Undenheim - "Heim des Undo"
Vorgeschichte und Mittelalter
Am Ende der Völkerwanderungszeit (gegen 500 n.Chr.) bewohnten germanische Franken das Land am Mittelrhein und verdrängten damit die Alemannen in den Süden. Es wird vermutet, dass das Dorf seinen Namen von einem Edelmann namens Undo erhalten hat, der auf diesem Gebiet seinen Hof gründete. [Anm. 1] Im Jahr 767 tauchte im Lorscher Codex die erste Erwähnung von Undenheim auf, damit ist es die bislang älteste Bezeugung des Dorfes. [Anm. 2] Die Ortsherrschaft gehörte ursprünglich den Herren von Bolanden bzw. den aus dieser Familie entstandenen Herren von Hohenfels. Später war der Ort im Besitz der Kurpfalz und Teil des Oberamtes Alzey.
1184 bestätigte eine Papstbulle die Zugehörigkeit der Undenheimer Kirche zu dem Kloster St. Alban. Die Kirche in Undenheim wird 1255 als Pfarrkirche erwähnt und war dem Albanstift in Mainz inkorporiert. [Anm. 3] Als eine Verpflichtung des Albanstiftes wurde zum Beispiel der spätgotische Chor im 15. Jahrhundert errichtet.
Die zahlreichen Kriege am Rhein haben auch Undenheim stark verwüstet. Es ist anzunehmen, dass zu der Zeit des Interregnums [Anm. 4] (1250 und 1273) die Mauer in Undenheim gebaut wurde. Sie sollte den Bewohnern Schutz vor dem Raubrittertum bieten. [Anm. 5]
Neuzeit
Während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) wurde das Mittelrheingebiet stark verwüstet. Aus einem Dokument eines Landschreibers aus Oppenheim wird deutlich, dass das Dorf Undenheim in den letzten Jahren des Krieges gänzlich unbewohnt gewesen ist. Mit dem Französisch-Lothringischen Krieg (1665–1668) kam 1666 die Pest nach Undenheim und kostete einer großen Anzahl der Einwohner das Leben. [Anm. 6]
Während des Holländischen Krieges (1672–1678) verheerten in den 1670er Jahren französische Truppen die Pfalz. 1674 wurde die Gegend um Alzey von den Franzosen gebrandschatzt und schließlich kam es 1676 zur Niederbrennung von Ost- und Westhofen. [Anm. 7] In der Zeit des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688–1697) wurden viele Dörfer in Rheinhessen zerstört. Aus den damaligen Akten erfährt man, dass die Gegend um Undenheim „wüst und öde“ war. [Anm. 8]
Auch im 18. Jahrhundert wurde das Gebiet durch zahlreiche Kriege zerstört. Plünderungen, Beschlagnahmung von Vieh und Pferden, Verwüstung der Felder und Kontribution waren schwere Belastungen für die Dorfbewohner.
Mit der Pfälzischen Kirchenteilung von 1707 fiel die Undenheimer Kirche, nachdem sie im vorherigen Jahrhundert innerhalb weniger Jahre mehrere Glaubensbekenntnisse erlebt hat, den Katholiken zu. [Anm. 9]
Vom langen 19. Jahrhundert bis heute
In den Jahren des Ersten Revolutionskrieges (1792–1797) wurde das rheinhessische Gebiet zunächst von den Franzosen besetzt und schließlich von den Deutschen zurückerobert. Während dieser Zeit kamen die Ideen der Französischen Revolution (1789) in das rheinhessische Gebiet und fanden sowohl Sympathisanten als auch Gegner. Die französische Besetzung und die deutsche Rückeroberung dauerten bis 1797 an. Ab dem Frieden von Campo Formio 1797 und dem Frieden von Lunéville 1801 gehörte Undenheim bis 1814 zum französischen Departement Mont-Tonnerre. [Anm. 10] Mit dem eingeführten Code Civil wurde den Undenheimer Bürgern die Rechtsgleichheit und das Recht auf öffentliche Gerichtsverfahren garantiert. Außerdem mussten die Männer ihren Dienst in der französischen Armee leisten und nahmen an den Napoleonischen Kriegen (1800–1814) teil. Es sind insgesamt 31 Undenheimer namentlich bekannt, die unter Napoleon gedient haben, 9 kehrten aus den Kämpfen nicht zurück. 1845 wurde der Veteranenverein in Wörrstadt gegründet, bei dem 11 Undenheimer Mitglieder waren. Ein Jahr darauf wurde ein Denkmal für die Heimkehrer errichtet: „den aus den Feldzügen unter Napoleons Fahnen heimgekehrten Kriegern aus dem Kanton Wörrstadt“.
Ab dem 12. Juli 1816 gehörte nach der Entscheidung des Wiener Kongresses von 1815 das rheinhessische Gebiet zu dem Großherzogtum Hessen unter Ludwig I. (1753–1830). [Anm. 11] Die Jahre unter der französischen Besatzung haben das linksrheinische Gebiet sehr geprägt. In den folgenden Jahren wurde der Wunsch nach politischer Mitbestimmung immer größer. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Undenheimer bei dem Hambacher Fest (1832) und der Revolution (1848/1849) teilgenommen haben, jedoch gibt es leider keine genauen Angaben darüber.
An dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871, nahmen 21 Undenheimer teil, von denen einer im Zuge des Krieges fiel. Während des Ersten Weltkrieges (1914–1918), starben insgesamt 47 Undenheimer im Krieg. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden in Rheinhessen, ähnlich wie in anderen Regionen Deutschlands, die Gegner der nationalsozialistischen Ideologie verfolgt und in Konzentrationslager geschickt. So wurde beispielsweise der Staatsrat Ludwig Schwamb, der sich der Opposition gegen Hitler anschloss, festgenommen und ist unter Folter in einer Haftanstalt gestorben. Als im Zweiten Weltkrieg (1939–1945) die Angriffe der Alliierten die Stadt Mainz zerstörten, suchten Bewohner Schutz in den nahegelegenen Dörfern, so auch in Undenheim. Als die Westalliierten immer rascher nachrückten, zog sich die deutsche Front zurück. In den Dörfern wurden Panzersperren errichtet und Volkssturmverbände aufgestellt. Damit sollte verhindert werden, dass die Alliierten noch weiter voranschreiten. Obwohl die Bewohner Undenheims die Strafen der SS-Soldaten fürchteten, öffneten sie die Sperren. Schließlich zogen sich die deutschen Truppen zurück und die Amerikaner rückten in Undenheim ein. Mit der Unterzeichnung der Kapitulation seitens Deutschlands am 8. Mai 1945 wurde Undenheim Teil der französischen Besatzungszone. An die Opfer des Zweiten Weltkrieges erinnert ein Mahnmal auf dem alten Friedhof. Auf ihm sind 88 Namen verzeichnet. [Anm. 12]
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in Undenheim die erste Wasserleitung gelegt, der kurz darauf der elektronische Stromnetzanschluss und auch das Telefon folgt. [Anm. 13] Heute gehört das zentral gelegene rheinhessische Dorf Undenheim mit über 2.800 Einwohnern zur Verbandsgemeinde Rhein-Selz im Landkreis Mainz-Bingen.
Nachweise
Verfasser: Katharina Schaible
Redaktionelle Bearbeitung: Sarah Traub
Verwendete Literatur:
- Curschmann, D.: Von der Frankenzeit bis zur Franzosenzeit. Kleine Geschichte Undenheims. In: 1200 Jahre Undenheim. 767-1967. Beiträge zur Geschichte des Dorfes. Hrsg. v. der Gemeinde Undenheim. Oppenheim 1967.
- Curschmann, D.: Geschichte von Kirche und Schule in Undenheim. I. Kirchengeschichte Undenheims. Das Patronat. In: Festschrift zur Restaurierung der katholischen Pfarrkirche Undenheim. 1976-1979. Beiträge aus Geschichte und Gegenwart. Hrsg. v. der katholischen Pfarrei Undenheim. Undenheim 1979.
- Curschmann, D.: Undenheim. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Band 1. Alzey 1988.
- Dittewig, C.: Der Strukturwandel unseres Dorfes. Die Entwicklung der letzten 150 Jahre. In: 1200 Jahre Undenheim. 767-1967. Beiträge zur Geschichte des Dorfes. Hrsg. v. der Gemeinde Undenheim. Oppenheim 1967.
- Elsheimer, H.: Das Ende des zweiten Weltkrieges in Undenheim. In: 1200 Jahre Undenheim. 767-1967. Beiträge zur Geschichte des Dorfes. Hrsg. v. der Gemeinde Undenheim. Oppenheim 1967.
Aktualisiert am: 21.11.2017
Anmerkungen:
- Curschmann, D.: Von der Frankenzeit bis zur Franzosenzeit. Kleine Geschichte Undenheims. In: 1200 Jahre Undenheim. 767-1967. Beiträge zur Geschichte des Dorfes. Hrsg. v. der Gemeinde Undenheim. Oppenheim 1967. S.10. Zurück
- Curschmann, D.: Von der Frankenzeit bis zur Franzosenzeit. Kleine Geschichte Undenheims. S. 1-2. Zurück
- Curschmann, D.: Geschichte von Kirche und Schule in Undenheim. I. Kirchengeschichte Undenheims. Das Patronat. In: Festschrift zur Restaurierung der katholischen Pfarrkirche Undenheim. 1976-1979. Beiträge aus Geschichte und Gegenwart. Hrsg. v. der katholischen Pfarrei Undenheim. Undenheim 1979. S. 44-45. Zurück
- Als Interregnum wird die Zeit zwischen 1250 und 1273 bezeichnet. Nach dem unerwarteten Tod des Kaisers Friedrich II. aus dem Haus der Staufer (1250) herrscht ein großes Machtvakuum auf dem deutschen Gebiet. Während dieser Zeit beanspruchte Wilhelm von Holland die Macht im Reich. Aber auch nach seinem Tod (1256) konnten die sieben Kurfürsten sich nicht auf einen Herrscher einigen. Da eine zentrale Reichsgewalt fehlte, kam es in vielen Orten zu Überfällen und Übergriffen auf die Bewohner und Gemeinden. Zurück
- Curschmann, D.: Von der Frankenzeit bis zur Franzosenzeit. Kleine Geschichte Undenheims. S. 14. Zurück
- Curschmann, D.: Von der Frankenzeit bis zur Franzosenzeit. Kleine Geschichte Undenheims. S. 14-15. Zurück
- Curschmann, D.: Undenheim. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Band 1. Alzey 1988. S.63-64. Zurück
- Curschmann, D.: Von der Frankenzeit bis zur Franzosenzeit. Kleine Geschichte Undenheims. S. 15. Zurück
- Curschmann, D.: Von der Frankenzeit bis zur Franzosenzeit. Kleine Geschichte Undenheims. S. 15. Zurück
- Dittewig, C.: Der Strukturwandel unseres Dorfes. Die Entwicklung der letzten 150 Jahre. In: 1200 Jahre Undenheim. 767-1967. Beiträge zur Geschichte des Dorfes. Hrsg. v. der Gemeinde Undenheim. Oppenheim 1967. S.121-122. Zurück
- Dittewig, C.: Der Strukturwandel unseres Dorfes. Die Entwicklung der letzten 150 Jahre. In: 1200 Jahre Undenheim. 767-1967. Beiträge zur Geschichte des Dorfes. Hrsg. v. der Gemeinde Undenheim. Oppenheim 1967. S.122. Zurück
- Elsheimer, H.: Das Ende des zweiten Weltkrieges in Undenheim. In: 1200 Jahre Undenheim. 767-1967. Beiträge zur Geschichte des Dorfes. Hrsg. v. der Gemeinde Undenheim. Oppenheim 1967. S.133-134. Zurück
- Curschmann, D.: Undenheim. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Band 1. Alzey 1988. S.110. Zurück