Apollinariskirche
Geschichte
Seit dem Mittelalter wurde auf dem Apollinarisberg in einer kleinen romanischen Kirche die Kopfreliquie des heiligen Apollinaris verehrt. Nach der Besetzung des linken Rheinufers durch die Franzosen wurde das Kloster 1802 aufgelöst und die Reliquie in die Abtei Siegburg gebracht. 1807 kamen Kirche und Kloster auf dem Apollinarisberg in den Besitz der Brüder Sulpiz und Melchior Boisserée, 1836 durch Kauf an Franz Egon Graf v. Fürstenberg-Stammheim.
Franz Egon von Fürstenberg-Stammheim entstammte einer katholischen, westfälischen Adelsfamilie, war preußischer Kammerherr und verkehrte als einer der wenigen Katholiken am preußischen Hof. Er hatte zunächst die Absicht, die stark beschädigte mittelalterliche Kirche restaurieren und ausmalen zu lassen. Auf Empfehlung des Direktors der Düsseldorfer Kunstakademie, Wilhelm v. Schadow, beauftragte er hierzu dessen Schüler Ernst Deger, Andreas und Karl Müller sowie Franz Ittenbach. Obwohl bereits mit der Sicherung der Kirche begonnen worden war, ließ Fürstenberg diese Arbeiten nach einer Begutachtung durch den Architekten Johann Claudius v. Lassaulx abbrechen. Stattdessen forderte Fürstenberg im April 1838 Rudolf Wiegmann, Lehrer für Baukunst an der vorgenannten Düsseldorfer Kunstakademie, und Ernst Friedrich Zwirner, den Kölner Dombaumeister, zu Entwürfen für einen Neubau auf. Zwirner gewann diesen Wettbewerb und wurde mit Planung und Bauleitung für den Neubau beauftragt.
Baubeschreibung
Der von Zwirner geplante Kirchenbau entstand über dem Grundriss eines griechischen Kreuzes mit vier gleich langen Schiffen. Alle Fassaden wurden annähernd gleich gestaltet mit mittig eingesetzten, vierbahnigen Maßwerkfenstern, Strebepfeilern und Giebeln mit Krabbenbesatz. Die Chorseite wird von zwei Achtecktürmen, die Westfront von zwei quadratischen Türmen flankiert. Bei der Ausführung der Apollinariskirche in verschiedenen Natursteinsorten und für die Materialbeschaffung konnte Zwirner auf Handwerker und Künstler aus der Kölner Dombauhütte zurückgreifen.
Es gehört zu den Merkwürdigkeiten des Bauwerkes, dass die Helme der Westtürme, die umlaufenden Maßwerkbrüstungen und die Gitter im Inneren der Kirche in Gusseisen-Fertigteilen aus der Isselburger Hütte bei Rees am Niederrhein hergestellt wurden. Ebenfalls nach Zwirners Entwurf entstanden die gesamte bildhauerische Dekoration der Fassaden und die Innenausstattung der Kirche.
Ein neben der Kirche geplantes Schloss für Franz Egon Graf v. Fürstenberg-Stammheim nach Plänen von Zwirner wurde nicht verwirklicht.
In den Jahren 1985 – 2001 wurde das Äußere der Kirche als Folge von Kriegsschäden und Steinzerfall in umfangreicher Weise mit Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz, der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und weiterer Zuschussgeber instandgesetzt.
Ausmalung
Der gesamte Innenraum der Kirche wurde in den Jahren 1843 - 1853 mit Fresken von "Spätnazarenern" der Düsseldorfer Malerschule, Ernst Deger, Andreas und Karl Müller sowie Franz Ittenbach, ausgemalt. Der Neubau bot durch große Wandflächen hierfür ideale Voraussetzungen. Nach einem einheitlichen Programm wurden hier Szenen aus dem Leben Christi und der Mutter Maria sowie des heiligen Apollinaris dargestellt.
Ernst Deger malte hierbei die großen Bilder auf den Wandflächen der Nordseite mit Themen aus dem Leben Christi sowie das Bild in der Apsis, Karl Müller bemalte die gegenüberliegenden großen Flächen auf der Südwand mit Themen aus dem Leben der Maria. In die restlichen, kleinteiligen Flächen teilten sich Andreas Müller und Franz Ittenbach. Vorbild war die Wandmalerei des späten 15. Jahrhundert in Italien.
Bedeutung
Die Apollinariskirche gilt heute als der bedeutendste Sakralbau der Neugotik im Rheinland. Neugotische Kirchenbauten von Karl Friedrich Schinkel wie die kleine Alexander-Newski-Kirche im Park von Schloss Peterhof bei St. Petersburg und die Friedrich-Werdersche Kirche in Berlin waren hierfür das Vorbild. Zahlreiche neugotischen Details an den Fassaden und im Innenraum sind eine direkte Übernahme von hochgotischen Vorbildern des Kölner Domes, eine Tatsache, die sich aus Zwirners gleichzeitiger Tätigkeit bei Restaurierung und Vollendung des Kölner Domes ergab. Zudem begann mit der Apollinariskirche um 1955 die Wiederentdeckung der Neugotik im Rheinland
Seit ihrer Fertigstellung war die Apollinariskirche Ziel von Wallfahrten zur Apollinarisreliquie und gilt, gerade auch wegen ihrer Ausmalung und ihrer neugotischen Architektur als Denkmal des Katholizismus im preußischen Rheinland.
Dem Besucher bietet sich in der künstlerisch vollendeten Formenvielfalt von Plastik, Skulptur, Malerei, Schnitz- und Gusswerken ein Querschnitt des gesamten künstlerischen Schaffens der ersten Mitte des 19. Jahrhunderts.
Nachweise
Verfasser: Paul-Georg Custodis
Bearbeiter: Rebecca Mellone
Erstellt am: 10.03.2010
Geändert am: 19.04.2010