Der Kapellenhof: Vorgeschichte und Vorbesitzer
Am 4. April 1373 verkaufte Jeckel Erlingkhaupt von Sauwelnheim seine Rechte an der "Kappelhube" an das Stift St. Peter in Mainz. Dies ist die erste urkundliche Erwähnung des Kapellenhofes in Selzen. Das nächste Zeugnis findet sich im Zusammenhang mit dem 19. Mai 1413. Diesmal verkauft Erlinghaupt die "Capellen Hube" mit noch zwei weiteren Hub-Höfen an Kurfürst Ludwig II. von der Pfalz (1410-1436). Der Kapellenhof bleibt dann in den darauffolgenden Jahrhunderten konstant in kurpfälzischem Besitz.
Die napoleonischen Kriege und die damit einhergehende Säkularisation verursachten in ganz Europa große und umfangreiche politische und wirtschaftliche Veränderungen. Auch in Selzen und Umgebung zeigt sich diese große Wende überaus deutlich. Ich zitiere hierzu die Geschichte vom "Selzer Sporebaum" aus der Festschrift zur 1.200 Jahr-Feier von 1982 von Dr. Dr. Otto Böcher: "Die Baulast des Wormser Domstifts am Chor der refomierten Kirche und am reformierten Pfarrhaus in Selzen endete erst, als 1792 die Franzosen Worms besetzten und die kirchliche Grundherrschaft beseitigten. Bis 1792 pflegten die Abgesandten des Wormser Domkapitels die - zuvor in der Zehntscheune des Domhofes gesammten - Naturalabgaben des Großen und Kleinen Zehnten unter einer gewaltigen Ulme an der Südostecke des Dorfes abzuholen. Als die verhasste Steuer an das Domstift wegfiel, fällten die Einwohner Selzens alsbald die alte Ulme, die wohl als eine Art Wehrturm und Luginsland die Dorf- un Gebückecke geschützt hatte, und veranstalteten aus ihrem Holz ein großes Freudenfeuer." Die Besitzungen der Herren von Dienheim, denen das Hahnheimer Barockschlösschen gehörte, wie auch die Besitzungen des Zisterzienser-Klosters Eberbach im Rheingau, dem der Wahlheimer Hof mit beachtlichen Ländereien (Felder, Wiesen und Weinbergen) in Hanheim und Selzen gehörte, konnten ab dem Jahr 1802 von Bürgerlichen erworben werden.
Von dieser Möglichkeit machten auch meine Vorfahren Gebrauch. Denn sie erkannten, ähnlich wie die Mönche des zwölften Jahrhunderts, dass sich die süd- und südwestlichen Hänge des "Hahnheimer Knopfs" und des "Selzener Bergs" besonders dafür eignen, hervorragende Weinqualitäten zu erzeugen. Im Zusammenhan mit der Wende der Säkularisation erwarb mein Vorfahr Johann Adam Kessel (!778-1863) den Kapellenhof aus kurpfälzischem Besitz. Wie meine Vorfahren, so habe auch ich die sich ergebenden Möglichkeiten ergriffen, in diesen Spitzenlagen die Weinbergsflächen des Kapellenhofs zu erweitern.
In diesem Zusammenhang weise ich auf einen dreikantigen Grenzstein aus dem Jahr 1721 hin, einen sogenannten "Dreimärker". Er befindet sich heute in der Weinstube Kapellenhof. Auf zwei Seiten ist das Wappen der Herren von Dienheim, ein Löwe eingemeißelt. Auf der dritten Seite ist ein Bischofsstab zu erkennen - zusammen mit den Buchstaben AE ( = Abtei Eberbach). Diesen Buntsandstein habe ich in den siebziger Jahren mal vom "Hahnheimer Knopf" mit nach Hause gebracht, nachdem der alte Grenzstein bei Planierungsarbeiten auf die Grenze unseres Weinbergs geschoben worden war.