Die Stadtmauer
Die Errichtung einer Ringmauer begann nach der dritten Stadtrechtserhebung Sobernheims von 1330. Erstmalig wurde sie 1336 in einem Kopialbuch des Klosters Disibodenberg erwähnt. Damals erhielt der Sobernheimer Wirtschaftshof der Abtei wegen der Unterstützung beim Bau der Stadtmauer eine Abgabenbefreiung. [Anm. 1]
1355 folgte eine Bedebefreiung, [Anm. 2] von der der nächtliche Wächterdienst in Fehdezeiten ausgenommen war. In diesem Notfall sollte das Kloster zwei Mauerwächter stellen. [Anm. 3]
Als Finanzierungshilfe erlaubte der Mainzer Erzbischof Adolf von Nassau (1373/81-1390) im Jahre 1375 der Stadt, eine Walkmühle am Naheufer zu bauen, deren Einnahmen für städtische Baumaßnahmen verwendet werden sollten. [Anm. 4]
Erzbischof Johann von Nassau (1397-1419) befreite Anfang des Jahres 1402 die Stadt für zehn Jahre von aller Schatzung und Steuer u. a., weil diese sich bereit erklärte, die im Bau befindliche Mauer jährlich um 15 Ruten in der Länge, 1 Rute in der Höhe und 3½ Schuh in der Breite zu vergrößern. [Anm. 5] Er entband aber die Stadt im Folgejahr von dieser Verpflichtung, weil er wegen Verschuldung den Mainzer Nahebesitz mit der Stadt Sobernheim verpfänden musste. [Anm. 6]
Die Ringmauer wurde verstärkt durch neun in Größe und Form verschiedene Warttürme, von denen der „Wolfs-Turm“, der „Oberste Turm“, der „Alte Turm“ und der runde „Weiße Turm“ (an der Igelsbachstraße) noch namentlich bekannt sind. Für einem weiteren hinter der Badstube (am Ende der Herrenstraße) sind die Bezeichnungen „Zeyscholffs-Turm“ bzw. „Geisels-Turm“ überliefert. [Anm. 7] Die Behauptung, die beiden Stadttore seien von zwei starken Verteidigungstürmen flankiert worden, widerspricht allerdings den aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg erhaltenen Stadtansichten.
Die bekannteste Stadtansicht mit Ringmauer stammt von dem Kupferstecher Matthäus Merian. Sein nicht in allen Details exaktes Abbild von Sobernheim wurde erstmals im Jahre 1645, also nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg, in dem Band über die Rheinpfalz publiziert. Dargestellt ist aber der Zustand vor dem Krieg. Der Stich zeigt die Stadt von der Nußbaumer Höhe aus.
Die gesamte Befestigungsanlage umschloss ein Oval innerhalb der heutigen Ring-, Bahnhof- und Poststraße. Lediglich die erzbischöfliche Burg bedingte ein Einknicken des Verlaufs, sodass sie außerhalb der Ringmauer lag und die landesherrliche Festung deutlich vom städtischen Bereich trennte.
Der Graben dagegen verlief außerhalb der Burg und integrierte diese in die Stadtbefestigung. Er wurde von einem Bach mit Wasser versorgt. Durch die Stadt flossen nur noch kleine Wasserläufe, welche insbesondere zur Bewässerung der Gärten und zum Abwassertransport genutzt wurden. Am Saarplatz lag der Brandweiher mit Viehtränke. Zugang ins Stadtinnere gewährten nur die beiden besonders befestigten Tortürme, im Westen das „Obertor“ und im Osten das „Untertor“. Für die Erhaltung und Wiederherstellung der Befestigungsablage war die Stadt verantwortlich. [Anm. 8]
Die mittelalterliche Stadtbefestigung überstand den Dreißigjährigen Krieg, wurde aber noch im selben Jahrhundert im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört. Am 4. Oktober 1689 brandschatzten die französischen Truppen einen großen Teil der Stadt Sobernheim. Vier Tage später erteilte der Kommandant den Befehl zum Abriss der Befestigungsanlage. Die Arbeiten zogen sich bis zum Winter hin.
Der Wiederaufbau Sobernheims ging nur langsam voran. Auch die Ringmauer wurde wieder errichtet, allerdings wesentlich kleiner und so schleppend, dass sie erst 1764 fertiggestellt war. Sie war 29 Schuh (ca. 9 m) hoch und sechs Schuh (fast 2m) dick. Neben den beiden Toren gab es nun noch zwei Pförtchen, das eine an der verlängerten Herrenstraße und das andere an der heutigen Igelsbachstraße. [Anm. 9]
Mit der Stadterweiterung ab dem 19. Jahrhundert und der damit einhergehenden Bebauung der heutigen Ring-, Bahnhof- und Poststraße wurde die Befestigungsanlage Schritt für Schritt beseitigt. Heute erinnern nur noch wenige Überreste an die ehemalige Ringmauer um die Stadt.
NACHWEISE
Verfasser: Gottfried Kneib
Redaktionelle Bearbeitung: Marion Nöldeke
Verwendete Literatur:
- Salden-Lunkenheimer, Elfriede: Die Besitzungen des Erzbistums Mainz im Naheraum (Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach, Bd. 1) Bad Kreuznach 1968.
- Müller, Wilhelm: Nahekunde – Sobernheim und seine Umgebung im Wandel der Zeiten, Bad Kreuznach 1924.
Erstellt am: 03.02.2023
Anmerkungen:
- StA Darmstadt: C1A Nr. 167, fol. 13’. Zurück
- Bede = mittelalterliche Abgabe. Zurück
- StA Darmstadt: C1A Nr. 167, fol. 10’. Zurück
- LHA Koblenz: Best 642 Nr. 9. Zurück
- Salden-Lunkenheimer 1968, S. 159f. Zurück
- LHA Koblenz: Best 642 Nr. 29 u. 30. Zurück
- Müller 1924, S. 148 / LHA Koblenz: Best 642 Nr. 40 u. 80. Zurück
- LHA Koblenz: Best 642 Nr. 261. Zurück
- Müller 1924, S. 148 u. 201 / LHA Koblenz: Best 642 Nr. 40 u. 80. Zurück