Nußbach
Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Wolfstein
Einwohner (2007): 619
Einwohner (2010): 610
Wohnplätze: Hauptort, Aussiedlerhof
Gemarkung: 811 ha, davon ca. 36 ha Siedlungsfläche und 105 ha Wald
0.1.Lage
Der Ort liegt im Tal des Nußbachs, der etwa zwei Kilometer unterhalb des Ortes in den Odenbach fließt, etwa 200 Meter über NN. Die Erhebungen innerhalb der Gemarkung erreichen Höhen von fast 450 Metern. (Galgenkopf 305 m, Flettersberg 366 m, Erlenberg 399 m, Anzenthaler Hüberl 420 m, Sohlberg 433 m, Roßberg 448 m.) Die vorbeiführende Straße (L 386) verbindet das Odenbachtal mit dem Alsenztal.
0.2.Siedlung und Wohnung
Es handelt sich um ein Haufendorf in einer Ausweitung des Tals im Bereich des so genannten Dorfbachs, der vom Roßberg herbeifließt und hier in den Nußbach mündet. Damit erstreckt sich die Besiedlung fast ausschließlich auf der rechten Seite des Nußbachs und erreicht eine relative Dichte im Bereich der Einmündung der Bachstraße (entlang des Dorfbachs) in die Hauptstraße (entlang des Nußbachs). Innerhalb des Ortsbereichs entdecken wir einige architektonisch bemerkenswerte Gebäude. Die interessante evangelische Dorfkirche wurde 1911/12 nach Plänen des Architekten Dünnbier aus Nürnberg im Heimatstil (Jugendstil) erbaut. Ihr gegenüber steht ein im selben Stil erbautes Wohnhaus. Besonders zu beachten ist das als Fachwerkhaus errichtete "Laubenhaus" oder "Haus Wildanger" in der Bachstraße 2. Es dient seit März 2002 als Heimatmuseum mit dem Namen "Alte-Welt-Museum". Als weitere besondere Bauobjekte gelten als Dreiseithof und Winkelhof errichtete Bauernhäuser und ein Glockenturm am ehemaligen Friedhof. Sportplatz und neuer Friedhof liegen im nordwestlichen Bereich des Ortes. Nußbach gilt heute als eine „Wohngemeinde mit ländlichem Charakter und aufstrebendem Fremdenverkehr“.
0.3.Name
Der Name setzt sich zusammen aus dem Grundwort Bach und aus dem Bestimmungswort Nuß, ursprünglich Nußbaum. (Vgl. Dolch/Greule S. 344) Es könnte sich um eine Siedlung handeln, die an einem Nußbaum entstanden ist. Alte Namensformen sind Nußbach (1309 in Kopie von 1360), Noßbach (1391)
0.4.Wappen
Diagonal geteilt durch ein gewelltes silbernes Band, zeigt es in der oberen Hälfte auf rotem Grund einen mittelalterlichen Kirchturm, in der unteren Hälfte auf grünem Grund einen Haselnusszweig mit Blatt und Früchten. Das Turmbildnis bezieht sich auf einen Glockenturm auf dem Friedhof, der Haselnusszweig auf den Ortsnamen. Das Wappen wurde 1987 durch die Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz genehmigt. (Vgl. Debus o. J. S. 174)
0.5.Abriss der Ortsgeschichte
0.5.1.Früh- und Vorgeschichte
Aus der Steinzeit- Bronze- und Eisenzeit liegen aus dem Bereich der Gemarkung Nußbach keine Meldungen über vorgeschichtliche Funde vor. Das muß nicht bedeuten, daß die Gegend zu vorgeschichtlicher Zeit unbewohnt war. In der gallo-römischen Zeit gab es mit Sicherheit Siedlungen in der Umgebung des Ortes. So führte eine Römerstraße über den nahe gelegenen Roßberg. Auf dem Gipfel des Roßbergs, allerdings in der Gemarkung des benachbarten Dorfes Becherbach, wie auch bei Gangloff, wurden römische Viergöttersteine entdeckt, die heute im Historischen Museum der Pfalz aufbewahrt werden.
0.5.2.Mittelalter
Einen genauen Zeitpunkt für die Gründung des Dorfes können wir nicht festzustellen. Möglicherweise entstand der Ort im frühen Mittelalter, vielleicht im 9. oder 10. Jahrhundert. Nußbach lag ursprünglich im Nahegau und kam so später in den Besitz der Rhein- und Raugrafen, wodurch die mittelalterliche Geschichte des Dorfes mit der Geschichte der Dörfer des früheren Amtes Grumbach zu vergleichen ist. Demnach gehörte Nußbach ab 1140 zur Wildgrafschaft und ab 1263 zur Herrschaft Dhaun-Grumbach. 1443 verpfändete Wildgraf Friedrich zu Dun und Rheingraf zum Stein die Dörfer um Grumbach und auch die weiter entfernt gelegenen Dörfer Nußbach und Bosenbach an Stephan von Pfalz-Zweibrücken und an seinen damals noch lebenden Schwiegervater Friedrich III. von Veldenz. Diese Verpfändung wurde 1447 wiederholt, doch jetzt durch den Rheingrafen Gottfried an Herzog Stephan von Pfalz-Zweibrücken, wobei ein Rückkauf des Gebietes vorbehalten blieb. Der Rückkauf erfolgte 1477 durch den Rheingrafen Johann zu Salm, als in Zweibrücken Herzog Ludwig der Schwarze residierte. (Vgl. Fabricius S. 111 Anm. 17) Zu dieser Zeit war die Propstei Offenbach am Glan mit Rechten in Nußbach ausgestattet. Das Kloster hatte für die Pfalzgrafschaft Zweibrücken Fuhrdienste zu leisten. Diese Verpflichtung wurde 1536 aufgehoben zur Zahlung von 13 Maltern Getreide halb, Korn und halb Hafer, an Herzog Wolfgang von Zweibrücken. Das Dorf Nußbach musste dieses Getreide aufbringen. Der Vertrag wurde 1543 erneuert. Im Jahre 1553 überließ Wild- und Rheingraf Philipp Franz den Ort Nußbach sowie Schönau und die Hälfte von Rudolphskirchen im Tausch gegen Hochstetten im Alsenztal der freien Reichsgrafschaft Reipoltskirchen unter dem damaligen Freiherrn Johann II. Fortan war die Geschichte des Dorfes Nußbach eng mit der Geschichte der freien Reichsgrafschaft Reipoltskirchen verbunden. (s. dort)
0.5.3.Neuzeit
Johannes II., ein Streitgenosse des Franz von Sickingen, starb 1568. In der Folgezeit kam es durch Heirat zu engen Bindungen mit anderen Grafschaften, insbesondere an Leiningen - Westerburg durch die zweite Verheiratung von der Schwiegertochter Amalia des Johannes II. Die Reichsgrafschaft, und damit auch Nußbach, wurde reformiert. Bei all den vielen Wandlungen, durch die während des 17. und 18. Jahrhunderts die Geschichte der Reichsgrafschaft geprägt war, verblieb Nußbach stets bei der engeren Reichsgrafschaft mit deren Zentrum Reipoltskirchen und teilte damit die Geschichte der weiteren Dörfer Rathskirchen, Reichsthal, Hefersweiler, Relsberg, Morbach, Finkenbach-Gersweiler, Schönborn, Dörnbach und der Hälfte von Rudolphskirchen bis zur Auflösung der Herrschaft im Zuge der Französischen Revolution. Während dieses Zeitraums waren die Dörfer ganz oder teilweise im Besitz der folgenden Herrschaften: Grafschaft Leiningen-Westerburg, Herrschaft Löwenhaupt, Freiherren von Hillesheim, Herrschaft Manderscheid-Kell, Kurpfalz (über Karoline von Isenburg, eine natürliche Tochter des Kurfürsten Karl-Theodor).
0.5.4.Neueste Zeit
1793 besetzten zum ersten Mal französische Revolutionstruppen die Freigrafschaft und auch Nußbach. Der herrschaftliche Besitz ging 1799 in das Nationaleigentum der Französischen Republik über. Nußbach gehörte damit zwischen den Jahren 1801 und 1814 zu Frankreich, verwaltungsmäßig zur Mairie Becherbach, zum Canton Lauterecken, zum Arrondissement Kaiserslautern und zum Département Mont Tonnerre (Donnersberg). In der regionalen Neuordnung nach der französischen Zeit kam der Ort zum Königreich Bayern, gehörte innerhalb des bayerischen Rheinkreises zunächst zur Bürgermeisterei Becherbach und wurde später selbst Sitz einer Bürgermeisterei im Kanton Lauterecken und im Landkommissariat Kusel. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte der Ort zum Land Rheinland-Pfalz. Im Zuge der Verwaltungsreform von 1968 wurde die Bürgermeisterei aufgelöst. Seit 1972 gehört Nußbach als Ortsgemeinde zur Verbandsgemeinde Wolfstein im Landkreis Kusel.
0.6.Wahlergebnisse in Prozent, Bundestag Zweitstimmen
SPD | Zentrum | KPD | DVP | NSDAP | Bauern | |
Reichstag 1928 | 57,7 | 12,9 | 0,9 | 8,9 | --- | 16,3* |
Reichstag 1930 | 32,8 | 16,7 | 0,7 | 0,4 | 8,8 | 25,5** |
Reichstag 1933 | 32,8 | 16,7 | 0,7 | --- | 39,7 | --- |
*DBP | ||||||
**Landvolk | ||||||
SPD | CDU | FDP | Grüne | Linke | Sonstige | |
Landtag 2001 | 54,7 | 23,9 | 6,1 | 3,9 | --- | 11,3 |
Landtag 2006 | 54,3 | 20,8 | 5,9 | 4,0 | 5,3 | 14,9 |
Landtag 2011 | 42,9 | 23,8 | 4,6 | 14,8 | 6,2 | 7,7 |
Bundestag 2002 | 51,7 | 30,4 | 8,0 | 4,7 | --- | 5,2 |
Bundestag 2005 | 45,4 | 26,4 | 8,6 | 5,7 | 7,6 | 6,3 |
Bundestag 2009 | 29,5 | 24,9 | 13,5 | 8,9 | 17,8 | 5,4 |
Bundestag 2013 | 39,0 | 27,9 | 6,6 | 6,6 | 9,4 | 10,3 |
0.7.Zeittafel
Römerzeit | Römische Göttersteine am Roßberg |
um 1000 | Nahegau |
1140 | Wildgrafschaft |
1263 | Herrschaft Dhaun-Grumbach. |
1553 | Freie Reichsgrafschaft Reipoltskirchen |
1793 | Besetzung durch französische Revolutionstruppen |
1801-1815 | Zugehörigkeit zur Französischen Republik: Mairie Odenbach, Kanton Lauterecken, Arrondissemont Kaiserslautern, Département Donnersberg |
1817 | Königreich Bayern, Bürgermeisterei Becherbach, später eigene Bürgermeisterei |
1972 | Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Wolfstein |
0.8.Religion
Die kirchenorganisatorischen Verhältnisse des Mittelalters sind weitgehend unbekannt. Schon im 14. Jahrhundert stand im Bereich des alten Friedhofs eine Kirche, die dem Heiligen Johannes geweiht war. Auf dem alten Friedhof, der bis 1901 genutzt wurde, steht noch heute ein Glockenturm, der allerdings aus dem frühen 19. Jahrhunderts stammt. Wahrscheinlich musste die Bevölkerung schon während der Zugehörigkeit zur Wild- und Rheingrafschaft vor 1553 zur lutherischen Konfession übertreten. In der Reformationszeit gehörten die Gemeinden Berzweiler und Nußbach, sowie der Ausbacherhof und der Naumburgerhof bei Ginsweiler zu der lutherischen Pfarrei Reipoltskirchen. Ursprünglich förderten die Herren von Reipoltskirchen den evangelischen Glauben, doch vom Ende des 30-jährigen Krieges an konnte sich die katholische Konfession wieder stärker durchsetzen, insbesondere dann, wenn die Herrschaft selbst wieder katholisch geworden war und den alten Glauben förderte. Die im 16. Jahrhundert protestantisch gewordene Kirche von Reipoltskirchen wurde um 1700 wieder der katholischen Konfession überlassen, und die evangelischen Christen gehörten nun zur Pfarrei Rathskirchen, nachdem sie vorübergehend auch von der Pfarrei Finkenbach betreut worden waren. Franziskaner aus Meisenheim hielten in Reipoltskirchen den Gottesdienst. Es kam damals gelegentlich zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen evangelischen und katholischen Christen. Zur lutherischen Pfarrei Rathskirchen, die wahrscheinlich schon bei der Einführung der Reformation im 16. Jahrhundert gegründet worden war, gehörten fortan auch die evangelischen Christen aus Nußbach. 1821 ließ die protestantische Kirchenbehörde die Kirchenbezirke neu einteilen. Zur Pfarrei Rathskirchen gehörten nun noch die evangelischen Christen der Gemeinden Reichsthal, Seelen, Rudolphskirchen, Nußbach, Reipoltskirchen, der Karlshof, der Ingweilerhof, der Bösodenbacherhof und der Ausbacherhof. Diese Zuordnung besteht im Prinzip noch heute. Lediglich der Ausbacherhof kam 1930 nach Einöllen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bekannte sich in Nußbach wieder ein Viertel der Bevölkerung zum katholischen Glauben. Der Protestantismus war vor allem durch die lutherische Konfession vertreten, während nur vier Gläubige zur reformierten Konfession gehörten. In der Union von 1818 wurden Lutheraner und Reformierte vereinigt. Das von den Protestanten weiterhin genutzte alte Kirchengebäude zerfiel während des 18. Jahrhunderts und wurde abgerissen. Die Christen der evangelischen Konfession besuchten dann den Gottesdienst in Rathskirchen, während die katholischen Christen nach wie vor zur Kirchengemeinde von Reipoltskirchen gehörten. In den Jahren 1911/12 entstand an der Hauptstraße das neue Kirchengebäude der protestantischen Gemeinde. 1912 erhielt die Kirche eine Orgel von der Firma Walcker aus Ludwigsburg. In ähnlicher Bauweise entstand zu dieser Zeit auch ein neues Kirchengebäude in Rathskirchen. Die katholischen Christen gehören zur Kirchengemeinde von Lauterecken.
0.9.Bevölkerung
In früherer Zeit lebten die meisten Menschen des Ortes von der Landwirtschaft. Inzwischen ist die erwerbstätige Bevölkerung durchweg in anderen Berufen beschäftigt. Zum größten Teil müssen die Erwerbstätigen auspendeln, hauptsächlich nach Kaiserslautern, Wolfstein, Lauterecken und Meisenheim. Aber auch früher bestanden innerhalb des Ortes Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft, einmal durch die allgemeinen handwerklichen Berufe, dann durch Beschäftigung in Steinbrüchen und Bergwerken. Schließlich lebten früher Juden im Ort, die das Handwerk und den Handel belebten. Der Ort hatte seit jeher mehr Einwohner als der benachbarte Herrschaftssitz Reipoltskirchen. Vom beginnenden 19. Jahrhundert an zählte Nußbach zwischen 500 und 600 Einwohnern. Vor dem Ersten Weltkrieg setzte ein starkes Bevölkerungswachstum ein, das sich aber nach dem Krieg nicht mehr fortsetzte. Während die meisten Dörfer des Kreises Kusel nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Aufnahme Heimatvertriebener wieder bedeutende Bevölkerungsverluste zu verzeichnen hatten, setze in Nußbach ein neues Wachstum ein, bedingt durch die relative Nähe zu dem regionalen Mittelpunkt Kaiserslautern.
0.10.Entwicklung der Bevölkerung (Lutheraner und Reformierte ab 1825 uniert)
1802 | 1825 | 1835 | 1871 | 1905 | 1939 | 1961 | 1998 | 2007 | |
gesamt | 353 | 525 | 546 | 599 | 709 | 582 | 672 | 747 | 619 |
kath. | 93 | 131 | 160 | ||||||
luth. | 252 | 279 | 512 | ||||||
ref. | 49 | --- | --- | ||||||
isr. | 4 | 15 | --- |
0.11.Schule, Kultur, Vereine
0.11.1.Schule
Die Einrichtung des Schulwesens in dem kleinen Herrschaftsgebiet verlief für die Herren von Reipoltskirchen nicht unproblematisch. So wurde zeitweise die Schule über das Oberamt Meisenheim der Pfalzgrafschaft Zweibrücken betreut. In bayerischer Zeit bestanden ursprünglich zwei Schulen im Ort, eine katholische und ein protestantische. Hauptsächlich aus finanziellen Gründen wurden beide Schulen um 1875 zusammengelegt und als konfessionell gemischte Schule geführt. In dieser zweiklassigen Schule unterrichteten dann jeweils ein protestantischer und ein katholischer Lehrer. Erster bekannter Lehrer an der Protestantischen Schule war Johannes Lehmanm, geb. 1809 in Relsberg, 1829 Hilfslehrer und 1833 ordentlicher Lehrer. 1834 erbat er eine Gehaltserhöhung, die ihm nicht genehmigt wurde, da der Pfarrer mit dem freisinnigen Gedankengut dieses Lehrers nicht einverstanden war. 1841 geriet Lehmann mit der Gemeinde in Streit wegen der Schafweide. Die ständigen Differenzen Lehmanns mit Gemeinde und Pfarrer führten schließlich zu einer Vernachlässigung der Schule und des Unterrichts. 1842 richtete Lehmanns Frau einen Kramladen ein, worüber bei der Schulinspektion Beschwerde geführt wurde. 1856 kaufte die Gemeinde einen Acker, der den Lehrern beider Schulen zur Nutzung dienen sollte. 1871 wurde der Schulverweser Heyl zunächst als Gehilfe für Lehmann eingesetzt, doch ab 1871 musste er allein unterrichten, nachdem Lehmann in Pension gegangen war. 1874 war die Stelle wieder vakant, und temporär unterrichteten die Lehrer Karl Keller, zuvor in Sitters, und Jakob Brosius aus Feilbingert. Erster bekannter katholischer Lehrer war der 1821 geborene Friedrich Groß aus Würzweiler, der ein Gehalt von 175 Gulden im Jahr erhielt, das um 25 Gulden aus dem Kreisschulfonds erhöht wurde. In einem Urteil über ihn hieß es 1853, er sei fleißig, besuche regelmäßig die Kirche, empfange das Sakrament und halte auch die Sonntagsschule. Groß ging 1887, also im Alter von 66 Jahren, krankheitshalber in den „vorzeitigen“ Ruhestand. Die weiteren Lehrer unterrichteten an der zweiklassigen gemischten Konfessionsschule, in der die protestantischen Schüler in der Überzahl waren (1874: 15 katholische, 17 protestantische Schüler) Zumeist unterrichtete der katholische Lehrer in der Unterstufe, der protestantische in der Oberstufe. Lehrer in der Nachfolgezeit waren Xaver Knörr, Christian Zimmer, Eduard Biermeier, Karl Baum, Andreas Steets, Pius Heiß, Adolf Braun, Karl Karsch, Ludwig Liebel, Josef Laux, Jakob Schild und Otto Anthes. Eine erste Lehrerin war Hedwig Betzler, die nach dem Ersten Weltkrieg nach Nußbach kam. Knörr kam 1884 aus Wasserzell. Er war krank (Lungenemphysem und Bronchialkatarrh) und suchte sofort um Versetzung in den Ruhestand an. Dem Antrag wurde noch 1884 temporär, 1896 endgültig stattgegeben. Biermeier hatte vom Seminar her sehr gute Noten. Er verheiratete sich 1889 mit der Tochter eines Chirurgus Maria Barnstein aus Asbach in Niederbayern. Baum kam aus Münchweiler a. d. Alsenz. Heiß stammte aus Mittelfranken und unterrichtete in Contwig, bevor er nach Nußbach versetzt wurde. 1919 kam er an die Schule in Ginsweiler. Braun kam 1904 aus Rammelsbach. Er heiratete 1906 Albertine Reinhardt aus Hornbach. Ab 1889 bahnte sich mit Baum ein beständiger Wechsel an. Viele katholische Kinder zogen es jetzt vor, die katholische Schule im nahen Reipoltskirchen zu besuchen. Josef Laux wurde 1907 an die Schule Reipoltskirchen versetzt. Heute besuchen Grundschüler und Hauptschüler die Schulen in Wolfstein.
0.11.2.Kulturelle Besonderheiten
Nußbach unterhält das „Alte Welt Museum“, in dem vornehmlich früheres Handwerk veranschaulicht wird. Das weitere kulturelle Leben des Ortes ist geprägt durch ein reges Vereinsleben: Sportverein Nußbach 1931 mit Sportheim, Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr, Verein des Deutschen Roten Kreuzes. Kirchweih wird am dritten Wochenende im August gefeiert.
0.12.Gesundheitswesen und Sozialwesen
Eine Arztpraxis besteht vor Ort nicht, nächste Praxis für Allgemeinmedizin kann in Reipoltskirchen aufgesucht werden. Dort besteht auch eine Schwesternstation der katholischen Kirche. Weitere Ärzte stehen in den größeren Orten der näheren und weiteren Umgebung zur Verfügung. Das gilt auch für Apotheken. Nächste Krankenhäuser sind die in Meisenheim, Kusel und Kaiserslautern. Im Ort selbst besteht eine Praxis für Massage und Krankengymnastik.
0.12.1.Wirtschaftliche Verhältnisse und Verkehr
Während in früheren Zeiten die Landwirtschaft eine Haupterwerbsquelle darstellte, leben heute nur noch 20% der Menschen in der Landwirtschaft. Weitere Erwerbsquellen waren in früherer Zeit die Waldwirtschaft und die Bergwerke und Steinbrüche in der Umgebung. Es gab Kohlenbergwerke bei Reipoltskirchen, Hefersweiler, Relsberg, Adenbach, und Rathskirchen. Wahrscheinlich waren auch Arbeiter aus Nußbach in diesen Gruben beschäftigt. Im Ort selbst gab es die üblichen Handwerksberufe. Heute bestehen noch Lebensmittelgeschäfte, ein Bekleidungshaus, eine Pizzeria und eine Tankstelle. Lange Zeit bestand beim Ort ein Wildpark, der inzwischen geschlossen wurde. Es herrschen Pläne vor, im Bereich dieses ehemaligen Wildparks ein großes Freizeit- und Tagungszentrum einzurichten mit Hotelanlage, Erlebnisschwimmbad, Reitsportzentrum, Einkaufszentrum und Ferienhausbebauung. Ein solches Zentrum könnte zahlreiche Arbeitsplätze für die Bevölkerung des Ortes und der Umgebung schaffen. Derzeit können nur wenige Menschen ihren Beruf innerhalb des Dorfes ausüben. Sie finden ihre Arbeit zumeist in den größeren Orten der weiteren Umgebung.
0.13.Persönlichkeiten
Schirmer, Aloys
geb. 4. 12. *1911 in Nußbach, † 7. 10. 1981 in Landau. Nach Abitur am bischöflichen Konvikt 1932 Theologiestudium in Innsbruck und in Wien. 1937 zum Priester geweiht. Assistent am Priesterseminar Maria Rosenberg, Präfekt am Mädchenerziehungsheim. Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft 1949 Hilfspriester in Ruppertsberg, ab 1950 Dozent an der Pädagogischen Akademie Landau. 1957 Pfarrer in Hauenstein, 1964 in Göcklingen. Schrieb eine umfangreiche Ortsgeschichte von Göcklingen und war Ehrenbürger dieses Ortes.
0.14.Exkurse
Bericht über die Einrichtung des Museums
Noch wenige Wochen wird es dauern, dann ist die Gemeinde Nussbach stolze Besitzerin des „Alte-Welt-Museums“. Nach der Einweihungsfeier am I5. März wird es im frisch renovierten Fachwerkhaus „Haus Wildanger“ am 16. März mit einem „Tag der offenen Tür“ für alle Interessierten geöffnet. Erst im November waren die Bauarbeiten im Obergeschoss so weit fertiggestellt, dass endlich an die Einrichtung gedacht werden konnte. Mittlerweile schmücken erste Ausstellungsstücke den Raum mit der großzügigen Galerie, die zusätzlichen Raum für Ausstellungen schafft. Die Planung des Museums begann im Jahre 1996, als im Zuge der Dorferneuerung und Anerkennung als Schwerpunktgemeinde eine Arbeitsgruppe für Dorfgeschichte entstand. Fast gleichzeitig entstand die Idee eines Museums. Der eigens gegründete Museumsausschuss mit neun Mitgliedern hat mit Unterstützung von Roland Paul, stellvertretender Leiter des Pfälzischen Instituts für Geschichte in Kaiserslautern, und Dieter Zenglein von der Kreisverwaltung Kusel ein auf Nussbacher Verhältnisse zugeschnittenes Museumskonzept erarbeitet.
Das Weben hat Tradition in Nussbach. So sind in einem Adressbuch aus dem Jahre I877 bereits sechs Leinenweber in der Gemeinde verzeichnet. Daher sind zu diesem Thema Sonderschauen und wachsende Ausstellungen geplant. Dazu sollen Computerdarstellungen und Videoprojektionen eingesetzt werden. Zudem hat der gelernte Weber Hans-Jürgen Gehm Webstühle aufgebaut, die von der Ortsgemeinde erworben wurden. Ausstellungsstücke zeigen die Entstehung vom Flachs bis zur fertigen Leinwand. Der Mode hat sich Elke Fichter angenommen. In einer Schwerpunktausstellung werden historische Damenkostüme aus dem 19. und 20. Jahrhundert gezeigt. Ergänzt wird die Ausstellung durch einen reich gefüllten alten Wäscheschrank. In einer Sonderschau werden Notarurkunden von I846 gezeigt, zusammengestellt von Norbert Fichter. Verträge sind ein Spiegel des Wandels von Zeitgeschmack und politischen Verhältnissen. Die Abteilung "Namen von Namenlos bis Heute" widmet sich den Namen, die oft als einzige Spur von ehemaligen Bewohnern Zeugnis geben. "Namenlos"-Überreste gehen zurück in die Zeit der römischen Besiedlung im 2. und 3. Jahrhundert. Im Laubengang werden Bilder von bestehenden und verschwundenen Fachwerkhäusern im Kreis gezeigt. (asi) DIE RHEINPFALZ 15. Feb. 2002
Rechte Bedrohung schweißt Demokraten zusammen, von Dietmar Fligg
Initiativkreis gebildet
In der 700-Seelen-Gemeinde hat sich in der Zwischenzeit ein Initiativekreis gegen rechtsnationale Tendenzen zusammengefunden. Als der Ort vor wenigen Wochen von mehreren hundert rechten Sympathisanten geradezu „überfallen“ wurde, herrschte helle Aufregung. In Geschäften wurden „Gegenrechtslisten“ ausgelegt, in die Bürger ihren Namenszug schrieben. Schnell waren die Listen voll. Initiiert hatte diese Aktion der frühere Ortsbürgermeister Rudi Zapp. Als die NPD dann nur eine Woche nach der nächtlichen Heimsuchung eine Demonstration für den 24. Februar ankündigte, stellten die Nußbacher eine Gegendemonstration auf die Beine. Während sich die rechte Anhängerschaft in der ehemaligen Kneipe aufhielt, demonstrierten mehrere hundert Bürger - die Nußbacher wurden auch von Bürgern anderer Ortschaften unterstützt - gegen die Invasoren. Die Bürger hielten den Stoppeköpfen Transparente entgegen. „Nußbach lässt sich nicht knacken“ hieß es auf einem, andere waren nicht weniger unmissverständlich. Ortsbürgermeister Werner Pries hatte diese Gegendemonstration schon rechtzeitig angemeldet, zu einer Zeit, als noch nicht sicher war, ob die Kundgebung wirklich durchgeführt werden soll, „Sie dienen einer falschen Sache, deshalb können wir sie hier nicht dulden“, begründet Pries die Aktionen gegen rechts im Ort. Und Rudi Zapp wird nicht müde zu betonen, dass sich das Aufbegehren im Ort gegen den rechten Ungeist durch alle demokratischen Parteien zieht. Schon vor zwei Jahren, als die Rechten den ehemaligen Tierpark heimsuchten, wetterte Zapp mit den Worten: „Wehret den Anfängen!“ Zapp hat sich intensiv mit dem Thema Nationalsozialismus beschäftigt. Nach seiner Ansicht hat sich in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts die „Intelligenz durch Ignoranz“ ausgezeichnet und nicht zu nationalsozialistischen Tendenzen kritisch Stellung bezogen. Das dürfe sich nicht wiederholen, denn der Geist der Unfreiheit habe zunächst zu einer Diktatur und am Ende zur Zerstörung Deutschlands geführt. Genau wie vor 70 Jahren betreibe heute die NPD die Rekrutierung ihres Nachwuchses durch geschickte Selbstinszenierung. In Nußbach beispielsweise versuchte sie unter dem verharmlosenden Begriff eines „Hauses der Tugend“ junge Menschen zu ködern. Dabei nähme sie alle Rechte des demokratischen Staates für sich in Anspruch, sei aber gleichzeitig auf dessen Abschaffung aus. Zapp will, dass die Menschen das perfide Treiben der rechten Ideologen hinterfragen. Das ist ihm in Nußbach gelungen. Mit anderen hat er mobil gemacht und den Bürgern die Augen geöffnet. Unterdessen habe der Schulterschluss der Bürgerschaft auch einen kritischen Umgang mit Bewerbern für den Gemeinderat bewirkt, die erkennbar der NPD angehörten, stellt Zapp erneut fest, und er weiß: Nußbach lässt sich nicht knacken, wenn Demokraten zusammen stehen.
Die RHEINPFALZ: 8. März 2002
0.15.Nachweise
Verfasser: Ernst Schworm
Redaktionelle Bearbeitung: Ernst Schworm
Literatur:
- Buhl, Hermann [u. a.]: Jubiläen der protestantischen Kirchen Rathskirchen, Nußbach (1912-1992) Rudolphskirchen (1768-1993), Rathskirchen 1992.
- Fabricius, Wilhelm: Das Hochgericht auf der Heide zu Sien und Grumbach, in: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Trier 1905, S. 101-200.
- Gauch, Sigfrid: Die jüdischen Gemeinden von Nußbach und Reipoltskirchen im Jahre 1808, in Westricher Heimatblätter Jg. 3 Kusel 1972, S. 115-120.
- Keiper, Johann: Reichsherrschaft Hohenfels - Reipoltskirchen, in: Mitteilungen Bd 46 Speyer 1927, S. 47 - 119.
- Lehmann, Johann Georg: Vollständige Geschichte des Herzogtums Zweibrücken und seiner Fürsten, München 1867.