Zur Geschichte von Gonsenheim
Römische Spuren in Gonsenheim
Erste Zivilisationsspuren lassen sich in der Gemarkung Gonsenheim bis in die Jungsteinzeit (etwa 5.000 v. Chr.) zurückverfolgen. In römischer Zeit scheint es in Gonsenheim kein geschlossenes Besiedlungsgebiet gegeben zu haben, sondern einzelne villae rusticae. Die größte dieser Villen befand sich am Südhang des Gleisberges, etwa an der Mündung der Straße An der Nonnenwiese in die Mainzer Straße. Pater Fuchs erwähnte die damals noch vorhandenen Ruinen der Villa in seiner „Alten Geschichte von Mainz“ aus dem Jahr 1771. Er gab für den Umfang der Ruinen 2625 Schuh an – das sind etwa 800 Meter. Er erwähnte außerdem mehrfarbige Mosaikfußböden aus Marmor und Alabaster, die er dort gefunden habe. An gleicher Stelle fand man 1805 die Reste eines römischen Bades und 1960 weitere Mauerreste, Estrichreste, Reste einer Wasserleitung und Keramik, die ins zweite bis dritte Jahrhundert v. Chr. datiert wird.
Weitere römische Besiedlungsspuren wurden gegenüber des Gonsenheimer Bahnhofs, einige hundert Meter östlich der Autobahnbrücke und an der Dreispitz gefunden. Südlich der Saarstraße verlief außerdem ein Abschnitt des Aquädukts. Dort wurde ein Weihestein an die Nymphae Laurentes, die „Laurentischen Nymphen“, gefunden.
In den Jahren 2013 und 2014 wurden weitere römische Funde gemacht. Archäologen legten im Gonsbachtal ein Rundareal mit etwa 40 Metern Durchmesser, sowie Mauern eines rechteckigen Gebäudes frei, das etwa 39 Meter lang und 5,5 Meter breit gewesen sein muss. Weitere Mauerzüge wurden Richtung Gleisberg und Münchfeld gefunden, sodass das Gesamtareal eine Größe von 8-9 Hektar umfasste. Des Weiteren wurde ein Relief mit der Darstellung eines knienden Gefangenen und über 300 Ziegelstempel gefunden. Diese Ziegelstempel weisen auf eine Nutzung der Anlage über einen Zeitraum von drei Jahrhunderten hin. Vorläufig wird die Anlage als ein staatlich kontrolliertes Gestüt mit dem Rundareal als Dressurplatz gedeutet. Dort wurden wahrscheinlich die Pferde der in Mainz stationierten Legionäre trainiert. Die Erforschung und die Deutung der Anlage dauern aktuell noch an.[Anm. 1]
Vom Mittelalter bis zur napoleonischen Zeit
Anfang des 5. Jahrhunderts wurde Mogontiacum weitgehend zerstört. Nach Vertreibung der Alamannen, die das heutige Rheinhessen zwischenzeitlich kontrolliert hatten, etablierten sich dort die Franken. In Gonsenheim entstanden Gutshöfe und Siedlungen – deren erster Herr möglicherweise Gonso oder Gunzo hieß. Die früheste erhaltene urkundliche Erwähnung „Gunsenheims“ stellt eine Urkunde über eine Schenkung an das Kloster Lorsch aus dem Jahr 775 dar. Durch zahlreiche weitere Schenkungen gingen große Teile des Gonsenheimer Grundbesitzes in der Folgezeit in kirchlichen Besitz über. 1092 übertrug der Mainzer Erzbischof Ruthard (1089-1109) dem Domkapitel die Vogtei, das heißt die Schutzherrschaft über und Verwaltung von Gonsenheim. Der höchste Domkapitular, der Dompropst, blieb mehr als 700 Jahre der Dorfherr Gonsenheims. 1200 erhielten die Gonsenheimer das Recht, Erzeugnisse auf dem Mainzer Markt zu verkaufen und sich bei Herannahen von Feinden hinter die Mauern zu flüchten. Damit einher ging die Verpflichtung, zur Instandhaltung der Stadtmauer beizutragen.[Anm. 2]
Die Flucht in die Stadt war in der Folgezeit, vor allem im 17. und 18. Jahrhundert, bittere Notwendigkeit, wurden die Mainzer Vororte doch von Belagerungen der nahegelegenen Festung Mainz in Mitleidenschaft gezogen. Zudem litten die Gemeinden unter Besatzung, Einquartierung und Kontributionen an die Besatzer. 1631–1636 waren Mainz und Gonsenheim von den Schweden besetzt. 1644-1650 folgte eine Zeit französischer Besetzung, ebenso während des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688-1697) in den Jahren 1688 und 1689. Infolge der Revolutionskriege des ausgehenden 18. Jahrhunderts wurde Mainz immer wieder belagert und erobert, sei es von französischen (1792, 1794/5 und 1796), sei es von Reichstruppen, zumeist Preußen und Österreicher (1793). Mit dem Frieden von Campo Formio 1797 fiel Gonsenheim wie das gesamte linke Rheinufer an Frankreich. Die neuen Herrscher brachten Rechtsgleichheit, die Freiheit von Feudallasten und die Gewerbefreiheit, jedoch auch steigende Steuerlast, Rekrutierungen für die Kriege Napoleons und, nach dem Scheitern des Russlandfeldzuges 1812, eine Typhusepidemie nach Gonsenheim.[Anm. 3]
Gonsenheim ab 1816
Gonsenheim gehörte ab 1816 zum Großherzogtum Hessen. Im 19. und 20. Jahrhundert veränderte sich das Bild der Gemeinde grundlegend. Die in der entstehenden Mainzer Industrie beschäftigten Arbeiter bauten Häuser in dem bis dato landwirtschaftlich geprägten Ort. Durch den vergleichsweise früh erfolgten Anschluss Gonsenheims an das lokale (1892) und überregionale (1871) Eisenbahnnetz erhöhte sich die Attraktivität als Wohnort gegen Ende des 19. Jahrhunderts weiter – Ausdruck davon ist etwa die Entstehung des Villenviertels um die Jahrhundertwende. In nur einem Jahrhundert verfünffachte sich die Bevölkerungszahl – von 1.100 um 1800 auf etwa 5.500 im Jahr 1905.[Anm. 4]
Auf den Ersten Weltkrieg, in dem 180 Gonsenheimer als Soldaten ihr Leben ließen, folgte die Besatzung durch französische Truppen – 1.500 bis 1.800 Soldaten waren in Gonsenheim untergebracht. Erst 1930 zogen diese wieder ab. 1933 übernahmen – wie im gesamten Deutschen Reich – auch in Gonsenheim die Nationalsozialisten die Macht. Der Bürgermeister Franz Ludwig Alexander (1881-1960) wurde abgesetzt. 1938 wurde aus dem Bürgermeister ein Ortsvorsteher. Gonsenheim wurde eingemeindet.[Anm. 5]
Im zweiten Weltkrieg starben 303 Gonsenheimer an der Front. 59 GonsenheimerInnen kamen durch den Luftkrieg oder Gefechte um. 1942 war zudem ein polnischer Kriegsgefangener misshandelt und ermordet worden. Am 21. März 1945 rückten amerikanische Truppen in Gonsenheim ein. Im Juli desselben Jahres wurden die Amerikaner von französischen Soldaten abgelöst. Die 1937 gebaute Kaserne wurde nun von den Franzosen, ab Mitte der 50er Jahre von den Amerikanern genutzt. In der Nachkriegszeit setzte erneut eine rege Bautätigkeit ein. Seit 1966 durchschneidet eine Autobahn den Großen Sand. Neue Wohngebiete entstanden, etwa in den 70er Jahren in der Elsa-Brandström-Straße oder, nach dem Abzug der Amerikaner 1992, auf dem Kasernengelände. Dadurch wuchs Gonsenheim weiter. Trotz der Verluste von Hartenberg und Münchfeld, die 1989 aus der Gemarkung herausgelöst wurden, zählt Gonsenheim heute etwa 24.353 Einwohner.[Anm. 6]
Nachweise
Redaktionelle Bearbeitung: Sarah Traub, Lutz Luckhaupt und Christoph Schmieder
Verwendete Literatur:
- Jacobi, Hans: Mogontiacum. Das römische Mainz. Mainz 1996.
- Müller, Hermann-Dieter: Gonsenheim: Boomtown heute und vor 100 Jahren (von 1890 bis zum Ersten Weltkrieg). In: Gonsenheimer Jahrbuch 18 (2010). S. 58-77.
- Müller, Hermann-Dieter: Gonsenheims französische Besatzungszeiten vom Dreißigjährigen Krieg bis nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Gonsenheimer Jahrbuch 17 (2009). S. 6-33.
- Müller, Hermann-Dieter: Gonsenheimer Geschichte im Überblick – Von den Bandkeramikern 5000 v. Chr. Bis heute. In: Gonsenheimer Jahrbuch 22 (2014). S. 7-27.
- Zang, Lotte; Zang, Rudi: „Die Römerfunde im Gonsbachtal“. In: Gonsenheimer Jahrbuch 22 (2014). S. 116-119.
Aktualisiert am: 01.06.2016
Anmerkungen:
- Jacobi, S. 493-495; Müller: Geschichte. S. 9-12; Zang, S. 116-119. Zurück
- Müller: Geschichte. S. 12-14. Die Urkunde ist online einsehbar: http://archivum-laureshamense-digital.de/view/saw_mainz72/0186 Zurück
- Müller: Geschichte. S. 16-18. Zurück
- Müller: Geschichte. S. 19-22; Müller: Boomtown. S. 59. Zurück
- Müller: Geschichte. S. 24; Müller: Besatzungszeiten. S. 25. Zurück
- Müller: Geschichte. S. 25-27. Die Einwohnerzahl entstammt dem Einwohnermelderegister (Stand 31.12.2015). Zurück