter dem Kriegsalltag sehr zu leiden. Durch die schlechte Ernährungslage war ihre körperliche Entwicklung beeinträchtigt. Regulärer Schulunterricht fand vor allem gegen Kriegsende kaum noch statt.
Die Schulkinder wurden außerdem für die Kriegswirtschaft eingesetzt. Klassenweise halfen sie bei der Ernte und sammelten unermüdlich beispielsweise Bucheckern, Eicheln, Kastanien, Brennnesseln, Wildgemüse, Obstkerne, Ähren oder Laub, außerdem Altmaterial aller Art.
Nach vier Jahren Krieg kapitulierte das Deutsche Reich im Herbst 1918. Als am 11. November der Waffenstillstand geschlossen wurde, war Deutschland bereits Republik geworden, und die Revolution breitete sich wie ein Flächenbrand aus. Auch in Linz überschlugen sich die Ereignisse, es bildete sich ein Arbeiter-, Bürger- und Soldatenrat. Die Stadt wurde überflutet von zurückströmenden deutschen Truppen. 1923 schließlich hatte Linz die Besetzung durch französische Truppen, den Einmarsch der Separatisten und den Höhepunkt der Inflation zu meistern. Danach erholte sich die Stadt für einige Jahre, bevor sich 1930 die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in Linz erneut zum Schlechteren entwickelten.
Verfasser: Andrea Rönz M.A., Stadtarchiv Linz am Rhein
erstellt am: 07.05.2014
[Zur ausführlichen Darstellung auf www.archivlinz.hypotheses.org]
red. Bearb. Katharina Thielen