Ebersheim in Rheinhessen

0.Ebersheim bei Mainz

Luftbild von Ebersheim[Bild: Alfons Rath]

Ebersheim – im 8. Jahrhundert noch als „Ebirisheim“ bezeichnet – verfügt über eine wechselhafte Geschichte. Das frühere Bauerndorf unterstand im Mittelalter und der Frühen Neuzeit den verschiedensten Herrschaften bis es für vier Jahrhunderte Teil von Kurmainz wurde. Im Anschluss an die Napoleonische Zeit ging der Ort 1816 zusammen mit der ganzen Region Rheinhessen an das Großherzogtum Hessen über. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand sich der Ort im neuen Bundesland Rheinland-Pfalz wieder. 1969 wurde er zu einem Mainzer Stadtteil.

0.1.Grundherrschaft und Ortsherrschaft im Mittelalter - von Sigrid Schmitt

St.Laurentius[Bild: Harald Strube]

Frühmittelalterliche Schenkungen an die Reichsklöster Lorsch und Fulda zeigen einen gewissen Anteil an freieigenem Besitz in Ebersheim an. Daneben aber muss es umfangreiches Königsgut gegeben haben, von dem 893 ein großer Komplex an St. Maximin in Trier gelangte.

Der größte Teil scheint jedoch im Frühmittelalter auf die Mainzer Kirche übertragen worden zu sein. Ein großer Hof, der sich bis in die Neuzeit auch als räumlich vom Dorf getrennter Komplex erhalten hat - der später sog. Töngeshof - gelangte wohl schon früh an das Mainzer Kloster St. Alban. Er kam später an die Alzeyer Antoniter, von diesen an die Rüdt von Kollenberg und schließlich 1546 an den Mainzer Erzbischof, der es als Domäne mit Sitz einer eigenen Kellerei betrieb. Der übrige Mainzer Kirchenbesitz wurde ebenfalls an die Mainzer Stifte und Klöster weitergegeben. Neben dem späteren Töngeshof muss St. Alban noch weiteren bedeutenden Besitz in Ebersheim gehabt haben, da es nicht nur die Gerichtsherrschaft im Dorf an sich bringen konnte, sondern auch noch im 17. Jahrhundert, lange nach dem endgültigen Verlust des großen Fronhofes, über Haus, Hof und mehr als 200 Morgen Land verfügte. 

Wie und wann die übrigen Mainzer Kirchen zu ihrem Ebersheimer Besitz kamen, lässt sich nicht genau sagen. Früh bezeugt sind Güter von St. Jakob, seit dem 13. Jahrhundert finden sich St. Johannes, St. Peter, St. Stephan und Mariengreden mit Grundbesitz in Ebersheim bezeugt. Erst in der Neuzeit scheint Maria Dalheim zu seinem recht bedeutsamen Besitz in Ebersheim gekommen zu sein. Begütert waren auch die Mainzer Kirche Heilig-Grab und das Stift St. Moritz. Der Hof von St. Maximin, auf dem offenbar die später St. Alban inkorporierte Pfarrkirche entstand, scheint im Wesentlichen an adlige Herrschaften, vermutlich auf deren Vogteirechten basierend, übergegangen zu sein. Wie das Oppenheimer Katharinenstift, das seit dem 14. Jahrhundert in Ebersheim nachweisbar ist, und das Kloster Maria Kron zu ihrem dortigen Gut kamen, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

Am Beginn der recht kompliziert verlaufenden ortsherrschaftlichen Entwicklung im hohen Mittelalter standen die beiden größten Grundherren Ebersheims, St. Alban und St. Maximin, sowie der vom Wildgrafen mit der praefectura und von St. Maximin mit dessen Ebersheimer Gütern belehnte Werner II. von Bolanden. St. Alban scheint sich gegenüber St. Maximin - wie auch in der Frage der Kirchenherrschaft - als dominante Grundherrschaft im Ort durchgesetzt zu haben; in den Auseinandersetzungen mit den Bolander Erben von Hohenfels 1263 trat St. Alban als deren bedeutendster Widerpart in Ebersheim auf. Seinen Hof samt dazugehörigem Hubgericht - hierbei muss es sich um den späteren Töngeshof gehandelt haben - konnte das Kloster seit dieser Zeit der Hohenfelser Vogtei völlig entziehen. Der Töngeshof führte künftig ein auch räumlich vom übrigen Ebersheim getrenntes Eigenleben.

Neben dem Hubgericht auf dem späteren Töngeshof gab es aber in Ebersheim 1263 noch weitere Gerichte. So lässt sich ein weiteres Hubgericht nachweisen, das auf das St. Maximiner Gut zurückgeht. Bis in die Neuzeit belegt sind auch das 1590 und 1668 genannte Vollgericht und ein Hubgericht des Dompropstes. Für die Entwicklung der Ortsherrschaft aber blieben diese Hubgerichte ohne Bedeutung. Entscheidend wurde vielmehr das 1263 in der Hand der Hohenfelser befindliche Gericht "auf der Straße". Bei ihm dürfte es sich um ein gemeinsames Ortsgericht gehandelt haben, das - anders als die auf dem jeweiligen Fronhof tagenden Hubgerichte - an einem neutralen, öffentlichen Ort in strata, sub arboribus in publica platea seu via zusammentrat. Mit diesem Gericht befanden sich dominium et jurisdictio im Dorf Ebersheim 1325 als Lehen von St. Alban wieder in der Hand der Bolander. St. Alban war es also offenbar gelungen, sich gegenüber dem Vogt in Ebersheim in zweifacher Hinsicht zu behaupten: Sein Fronhof (Abtshof zu St. Alban, der spätere Töngeshof) war aus dessen Gerichtsbarkeit herausgetrennt und die Herrschaft über das restliche Dorf wurde als von ihm ausgehendes Lehen betrachtet.
In der Folgezeit mussten die Bolander die Gerichtsherrschaft über Ebersheim mehrfach verpfänden, wobei sie jeweils die Zustimmung von St. Alban einzuholen hatten. 1367 kaufte St. Alban schließlich das Ortsgericht von den Bolandern zurück und löste in der Folgezeit auch die von diesen vergebenen Pfandrechte ein, so dass es schließlich zum alleinigen Gerichtsherrn über Ebersheim wurde. Recht bald aber muss es seinerseits gezwungen gewesen sein, diese Rechte - wohl zusammen mit dem Töngeshof - an die Alzeyer Antoniter zu vergeben. 1420 löste der Mainzer Erzbischof die Ortsherrschaft von den Antonitern ein; der Töngeshof gelangte erst 1546 über die Rüdt von Kollenberg an das Erzstift, bei dem Ebersheim und der Töngeshof bis zum Ende des alten Reiches blieben.

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0.2.Frühe Neuzeit

Seit 1420 gehörte Ebersheim zum Kurstaat Mainz. Dies bedeutete einerseits, dass die Bewohner nun hinter der Stadtmauer Schutz suchen durften, verpflichtete sie aber andererseits zu unbezahlten Diensten für den Unterhalt dieser Befestigung. [Anm. 1] Der Ort unterstand bis 1782 der Verwaltung des kurfürstlichen Amts Nieder-Olm, danach bis 1797 dem Vizedomat Mainz und der Amtsvogtei Nieder-Olm. [Anm. 2]

Das 17. Jahrhundert verlangte der Gemeinde große Entbehrungen ab. Nur zwei Jahrzehnte nach dem Dreißigjährigen Krieg kam 1666 die Pest über den Ort. Die Zahl der Haushaltungen sank von 80 auf nur noch 51. Während der Belagerung und Einnahme von Mainz 1688/89 im Pfälzischen Erbfolgekrieg hatte Ebersheim viele Tote zu beklagen – vor allem wegen der anschließenden Seuchen. Im 18. Jahrhundert blieb Ebersheim trotz zahlreicher Kriege von direkten Einflüssen weitgehend verschont. Erst im Gefolge der sich ausbreitenden französischen Revolution 1794-1799 trat der Krieg durch die Belagerung der Festung Mainz wieder in Erscheinung. In Ebersheim wurden damals französische Soldaten einquartiert.   Von 1797 bis 1814 gehörte Ebersheim im Département Mont Tonnerre zum französischen Staatsgebiet. [Anm. 3]

Den Befreiungskriegen gegen Napoleon zu Beginn des 19. Jahrhunderts folgten Krankheiten und Seuchen, welche Ebersheim abermals schwer trafen. Viele Reformen aus der französischen Zeit blieben jedoch erhalten - die Kleinstaaterei und viele frühere Obrigkeiten wurden nicht wiedereingesetzt. Infolge des Wiener Kongresses wurde Ebersheim zusammen mit der gesamten Region als sogenannte Provinz „Rheinhessen“ in das Großherzogtum Hessen integriert. [Anm. 4]

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Ebersheim ein Winzer- und Bauerndorf. Im Jahr 1835 zählte der Ort in 174 Wohnhäusern 947 Einwohner, darunter 41 Menschen jüdischen Glaubens, 905 Katholiken und ein evangelischer Bewohner. Im Jahr 1853 errichtete die jüdische Gemeinde an der Mainzer Straße (heute Konrad-Adenauer-Straße) eine Synagoge. 1905 wurden Wasserleitungen gelegt und 1912 hielt die Elektrisierung Einzug. [Anm. 5]

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0.3.Die Zeit des 20. Jahrhunderts

In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wurde auf der Ebersheimer Gemarkung am höchsten Punkt das Fort „Auf der Muhl“ als Teil des äußeren Mainzer Verteidigungsringes errichtet. Es wurde 1922 entsprechend der Bestimmungen des Versailler Vertrags geschleift. Von direkten Kriegshandlungen blieb der Ort im Ersten Weltkrieg verschont; es gab dennoch 40 Tote und Vermisste zu beklagen. [Anm. 6]

In den 1930er Jahren war die jüdische Gemeinde der Verfolgung ausgesetzt. 1938 brannte die Synagoge in Ebersheim ab. Die jüdischen Einwohner wanderten zu großen Teilen in die USA aus oder zogen nach Mainz, von wo aus viele 1941 nach Theresienstadt deportiert und ermordet wurden. Am 20. März 1945 marschierten die Amerikaner in Ebersheim ein. Im Zweiten Weltkrieg starben 68 Menschen aus der Gemeinde oder wurden vermisst. [Anm. 7]  In der Nachkriegszeit befand sich Ebersheim ab Juni 1945 in der französischen Besatzungszone. Im August 1946 wurde es Teil des neu gegründeten Bundeslandes Rheinland-Pfalz. 

Am 8. Juni 1969 stimmten die Ebersheimer über ihre Zugehörigkeit zu Mainz oder Nieder-Olm ab. Die Wahl fiel auf Mainz und Ebersheim wurde infolgedessen Mainzer Stadtteil – als einzige der sechs eingemeindeten Ortschaften, der sich freiwillig für die Hauptstadt entschied.  [Anm. 8]

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0.4.Exkurs: Vereinsgründungen

In der Mitte des 19. Jahrhunderts begann in Ebersheim, wie überall im deutschen Bund, eine Welle von Vereinsgründungen. Im Jahr 1832 wurde der katholische Kirchenchor Cäcilia gegründet. 1862 folgten der Gesangverein Liederkranz, 1863 Concordia, 1928 der MGV Einigkeit und 1949 die Sängervereinigung. Welchem Gesangverein man zugehörig war, bestimmte dabei offenbar häufig die Familientradition. 1887 wurde eine Freiwillige Feuerwehr gegründet. Erst 1897, also im Gegensatz zu anderen Orten verhältnismäßig spät, wurde in Ebersheim der erste Turnverein ins Leben gerufen. 1928 folgte ein Sportverein und 1932 der Zusammenschluss zum Turn und Sportverein. 1903/4 wurde auf Anregung des katholischen Pfarrers ein katholischer Musikverein gegründet, welcher sich 1961 mit den Musikfreunden aus Lörzweiler zusammenschloss. 1925 wurde ein Radsportverein und 1962 ein Reit- und Fahrverein geschaffen.[Anm. 9]

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Nachweise

Verfasser: Sigrid Schmitt; erweitert von Simeon Thomas Pfeiffer

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff, Sarah Traub

Verwendete Literatur:

  • Blumers, Jakob: Ebersheim in der Neuzeit. In: 1500 Jahre Ebersheim. Festschrift zur Jubiläumsfeier der Gemeinde im Jahre 1964, hrg. Vom Festbuchausschuß der Gemeinde durch Dr. H. Reifenberg in Zusammenarbeit mit J.A. Becker u.a., Oppenheim o.J., S. 47-64. 
  • Brilmayer, Karl Johann: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen nebst einer Einleitung. Gießen 1905.
  • Ebersheimer Geschichte. Zeittafel. Geschichte von Ebersheim. URL: http://www.ebersheimer-geschichte.de/inhalt_zeittafel_bis1798.html (Letzter Aufruf: 09.06.2017).
  • Stadt Mainz (Hg.): Als 6 Dörfer Großstadt wurden. Drais, Ebersheim, Finthen, Hechtsheim, Laubenheim, Marienborn. 8. Juni 1969. 10 Jahre Mainzer Stadtteil. Mainz 1979.

Aktualisiert am: 09.06.2017

Anmerkungen:

  1. Ebersheimer Geschichte. Zeittafel. Geschichte von Ebersheim bis 1798. Zurück
  2. Blumers, S. 47. Zurück
  3. Ebersheimer Geschichte. Zeittafel. Geschichte von Ebersheim bis 1798. Zurück
  4. Blumers, S. 53. Zurück
  5. Blumers, S. 53 und S. 63; Ebersheimer Geschichte. Zeittafel. Geschichte von Ebersheim bis 1900. Zurück
  6. Stadt Mainz (Hg.): Als 6 Dörfer Großstadt wurden. Ebersheim; Ebersheimer Geschichte. Zeittafel. Geschichte von Ebersheim bis 1945. Zurück
  7. Ebersheimer Geschichte. Zeittafel. Geschichte von Ebersheim bis 1945. Zurück
  8. Stadt Mainz (Hg.): Als 6 Dörfer Großstadt wurden. Ebersheim. Zurück
  9. 1500 Jahre Ebersheim, S. 143-159. Zurück