Lipporn im Rhein-Lahn-Kreis

Lipporn

Luftansicht von Lipporn.
Luftansicht von Lipporn.[Bild: Verwendung mit freundlicher Genehmigung von Nina Berghäuser.]

Lipporn wurde im Jahr 940 erstmals urkundlich als „Lipprn“ erwähnt. Ab 1170 wurde Lipporn zeitweise als zwei Dörfer betrachtet, die beispielsweise 1361 als „Nyder Liepbrun“ und „Oberliepbrun“ bezeichnet wurden.

0.1.Mittelalter

Ein erstes archäologisches Zeugnis einer florierenden Gemeinde ist die wohl mindestens aus dem 10. Jahrhundert stammende Lipporner Schanze (Burg Lipporn). Mutmaßlich handelt es sich bei der heute nur in spärlichen Ruinen erhaltenen Burg um den Sitz eines Drutwin von Lipporn, dessen Lebensdaten uns zwar nicht bekannt sind, der aber seinerzeit regional bedeutend gewesen sein muss. Die Ruine besteht aus einer rechteckigen Ringwallanlage mit abgerundeten Ecken, der Innenraum ist etwa 65x110m groß. Sie ist noch heute von besonders hohem archäologischem Interesse, da sie im Rhein-Lahn-Gebiet die einzige in so frühmittelalterlicher Befestigungsbauweise ist. Eine Grube mit Resten von Holzkohle und Eisenschlacken lässt erkennen, dass Metall verhüttet und/oder verarbeitet wurde.[Anm. 1] Unter der Ruine befindet sich noch eine ältere, vorgeschichtliche Wallanlage, die vermutlich als Opferungsplatz diente.[Anm. 2]

Rekonstruktionszeichnung der Burg Lipporn/Lipporner Schanze.
Rekonstruktionszeichnung der Burg Lipporn/Lipporner Schanze.[Bild: Mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Braun auf https://burgrekonstruktion.de/main.php?g2_itemId=5550. ]

Nach Drutwin von Lipporn verlegten seine mutmaßlichen Nachfahren, die Grafen von Laurenburg, ihren Stammsitz in die nur 700m entfernte Alte Burg, die auch Burg Löpern, Lepern oder Burg uff dem Ring genannt wird. Sie wurde von Drutwin I. von Estergau, Graf von Lipporn auf dem Einrich (922-956) erbaut, welcher möglicherweise identisch mit dem bereits genannten Drutwin ist. Sie ist strategisch günstig in die Nähe von Handelswegen platziert worden, die vom Wispertal an Lipporn vorbei nach Norden führten und so von der Burg aus geschützt werden konnten. Auch diese von etwa 1000 bis 1100 genutzte Anlage ist nur noch in Ruinen zu erahnen.[Anm. 3]

Nach der sogenannten Schönauer Reimsage verstarb Drutwin I. 956 in Strüth, nachdem er auf dem Heimritt nach einer Schlacht durch den Pfeilschuss eines feindlichen Bauern getötet worden war.[Anm. 4] Vor seinem Ende habe er den Ort, an dem er starb, als Platz für ein Mönchskloster mit dem Heiligen Florin als Schutzpatron bestimmt und diesem Zweck sein Geld und Gut vermacht. An dieser Stelle soll später der Hochaltar der Schönauer Klosterkirche errichtet worden sein.

Das Testament Drutwins I. wurde erst im Jahr 1114 vollständig vollzogen. Bei Lipporn wurde eine Mönchspropstei neben eine Kapelle aus dem 10. Jahrhundert errichtet, die zwischen 940 und 947 Reliquienteile des Heiligen Florin aus dem St.-Florins-Stift in Koblenz erhalten hatte.[Anm. 5] Die Mönchspropstei war dem Salvatorstift in Schaffhausen unterstellt. Sie hatte, wie von Drutwin gewünscht, den Heiligen Florin als Schutzpatron.

Das Erbe Drutwins I. ging an seinen Neffen Drutwin II. von Königssondergau (942-992). Drutwin II. hatte keine Nachkommen, womit die Linie ausstarb und die Grafschaft des Königssondergau an seinen Neffen Reginhard I. von Zwaben überging, während Dudo-Heinrich von Laurenberg das Erbe von Lipporn erhielt.[Anm. 6]

Dudo-Heinrich von Laurenburg, der als der Stammvater des Hauses von Nassau betrachtet wird, übertrug um 1117 sein gesamtes Gut dem Kloster Schaffhausen zur Gründung einer Niederungsburg in Lipporn. Wenig später entstand daraus das heute am Ortsrand von Strüth gelegene Kloster Schönau. Das Kloster blieb durchweg katholisch, obwohl die Grafen von Nassau in ihrem Vogteigebiet von Schönau, Welterod, Strüth und Lipporn die Reformation von 1541 bis 1544 durchsetzten.

Evangelische Kirche der Gemeinde Lipporn.
Evangelische Kirche der Gemeinde Lipporn.[Bild: Verwendung mit freundlicher Genehmigung von Nina Berghäuser.]

Die gemeinsame Pfarrkirche von Welterod und Lipporn wurden um 1144 dem Kloster intorroniert, d.h. einverleibt. Damit gingen ihre Einkünfte und Pfarrechte auf den Konvent und den Abt von Schönau über. Der Abt war von nun an Pfarrer in Welterod, Strütz und Lipporn und ließ den Pfarrdienst von Mönchen seines Klosters als Vikaren versehen.

Seit 1361 war Lipporn Teil des Vierherrischen Territoriums auf dem Einrich. 1581 ging es an die Grafen von Nassau über.

0.2.Frühe Neuzeit bis 19. Jahrhundert

Wie so viele andere Dörfer und Städte wurde auch Lipporn im 17. Jahrhundert schwer von Krankheit und Tod heimgesucht. Eine Pestepidemie in den Jahren 1612 und 1613 forderte besonders viele Opfer. Ebenso wurde der Ort während des Dreißigjährigen Kriegs mehrfach geplündert. Zu dieser Zeit besaß Lipporn bzw. Ober- und Unter-Lipporn Stadtrechte, die auf eine Urkunde von 1658 zurückgingen.

Mitte des 18. Jahrhunderts war die alte Lipporner Kirche derart baufällig, dass man sie niederlegen musste. In den Jahren 1750 bis 1752 wurde an derselben Stelle die noch heute erhaltene Kirche von einem Tiroler Maurermeister namens Sugolo erbaut. Den Grundstein legte man 1750. Die erste Predigt wurde am Ersten Weihnachtstag 1751 in der noch nicht vollständig erbauten Kirche gehalten. Die offizielle Einweihung fand am 10. September 1752 statt. Sie steht heute unter Denkmalschutz.

1801 verkaufte die Abtei Schönau ein Viertel von dem in Lipporn gelegenen Erbhof samt Wiesen und Ackerland an einen als ehrsam beschriebenen Franz Schwank für 500 Gulden. Die übrigen Anteile wurden an weitere Privatpersonen namens Sebastian Schwarz, Wilhelm Knorr und Peter Alt veräußert.

Innerhalb der Befreiungskriege gegen Napoleon zog der preußische General Gebhard Leberecht von Blücher mit seinen Truppen durch Lipporn und die Weihergräben, bevor sie in der Neujahrsnacht 1813/14 bei Kaub den Rhein überquerten.

Die Alte Schule von Lipporn wurde 1820 bis 1822 erbaut. In den 1830er Jahren besuchten 50 bis 60 Kinder geteilt in vier Klassen die Schule, 1846 gab es einen Höchststand von 82 Kindern. 1914 verzeichnete man 45 Schulkinder bei knapp 300 Einwohnern. Die Alte Schule wurde 1970 im Rahmen der Schulzusammenführung zur Volksschule Lipporn aufgelöst. 1962 wurde eine neue Schule erbaut, die wiederum 1974 zum Dorfgemeinschaftshaus umgebaut wurde. Seit Oktober 1970 besuchen die Lipporner Kinder die Grund- und Hauptschule in Nastätten.

1806 kam der Ort in den Besitz des Herzogtums Nassau, welches wiederum 1866 vom Königreich Preußen annektiert wurde.

0.3.20. Jahrhundert

Nach dem Krieg befand sich der Ort in dem ironisch als „Freistaat Flaschenhals“ bezeichneten kleinen Gebiet zwischen den Besatzungszonen der Amerikaner und Franzosen. Dieses politisch bizarre Konstrukt existierte vom 10. Januar 1919 bis zum 25. Februar 1923. An diesem Tag marschierten marokkanische Hilfstruppen der französischen Besatzungsmacht im "Freistaat Flaschenhals" entgegen des Versailler Vertrages vom 28. Juni 1919 ein.

Wie genau sich der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg auf Lipporn auswirkten, ist noch nicht erforscht. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es Teil der französischen Besatzungszone.

Seit 1946 ist der Ort Teil des damals neu gegründeten Landes Rheinland-Pfalz.

Nachweise

Text: Nachforschungen durch Josef Fischbach auf https://www.lipporn.de/geschichte/ (Aufruf am 05.06.2020). Mit freundlicher Genehmigung der Ortsbürgermeisterin Nina Berghäuser.

Ergänzungen und redaktionelle Bearbeitung: Katrin Kober

Erstellt am: 21.07.2020

Anmerkungen:

  1. Friedrich, Reinhard: Lipporner Schanze. In: EBIDAT – Die Burgendatenbank des Europäischen Burgeninstituts (EBI), http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1060 (Aufruf am 18.05.2020). Zurück
  2. Keiling, Manfred: Keltische Hügelgräber und Ringwälle. In: Der Rhein-Lahn-Kreis. Landschaft – Geschichte – Kultur unserer Heimat. Hrsg. v. der Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises. Oberwesel/Rhein 1987, S. 90. Zurück
  3. Friedrich, Reinhard: Lipporn. In: EBIDAT – Die Burgendatenbank des Europäischen Burgeninstituts (EBI), http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=85 (Aufruf am 18.05.2020). Zurück
  4. Back, Richard: Das Kloster Schönau. In: Der Rhein-Lahn-Kreis. Landschaft – Geschichte – Kultur unserer Heimat. Hrsg. v. der Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises. Oberwesel/Rhein 1987, S. 144. Zurück
  5. Ebd., S. 143. Zurück
  6. Rheingrafen - Enzyklopädie, 09.05.2018, https://elopadie.com/2018/05/09/rheingrafen-enzyklopadie/ (Aufruf am 29.05.2020). Zurück